Protokoll der Landratssitzung vom 26. Januar 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 26. Januar 2006 |
2005-276 vom 25. Oktober 2005
Vorlage: Projekt "Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in der kantonalen Verwaltung"; Verpflichtungskredit
- Bericht der Kommission vom: 21. Dezember 2005
- Beschluss des Landrats < beschlossen >
Nr. 1595
Mit dieser Vorlage gehe der Kanton mit gutem Beispiel voran, erklärt Kommissionspräsidentin Christine Mangold . Obwohl im Kanton schon vieles unternommen werde - sie nennt als Beispiele den Lehrstellenförderer bei der Wirtschaftskammer, die Jugendberatungsstelle "Wie weiter?", ein Mentoring, "E Lehr mit Kick" sowie Stützangebote an Berufsfachschulen -, sei in diesem Bereich noch nicht alles getan. Es sei bekannt und zu spüren, dass die Lehrstellen knapp sind. Die Tatsache, dass 2005 nur 65 Lehrstellen nicht besetzt worden sind (1992: 800 Lehrstellen), zeige die Notwendigkeit auf, neue Lehrstellen zu schaffen. Schwierig sei die Situation vor allem für Schülerinnen und Schüler mit Problemen im schulischen Bereich. Die Anforderungen würden angehoben, so dass diese Schwierigkeiten hätten, eine Lehre zu beginnen. Es dürfe jedoch nicht sein, dass für Schülerinnen und Schüler auf Niveau A keine Möglichkeit bestehe, eine Lehre abzuschliessen. Mit dieser Vorlage sollen deshalb vor allem Lehren im Attestbereich geschaffen werden. Gleichzeitig komme man einer entsprechenden Petition des Jugendrates entgegen, die klar auf die Notwendigkeit aufmerksam mache, mehr Lehrstellen zu schaffen.
Die Kommission habe sich grundsätzlich für die Schaffung neuer Lehrstellen ausgesprochen. Allerdings habe sie eingehend darüber diskutiert, ob die Absolventen dieser Lehrausbildung später eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten und ob es tatsächlich notwendig sei, beim AfBB eine 50%-Stelle für die Lehrstellenförderung zu schaffen.
16 der 48 zu schaffenden Stellen mit Lehrbeginn 2006 seien bereits gefunden. Die Aufgabe der Lehrstellenförderung sei es, die 32 Lehrplätze innerhalb der Verwaltung zu finden. Ferner habe sie den Auftrag, mit den Gemeinden abzuklären, wo weitere solche Lehrstellen geschaffen werden könnten. Diese Aufgaben dem bereits existierenden Lehrstellenförderer zu übertragen, sei nicht möglich; dessen Pensum sei schon zu gross. Der Kommission sei auch zugesichert worden, dass die neu geschaffenen Stellen für die Betreuung der Lehrlinge strikt auf das Projekt bezogen bleiben; nach Möglichkeit würden keine neuen Mitarbeiter dafür rekrutiert, sondern eher bestehende Pensen für die Zeitdauer des Projekts ausgeweitet.
Die Frage, was nach der Lehre passiere, müsse immer gestellt werden; eine Garantie für die Zeit danach gebe es nie. Sicher sei aber, dass die Schnittstelle Schule/Lehre/Arbeitswelt für jeden Menschen von grösster Wichtigkeit sei. Die Entwicklung, die jeder Mensch zwischen 16 und 19 durchlaufe, sei riesig. Die jungen Leute würden in dieser Lebensphase mit der Berufswahl und der Volljährigkeit vor schwierige Entscheidungen und neue Verantwortung gestellt. Wichtig sei es deshalb, eine gute Tagesstruktur zu haben.
Um sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können, sei es immer besser, eine solche (niederschwellige) Lehre als gar nichts gemacht zu haben.
Die Kommission sei aus genannten Gründen einstimmig und überzeugt für diese Vorlage.
Daniel Münger erklärt, die SP stehe voll und ganz hinter den vorgestellten Massnahmen. Der Kanton habe seine Aufgabe mit dieser Vorlage erfüllt, zumindest den ersten Teil davon. Der zweite Teil, die Attestlehrstellen nämlich ausfindig zu machen, stehe noch bevor - der Kanton sei allerdings auf gutem Weg. Auch bei den Gemeinden und allfälligen weiteren Institutionen sei Handlungsbedarf gegeben. Attestlehren sind nach Ansicht Daniel Müngers eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Lehren. Diese seien für viele ein Einstieg ins Berufsleben und allenfalls der erste Schritt zu einer "regulären" Lehre. Er bittet den Landrat, der Vorlage uneingeschränkt zuzustimmen.
Helen Wegmüller erklärt, die SVP stimme dem zeitlich begrenzten Projekt für zusätzliche Attestlehrstellen in der kantonalen Verwaltung zu. Der Kanton schaffe somit rund 50 Lehrstellen über die nächsten drei Jahre, in der Hoffnung, jungen Menschen eine Zukunft geben zu können. Es sei allerdings festzustellen, dass es sich um teure Ausbildungsplätze handle. Bei einem Aufwand von 1,74 Millionen für 50 Lehrstellen komme man auf einen Betrag von 1000 Franken pro Monat, was wesentlich mehr sei, als eine normale Lehrstelle koste. Sehr skeptisch sei die SVP, ob die jungen Menschen nach Abschluss der Attestausbildung auch tatsächlich einen Arbeitsplatz finden werden.
Die FDP-Fraktion sei einstimmig für Eintreten und für die Unterstützung dieser wichtigen regierungsrätlichen Vorlage im Lehrstellenbereich in der kantonalen Verwaltung, erklärt Werner Rufi . Der Vorstoss sei auf gleicher Ebene wie die Aktion "Speranza" anzusiedeln, welche die FDP seit 1999 begleite und in unserem Kanton auf ein sehr gutes Echo stosse.
Gemäss der regierungsrätlichen Vorlage ist der Fokus speziell auf niederschwellige Ausbildungen - Anlehre und Attest - gerichtet. Für Werner Rufi ist es sehr wesentlich, dass in der kantonalen Verwaltung auch in diesem Bereich angemessene Lehrstellen geschaffen werden.
Die FDP unterstütze den Verpflichtungskredit in vollem Umfang; sie sei der Meinung, dass die Mittel hier richtig eingesetzt sind. Das Projekt solle auch eine Signalwirkung auf Gemeindeebene haben, weshalb die zu schaffende befristete 50%-Stelle für die Lehrstellenförderung und die Koordination der Massnahmen auf kantonaler Ebene von Bedeutung sei. Für die FDP sei allerdings wichtig, dass die auf Seite 6 der regierungsrätlichen Vorlage erwähnte Erhöhung des Stellenplans auf maximal 2,4 Stellen die absolut oberste Limite und auf die Dauer des Projektes befristet sei - zur Beruhigung der Fraktion und wohl auch eines grossen Teils des Landrats wäre eine entsprechende Bestätigung durch den zuständigen Regierungsrat Urs Wüthrich begrüssenswert, meint Werner Rufi.
Der Kanton Baselland übernehme mit diesem Projekt eine wichtige Aufgabe bei der Ausbildung unserer Jugendlichen und setze damit auch ein positives Zeichen gegenüber der Privatwirtschaft.
Die FDP-Fraktion unterstütze einstimmig das sinnvolle Projekt und danke den zuständigen Personen für ihre umfangreiche Arbeit. Bei einer Annahme des Projektes wünsche sie allen Beteiligten viel Erfolg bei der Umsetzung und viel Zufriedenheit bei den Auszubildenden.
Die CVP/EVP-Fraktion unterstütze das Projekt zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze ebenfalls, erklärt Peter Zwick . Auch seine Fraktion habe sich mit der Frage auseinander gesetzt, ob die jungen Leute so nicht einfach zwei Jahre später auf der Strasse stünden. Sie sei allerdings der Meinung, es sei für junge Menschen einschneidender, wenn sie mit 16 Jahren das Gefühl bekämen, in der Arbeitswelt nicht gebraucht zu werden. Mit dieser Ausbildung habe ein junger Mensch auch bessere Chancen, später eine reguläre Lehrstelle zu finden. Wichtig sei seiner Fraktion jedoch, dass den Jugendlichen nicht falsche Hoffnungen gemacht würden, in zwei Jahren alle vom Kanton weiterbeschäftigt zu werden. Vielmehr müsse ihnen zu verstehen gegeben werden, dass sie mit dieser Ausbildung etwas für ihre Ausbildungszukunft täten und später bessere Chancen hätten.
Die CVP/EVP-Fraktion stimmt dieser Vorlage einstimmig zu.
Von der Kommissionspräsidentin sei die Lehrstellensituation im Kanton bereits erläutert worden, erklärt Etienne Morel . Die Grüne Fraktion erachte es als absolut notwendig, dass der Kanton in dieser Sache eine Vorbildsfunktion einnehme. Der Kanton müsse ein enormes Interesse daran haben, Jugendliche mit Leistungsschwächen zu fördern, um Folgekosten zu vermeiden. Die Grüne Fraktion stehe zu 100% hinter der Vorlage.
Bruno Steiger stellt fest, die Förderung von Attestlehrstellen sei gegenwärtig sehr aktuell, nicht nur im Kanton Baselland, sondern auch im Kanton Basel-Stadt. Diese sei zwar grundsätzlich sinnvoll, aber er habe Bedenken, dass den jungen Menschen falsche Hoffnungen gemacht und diese nach der zweijährigen Ausbildung trotz allem auf der Strasse stehen werden. Er warne vor allzu grosser Euphorie - der Nutzen dieser Attestlehren sollte nicht überbewertet werden. Er stimme der Vorlage zu, bleibe aber skeptisch.
Drei Motive liegen gemäss Regierungsrat Urs Wüthrich dieser Vorlage zugrunde. In erster Linie solle Jugendlichen mit Schwierigkeiten, eine Lehrstelle zu finden, eine Perspektive geboten werden. Ferner wolle der Kanton seine Vorbildfunktion wahrnehmen und selber den Tatbeweis erbringen, dass diese Attestausbildungen vollwertige Lehrgänge sind, indem sie Anschlussausbildungen ermöglichten und im späteren Berufsleben praktisch verwertbar seien. Selbstverständlich zähle der Kanton darauf, dass die Vorbildwirkung auch auf Gemeindeebene Früchte trage. Es kämen von den Gemeinden bereits verbindliche Signale, und er werde in den nächsten Wochen berichten können, welche Erfolge das "Klinkenputzen" bei den Gemeinden gezeitigt hätten. Schliesslich habe die Regierung den Antrag des Landrates ernstgenommen, den Vorstoss von Remo Franz zur Verbesserung der Lehrstellensituation nicht abzuschreiben.
An die Adresse Bruno Steigers bemerkt Urs Wüthrich, dass es nicht darum gehe, Euphorie zu verbreiten. Vielmehr gehe es darum, den Jugendlichen bessere Chancen zu geben und damit Zuversicht zu schaffen.
Er freue sich, den Kreditantrag nicht auf der Basis einer generellen Absichtserklärung, sondern eines umsetzungsreifen Projektes präsentieren zu können. Jeder einzelne Ausbildungsplatz, der mit der Zustimmung des Landrats zum Verpflichtungskredit geschaffen werden könne, sei bereits konkret vorbereitet und müsse nur noch besetzt werden.
Urs Wüthrich weist - als Antwort auf das Votum Werner Rufis - darauf hin, in Ziffer 4 der Vorlage (vorgeschlagene Massnahmen) sei unter Punkt 5 und 7 klar festgehalten, dass es sich um befristete Massnahmen handelt. Er könne dem lediglich hinzufügen, dass das geschriebene Wort gelte.
Schliesslich dankt Urs Wüthrich seinen Regierungsratskollegen für die Unterstützung des Projektes. Konkrete neue Lehrstellen zu schaffen, die über das reguläre grosse Lehrstellenangebot des Kantons hinausgingen, sei nur dank der Motivation und Bereitschaft aller Direktionen möglich gewesen.
Nach den erfreulich positiven Voten dankt der Regierungsrat dem Landrat bereits im Voraus für dessen Zustimmung und für die Bewilligung der benötigten finanziellen Mittel.
Kommissionspräsidentin Christine Mangold erklärt, es sei in keiner Art und Weise so, dass einem Schüler oder einer Schülerin bei Ausbildungsantritt vorgegaukelt werde, er absolviere etwas Ähnliches wie eine Lehre -"eine Attestausbildung ist eine Lehre!". Diese sei im Übrigen nicht vom Kanton Baselland erfunden worden, sondern eine gesamtschweizerisch geregelte und anerkannte Ausbildung. Früher habe es die Anlehre gegeben, welche heute nicht mehr existiere. Mit der Attestausbildung bestehe sogar die Möglichkeit, anschliessend eine dreijährige Lehre zu absolvieren.
Kein Lehrling habe im Übrigen die Garantie, vom Lehrbetrieb anschliessend weiterbeschäftigt zu werden - das sei bei einer normalen Lehre so und bei der Attestausbildung auch nicht anders.
Es gibt keine weiteren Wortbegehren.
- Detailberatung
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffern 1 bis 3 keine Wortbegehren
- Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem Verpflichtungskredit von 2,9 Millionen Franken mit 75:0 Stimmen zu.
Landratsbeschluss
betreffend Projekt "Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in der kantonalen Verwaltung"; Verpflichtungskredit
vom 26. Januar 2006
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1.
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Dem Projekt "Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in der kantonalen Verwaltung" wird zugestimmt.
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2.
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Für die Durchführung des Projektes wird für die Jahre 2006-2011 ein Verpflichtungskredit von 2.9 Mio. Franken zu Lasten des Kontos 2549.309.90 bewilligt.
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3.
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Ziffer 2 dieses Beschlusses unterliegt gemäss § 31 Absatz 1 Buchstabe b der Kantonsverfassung der fakultativen Volksabstimmung.
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Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei |
Fortsetzung