Protokoll der Landratssitzung vom 3. November 2005

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2004-181 vom 24. August 2004
Vorlage: Erlass eines Gesetzes über die Abgabe von Heilmitteln durch Arztpraxen (Selbstdispensations-Gesetz, SDG)
- Bericht der Kommission vom: 25. Oktober 2005
- Beschluss des Landrates < 1. Lesung Nichteintreten beschlossen >



Nr. 1447

Die Präsidentin der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission, Rita Bachmann , stellt einleitend fest, das Thema sei ein heisses Eisen, seit Art. 37 des Krankenversicherungsgesetzes in Kraft ist.


1996 haben es Regierungs- und Landrat abgelehnt, die vom KVG vorgesehenen Ausführungsbestimmungen zur Selbstdispensation im kantonalen Einführungsgesetz zum KVG unterzubringen. Die Vorlage sollte nicht überladen werden.


Der Basellandschaftliche Apothekerverein und die Ärztegesellschaft Baselland sind damals vom Landrat aufgefordert worden, unter der Leitung der VSD Lösungen zu suchen. Das Resultat ist bekannt: Statt dass ein Kompromiss gefunden worden wäre, haben sich die Fronten eher noch verhärtet. Deshalb will der Regierungsrat nun einen politischen Entscheid und präsentiert dazu eine Vorlage.


Art. 37 KVG gibt den Kantonen einen klaren Auftrag zu bestimmen, «unter welchen Voraussetzungen Ärzte und Ärztinnen mit einer kantonalen Bewilligung zur Führung einer Apotheke den zugelassenen Apothekern und Apothekerinnen gleichgestellt sind.»


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission will kein Verbotsgesetz, wie es die Regierung aufgrund der Formulierung von § 2 Abs. 2 vorlegt. Die VGK war vielmehr bestrebt, eine möglichst tragbare Konsenslösung zu finden: Es soll weder einen grossen Gewinner noch einen grossen Verlierer geben.


Mit der Änderung von § 2 ist es nun allen Ärztinnen und Ärzten nach wie vor möglich, Heilmittel für Erstbehandlungen in der kleinsten handelsüblichen Packung oder therapeutische angezeigten Menge abzugeben. Ab der zweiten Konsultation mit der gleichen Diagnose müsste ein Rezept ausgestellt werden. Für Ärzte, deren Praxis in einer Gemeinde ohne öffentliche Apotheke liegen, ändert sich gegenüber heute nichts.


Während der ersten Gesetzeslesung sind auch noch Übergangsbestimmungen (§ 4 Abs. 3) gelockert worden, so dass das Recht zur Selbstdispensation erst fünf Jahre (statt zwei Jahre) nach der Eröffnung einer neuen Apotheke erlöschen soll. Die etwas komplizierte Berechnungsart in § 8 Buchstabe b wurde gestrichen. In der zweiten Gesetzeslesung wurden die beiden genannten Änderungen jedoch wieder verworfen.


Die Kommissionspräsidentin bemerkt, über die Terminierung der Landratsberatung sei sie äusserst kurzfristig informiert worden. Dies hatte zur Folge, dass ihr für die Abfassung des Berichtes nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand. Eine Abstimmung mit den anderen Kommissionsmitgliedern war praktisch unmöglich. Die Wiedergabe der Kommissionsberatungen ist daher sehr knapp geraten, obwohl dies gerade bei einem so brisanten Geschäft sehr wichtig wäre.


Die VGK empfiehlt dem Landrat mit 8:4 Stimmen, dem Gesetz in der Kommissionsfassung zuzustimmen.


Simone Abt findet, die Kommission habe sehr sorgfältig gearbeitet. Die SP-Fraktion ist für Eintreten und stimmt der vorliegenden Gesetzesfassung grossmehrheitlich zu. Die Fraktion ist der Meinung, diese Fassung erfülle den gesetzgeberischen Auftrag und stelle eine sachgerechte Regelung dar.


Es besteht Handlungsbedarf: Die heutige uneingeschränkte Selbstdispensation ist nämlich nicht KVG-konform. Die Kantone haben gemäss Art. 37 KVG den Auftrag, die Selbstdispensation unter Berücksichtigung der vorhandenen Apotheken zu regeln. Das hat im Baselbiet bis heute nicht stattgefunden.


Am besten wäre selbstverständlich gewesen, wenn Ärzte- und Apothekerschaft einvernehmlich eine Aufteilung vorgenommen hätten, was für Medikamente Ärztinnen und Ärzte unter welchen Voraussetzungen verkaufen dürfen. Dies ist nicht gelungen. Die Situation ist verfahren; die beiden Lager sprechen nicht mehr miteinander. Der Kanton ist deshalb verpflichtet, eine Regelung zu erlassen, und diese Verantwortung sollte der Landrat als Gesetzgeber nun übernehmen.


Dem Urteil des Bundesgerichts vom April 2005 kann entnommen werden, dass der Medikamentenverkauf nicht zum Kerngeschäft der ärztlichen Tätigkeit werden darf. Er muss ein Nebenerwerbsbereich von untergeordneter Bedeutung bleiben. Im Baselbiet macht der Medikamentenverkauf aber ca. einen Drittel des Umsatzes von Arztpraxen aus; das kann man nicht im Ernst als untergeordneten Nebenerwerb betrachten.


Die Kommission hat beide Seiten angehört. Die Gespräche waren intensiv, und die Argumente der Ärztinnen und Ärzte wurden ernst genommen. Die Kommissionsfassung kommt ihren Interessen denn auch, gemessen an der Regierungsvorlage, ein grosses Stück entgegen.


Ärzte- wie auch Apothekervertreter haben sehr ausführlich mit Studienergebnissen argumentiert. Sich anhand der kontroversen Studienergebnisse eine abschliessende Meinung bilden zu wollen, ist fast unmöglich - es läuft letztlich doch auf Glaubens- und Einstellungsfragen hinaus.


Santésuisse, von der sich die Kommission - wie auch die Schweizer Öffentlichkeit - Aufschluss über die Kostenfrage erhofft, hat sich bei der Anhörung Ende Mai noch zugunsten des Wettbewerbs zwischen Ärzten und Apothekern ausgesprochen, kurz darauf hat eine Exponentin von Santésuisse (wohl unter dem Eindruck der erwähnten Bundesgerichtsurteils) explizit gegen die Selbstdispensation Stellung nehmen müssen; sie sagte: «Die Selbstdispensation muss beschränkt werden.»


Simone Abt ist weder mit dem Ärzte- noch mit dem Apothekerverband in irgend einer Art und Weise verbandelt. Sie arbeitet vorwiegend mit dem gesunden Menschenverstand, und deshalb hat ihr stets ein Satz von Paracelus am meisten eingeleuchtet: «Wer verschreibt, verkauft nicht.» Ärztinnen und Ärzte sollen kein eigenes wirtschaftliches Interesse daran haben, dass Patient(inn)en - möglichst viele - Medikamente konsumieren.


Wirft man einen Blick in die restliche Schweiz und ins übrige Europa, wird klar, dass die Selbstdispensation nicht unbedingt einen notwendigen Anreiz darstellt, damit sich Ärztinnen und Ärzte überhaupt ausserhalb grösserer Ortschaften oder Durchgangsstrassen niederlassen. Denn die beiden Systeme kommen in ländlichen und städtischen Kantonen vor. Es ist schlicht ein politischer Entscheid, ob Ärztinnen und Ärzte Medikamente verkaufen sollen oder nicht. Die Ost- und Zentralschweiz und Solothurn neigen zur Selbstdispensation, die Westschweiz und der Aargau hingegen nicht. Auch im übrigen Europa, zumal in den Nachbarländern, ist eine so weitgehende Selbstdispensation wie im Baselbiet, nicht bekannt.


Der Schluss liegt nahe, dass zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten die Selbstdispensation nicht zwingend notwendig ist.


Oft wurde in den Diskussionen die Mündigkeit der Patient(inn)en angeführt. Es gilt dabei aber, nicht Komfort und Mündigkeit zu verwechseln. Die Patient(inn)en werden mit einer Beschränkung der Selbstdispensation möglicherweise in ihrer Bequemlichkeit beeinträchtigt, entmündigt werden sie aber nicht. Im Gegenteil: Wenn nicht alles ganz bequem zugänglich ist, überlegt man sich eher, was man wirklich will.


Auch die viel zitierte «Wahlfreiheit» ist kein Argument für die Selbstdispensation: Wer sein Medikament direkt beim Arzt beziehen und die Bezahlung via Krankenkasse abwickeln lassen kann, hat keine Veranlassung, sich mit dem Preis auseinanderzusetzen, geschweige denn nach einem Generikum zu fragen. Von freier Wahl kann keine Rede sein. Wer ein Rezept erhält, hat zumindest auf dem Weg zur Apotheke noch eine Bedenkfrist, um zu entscheiden, ob er das Medikament wirklich beziehen will oder nicht.


Der von der Kommission vorgeschlagene Kompromiss ist nun ganz klar kein Selbstdispensations-Verbot. Die VGK hat den Ärztinnen und Ärzten ein beträchtliches Stück des Medikamenten-Umsatzes belassen. Von einem Apothekenmonopol zu sprechen, ist völlig unangemessene Polemik. Die Notfall- und Erstbehandlung bleibt Sache der Ärztinnen und Ärzte; niemand muss mit Fieber oder mit einem kranken Kind in die Apotheke rennen. In sehr vielen Fällen reicht bereits die kleinste handelbare Menge, um eine Krankheit zu kurieren. Diese Bereiche generieren rund 20 % des Umsatzes an rezeptpflichtigen Medikamenten.


In Gemeinden ohne Apotheke bleibt die Selbstdispensation uneingeschränkt - die Gegenseite wird nun sagen: «Aber nur solange, bis eine Apotheke aufmacht!» Bloss: Wenn schon Ärztinnen und Ärzte die Tendenz haben, sich im Speckgürtel der Agglomeration niederzulassen, gilt dies erst recht für Apotheker, die auf eine gewisse Laufkundschaft angewiesen sind. Für sie sind nur Lagen an Hauptstrassen in Gemeinden mit einer gewissen Zentrumsfunktion attraktiv.


Mit den Übergangsbestimmungen werden mögliche Härtefälle abgefedert.


Der grosse Protest kommt nicht von jungen Ärztinnen und Ärzten, die sich in entlegenen Dörfern im Oberbaselbiet selbständig machen wollen und Angst haben, dass sofort eine Apotheke eröffnet wird und verhindert, dass sie dank der Selbstdispensation ihre Investitionen amortisieren können. Vielmehr praktiziert ein beachtlicher Teil der Baselbieter Ärzteschaft in den grossen Gemeinden am Stadtrand von Basel, behandelt auch EinwohnerInnen des Stadtkantons, profitiert von der Selbstdispensation und schafft so ein empfindliches Gefälle zwischen den Einkommen von Berufskolleg(inn)en dies- und jenseits der Kantonsgrenze. Genau diese Ärzte wehren sich am lautesten gegen das neue Gesetz.


Eine Einschränkung der Selbstdispensation im Sinne der Kommission schützt einerseits das Bedürfnis der Patient(inn)en nach sofortiger Notfall- und Erstbehandlung durch eine Ärztin bzw. einen Arzt ihrer Wahl, korrigiert aber das Verständnis der Selbstdispensation weg vom lukrativen, selbstverständlichen Zusatzeinkommen hin zu einem Zustupf für diejenigen, welche sich entscheiden, in abgelegeneren Gemeinden zu praktizieren.


Paracelsus wäre mit der vorliegenden Kommissionsversion natürlich nicht glücklich; für die SP-Fraktion handelt es sich aber um einen tragbaren Kompromiss.


Als Sprecher einer deutlichen Mehrheit der SVP-Fraktion, die für Nichteintreten votiert, wird sich Dieter Völlmin kürzer fassen als seine Vorrednerin. Er stellt fest, dass es sich um ein Thema handelt, wie wenn es um Schulen, Autos oder das Militär geht: Jeder ist ein persönlich betroffener Spezialist und will deshalb mitreden.


Gut findet die SVP-Fraktion an der Vorlage, dass sie überhaupt aus der Schublade ausgegraben wurde und somit das Thema überhaupt einmal vertiefend diskutiert werden konnte. Denn es braucht tatsächlich einen politischen Entscheid.


Letztlich geht es einzig um Geld und um die Frage der Umverteilung. Die Vorlage ist das Messer, mit dem die Landratsmitglieder die Stücke eines bestehenden Kuchens neu schneiden sollen. Die grösseren Stücke sollen von den Ärzten weg- und zu den Apothekern hingeschoben werden. Die Mehrheit der SVP-Fraktion gibt das Messer mit Dank zurück und möchte es nicht in die Hand nehmen. Denn die heutige Situation ist das Ergebnis des Marktes; die Bewohner, d.h. die Patienten haben sich für das geltende System entschieden. Es widerspricht der SVP-Linie, mit Gesetzen ohne Notwendigkeit in den Markt einzugreifen. Notwendig wäre dies nur dann, wenn auf Grund der Marktsituation ein für die Konsumenten unhaltbarer Zustand entstünde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es gibt keinen Grund, den Marktteilnehmern ein enges Korsett anzulegen und ihnen vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten haben.


Natürlich spielt die Bequemlichkeit eine Rolle. Wer zum Arzt geht und ein Medikament braucht, ist froh, dass er nicht noch zusätzlich den Gang zur Apotheke zu machen braucht. Dies ist ein Entscheid der Konsumenten, den es zu akzeptieren gilt.


Die SVP-Fraktion hält das vorgeschlagene Gesetz für eine Form von strukturellem Heimatschutz, den sie ablehnt: die Apotheker sollen gegenüber den Ärzten geschützt werden, obwohl sie bereits vom Heilmittelgesetz geschützt werden, nämlich gegenüber den Drogisten. Als erfolgreiche Unternehmer haben Apotheker einen solchen Schutz gar nicht nötig.


Beide Seiten haben Studien machen lassen, die natürlich jeweils genau das ergeben haben, was der Auftraggeber wünscht - dies zeigt, dass die volkswirtschaftlichen Folgen jeglicher Regelung neutral sein werden. Die Gesamtgesundheitskosten im Kanton Baselland werden weder sinken noch steigen; es geht nur um eine reine Umverteilung.


Tatsächlich ist die Schweiz in Sachen Selbstdispensation eine Insel in Europa. Dies ist aber - wenig überraschend - für die SVP-Fraktion nicht unbedingt ein Indiz für Änderungsbedarf. Vielmehr zeigt es, dass es auch ausserhalb der EU ganz vernünftige Regelungen gibt.


Der von der VGK ausgehandelte Kompromiss ist keine entscheidende Verbesserung. Er wird dazu führen, dass der wirtschaftliche Entscheid für die Ärzte, ob sie überhaupt eine Praxis führen wollen, eher erschwert wird. Mit etwas sanfterem Druck kommt man so zum genau gleichen Ziel, nämlich einem etwas subtileren Verbot.


Aus diesen Gründen beantragt die SVP-Fraktion, auf die Vorlage gar nicht erst einzutreten.


Paul Schär teilt mit, dass die FDP-Fraktion die Vorlage ablehne, Nichteintreten beantrage und eine namentliche Abstimmung verlange. Sie ist für die Beibehaltung der Selbstdispensation.


Das vorliegende Gesetz ist erzwungen, unnötig, ein fauler Kompromiss, KMU-feindlich und bringt keine Einsparung der Gesundheitskosten.


Seit Jahrzehnten rennen die Apotheker gegen die Selbstdispensation an. Vor ca. zehn Jahren wurde unter der Leitung von Regierungsrat Eduard Belser um eine Lösung gerungen. Eine Einigung zwischen den beiden Berufsständen Ärzte und Apotheker kam nicht zustande, weshalb die Übung abgeblasen wurde.


In der Zwischenzeit hat sich das bestehende System recht gut bewährt; man kann von einer Win-win-win- Situation sprechen: die Apotheker, die Ärzte und die Kunden bzw. Patienten profitieren alle gleichermassen. Ein Systemwechsel drängt sich überhaupt nicht auf.


Mit dem vorliegenden Gesetz kurbelt die Regierung den Konflikt zwischen Apothekern und Ärzten in völlig unnötiger Weise neu an. Es ist bei den Anhörungen zu einem wahren Grabenkampf gekommen.


Das Gesetz ist ausserdem unnötig, weil keine Auflagen von Seiten des Bundes vorliegen. Die Kantone sind frei, ihr System zu wählen. In nur neun Kantonen gilt das Apothekermonopol; alle anderen haben die Selbstdispensa-tions- oder eine Mischlösung.


Die Selbstdispensation soll nur noch in Gemeinden ohne Apotheken erlaubt sein - das kommt zum Teil einem Verbot gleich.


Bei der Diskussion über das Hanfgesetz reklamierte die SP noch «Wahlfreiheit für die Patienten», nun will sie davon nichts mehr wissen.


Die Regierung unterstützt einseitig den Monopolanspruch der Apotheker. Ein praktisches Beispiel: In Gelterkinden, wo es zwei Apotheken gibt, dürften die Ärzte künftig keine Medikamente mehr verschreiben. Ein Arzt im benachbarten Böckten dürfte hingegen weiterhin selber Medikamente abgeben, auch wenn seine Patienten aus Gelterkinden kommen - das ist doch ein völliger Witz! Das gleiche Beispiel liesse sich auch mit Pfeffingen und Aesch bzw. mit Biel-Benken und Oberwil konstruieren. Jeder Arzt müsste also seine Praxis einfach in einem kleinen Dorf direkt an der Grenze zu einer grossen Ortschaft eröffnen. Das kann nicht die Lösung sein.


Auch der Kommissionskompromiss bezüglich der Erstabgabe ist nichts anderes als «Pfläschterlipolitik», und die zweijährige Übergangslösung ist viel zu kurz.


KMU-feindlich ist die Vorlage, weil sie die Gewerbefreiheit verletzt. Ein Berufsstand wird vom Staat gestutzt - das ist inakzeptabel. An die Adresse der SP-Fraktion meint Paul Schär , selbst Lenin würde sich im Grabe umdrehen.


[Gelächter]


Es ist zu hoffen, dass zumindest alle Bürgerlichen klar für Nichteintreten votieren werden.


Das Gesetz wird nicht zu Einsparungen bei den Gesundheitskosten führen; denn für dieses Problem gibt es einfach keine Lösung, jedenfalls nicht im Rahmen der Diskussion über die Selbstdispensation.


Es geht letztlich nur um die Verteilung des Einkommenskuchens. Ein Berufsstand soll zugunsten eines anderen verlieren unter dem Motto: «Ärzte - Nein, Apotheker - Ja». So geht es nicht! Entscheiden sollte letztlich, wie von Simone Abt richtig bemerkt, der gesunde Menschenverstand. Und dieser sagt: «Ärzte und Apotheker gemeinsam zugunsten der Kunden - Ja!»


Sollte wider Erwarten das Gesetz die Vier-Fünftel-Mehrheit im Landrat erreichen, würde die FDP das Referendum ergreifen; sie ist aber überzeugt, dass dies nicht notwendig ist.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei




Nr. 1448


Paul Rohrbach stellt einleitend fest, da, die Meinung der CVP/EVP-Fraktion gespalten ist, wurde Wahlfreiheit ausgegeben.


Aufgrund eines Aerzteüberschusses erliess der Bundesrat einen Aerztestopp; die erste Konsequenzen dieser Massnahme zeichnen sich nun ab.


Gewisse Stimmen innerhalb der Fraktion plädieren für eine Lösung via Volksabstimmung. Andere wiederum sind der Meinung, die Wahlfreiheit sei mit dem heutigen Gesetz gewährleistet.


Die Problematik der beiden Hauptakteure, den Aerzten und den Apothekern, wurde in der Fraktion ausführlich diskutiert. Dabei wurde bedauert, dass es den beiden Kontrahenten in den zehn Jahren, die die Diskussionen nun schon andauern, nicht gelang, sich zu finden.


Mit dem Ziel auf die Kostenentwicklung dämpfend einzuwirken und einen Ausgleich in der Ueber- und Unterversorgung zu schaffen, hat die Regierung damals dem Parlament eine Vorlage unterbreitet.


Von der heutigen Praxis in erster Linie betroffen sind die Hausärzte, denn im Gegensatz zu den Spezialisten, gibt es bei diesen bezüglich der Einbussen gravierende Unterschiede.


Nach dem konstanten Anstieg der Gesundheitskosten in der Vergangenheit sind heute beim Bund neue Akteure am Werk. Niemand wird jedoch allen ernstes behaupten wollen, dass durch den Wechsel eine Wende eingetreten ist. Auch im Jahr 2005 betrug der Prämienanstieg 5%.


Grundsätzlich sollte die Selbstdispensation nicht als Partikularfrage sondern als Gesamtpaket mit dem Ambulatorium diskutiert werden.


Das heute schon teilweise praktizierte Hausarztmodell basiert auf Gemeinschaftspraxen. Eine mögliche Weiterentwicklung des Modells wären Netzwerke oder Verbundspraxen mit einer Budgetmitverantwortung.


Aufgabe von Politik, Bund und Kantonen ist es nun, sich unter Einbezug der Betroffenen mit möglichen Modellen auseinander zu setzen.


Zum Schluss bemerkt Paul Rohrbach, an der künftigen Prämienentwicklung wird sich zeigen, ob die Politik ihren Job gut gemacht hat oder nicht.


Mit einer Ausnahme plädiert die Fraktion der Grünen laut Madeleine Göschke geschlossen für Nichteintreten auf das Geschäft. Die heutige Lösung ist gut, patientenfreundlicher und kostengünstiger, ein neues Gesetz daher nicht erforderlich.


Mit der neuen Gesetzgebung sollen 85 Mio. Franken umverteilt werden. Verlieren die 500 Aerzte im Baselbiet ihre Selbstdispensation, macht jede der 36 Apotheken durchschnittlich 2,4 Mio. Franken mehr Umsatz pro Jahr.


Regierung und Apotheken argumentieren damit, Baselland sei eine Selbstdispensationsinsel. Richtig ist, dass dreizehn Kantone uneingeschränkt und sechs teilweise die Selbstdispensation kennen. Lediglich fünf Kantone kennen keine Selbstdispensation. Von einer Insel kann in diesem Fall also keine Rede sein.


An die Adresse von Simone Abt bemerkt Madeleine Göschke , das Bundesgericht behaupte in keiner Weise, die selbstdispensierenden Kantone seien gesetzeswidrig.


Es entschied lediglich, dass in grossen Städten wie Zürich und Winterthur keine Selbstdispensation stattfinden soll.


Zum Zitat Simone Abts "wer verordnet, verkauft nicht" bemerkt Landrätin Göschke, konsequenterweise dürfte dann der Arzt auch nicht mehr röntgen sowie keine EKG und Laborarbeiten etc. mehr durchführen. Wie soll er seine PatientInnen dann noch gut behandeln?


Was die Aerztedichte im Baselbiet angeht, so liegt diese unter dem schweizerischen Durchschnitt. Kein Kanton hatte in den vergangenen acht Jahren eine ähnlich geringe Zunahme an Aerzten zu verzeichnen wie die Kantone Baselland und Schaffhausen. Offenbar ist der Kanton Baselland für junge Aerztinnen und Aerzte nicht attraktiv. Hausärzte, die eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger suchen, haben grösste Mühe jemanden zu finden.


Niemand wird wohl ernsthaft behaupten wollen, die ärztliche Versorgung im Kanton werde mit dem Entzug der Selbstdispensation bei den Hausärzten besser.


Gemäss dem Selbstdispensationsgesetz darf der Arzt, falls seine Gemeinde über keine Apotheke verfügt, Medikamente abgeben.


Ein junger Arzt wird aber kaum in Lausen oder Zwingen eine Praxis eröffnen, mit dem Risiko, in einigen Jahren die Selbstdispensation aufgeben zu müssen.


Die Aussage Simone Abts stammt von einer einzelnen Vertreterin, denn grundsätzlich lehnen die Krankenkassen und ebenso die Santésuisse die Abschaffung der Selbstdispensation bei den Aerzten ab.


Begründet wird die Ablehnung damit, dass die Apotheken jedes Medikament mit einer Beratungstaxe von Fr. 4.30 belasten und dies, obwohl gemäss zweier Studien 50% der Kunden gar nicht beraten werden. Hinzu kommt eine dreimonatige Patientenpauschale von Fr. 9.20.


Dies kann dazu führen, dass der Patient für eine Packung Seresta anstatt Fr. 7.30 Fr. 20.80.-- bezahlt.


Bei den Aerztinnen und Aerzten ist die Medikamentenabgabe und die Beratung in der Grundtaxe enthalten.


Will das Parlament den steigenden Gesundheitskosten wirksam begegnen, muss es sich um die Herabsetzung der hohen Medikamentenpreise kümmern, denn auf diesem Sektor ist die Schweiz tatsächlich eine Insel.


Hauptargument für die Selbstdispensation sind aber in erster Linie Patientenfreundlichkeit und Wahlfreiheit.


Ohne Selbstdispensation werden betagte Patienten, Berufstätige, Mütter mit Kindern etc. dazu gezwungen, nach dem Artzbesuch noch zum Apotheker zu laufen.


Rund 90% der Medikamente werden an Patienten mit chronischen Krankheiten, die oftmals bis an ihr Lebensende dauern, verkauft. Mit der neuen Gesetzgebung dürfte der Arzt ein benötigtes Medikament lediglich für die erste Woche abgeben, danach wäre der Patient gezwungen, sich das Medikament in der Apotheke zu holen.


Der Kommissionsvorschlag bietet somit keine Wahlfreiheit; er ist ein billiges Täuschungsmanöver.


Die Fraktion der Grünen fordert für die Patienten eine freie Wahl des Medikamentenbezugs. Nur so können sie die teuren Apothekertaxen umgehen.


Nun hat das Parlament Gelegenheit, gegen ein nutzloses Gesetz und ein unnötiges Verbot, welches die gesamte Bevölkerung betrifft, anzutreten.


Kommt es zu einer Volksabstimmung wird das Volk das Gesetz mit grosser Wahrscheinlichkeit ablehnen.


Madeleine Göschke plädiert namens der Fraktion der Grünen für Nichteintreten auf die Vorlage.


Als SD-Politiker haben Rudolf Keller das SD-Gesetz und die SD-Bewilligung ein Schmunzeln entlockt.


Eigentlich ist die Sache aber zu ernst, um sich darüber lustig zu machen. Darum haben sich auch die Schweizer Demokraten seriös mit der Vorlage auseinander gesetzt.


Nachdem die Kommission mit 8:4 Stimmen beschloss auf das Gesetz einzutreten, ist Rudolf Keller über die aktuelle Diskussion höchst erstaunt.


Er weiss nicht, welche Umstände zwischen dem Kommissionsentscheid und der heutigen Behandlung im Landrat dazu geführt haben, dass plötzlich zahlreicheParlamentarierinnen und Parlamentarier ihre Meinung geändert haben.


Er fragt sich, wozu eine Kommissionsberatung gut sein soll, wenn die Mehrheit der Kommissionsmitglieder im Plenum plötzlich "umfällt".


Die Schweizer Demokraten haben dem Gesetz in der Vernehmlassung zugestimmt. Sie sind von der Notwendigkeit sinnvoller Regelungen und Beschränkungen im Gesundheitswesen überzeugt.


Das SD-Gesetz ist Pflicht, das KVG verlangt, dass die Kantone eine Lösung ausarbeiten.


Rudolf Keller zitiert dazu aus Art. 37 Absatz 3: "Diese bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Aerzte und Aerztinnen mit einer kantonalen Bewilligung zur Führung einer Apotheke den zugelassenen Apothekern und Apothekerinnen gleichgestellt sind. Sie berücksichtigen dabei die Zugangsmöglichkeiten der Patienten und Patientinnen zu einer Apotheke."


Anlässlich der KVG-Gesetzesberatung beim Bund hat Rudolf Keller den "Krieg" zwischen Aerzten und Apothekern hautnah miterlebt.


Sämtliche Kommissionsmitglieder wurden damals von beiden Seiten in "Einzelabreibungen" und in Gruppen in allen möglichen und unmöglichen Situationen bearbeitet.


Ziel der Kommission war es, mit Art. 37 einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben können.


Als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hat der Bundesrat am 21.5.2003 wie folgt reagiert: "Im Bereich des nichtrezeptpflichtigen Marktes wuchsen die Verkäufe der SD-Aerzte seit 1995 fast jedes Jahr doppelt so stark an, als diejenigen der Apotheker. Daraus ist zu schliessen, dass die SD-Aerzte hinsichtlich der Medikamentenverkäufe einen immer aktiveren Part spielen. Dies dürfte u.a. darauf zurück zu führen sein, dass das Einkommen des SD-Arztes nicht zuletzt auch von der Menge der verschriebenen und der abgegebenen Medikamente abhängt."


Nicht nur dieser Text, sondern auch einige der heutigen Voten machen deutlich, welche Kräfte hier am Werk sind.


Dabei steht für Rudolf Keller die Frage der Mengenausweitung im Vordergrund. Einer der wichtigsten Kostentreiber im Gesundheitswesen ist die massive Zunahme bei der Medikamentenabgabe an die "Kunden". Just diese beklagen sich dann aber über den jährlichen Anstieg der Krankenkassenprämien.


Das vorliegende Gesetz sorgt mindestens tendenziell für eine Mengenbegrenzung. Deshalb wird mit dem Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung getan.


Die Schweizer Demokraten unterstützen das SD-Gesetz, denn sie halten eine Einschränkung der Selbstdispensation für sinnvoll.


Die Rechnungslegungsstatistik 2000 macht deutlich, dass es nur mit einer restriktiven SD-Regelung gelingt, den lukrativen Medikamentenverkauf durch Aerzte vernünftig zu begrenzen.


Es gehört es zu den Aufgaben des Parlaments, dafür zu sorgen, dass nur so viele Medikamente wie nötig über den Ladentisch und die Arzttheke gehen. Das neue Gesetz offeriert hier eine gute Kompromisslösung.


Offenbar fehlt dem Parlament aber der Mut, mit dem neuen Gesetz einen "Pflock" einzuschlagen.


Beim Fehlen einer Apotheke sollen die Aerzte wie bis anhin Medikamente und Arzneimittel abgeben können. Damit ist eine Landarztpraxis auch weiterhin einigermassen attraktiv.


Dort wo Apotheken existieren, gilt die Einschränkung der Erstmedikation durch den Arzt.


In Anbetracht der vielen Medikamente, die vernichtet werden, weil die Packungen zu gross sind, macht auch der Satz "Die Bewilligung berechtigt zur Abgabe von Heilmitteln in der kleinsten handelsüblichen Packung" Sinn.


Auch dass eine Bewilligung der Selbstdispensation mit der Verpflichtung zum Notfalldienst verbunden ist, begrüssen die Schweizer Demokraten.


Rudolf Keller hat grosses Vertrauen in Aerzte und Apotheker und er ist überzeugt, das Gesetz wäre für alle Betroffenen ein Vorteil.


Nicht zuletzt hoffen die Schweizer Demokraten, mit dieser Regelung gelinge es die Anzahl Aerzte aus der EU zu reduzieren, denn langsam aber sicher wird die Ueberflutung durch EU-Aerzte zu einem Problem. Diese Ansicht vertritt im Uebrigen auch der Bundesrat.


Neben den Mitgliedern der FDP-Fraktion sprechen sich nun überraschenderweise auch SVP-Mitglieder und gar Vertreter der Grünen gegen das Gesetz aus.


Das vorgeschobene Argument der FDP-Fraktion, sie vertrete die Interessen von Patientinnen und Patienten, lässt Rudolf Keller nicht gelten.


Die Beratung in der nationalrätlichen Gesundheitskommission hat gezeigt, das die FDP vor allem die Interessen der Aerzte vertritt; mindestens hat sie nichts unternommen, um die medizinische Ausweitungspolitik von Bundesrätin Ruth Dreifuss zu stoppen.


Quintessenz der Einführung des "unseligen" Gesetztes sind die jährlich ansteigenden Krankenkassenprämien.


Trotz der damaligen Ablehnung durch die Schweizer Demokraten und die SVP ist das eidgenössische Gesetz inzwischen rechtskräftig und es gilt damit zu leben.


Werden keine einschränkenden Massnahmen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene gemacht, ist zu befürchten, dass es demnächst zum Kollaps kommt.


Die Schweizer Demokraten treten auf das Gesetz ein und erklären sich mit der Abschreibung des Vorstosses von Peter Brunner einverstanden.


Thomas de Courten vertritt die Minderheit der SVP-Fraktion, die sich auch in der Kommission für das Selbstdispensations-Gesetz engagiert hat.


Er nimmt für sich in Anspruch die Problematik, die er als Gewerbevertreter seit zehn Jahren mit verfolgt, gut zu kennen.


Vorab spricht er Regierungsrat Erich Straumann seine Anerkennung aus, für seinen Mut, ein derart heisses Eisen anzufassen. Sein Dank geht auch an die Kommissionspräsidentin, die in ihren Ausführungen ergänzend über die konstruktive Zusammenarbeit in der Kommission berichtet hat.


Auch in der Kommission fiel als erstes die Frage nach dem Grund für die Regulierung. Im Verlauf der Beratung kam sie zum Schluss, dass die Medikamentenabgabe nur Teil eines Ganzen ist, welches insgesamt nicht gut funktioniert. Der schlagende Beweis ist der jährlich massive Anstieg der Gesundheitskosten und parallel dazu der Krankenkassenprämien.


Von einem Markt, wie er von Paul Schär erwähnt wurde, kann keine Rede sein. Hier geht es um das auf einer breiten Angebotspalette basierende Gesundheitswesen, das von Jedermann, unabhängig der anfallanden Kosten und unabhängig davon, wer schliesslich zur Kasse gebeten wird, genutzt werden kann.


Dies ist jedoch ein Denkfehler.


Das KVG hatte ursprünglich den Anspruch zur Kostensenkung beizutragen. Aus diesem Grund sah der Bund eine saubere Aufgabenteilung zwischen den Aerzten und den Apothekern vor. In Art. 37 Absatz 3 wurden für die Umsetzung die Kantone als zuständig erklärt.


Die Aufgabenteilung wurde vom Bundesgericht in einem jüngst veröffentlichten Urteil bestätigt.


Bisher nicht angesprochen wurde die Dimension der Kräfte, die in diesem Verteilkampf wirken.


Den 500 Aerzten im Kanton Baselland stehen 36 Apotheken gegenüber. Die 500 Aerzte, die nach eigenen Angaben schon heute 60% des Medikamentenverkaufs abdecken, sprechen von einem Apothekenmonopol....


Thomas de Courten fehlt jegliches Verständnis für diese Aeusserung.


Ein Arzt verdient durchschnittlich Fr. 315'000.-- jährlich mit der Behandlung seiner Patienten. Bei einem Apotheker beläuft sich der jährliche Verdienst auf rund Fr. 200'000.--.


Zusätzlich zum Kerngeschäft generieren die Aerzte durch den Medikamentenverkauf ein Zusatzeinkommen von durchschnittlich rund Fr. 165'000.-- pro Jahr.


Dass für den Arzt der Anreiz besteht, dem Patienten eher das teurere Medikament zu verkaufen, ist eine natürliche Reaktion, die jedoch vehement abgestritten wird.


Genau diesen Mechanismus gilt es im Gesundheitswesen nun endlich zu durchbrechen.


Was die Medikamentenpreise angeht, so weisen die Aerzte nicht aus, dass neben dem Medikamentenpreis Kosten für Konsultation und Tarmed-Tarif anfallen und die Apotheker erwähnen den sogenannte Kostensenkungsbeitrag von 2,6% nicht, der aufgrund des Vertrags mit den Krankenkassen anfällt.


Auf eine ähnliche "Aktion" der Aerzte wartet man im Uebrigen bis heute.


Aus einem Positionspapier der Santésuisse vom 6.5.2004 zitiert Thomas de Courten: "Bislang hat die Santésuisse zur Frage der Wirtschaftlichkeit der Abgabekanäle (Apotheke versus selbstdispensierender Arzt) stets die Haltung vertreten, dass die verfügbaren Daten keine klare Aussage erlauben. Aufgrund aktueller politischer Diskussionen, namentlich im Kanton Zürich und im Kanton Baselland ,drängt sich eine Weiterentwicklung dieser Handlung bezüglich SD auf."


Weiter hält das Papier fest, dass es Ziel der Krankenkassen ist, mit den Aerzten vertraglich eine Regelung hinsichtlich der Medikamentenabgabe zu vereinbaren. Trotz langjähriger Versprechen der Aerzte kam jedoch bis heute kein solcher Vertrag zustande.


Aus den unzähligen existierenden Studien zu diesem Thema hat Thomas de Courten diejenige der CSS ausgewählt. Der anerkannte Gesundheitsökonom Professor Oggier kommt darin zum Schluss: "Die vorliegende Untersuchung führt zu signifikanten Ergebnissen. Vergleicht man die Medikamentenkosten in den Kantonen mit Selbstdispensation mit den Kosten in Kantonen mit Rezeptur, so fallen in den SD-Kantonen nach Korrektur um die soziökonomischen Unterschiede um Fr. 243.-- höhere Medikamentenkosten pro Einwohner/Jahr an, als in den Rezepturkantonen."


In der Studie wurden u.a. diverse Parteigutachten der Aerzte und Apotheker sowie relevante gesundheitsstatistische Zahlen, wie Aerztedichte, Altersstruktur etc. berück-sichtigt.


Im Kanton Baselland nimmt die Aerztedichte permanent zu. Nachdem 1985 270 Aerzte praktizierten, waren es 2003 bereits 530.


Statistisch nachweisbar ist auch die Ausweitung des Medikamentenverkaufs bei den Aerzten. Bei den SD-Aerzten betrug das Wachstum in den vergangen Jahren 5,9%, bei den Apotheken waren es 2,8%.


Vor diesem Hintergrund erscheint es Landrat de Courten wichtig, dass das Parlament heute Mut beweist und die Gelegenheit nutzt, im Gesundheitswesen, in dem momentan so vieles falsch läuft, "wenigstens an einem kleinen Rädchen zu drehen".


Der Gesetzesvorschlag des Sanitätsdirektors entspricht dem, was andere Kantone bereits erfolgreich praktizieren, sowohl zur Zufriedenheit der Aerzte und der Apotheker als auch der Patienten.


Mit ihrem erweiterten Vorschlag - kein Verbot und keine Monopollösung - kommt die Kommission den Aerzten zusätzlich entgegen.


Diese Win-Win-Lösung müsste eigentlich alle Beteiligten überzeugen. Fakt ist jedoch, dass sich die Aerzteschaft weiterhin "keinen Millimeter bewegt" und sämtliche Vorschläge diskussionslos ablehnt.


Die Apotheker haben immerhin Hand geboten zu einer neuen Zwischenlösung.


Im Uebrigen würde sich mit der neuen Lösung in 66 Gemeinden des Kantons nichts ändern. In 20 Gemeinden darf im Notfall, bei Erstabgabe und in der direkten Anwendung jeder Arzt Medikamente abgeben. Nur dort, wo nicht zwingend eine medizinische Leistung notwendig ist, in der repetitiven Abgabe der Medikamente, soll der Apotheker berücksichtig werden.


Es erscheint Thomas de Courten in letzerem Fall zumutbar, dass Patientinnen und Patienten anstelle ihres Arztes eine Apotheke aufsuchen.


Abschliessend appelliert der Landrat an den Mut seiner Kolleginnen und Kollegen, im Gesundheitswesen endlich etwas zu bewegen und auf die Vorlage einzutreten.


Eric Nussbaumer bittet die nachfolgenden Einzelsprecherinnen und Einzelsprecher sich kurz zu fassen.


Hannes Schweizer meint, offensichtlich lasse die Anwesenheit von Aerzten und Apothekern auf der Tribüne einige Fraktionssprecher zur Höchstform auflaufen.


Trifft die Bemerkung Paul Schär s, das SD-Gesetz sei KMU-feindlich zu, verstehe er offenbar nichts von Marktwirtschaft.


Das Gesetz regelt nicht, wo künftig das Waschpulver gekauft werden darf, sondern es legt den Verkauf von Medikamenten fest. Notabene einem Produkt, an dem sich die Bevölkerung finanziell beteiligt.


Die Behauptung Paul Schärs, man verdränge eine Berufsgruppe aus dem Markt, ist darum als Vergleich unzulässig.


Im vorliegenden Fall ist es nicht mehr als richtig, wenn der Staat regelt, wer das Produkt Medikament" verkaufen darf und es ist naheliegend, dass sich der Staat am Kerngeschäft orientiert. Das Kerngeschäft der Aerzte ist die medizinische Versorgung. Die Apotheker hingegen haben sich mit ihrem Pharmaziestudium auf den Verkauf von Medikamenten spezialisiert.


Von einer Verzerrung der Marktverhältnisse kann somit nicht die Rede sein.


Sabine Stöcklin bittet ihre Kolleginnen und Kollegen, auf den von der Kommission erarbeiteten Kompromissvorschlag einzutreten.


Von Paul Schär will sie wissen, wie er sich zur Mengen- und Kostenentwicklung im Gesundheitswesen stellt.


Diese Faktoren rufen doch förmlich nach einer Aenderung der kostentreibenden Anreize im Gesundheitswesen.


Diesen Anreiz für die Aerzte, bei der Medikamentenabgabe zu verdienen, gilt es zu beschränken.


Der in der Kommission aufgrund der regierungsrätlichen Vorgabe erarbeitete Gesetzesvorschlag ist in diesem Fall eine gute Lösung.


Der Hypothese Dieter Völlmin s, der Kuchen werde lediglich neu verteilt widerspricht Sabine Stöcklin. Dadurch dass der Anreiz, an der Medikamentenabgabe zu verdienen reduziert wird, nimmt auch der Kuchen ab.


Sabine Stöcklin wehrt sich des weitern gegen den Vorwurf der Patientenfeindlichkeit und der Erklärung Madeleine Göschke s, mit dem Gesetz werde ein billiges Täuschungsmanöver veranstaltet.


Die unzähligen Gutachten beider Berufsgattungen wurden von Thomas de Courten bereits erwähnt.


Sie unterstützt die Auffassung des Bundesrates, dass mit einer Einschränkung der Medikamentenabgabe durch die Aerzte eine kostendämpfende Wirkung erzielt werden kann.


Die Forderung nach einem zusätzlichen Gang in die Apotheke hat nichts mit Patientenfeindlichkeit zu tun, und


am Grundsatz des hochstehenden Gesundheitswesens ändert sich dadurch nichts.


Im Uebrigen können Gehbehinderte den Hauslieferdienst oder die Versandapotheken in Anspruch nehmen.


Im Vordergrund steht, dass mit dem KVG alle von einer ausgezeichneten medizinischen Versorgung profitieren, die weltweit ihresgleichen sucht.


Karl Willimann zitiert: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."


Aufgrund der Erfahrungen zweifelt er an der Wirksamkeit neuer Gesetze im Gesundheitswesen.


Er erinnert an die Argumente der Befürworter des KVG vor zwölf Jahren. Eines davon lautete: wird das KVG abgelehnt, steigen die Prämien. Das Ergebnis kennen alle im Saal.


Karl Willimann erlaubt sich die Frage, ob die Sprecherin der Fraktion der Grünen, Madeleine Göschke , nicht einem Interessenkonflikt unterliegt und "pro domo" spricht.


Aufgefallen ist ihm ihre widersprüchliche Haltung. Während sie bei der Selbstdispensation einer liberalen Marktwirtschaft zwischen Arzt und Apotheker das Wort redet, plädiert sie unter Traktandum 22 mit ihrer Motion dafür, dass leitende Aerzte und Chefärzte mit voller Pension nach ihrem Rücktritt keine Privatpraxis führen.


Damit postuliere Madeleine Göschke innerhalb ihrer "Couleurbruderschaft" für ein Berufsverbot.


Für Ivo Corvini stellt das Selbstdispensationsgesetz eine klassische politische Frage dar, die vom Volk zu entscheiden ist. Dies ist aber nur möglich, wenn das Parlament auf die Vorlage eintritt.


Er verzichte auf weitere Ausführungen zu Pro und Contra, denn es sei nun endlich an der Zeit, einen endgültigen Entscheid zu fällen.


Mit dem Kommissionsvorschlag sollten seiner Meinung nach sowohl die Aerzte als auch die Apotheker leben können.


Ob dies auch für die Mehrheit der Bevölkerung zutrifft, wird die Volksabstimmung zeigen.


Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei


Für Daniel Münger gilt es, abgesehen vom Zwist zwischen Ärzten und Apothekern, insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen: man habe bereits ausführlich zu hören bekommen, dass die Umsetzung des KVG vom Kanton voranzutreiben sei; zudem gelte, wer verschreibt, verkauft nicht; als weiteren wichtigen Punkt nennt er die Kosten. Er nimmt nicht an, dass mit diesem Gesetz die Kosten gesenkt werden können, da alle bereits gemachten Initiativen bisher nicht zu einer Kostenreduktion geführt hätten, wäre aber schon sehr zufrieden, wenn nach Einführung des Gesetzes im Kanton keine Kostenerhöhung bei der Medikamentenabgabe stattfinden würde. Zudem würde er es sehr begrüssen, wenn dieses Gesetz bei den Ärzten zu einer Rosinenpickerei führte, indem sie etwa nach Zwingen oder Buckten gingen. Damit hätte vor allem Binningen mit seinen heute ca. 80 Arztpraxen ein bisschen weniger, die ländliche Bevölkerung dagegen möglicherweise ein paar Ärzte mehr.


Ganz wichtig scheint Daniel Münger , dass dieses Gesetz keinem Arzt verbietet, eine Apotheke zu betreiben. Es wird ihm nur verboten, diese in seiner Praxis zu betreiben.


Madeleine Göschke ist froh um die Gelegenheit, die persönliche Situation klären zu können. Ihr Ehemann hatte seine Praxis im Kanton Basel-Stadt, stellt sie klar, und arbeitete nie in einem Kanton, welcher die Selbstdispensation kennt. Man habe nie davon profitiert, da auch sie selbst nie an einem solchen Ort gearbeitet hat. Ihre beiden Kinder sind in Spitälern tätig und werden nicht in die Praxis gehen. Ihr Sohn wird höchstwahrscheinlich in Bern eine Praxis eröffnen. Niemand in der Familie hat irgend einen Profit davon. Keiner ihrer engsten Freunde habe sie je bezüglich des Themas bearbeitet.


Langsam sollte man begriffen haben, dass sie Sachpolitik betreibe. Sie stehe für den einmal von ihr als richtig befundenen Weg ein. Das sei schon mehrmals so gewesen. Etwa bei der KMU-Initiative, als sie befand, dass den kleinen und mittleren Betrieben dort geholfen werden sollte, wo es nötig ist. Sie steht auch heute noch dazu. Dass sie niemandem verpflichtet ist, hält sie für ein Privileg, dessen sie sich sehr bewusst ist. Sie bleibe sich treu und betreibe keine Wankelpolitik, betont sie.


Sabine Stöcklin verweist Madeleine Göschke auf ihre eigene insgesamt über 35-jährige Arbeit mit Patientinnen und Patienten. Sie leitete ein grosses Labor im Kantonsspital - heutige Universitätsklinik - und arbeitete dann 25 Jahre in der Praxis ihres Mannes. Sie kennt die Situation der Patienten. Die Praxis befand sich in der Steinenvorstadt. Es gibt eine Apotheke am Barfüsserplatz sowie an der Heuwaage. Nun gab es sehr viele Patienten, bemerkt sie, welche nur per Taxi dorthin gelangen konnten, was diese natürlich auch selbst bezahlen mussten. Im manchen Situationen wäre die Möglichkeit der Selbstdispensation wirklich patientenfreundlicher gewesen.


Ein anderes Beispiel: Ihr Mann betreute mit seiner Spezialität Patienten in einem grossen Umkreis - bis Liestal - und machte durchschnittlich vier Hausbesuche pro Tag, nebst seiner ärztlichen Tätigkeit in der Praxis. Er durfte auf basellandschaftlicher Seite keine Medikamente abgeben. Es seien unzählige sehr schwierige Situationen durchzustehen gewesen, bis die Patienten endlich zu ihren Medikamenten gekommen seien.


An die Adresse von Thomas de Courten bemerkt sie, sie habe mit Willi Oggier gesprochen. Sie hat die Studie sehr genau geprüft. Willi Oggier habe ihr ganz klar gesagt, dass die Studie, seit LOA in Betrieb ist, nicht mehr gelte. Er habe ihr zudem insofern Recht gegeben, als er erklärte, dass Parameter gebraucht worden seien, die keine Gültigkeit hätten. Zudem handle es sich um Zahlen aus den Jahren 1997 bis 2001; man müsste die ganze Sache neu anschauen, da sich die Situation verändert habe.


Abschliessend betont sie, dass die Grünen in der Kommission immer diese Meinung vertreten haben. Man müsste noch darauf hinweisen, dass die Ärzte und Ärztinnen in Verhandlung mit den Krankenkassen sind.


Bea Fünfschilling gibt den RatskollegInnen mit ihrer Randbemerkung ein wenig Zeit, alle die inhaltlichen Aussagen zu verdauen, um anschliessend richtig abstimmen zu können. Die Kommissionspräsidentin habe es bereits erwähnt, aus Zeitgründen sei der Bericht nicht ganz wie gewünscht ausgefallen. Trotzdem möchte sie auf einen Satz zurückkommen (Zitat): «Diese Ärztegruppe verdient im Schnitt nicht mehr als ein Mittelschullehrer, der im Gegensatz zum praktizierenden Arzt noch dreizehn Wochen bezahlte Ferien hat, inklusive gut ausgebauter Altersvorsorge.» Dieser Satz treibe ihr das Wasser in die Augen, nicht etwa wegen der bedauernswerten Ärzte, die so wenig verdienen und auch nicht wegen der noch lausiger verdienenden Mittelschullehrer, sondern weil sie das Niveau einer Kommissionssitzung auf dieser Basis für zu niedrig erachtet. Werde so etwas am Stammtisch gesagt, so könne man wohl nichts dagegen einwenden. Erscheine es aber schriftlich in einem Kommissionsbericht, nachdem erst im letzten Jahr der Berufsauftrag der Lehrpersonen hier beschlossen wurde, so ist dies für sie nicht mehr ganz goutierbar. Jedermann wisse, dass gemäss neuem Berufsauftrag die Arbeitszeit der Lehrpersonen genau der Jahresarbeitszeit des restlichen Verwaltungspersonals entspreche. Dass heute noch, im Jahr 2005, solche Aussagen schwarz auf weiss in einem Kommissionsbericht stehen, ist für sie höchst unverständlich [vereinzelt Applaus von links].


Für Christine Mangold läuft die momentane Gesetzedebatte auf die Frage hinaus, ob letztlich die Ärzte oder Apotheker mehr verdienen sollen. Geht es aber darum? - Sie hält es für eine Unterstellung, wenn behauptet wird, das heutige System führe nur dazu, dass den Patienten möglichst viele Medikamente abgegeben werden. Die Mengenentwicklung in der Medikamentenabgabe hat für sie nichts mit dem System, sondern mit unserer Gesellschaft zu tun, in welcher jeder finde, er müsse sich für das geringste Wehwehchen das entsprechende Medikament holen, sei dies nun in der Apotheke oder beim Arzt. Dies könne ganz sicher nicht mit der Annahme des vorliegenden Gesetzes gestoppt werden. Warum soll nun etwas am von vielen für gut erachteten Status quo geändert werden? Dazu drei Punkte: 1. Ist es von Gesetzes wegen nötig? - Man habe klar gehört, dass es das nicht ist. In Zürich und Solothurn sei es durch gespielt worden. Hier müsse nichts verändert werden; es gibt keine gesetzliche Vorgabe. 2. Gehen die Gesundheitskosten zurück? - Niemand hier konnte diese Frage mit Bestimmtheit bejahen. Es handelt sich um einen Glaubenskrieg. Im Übrigen wurde bereits beim KVG mit einem Rückgang der Kosten argumentiert. Alle sind sich aber einig, dass man heute weiter denn je davon entfernt ist. 3. Will der Patient diese Änderung? - Die Landrätin ist klar der Ansicht, dass dem nicht so ist - hier könne man ruhig das Volk reden lassen, wie Ivo Corvini meinte. Auch findet sie es eine Unterstellung zu sagen, der Patient wolle die Beibehaltung nur aus Bequemlichkeit. Es gehe vielmehr um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, respektive um eine im Zwiegespräch mögliche Diskretion bei der Abgabe eines Medikaments, im Gegensatz zur Abgabe in der Apotheke. Der Patient soll wählen können, findet sie.


Sie ist überzeugt, dass heute Arzt und Apotheker, ganz im Sinne der Patienten, grösstmehrheitlich gut zusammenarbeiten - das habe sie von beiden Seiten gehört. Daher brauche man das Gesetz nicht.


Regierungsrat Erich Straumann ist grundsätzlich sprachlos [Heiterkeit], sagt nun aber doch etwas. Rückblickend auf die Kommissionsarbeit ist er ziemlich erstaunt darüber, wie viel Zeit allein die Eintretensdebatte in Anspruch nimmt. Nun habe eine Kommissionsberatung stattgefunden, es wurde nochmals alles aufgerollt, grundsätzlich hätte dies nach Eintreten stattfinden können.


Warum nun hat die "böse" Regierung dieses Gesetz ausgearbeitet? Als Gründe fügt er nochmals unter anderem das seit 1996 in Kraft befindliche KVG und die Heilmittelgesetzgebung des Bundes an. Zudem erwähnt er das von Peter Brunner im Jahr 1997 eingereichte Postulat zu diesem Thema. Diese heisse Kartoffel hat nun die Regierung angefasst und will etwas unternehmen. Zudem sei bei Amtsantritt des Sanitätsdirektors im Jahr 1999 Alfred Zimmermann von den Grünen zu ihm gekommen und habe ihn gebeten, als Erstes eine diesbezügliche Regelung an die Hand zu nehmen. Er versprach es und führte im Verlauf des Prozesses immer wieder Diskussionen mit den beiden Verbänden. Man rang um Lösungen und kam zu keinem Ergebnis, so dass nun letztlich das Ganze verordnet werden muss, wohlgemerkt in einem "kleinen Gsetzli" mit 10 Paragrafen. - Zur Diskussion gestanden habe auch eine Integration des Themas ins Gesundheitsgesetz, welches zur Zeit (mit ungefähr 80 Paragrafen) in Arbeit ist. Allerdings wollte der Sanitätsdirektor das Gesetz nicht mit diesem kleinen, aber heiklen Teil betreffend Selbstdispensation verunglücken lassen.


Erich Straumann findet es mutlos, wenn der Landrat nun nicht auf das Gesetz eintritt, es jetzt schon abwürgt und so nicht vors Volk kommen lässt. Nun könne man wohl sagen, der Status quo funktioniere gut, aber ob dies die Bevölkerung tatsächlich auch so sehe, möchte er schon selbst von ihr erfahren. Niemand könne die Garantie dafür abgeben, dass das Volk nicht doch die vorliegende Lösung für gut befindet. Erich Straumann appellliert an den Landrat, mutig zu sein, einzutreten und etwas zu unternehmen.


Rita Bachmann -Scherer kommt nochmals auf den 8 : 4-Beschluss der Kommission zurück. Es sei auch das Wort «Windfahne» gefallen. Sie persönlich wird heute für Nichteintreten stimmen, einerseits, weil sie in der Volks-wirtschafts- und Gesundheitskommission an den Entscheid der CVP-Fraktion gebunden war [Rufe von links]. In der Kommission werde jeweils eine Eintretensdebatte gemacht, bei welcher sich jede Fraktion 'oute', das sei absolut klar. Der andere Grund bestehe darin, dass nun die Fraktion heute nicht mehr einen so klaren Entscheid gefällt habe - auch das sei erlaubt, in der Zwischenzeit hätten sich schliesslich auch die Voraussetzungen der 2004 entstandenen Vorlage ziemlich stark geändert. Die Änderung ihres Stimmverhaltens habe überhaupt nichts mit dem Begriff Windfahne zu tun. Sie sei während einer längeren Beratungszeit zu anderen Erkenntnissen gelangt.


Zwei weitere Punkte: Der Vertrag der Ärztegesellschaft mit der santésuisse parallel zum Vertrag der Apotheker mit der santésuisse ist am Entstehen. Es dürfte auch im Sinne der Ärztegesellschaft sein, dass § 3 Absatz 2 des Gesetzesentwurfs erfüllt werden muss. Ihr ist bekannt, dass die entsprechenden Kontakte bereits bestehen und schon früher aufgenommen worden sind. Bezüglich Mengenausweitung fügt sie noch eine persönliche Begegnung an. Vor drei Tagen sagte ihr ein Arzt, dass er, nachdem er dem Patienten die notwendigen Präparate abgegeben hatte, von diesem bei der zweiten Konsultation erfahren musste, dass es ihm wohl gut ergehe damit, er aber in der Apotheke noch dieses und jenes zusätzlich geholt habe. Eine Mengenausweitung müsse also nicht unbedingt immer vom Arzt aus erfolgen.


Nichteintreten auf die Vorlage sei im Übrigen auch ein politischer Entscheid, und demzufolge sei der zu treffende Entscheid KVG § 37-konform.


Daniel Münger distanziert sich von der jetzt gemachten Aussage der Kommissionspräsidentin ebenso wie von der im Kommissionsbericht gemachten Aussage betreffend Lehrerinnen und Lehrer. Er bedankt sich bei Bea Fünfschilling, dass sie diesen Punkt aufgegriffen hat. Man habe keine Möglichkeit mehr gehabt, auf den Kommissionsbericht Einfluss zu nehmen.


Ruedi Brassel hat sich eigentlich bezüglich Reden 'Selbstdispensation' auferlegt. Beschliesse nun aber der Rat Nichteintreten, so dispensiere er einerseits sich selbst vor seiner politischen Verantwortung [Applaus von links] und andrerseits das Volk davor, dazu Stellung beziehen zu können. Hier gelte es nun, das Stichwort 'beim Wort'zu nehmen und einzutreten.


Isaac Reber unterstützt sowohl Ivo Corvini s wie auch Ruedi Brassel s Aussagen. Man habe hier nun sehr vieles, auch in Briefen, von Vertretern von Ärzten und Apothekern vernommen. Er fragt sich, wo denn die Stimme des Kunden, des Prämienzahlers, der Bevölkerung sei. In unserem Gesundheitswesen hapere es ganz klar. So gelte es etwa, die Kostenprobleme zur Kenntnis zu nehmen. Es muss etwas bewegt werden und dies gehe nicht, indem man sich einfach der Diskussion entziehe und der Bevölkerung keine Möglichkeit zur Stellungnahme einräume. Hingegen sei es nichts anderes als richtig und wichtig, dass die Bevölkerung im Gegenzug zu all den instruierten Leuten nun einmal zur Frage Stellung beziehen kann. Er bittet das Ratskollegium einzutreten.


Eintretensabstimmung


Es wird namentliche Abstimmung verlangt, erklärt Landratspräsident Eric Nussbaumer . [Der Drucker bequemt sich erst nach geraumer Zeit dazu, die Namensliste auszuspucken.]


://: Der Landrat beschliesst mit 41 : 38 Stimmen bei 2 Enthaltungen Nichteintreten auf die Vorlage 2004/181.


Damit erübrigt sich die Detailberatung der Vorlage, fügt der Landratspräsident an.


Für Eintreten gestimmt haben (Ja):


Abt Simone, Aebi Heinz, Augstburger Elisabeth, Birkhäuser Kaspar, Brassel Ruedi, Chappuis Eva, Corvini Ivo, de Courten Thomas, Fuchs Beatrice, Gerber Fredy, Haas Hildy, Hammel Urs, Hasler Gerhard, Huggel Hanny, Jermann Hans, Joset Marc, Keller Rudolf, Krähenbühl Jörg, Küng Peter, Marbet Annemarie, Meschberger Regula, Münger Daniel, Nussbaumer Eric, Piatti Aldo, Reber Isaac, Ringgenberg Hans-Jürgen, Rudin Christoph, Rüegg Martin, Schmied Elsbeth, Schweizer Hannes, Steiger Bruno, Stöcklin Sabine, Svoboda Paul, Tanner Eugen, Vögelin Rosmarie, Wüthrich Ernst, Ziegler Röbi, Zwick Peter


Gegen Eintreten gestimmt haben (Nein):


Anderegg Romy, Blatter Margrit, Brenzikofer Florence, Brunner Rosmarie, Ceccarelli Daniele, Franz Remo, Frey Hanspeter, Fritschi Anton, Fünfschilling Beatrice, Göschke Madeleine, Gutzwiller Eva, Halder Jacqueline, Hess Urs, Holinger Peter, Jäggi Ursula, Jordi Paul, Mangold Christine, Morel Etienne, Nufer Juliana, Bachmann Rita, Richterich Rolf, Rufi Werner, Schäfli Patrick, Schär Paul, Schenk Dieter, Schneeberger Daniela, Schneider Elisabeth, Schoch Philipp, Schulte Thomas, Simonet Jacqueline, Steiner Christian, Thüring Georges, van der Merwe Judith, Völlmin Dieter, Wegmüller Helen, Wenk Daniel, Wiedemann Jürg, Willimann Karl, Wullschleger Hanspeter, Zihlmann Iris, Zoller Matthias


Enthalten haben sich: Hintermann Urs, Rohrbach Paul


Eric Nussbaumer weist darauf hin, dass das in der regierungsrätlichen Vorlage auf Seite 12 erwähnte Postulat Brunner (1997/191) laut Antrag des Regierungsrates als erledigt abzuschreiben ist. Es wird im Folgenden über den Antrag zur Abschreibung abgestimmt.


://: Der Landrat schreibt das Postulat Brunner (Vorlage 1997/191) mit 61 : 16 Stimmen bei einer Enthaltung ab.


Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Fortsetzung

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