Protokoll der Landratssitzung vom 12. Januar 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 12. Januar 2006 |
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2006-005
vom 12. Januar 2006
Dringliche Interpellation
von
Georges Thüring
: H2 und Agglomerationsprogramm Basel
- Beschluss des Landrats < beantwortet >
Nr. 1574
Die Regierungspräsidentin nimmt wie folgt Stellung:
Zu Frage 1
Die Projektleitung für das Agglomerationsprogramm Basel sei dem Hochbau- und Planungsamt der Stadt Basel zugeteilt worden. Lediglich innerhalb unseres Kantons sei die Federführung beim Amt für Raumplanung des Kantons Basel-Landschaft gewesen. Der Perimeter für die Agglomeration Basel beruhe auf der Auswertung der Volkszählung aus dem Jahre 2000 und sei vom Bund vorgegeben. Dabei sei einzig der Kanton Basel-Stadt vollständig erfasst.
Zu Frage 2
Nein. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft sei nicht über den Inhalt der Prioritätenliste der Arbeitsgruppe Agglomerationsprogramm Basel informiert gewesen. Die Vernehmlassung, deren Frist erst am 31. Dezember 2005 abgelaufen sei, beinhalte die Zusammenstellung aller Verkehrsplanungen und ihre fachliche Beurteilung.
Zu Frage 3
Die kantonsübergreifende Arbeitsgruppe hätte vorgesehen und kommuniziert, dass es sich bei den Vernehmlassungsunterlagen um eine fachliche Beurteilung handle; dies in der Meinung, dass nach einer öffentlichen Vernehmlassung das Agglomerationsprogramm Basel erst bereinigt und dann in die politische Meinungsbildung einbezogen werde. Im Rahmen einer Aussprache mit den Verantwortlichen seien die stärkere Sensibilisierung für hochpolitische Prozesse und die möglichen Konsequenzen direktionsintern besprochen worden. Dabei sei unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass ein derartiges inakzeptables Vorgehen in keiner Art und Weise toleriert werden könne.
Zu Frage 4
Der Regierungsrat werde, wie bereits erwähnt, das Schreiben an das UVEK wahrscheinlich am kommenden Dienstag verabschieden. Das UVEK und die ständerätliche Kommission sollen noch vor der nächsten Kommissionssitzung vom 2. Februar 2006 informiert werden, damit diese auch entsprechend handeln könnten. Zudem weist die Regierungspräsidentin nochmals darauf hin, dass die H2 Pratteln-Liestal alle vom Bund gestellten Kriterien erfülle, was der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft dem Bund in mehreren Schreiben auch immer wieder mitgeteilt habe.
Er gehe davon aus, dass die beiden Interpellanten die Diskussion beantragen wollten, bemerkt Landratspräsident Eric Nussbaumer , was von diesen mit Kopfnicken bestätigt wird.
Es gibt keine Wortbegehren zum Diskussionantrag.
Der Landratspräsident stellt fest, dass der Landrat die Diskussion genehmigt hat.
Patrick Schäfli dankt Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider -Kenel für die sehr ausführliche Beantwortung der vielen Fragen; es habe sich tatsächlich um ein umfangreiches Paket gehandelt. Er schicke voraus, dass die Planung einer Entlastung für die Rheinstrasse bzw. der H2 bereits über 30 Jahre dauere, weshalb die FDP - sanft ausgedrückt - ein vermindertes Verständnis dafür habe, wenn sich in der Verwaltung noch immer nicht alle bewusst seien, dass es sich dabei um ein politisch sehr sensibles Thema handle. Das sei eine Botschaft, welche die Regierungspräsidentin der Verwaltung sicherlich zu Recht noch einmal übermitteln sollte.
Die FDP bedauere, dass nicht rechtzeitig dafür gesorgt worden sei, die H2 im Agglomerationsprogramm Basel als prioritär einzustufen. Viel Arbeit und viel Verwirrung wären allen in den letzten Wochen und Monaten dadurch erspart geblieben; vermutlich wäre auch diese Interpellation nicht nötig gewesen. Die FDP bitte die Regierung nochmals nachdrücklich, diesen Brief an die ständerätliche UEK zu verabschieden; sie habe keinen Zweifel daran, dass sich die Regierungspräsidentin dafür einsetzen werde. Es sei essentiell, dass das Projekt zügig voran getrieben werden könne und - an die Adresse der Finanzdirektion - die Vorlage für die Restfinanzierung entsprechend unterbreitet werde.
Noch immer nicht klar sei ihm die Antwort auf die Frage 5 - warum der Kanton Basel-Stadt die Federführung bei der Ausgestaltung des überkantonalen Agglomerationsprogramms inne gehabt habe -, erklärt Patrick Schäfli. Die FDP bedauere ausserordentlich, dass die Gesamtregierung die Vernehmlassung nicht freigegeben habe. Angesichts eines so wesentlichen Projektes mit einer derartigen politischen Bedeutung sollte nicht eine Vernehmlassung eröffnet werden, ohne dass vorgängig eine Meinung dazu gebildet worden wäre; auch hätte man allenfalls noch die Notbremse ziehen können.
Der Hinweis, es handle sich um eine rein fachliche Beurteilung, weshalb die H2 im Agglomerationsprogramm nur als Projekt zweiter Priorität eingestuft worden sei, sei für die FDP kein stichhaltiges Argument. Eine solche Einstufung der H2 führe dazu, dass sie als zweitrangig gelte, was selbstverständlich auch bei den Bundesstellen so aufgenommen würde. Die Tramlinien nach Lörrach und St. Louis seien beispielsweise als Projekte erster Priorität eingestuft worden.
Dass das Agglomerationsprogramm bereits an einzelne Bundesstellen weitergeleitet worden sei, sei für die FDP erstaunlich. Die Regierungspräsidentin habe jedoch bereits ausgeführt, entsprechende Nachbearbeitungen vorgenommen zu haben.
Patrick Schäfli dankt der Regierungspräsidentin abschliessend nochmals bestens. Namens der FDP gibt er der Hoffnung Ausdruck, dass mit dem angekündigten Regierungsratsbeschluss vom kommenden Dienstag die Finanzierung und die Mitfinanzierung durch den Bund auf einen guten Weg gebracht werden könnten, damit das über 30-jährige Trauerspiel und die volkswirtschaftlichen Schäden, welche die Staus täglich auf der Rheinstrasse auslösten, eine Ende fänden.
Auch er wolle als erstes für die erhaltenen Antworten danken, erklärt Georges Thüring . Die Regierungspräsidentin habe - das sei spürbar gewesen - Herzblut für das Geschäft gegeben, was ihn sehr freue. Noch mehr hätte er sich gefreut, wenn die sogenannte Fachperson, die in der Fachgruppe Agglomerationsprogramm mitgewirkt hatte, ebenfalls solches Herzblut gegeben hätte.
Georges Thüring bemerkt, das meiste sei von seinem Vorredner, Patrick Schäfli, bereits gesagt worden, weshalb er sich auf die Erwähnung einer positiven Tatsache beschränken wolle: "Wir sind nun orientiert". So sei es nun möglich, die Bevölkerung unseres Kantons richtig zu informieren - dafür bedanke er sich nochmals bestens.
Philipp Schoch fragt bei der Regierungspräsidentin nach, ob es tatsächlich so sei, dass die H2 in fachlicher Hinsicht lediglich zweite Priorität habe, und wie es dazu gekommen sei, dass die zuständigen Fachpersonen innerhalb der BUD nicht mitbekommen hätten, dass die H2 seit 30 Jahren in Planung und ein politisch heikles Thema sei. Warum beurteilten die Fachleute das Ganze anders als die Regierung, will er wissen.
Die Regierungspräsidentin knüpft an beim Dank, der ihr für ihre Kommunikation in dieser Sache ausgesprochen worden ist, und weist darauf hin, dass sie anlässlich der letzten UEK-Sitzung am 9. Januar 2006 unter dem Traktandum "Neues aus der BUD" vollumfänglich informiert habe. Aufgrund dieser Informationen - die Herren Schäfli und Thüring könnten dies bestätigen - seien die Interpellationen wohl entstanden. Es gebe keine Geheimnisse, und so sei für sie bereits im Vorfeld klar gewesen, dass sie bei einer allfälligen Dringlichen Interpellation Red und Antwort stehen würde.
Es sei tatsächlich ein politisch sensibles Gebiet, und wenn sie offen sein wolle, so könne sie bis zum heutigen Tag nicht nachvollziehen, dass jemand in unserem Kanton die H2 als Projekt zweiter Priorität habe einstufen können. Sie habe inzwischen stundenlange Gespräche darüber geführt - auch mit den verantwortlichen Fachleuten. Diese hätten ihr versichert, das Projekt sei aus Kosten/Nutzen-Überlegungen nicht in die erste Priorität eingestuft worden; nicht weil es nicht von Nutzen sei, sondern weil die Finanzierung aus einem anderen Bereich kommen müsse - es würde nicht ins Agglomerationsprogramm passen. Es sei also nur immer um das Agglomerationsprogramm gegangen und nicht etwa um die Finanzierung oder um die (grundsätzliche) Priorität des Projektes.
Im Übrigen seien inzwischen sehr viele Finanzierungsvarianten diskutiert worden. Im April 2005 habe der Bund in einem Schreiben eine Beteiligung von 30% in Aussicht gestellt. In einem weiteren Brief sei davon die Rede gewesen, die H2 im Rahmen des Sachplans Verkehr in das Grundnetz aufzunehmen (sogar bis zum Anschluss A2 in Sissach), worauf man mit einer vollständigen Kostenübernahme (100%) durch den Bund hätte rechnen dürfen. Später sei in einem Schreiben des ASTRA eine Beteiligung von 50% (statt 30%) oder 137,5 Millionen Franken angekündigt worden. Am 5. Dezember sei - zur grossen negativen Überraschung und Empörung der Regierungspräsidentin - die schriftliche Mitteilung Bundespräsident Leuenbergers erfolgt, wonach das Agglomerationsprogramm bereinigt und die H2 im Rahmen einer entsprechenden Vorlage an das Bundesparlament als Projekt zweiter Priorität eingestuft worden sei. Sie habe sofort bei Bundespräsident Leuenberger schriftlich nachgefragt, warum die H2 so eingestuft worden sei. Vor Weihnachten habe sie ein Schreiben von Bundespräsident Leuenberger erhalten, das an alle Agglomerationen gegangen sei und mit dem dieser nochmals erklärt habe, wie das Ganze zustande gekommen sei. Daraufhin habe sie am 21. Dezember 2005 dem Bundespräsidenten einen scharfen vierseitigen Brief geschrieben. Im Hinblick auf die erste Sitzung der ständerätlichen Kommission am 9. Januar 2006 habe die Regierung dann alle Register gezogen, was auch Früchte getragen habe. Die Regierungspräsidentin habe in ständigem Kontakt mit Ständerat Fünfschilling gestanden, der sie über den Ablauf informiert habe. So wie es aussehe, habe unser Kanton alle Chancen, dass die H2 nun als Projekt erster Priorität eingestuft werde. Die zweite Sitzung der ständerätlichen Kommission werde am 2. Februar 2006 stattfinden.
Zur Frage, warum die Vernehmlassungsvorlage an verschiedene Bundesämter geschickt worden sei, erklärt die Regierungspräsidentin, dass diese gemäss Auskunft ihrer Fachleute nur an das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) gegangen sei; dies deshalb, weil das Bundesamt direkt involviert und durch eine Expertin in der Fachgruppe Agglomeration Basel vertreten gewesen sei.
Zur Frage, was es mit der Volkszählung auf sich habe, erklärt die Regierungspräsidentin, für das Agglomerationsprogramm habe der Bund klare Vorgaben gemacht. Wie viel Beiträge eine Agglomeration erhalte, sei abhängig von der Bevölkerungsdichte und den Bevölkerungszahlen. Die Zahlen unseres Kantons für das Agglomerationsprogramm seien nicht abschliessend erfasst worden, sondern lediglich jene für den Kanton Basel-Stadt - warum dies so sei, vermöge sie nicht zu beantworten, erklärt die Regierungspräsidentin. Und nur, weil Basel-Stadt vollständig erfasst sei und - bezogen auch auf den angrenzenden süddeutschen Raum und das Elsass - zentral liege, habe die Arbeitsgruppe entschieden, der Baudirektion des Kantons Basel-Stadt (vertreten durch Maria Lezzi, Leiterin des Raumplanungsamtes) die Federführung zu übertragen.
Es gibt keine weiteren Wortbegehen.
://: Damit erklärt der Landratspräsident die beiden Interpellationen für erledigt.
Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei
Fortsetzung