Protokoll der Landratssitzung vom 16. Februar 2006

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2006-048 vom 16. Februar 2006
Resolution von Jürg Wiedemann : Zu hohe Feinstaubbelastung gefährdet unsere Gesundheit
- Beschluss des Landrats < nicht zustandegekommen >



Nr. 1648

Landratspräsident Eric Nussbaumer führt aus, über die am Vormittag zur Beratung bestimmte Resolution werde nun debattiert, wobei sich auch die Regierung zu Wort melden werde. Damit die Resolution überhaupt zustande kommt, müssen ihr 60 Ratsmitglieder zustimmen.


Jürg Wiedemann stellt fest, dass die Feinstaub-Grenzwerte von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter seit Jahren überschritten werden. Im Verlaufe der vergangenen Wochen hat die Feinstaubbelastung ein derart enormes Ausmass angenommen, dass die Gesundheit der Bevölkerung in grösseren Agglomerationen an exponierten Stellen klar gefährdet ist.


Wer die Buwal-Studie "Feinstaub macht krank" liest, erkennt in aller Deutlichkeit die Auswirkungen des Feinstaubs auf den menschlichen Organismus. Inzwischen ist die Bevölkerung aufgeschreckt, einerseits durch die massiven und gefährlichen Grenzwertüberschreitungen, andererseits durch die Anordung von Tempo 80 auf Autobahnen in einzelnen Kantonen.


Die Grüne Fraktion nimmt die Ängste der Bevölkerung ernst. Bereits im September 2005 reichte sie eine Motion ein, die von der Regierung Massnahmen zur nachhaltigen Reduzierung der Feinstaubbelastung fordert. In der Zwischenzeit ist Feinstaub zu einem brisanten Thema geworden, das weder verharmlost oder unter den Tisch gewischt noch auf die lange Bank geschoben werden darf. Der Landrat sollte klar und unzweideutig Stellung beziehen und Farbe bekennen. Die Resolution ist das geeignete Mittel dafür!


Matthias Zoller bemerkt vorweg, wenn der Landrat eine Forderung an die Regierung stellen möchte, stehe ihm das Mittel der Motion - ein direkter Auftrag - oder das Mittel des Postulats - prüfen und berichten - zur Verfügung. Eine als Bittschrift an die Regierung gedachte Resolution aber ist dazu nicht angebracht. Zum vorliegenden Thema - hinterher wie die alte Feuerwehr - auch noch eine Resolution zu lancieren, erweckt doch den Eindruck, man möchte im allgemeinen Wehklagen auch noch mitschreien. Die Fraktion der CVP/EVP stellt sich gegen den Versuch, das Mittel der Resolution in dieser Weise zu verwässern und wird ihre Unterstützung versagen.


Jörg Krähenbühl gibt bekannt, die SVP-Fraktion werde die Resolution nicht unterstützen. Dies heisst aber nicht, die SVP möchte nicht saubere Luft einatmen; vielmehr ist das Thema nun auf Bundesebene in Bearbeitung und der Kanton Basel-Landschaft kann sich, wie schon bis anhin, an den Bundesmassnahmen beteiligen. Dass in Bern vorwärts gemacht wird, hat inzwischen auch Jürg Wiedemann festgestellt, schliesslich hat er - wie eben vernommen - die Buwal-Schrift "Feinstaub macht krank" gelesen - und daraus abgeschrieben. Bisher hat sich keine Partei und kein Verband gegen die schnelle Einführung der technischen Lösungsmöglichkeiten ausgesprochen. Über die organisatorischen Massnahmen bestehen noch unterschiedliche Einschätzungen, die durchaus differenziert dargestellt werden können.


Fazit: Problem erkannt, Arbeit im Fluss, Resolution überflüssig!


Ruedi Brassel und die SP nehmen nicht ein aus dem Jahre 2005 stammendes Zitat des Buwal-Direktors zur Kenntnis, sondern mit Besorgnis die Entwicklungen der vergangenen Wochen. Die Resolution würde ihren Zweck nur dann erreichen, wenn sie bei der Betroffenheit der Bevölkerung ansetzte. Die SP-Fraktion widersetzt sich der Verabschiedung einer solchen Resolution zwar nicht, hat den Initianten aber im Vorfeld gebeten, die Frage der Unterstützung durch die Fraktionen abzuklären.


Die SP hat heute einen Vorstoss eingereicht, mit dem auf zwei Schienen versucht wird, Reaktionen anzuregen. Das eingereichte Postulat verlangt einen längerfristigen Massnahmenplan zur Vermeidung von Feinstaub und eine Eingriffsplanung für den Fall einer nächsten Phase mit hoher Feinstaubkonzentration. Alle Massnahmen sollen in regionaler und gesamtschweizerischer Zusammenarbeit sowie in Koordination mit dem angrenzenden Ausland realisiert werden.


Christine Mangold geht mit ihren Vorrednern einig, dass die Thematik Feinstaub uns alle berührt und betrifft und dass Massnahmen geprüft werden müssen. Kantonale Massnahmen erweisen sich als beschränkt, der Bund muss, wird reagieren, wie heute den Medien zu entnehmen ist.


Auf kantonaler Ebene geht es darum, die im Luftreinhalteplan aufgeführten Massnahmen umzusetzen. Dazu sind in dieser Richtung zielende Vorstösse mit konkreten Forderungen nötig. Die FDP reicht heute ein Postulat ein, das entsprechende Eingriffe verlangt.


Keinesfalls darf der Eindruck aufkommen, wer die Resolution ablehne, stelle sich gegen ökologische Anliegen. Die Ablehnung zeigt vielmehr, dass nicht mit einer Resolution, sondern mit anderen Mitteln vorzugehen ist. Absolut nicht möglich ist es, mit einer Resolution der Regierung einen Auftrag zu erteilen, wie Jörg Wiedemann dies versucht.


Philipp Schoch bittet zu bedenken, dass die Feinstaubbelastung längst nicht mehr ein ökologisches, sondern ein gesundheitliches Problem der Menschen ist. Im Kampf gegen die Schädigung der Gesundheit ist, dies an die Adresse Matthias Zoller s, jedes Mittel recht. Zudem: Bereits im Herbst des vergangenen Jahres hat Jürg Wiedemann einen Vorstoss eingereicht, die BUD aber hat noch immer nicht die Zeit gefunden, ihn zu beantworten. Heute muss also kein neuer Vorstoss zur Feinstaubproblematik eingereicht werden, denn dieser liegt längst in der Schublade. Mit der Resolution soll ein weiteres Mittel zur Anwendung gelangen, um das wichtige Thema endlich anzugehen.


Dem Vorwurf der Schubladisierung begegnet Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider -Kenel mit dem Aufzeigen der Massnahmen, die aktuell eingeleitet oder in den letzten Tagen getroffen wurden: Heute, am 16. Februar, verhandeln Vertreter der Umweltschutzdirektoren mit Bundesrat Moritz Leuenberger in Bern. Die Kantone verlangen vom UVEK und vom Gesamtbundesrat einen dringlich umzusetzenden Aktionsplan gegen die Feinstaubkonzentration. Ziel soll es sein, dass sich Motoren, Geräte und Heizungen in der Schweiz schon bald auf dem Stand der Technik befinden. Die Umweltschutzdirektionen sehen als Sofortmassnahme vor, neue Dieselfahrzeuge ab sofort nur noch zuzulassen, wenn sie mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind. An ihrer Frühjahrsversammlung werden die Umweltschutzdirektorinnen und -direktoren ein koordiniertes Vorgehen besprechen. Koordination hält die Baselbieter Umweltschutzdirektorin für besonders wichtig, es soll nicht mehr vorkommen, dass eine Massnahme im einen Kanton angeordnet wird, im andern aber nicht.


Die BUD wird die Bevölkerung überdies laufend über ein sinnvolles Verhalten, beispielsweise auch bei hoher Ozonbelastung im Sommer, informieren.


Abschliessend mahnt die Baudirektorin: Die wichtigsten Massnahmen beginnen bei jeder Einzelnen, jedem Einzelnen. Wer bei entsprechenden Wetterlagen auf den ÖV umsteigt, hat den ersten Schritt bereits getan.


Jürg Wiedemann unterstützt den Hinweis der Umweltschutzdirektorin, die ersten Schritte begännen bei jedem Einzelnen. Dass die Öffentlichkeit reagiert, ist doch genau das Ziel einer Resolution.


Falsch ist die Behauptung der Gegenseite, die Anordnung von Tempo 80 entfalte keine Wirkung. Konsequenz einer solchen Beschränkung war etwa, dass viele Automobilistinnen und Automobilisten auf das Auto verzichtet haben und dass die SBB eine Gratisrückfahrt angeboten hat. Im Gegensatz zu diesen Sofortmassnahmen wirken Vorstösse erst mit grosser Verzögerung.


Zu einfach macht es sich die Gegenseite, wenn sie nun einfach das Mittel der Resolution als untauglich disqualifiziert. Die Grünen werden sicher nicht die Klappe halten, sondern nehmen die Ängste der Bevölkerung wahr.


Landratspräsident Eric Nussbaumer wiederholt, dass 60 Ratsmitglieder zustimmen müssen, wenn die Resolution zustande kommen soll.


://: Der Landrat lehnt die Resolution 2006/048 mit 41 zu 29 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.


Der Landratspräsident begrüsst Nationalrätin Maya Graf sowie weitere liebe und nette Menschen auf der Tribüne.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung

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