Protokoll der Landratssitzung vom 22. März 2007

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2006-177 vom 27. Juni 2006
Vorlage: Totalrevision des Wirtschaftsförderungsgesetzes (SGS 501) vom 28. Januar 1980
- Bericht der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission vom 6. März 2007
- Beschluss des Landrats am 22. März 2007: < 1. Lesung abgeschlossen >



Nr. 2336 und 2237

Kommissionspräsidentin Rita Bachmann (CVP) weist einleitend darauf hin, dass das bestehende Wirtschaftsförderungsgesetz im Jahre 1980, zu einer Zeit also entstanden ist, als die schweizerische Wirtschaft nach Jahren der Hochkonjunktur von einem schwer wiegenden konjunkturellen Einbruch erfasst wurde. Die Ankündigung der Schliessung des Werkes Firestone in Pratteln im Jahre 1978 löste politische Aktivitäten aus. Ziel des neuen Gesetzes war es, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Zukunftsaussichten bestehender Arbeitsplätze zu verbessern. 1993 wurde das Gesetz ergänzt, indem neu auch öffentliche und private Holzschnitzel- und Stückholzfeuerungen sowie Energiesparmassnahmen gefördert wurden. Seite 5 in der Vorlage zeigt die Bereiche detailliert auf.


Im Verlaufe der vergangenen zehn Jahre haben sich die Förderungsschwerpunkte stark auf die Bereiche Wirtschaftsförderung beider Basel, Förderung der Berufslehre, Impulsprogramm "Familie und Beruf" sowie Tourismusförderung verlagert.


Ziel der Totalrevision des Wirtschaftsförderungsgesetzes ist es, den veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden. Wurden früher eher einzelbetriebliche Förderungsmassnahmen unterstützt, so erfolgt heute eine Verlagerung zu Gunsten der Standortentwicklung, der Koordination und der Standortpromotion. Mit dem totalrevidierten Wirtschaftsförderungsgesetz sollen einigermassen gleich lange Spiesse für den Kanton Basel-Landschaft im Standortwettbewerb geschaffen respektive gehalten werden. Dies scheint gelungen zu sein, wurde der VGK im Rahmen der Anhörungen doch aus profundem Munde bestätigt, dass der Kanton Basel-Landschaft derzeit wieder zur Spitzengruppe jener Kantone zählt, die zum richtigen Zeitpunkt die Vorgaben des Bundes in die kantonalen Gesetze aufgenommen haben. Insbesondere geht es dabei um die internationale Öffnung, die Optimierung der Staatstätigkeit, ein hohes Bildungsniveau und einen geeigneten Rechtsrahmen für die Unternehmen. Auch inskünftig sollen einzelbetriebliche Förderungsmassnahmen möglich sein, allerdings sollen sie klarer abgesteckt und stärker eingegrenzt werden.


Speziell wichtig war es der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission, eine Regelung im Gesetz zu verankern, wonach Wirtschaftsförderungsbeiträge zurückbezahlt werden müssen, wenn das unterstützte Unternehmen dereinst wieder erstarkt ist, oder wenn der Firmensitz innerhalb von 10 Jahren ganz oder teilweise ausserhalb des Kantons verlegt wird. Im Rahmen der zweiten Lesung wurde das zweite Anliegen definitiv in das Gesetz (§ 3 Absatz 3) aufgenommen. Das erstgenannte Anliegen soll in die Verordnung eingebaut werden, wie der Regierungsrat versicherte.


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hält das revidierte Wirtschaftsförderungsgesetz für sorgfältig erarbeitet, breit abgestützt und empfiehlt die Gesetzesfassung gemäss Beilage zum Kommissionsbericht zur Annahme. Auch empfiehlt sie die vier politischen Vorstösse gemäss Antrag auf Seite 58 der Vorlage als erfüllt abzuschreiben.


Daniel Münger (SP) meldet vorab, die SP votiere für Eintreten. Die SP zeigt sich sehr erfreut, dass einige ihrer Anliegen aufgenommen werden konnten. Begrüsst werden speziell die neuen Kompetenzen der Kommission für Wirtschaftsfragen; inskünftig ist diese Kommission nicht mehr bloss eine Konsultativkommission, sodass viel schneller entschieden werden kann als früher, als stets noch der Regierungsrat angefragt werden musste. Im interkantonalen Vergleich steht das Baselbiet mit dem neuen Gesetz sehr gut da. Einzig, dies muss gesagt werden, Wirtschaftsförderung heisst auch, die Wirtschaftsseite beeinflussen zu wollen. Dieses Instrument fehlt im neuen Gesetz, weshalb im Rahmen der Detailberatung ein Antrag gestellt werden wird.


Insgesamt aber darf gesagt werden, dass ein ausgewogenes Gesetz mit guten Inhalten vorgelegt wird. Wenn der SP-Antrag angenommen würde, könnte gar von einem wegweisenden Gesetz gesprochen werden.


Thomas de Courten (SP) teilt im Namen der SVP-Fraktion mit Freude mit, dass die Wirtschaftsförderung wieder ein wichtiges Thema im Landrat geworden ist. Mit dem neuen Gesetz wird die Wirtschaftsförderung auch aus der Optik der Standortpolitik ein wichtiges Thema. Verschiedene Faktoren sind wirksam: Steuern, Infrastrukturen, wirtschaftsfreundliches Klima, beispielsweise Technologieakzeptanz und Bestandespflege der ansässigen Unternehmen sowie die Wirtschaftsförderung, die nach Auffassung der SVP modern, zeitgerecht, zielgerichtet und innovativ sein soll. Die SVP stellt an die Wirtschaftsförderung aber auch gewisse Bedingungen: Sie darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, Strukturerhaltung darf sie nicht betreiben, das Prinzip der Subsidiarität muss zählen und die Wirksamkeit der verankerten Massnahmen muss nachweisbar sein. Diese Bedingungen sind mit der aufgelegten Vorlage erfüllt. Es liegt ein modernes Gesetz vor, das auch aus gesetzestechnischer Optik innovativen Charakter zeigt. Ballast der alten Gesetzgebung wird abgeworfen, gleichzeitig wird der Spielraum, aber auch der Verantwortungsbereich der Entscheidungsträger in der Regierung erhöht. Die Gesetzgebung ist einerseits auf den Standort ausgerichtet, andererseits ermöglicht sie auch einzelbetriebliche Massnahmen und hält ein Instrumentarium für wirtschaftspolitische Notlagen bereit.


Die SVP-Fraktion tritt auf die Vorlage ein und stimmt der vorliegenden Fassung zu, weil die Revision notwendig ist, weil sie von der Wirtschaft akzeptiert wird, die Bedingungen der Wirtschaft aufgenommen wurden und damit auch die Kriterien der SVP erfüllt.


Die FDP-Fraktion steht einstimmig hinter dem vorgelegten Wirtschaftsförderungsgesetz, sagt Judith van der Merwe (FDP) einleitend. Gerne ist die FDP deshalb bereit, ihre Motion aus dem Jahre 2001, die damals die Revision forderte, abschreiben zu lassen. Wichtig ist der FDP, dass die Wirtschaftsförderung nur als Ergänzung zum unternehmerischen Handeln verstanden wird. Vom Staat gefordert ist einzig die Errichtung optimaler Rahmenbedingungen. Eine zeitgemässe Wirtschaftsförderung betreibt deshalb Standortentwicklung und ist darauf bedacht, dass die Konkurrenzfähigkeit des Kantons sowohl national wie auch iternational verbessert wird. Diese Grundsätze sind in §1 sehr gut umschrieben. Für bedeutungsvoll hält die FDP insbesondere Absatz 4 der moniert:


4 Die Massnahmen dieses Gesetzes dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.


Durchaus richtig ist, dass neben der Standortpolitik auch weiterhin einzelbetriebliche Massnahmen möglich sein sollen. Die FDP-Fraktion begrüsst, dass solche Massnahmen hauptsächlich von der tripartiten Kommission gesprochen werden. Die bestehende, traditionsreiche, tripartite Kommission erhält mit dem neuen Gesetz mehr Kompetenzen und kann deshalb - zumal bei Kriseninterventionen - schneller, effizienter und unbürokratischer wirken. In der Praxis wird die Standortgemeinde frühzeitig in die Evaluation von Förderungsmassnahmen einbezogen. Dies hat sich als sehr wichtig erwiesen und wurde von allen politischen Richtungen gelobt.


Auch die Höhe des Wirtschaftsförderungsfonds von 20 Millionen Franken stand zur Diskussion. Die FDP ist der Auffassung, dass 20 Millionen vorderhand ausreichen.


Ein in der Kommission angehörter Mitarbeiter des seco erteilte dem Baselbieter Wirtschaftsförderungsgesetz sehr gute Noten und liess verlauten, der Kanton Basel-Landschaft befinde sich auf dem richtigen Weg.


Den von Daniel Münger angekündigten Antrag der SP-Fraktion wird die FDP ablehnen.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei


Die drohende Fabrikschliessung von Firestone sei damals für die Bevölkerung ein totales Schockerlebnis gewesen, bemerkt Paul Rohrbach (EVP). Die eigene Betroffenheit war gross, arbeiteten doch auch Kollegen aus dem Oberbaselbiet damals bei Firestone. Über längere Zeit hinweg ist gefeilscht worden. Die Regierung hatte zwar keine Gesetzesgrundlage, aber sie hat sich gekümmert. Zwei Regierungsräte sind, wenn die Erinnerung nicht trügt, gar nach Amerika zum Hauptsitz von Firestone geflogen und haben versucht, das Steuer herumzureissen.


Aufgrund dieses Schocks ist es zu politischen Vorstössen und zum ersten Wirtschaftsförderungsgesetz gekommen. Die Zeiten grösserer und kleinerer Schocks sind vorbei, aber die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft haben sich sehr verändert, weshalb die Revision des bisherigen Gesetzes sehr sinnvoll und notwendig ist.


Das Gesetz ist als kurz, klar gehalten und übersichtlich zu qualifizieren. Sinnvollerweise ist es nicht auf Krisenintervention oder Schockbehandlung ausgerichtet, sondern mehr auf ein konstantes, vertieftes und seriöses Wirken der Wirtschaftsförderung.


Was die Standortentwicklung angeht, so hat das Oberbaselbiet bereits profitiert. Es ist nicht lange her, seit eine unerhört prosperierende grössere Firma aus dem Waldenburgertal abgewandert ist, und die Dörfer dort waren sehr froh, von der Wirtschaftsförderung profitieren zu können. Die Unsicherheit ist zwischenzeitlich etwas gewichen, und dank der vorliegenden Studie besteht mehr Klarheit darüber, wie es mit der Entwicklung in diesem Tal weitergehen kann.


Die CVP/EVP-Fraktion ist einstimmig für Eintreten.


Madeleine Göschke (Grüne) erklärt, ihre Fraktion sei für Eintreten.


Dass die tripartite Kommission mehr Kompetenzen und Handlungsspielraum bekommt, finden die Grünen sehr gut. Ein wichtiger, explizit erwähnter Punkt, der auch zum Standortvorteil gehört, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Fraktion wird die entsprechende Entwicklung sehr aufmerksam verfolgen und erwartet, dass Nägel mit Köpfen gemacht werden - der Mittagstisch der Sekundarschule lässt grüssen.


Der Antrag der SP-Fraktion ist den Grünen noch nicht bekannt - sie werden ihm dann entweder zustimmen oder ihn ablehnen [Heiterkeit] . Der Revision als Ganzes stimmen sie zu.


Die Landratspräsidentin erläutert Daniel Müngers Antrag: § 2 soll um lit. g ) Belebung der Konjunktur ergänzt werden.


Hannes Schweizer (SP) erklärt, selbstverständlich hinter der Vorlage zu stehen, aber dennoch eine kritische Anmerkung machen zu wollen. Er bedauert es, dass es der Kommission nicht gelungen ist, unter § 3 Abs. 5 die Rückerstattungspflicht einzubringen. Für ihn ist nicht erklärbar, dass von einem Unternehmen, das finanziell unterstützt worden war und das im Laufe der Jahre Eigenkapital bilden konnte, nicht Beiträge zurückgefordert werden können.


Zum Vergleich ist an die Stipendien oder an das Raubrittertum beim sozialen Wohnungsbau zu denken, in dessen Rahmen von den Empfängern in den letzten Monaten gnadenlos die Rückerstattung von Geldern gefordert wurden, auch wenn die Unterstützung 40 Jahre zurückliegt.


Es werde also, so Hannes Schweizer, mit ungleichen Ellen gemessen. Er will deshalb von Regierungsrat Erich Straumann wissen, warum das Ganze auf Verordnungsstufe geregelt werden soll.


Regierungsrat Erich Straumann (SVP) dankt vorab für die gute Aufnahme des Geschäftes.


Zur Frage Hannes Schweizers:


Es gilt zwei Instrumente zu unterscheiden. In der Regel werden lediglich Bürgschaften gewährt. Rückforderungen lassen sich also nur bei a fonds perdu -Beiträgen in der Verordnung festschreiben. Das letzte Beispiel war die Firma Schmidlin, der eine halbe Million Franken gewährt wurde. Der Kanton hat die Bedingung daran geknüpft, dass fünf Jahre lang sicherlich 100 Arbeitsplätze zu erhalten seien, sonst wäre dieser Betrag zurückzuerstatten. Grundsätzlich werden Beiträge a fonds perdu sehr selten gewährt; meistens handelt es sich um Bürgschaften. Trotzdem hat die Kommission die Sicherheit, dass eine entsprechende Regelung Eingang in die Verordnung finden wird.


Zum Antrag Daniel Müngers:


Grundsätzlich wirkt der Antrag bestechend, gleichzeitig aber sagt er nichts aus und bringt auch nichts. Es gibt gar keine Handhabe, die Konjunktur zu beleben. Was heisst das im Übrigen konkret? Es wird uns, böse gesagt, damit ein wenig Sand in die Augen gestreut. In die Gesetze soll nur aufgenommen werden, was auch wirklich umgesetzt werden kann. Der Kanton kann die Konjunktur nur insofern beleben, als er gute Rahmenbedingungen schafft - indem er etwa bei Gründungen von Spin-offs Unterstützung in Form von Beratung oder Bürgschaften gewährt.


Der Antrag ist zu wenig aussagekräftig. Es braucht ihn auch gar nicht, besteht doch bereits ein Auftrag von Regierung und Landrat, neue Unternehmen anzuziehen und auch zu unterstützen.


Daniel Münger (SP) erklärt, Wirtschaftsförderung bedeute nicht nur einzelbetriebliche Massnahmen, indem eine Firma mit einem guten Projekt, einem guten Produkt oder guten Zukunftsaussichten unterstützt wird - das ist zwar wichtig, macht aber nicht allein die Wirtschaftsförderung aus.


Wirtschaftsförderung ist grundsätzlich auch eine Beeinflussung der Wirtschaftszyklen. Eine solche Beeinflussung findet in wirtschaftlich schlechten Zeiten statt, was nicht in erster Linie bedeutet, dass man zig Millionen in die Hand nimmt und irgendwo investiert. Mit dem neuen Antrag können jedoch Massnahmen erarbeitet werden, um den Wirtschaftszyklus zu beeinflussen. Man kann also überlegen, was sinnvoll ist und was getan werden kann. Mit der Wirtschaftsförderung ist man nah am Puls der Wirtschaft und der Wirtschaftszyklen, was bedeutet, dass sehr rasch reagiert und etwas angestossen werden kann.


Daniel Münger bittet den Landrat erneut, seinen Antrag zu unterstützen - er koste erst dann Geld, wenn wirtschaftlich schlechte Zeiten herrschten und dagegen etwas unternommen werden wolle.


Keine weiteren Wortbegehren.


://: Die Landratspräsidentin stellt fest, dass Eintreten auf die Vorlage unbestritten ist.



Detailberatung 1. Lesung

Titel und Ingress keine Wortbegehren


A.
§ 1 keine Wortbegehren


B.
§ 2
Antrag von Daniel Münger (SP) um folgende Ergänzung:
" g. Belebung der Konjunktur "
Kein Wortbegehren.


://: Der Landrat lehnt Daniel Müngers Antrag mit 50 : 27 Stimmen ohne Enthaltungen ab.


§ 3 und § 4 keine Wortbegehren


C.
§ 5 - § 7 keine Wortbegehren


D.
§ 8 - § 11 keine Wortbegehren


E.
§ 12 - § 14 keine Wortbegehren


Rückkommen wird nicht beantragt.


://: Damit ist die 1. Lesung beendet.


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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