Protokoll der Landratssitzung vom 24. Februar 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 24. Februar 2005 |
Nr. 1068
19 2004/298
Motion der Fraktion der Grünen vom 25. November 2004: Gesetz zum Verbot von Motorrennsport
Landratspräsidentin
Daniela Schneeberger
erklärt, dass der Regierungsrat diese Motion ablehnt.
Regierungsrätin
Sabine Pegoraro
bestätigt, dass der Regierungsrat ein Verbot solcher Motocrossveranstaltungen erlassen hatte, dieses aber wieder aufheben musste. Seither haben sich diese Rennen gut entwickelt und es hat keine Probleme gegeben. Sie sehen deshalb auch keine Notwendigkeit, diese Rennen nun wieder zu verbieten.
Es gab in Roggenburg während solcher Motocrossveranstaltungen weder mit Zuschauern noch mit Rennfahrern je einen Unfall. Die Rennstrecke in Roggenburg wird nach klaren internationalen Richtlinien abgesichert und vor den Rennen jeweils abgenommen. Unfälle auf Motocrosspisten ereignen sich in der Schweiz meistens bei den sog. "wilden" Rennen (inoffizielle Veranstaltungen oder Rennen) mit nicht lizenzierten Fahrern.
Zum Argument Lärmbelastung: Bei der Abteilung Lärmschutz der BUD sind bis heute keine Beschwerden betreffend das Rennen in Roggenburg eingegangen. Auch nach Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung von Roggenburg konnten keine Lärmklagen ausgemacht werden. Die weltweit gültigen internationalen Lärmvorschriften für Motocrossrennen werden in Roggenburg eingehalten. Die Maschinen müssen vor und nach den Rennläufen zur Lärmkontrolle und werden dort überprüft.
Zum Argument Luftbelastung durch Abgase: Die Motocrosspiste in Roggenburg steht nur an einem Wochenende pro Jahr zur Verfügung. Übungs- und Trainingsfahrten werden nicht zugelassen. Die Luftbelastung reduziert sich demnach auf lediglich zwei Tage im Jahr. Zudem ist es Sache der Veranstalter, lediglich solche Kategorien zuzulassen, welche wenig Abgase produzieren. Das Verbot wäre auch in dieser Hinsicht unverhältnismässig. Sabine Pegoraro weiss, dass die Veranstalter dem Argument Luftbelastung Rechnung tragen und v.a. auch die Teilnehmer dazu bringen wollen, "Töffs" zu fahren, welche weniger Abgase produzieren als die älteren Modelle.
Zum wirtschaftlichen Nutzen: Der wirtschaftliche Nutzen dieser Veranstaltung darf nicht unterschätzt werden. Als in Roggenburg der
Grand Prix des Nations
ausgetragen wurde, kamen über 200'000 ZuschauerInnen. Davon profitierten nicht nur die Gemeinde Roggenburg und die Landbesitzer sondern auch Transportunternehmen, Hotels und Restaurants von Delémont bis Basel und im angrenzenden Elsass.
Aus diesen Gründen erachtet es die Regierung nicht als nötig, dieses Verbot wieder einzuführen. Die Rennen in Roggenburg werden verantwortungsvoll gehandhabt. Es bestehen keine Probleme. Die Regierung bittet den Landrat, die Motion nicht zu überweisen.
Philipp Schoch
weist darauf hin, dass sich der Kanton Basel-Landschaft der Nachhaltigkeit verschrieben hat. Bei den Motocrossrennen von Roggenburg falle es aber auch bei einer liberalen Auslegung des Begriffs Nachhaltigkeit schwer, diese zu finden.
Der Luft geht es nicht gut. Die Emissionen der Verbrennungsmotoren stellen nach wie vor ein ungelöstes Problem dar. Die Grünen sind der Ansicht, dass man dort beginnen sollte, wo es am wenigsten schmerzt. Sicher seien die Roggenburger mit Herzblut bei diesen Motorradrennen dabei. Trotzdem ist die Grüne Fraktion der Meinung, dass diese Rennen abgeschafft werden müssen. Sicher werde ihnen deshalb Öko-Fundamentalismus vorgeworfen. Aber für die Natur und die Luft, die man täglich atme, müsse etwas gemacht werden.
Der Vorstoss habe aber noch eine ganz andere Dimension: Diese Motocrossrennen sind in § 62 des Laufentalvertrags festgeschrieben. Philipp Schoch hat sich dazu zwei grosse Fragezeichen notiert, da der Laufentalvertrag eigentlich 2003 ausgelaufen sei. Zur Gültigkeit dieses Vertrags und der einzelnen Paragraphen habe er bislang die unterschiedlichsten Meinungen gehört. Betreffend das Kantonsspital Laufen heisst es in § 45, dieses "...bleibt dauernd gewährleistet". - Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Vertrag 2003 ausgelaufen sei, ein durchaus spannender Paragraph. Die Motocrossrennen sind unter "3. Recht, A. Übergangsrecht" abgehandelt. Dort heisst es in § 62: "Die Motocrossveranstaltung in Roggenburg kann weiterhin durchgeführt werden." Alt-Regierungsrat Andreas Koellreuter äusserte sich an der Landratssitzung von 05. Februar 1996 betreffend § 62 des Laufentalvertrags wie folgt: "Dass diese Zusicherung zumindest während der Übergangsfrist von 10 Jahren, also bis Ende 2003 gelte, sei unbestritten, während die Auffassung, dass sie darüber hinaus wirksam bleibe, offensichtlich kontrovers sei."
Nach Ansicht von Philipp Schoch geht es bei dieser Motion nebst den Motocrossveranstaltungen in Roggenburg auch um das Vertragswerk Laufentalvertrag, zu welchem die Grünen einige Fragen haben. Das Thema Motocrossveranstaltung in Roggenburg wäre ein guter Anlass, die Fragen, welche der Laufentalvertrag mit sich bringe, noch einmal abzuklären. Er bittet deshalb um Überweisung der Motion.
Martin Rüegg-Schmidheiny
berichtet, dass das in der Motion formulierte Anliegen für eine Mehrheit der SP-Fraktion in die richtige Richtung zielt. Es gebe bestimmt gesündere und sinnvollere Sportarten, welche genauso spektakulär sein könnten wie ein Motocrossrennen, z.B. ein Mountain-Bike-Rennen. Vergleiche man die Rennveranstaltung in Roggenburg aber mit dem, was auf den dicht befahrenen Strassen hinsichtlich Unfällen, Gesundheitskosten, Lärm-, Luft-, Boden- und Wasserbelastung tagtäglich ablaufe, erkenne man schnell, dass die in der Motion aufgegriffenen Probleme dort viel akuter auftreten.
Die SP möchte jedoch keine neuen und auch keine alten Rundstrecken- oder Bergrennen - weder im Kanton noch schweizweit. Eine Mehrheit der Fraktion will deshalb ein Zeichen setzen und unterstützt diese Motion.
Rosmarie Brunner
erklärt, dass die SVP-Fraktion einstimmig gegen die Überweisung der Motion ist. Sie schliessen sich den Ausführungen von Regierungsrätin Sabine Pegoraro an.
Hans Jermann
greift auf seine Antwort vom 27. Oktober 1999 auf die Motion von Alfred Zimmermann, welche fast denselben Wortlaut hatte wie diejenige von Philipp Schoch, zurück. Er ist weder Motorsport-Freund noch Aktionär beim Motocrossclub Roggenburg. Über Motorsport könne man geteilter Meinung sein. Ein Verbot ziele aber in die falsche Richtung und gehe am Problem vorbei. Die Autos, mit welchen die ZuschauerInnen an die Veranstaltung kommen, verbrauchen mehr Sprit als die Rennmaschinen. Es müssten also auch die Fussballspiele des FC Basel, die Swiss Indoors, die Openair-Konzerte etc. verboten werden. Aus diesen Gründen lehnt die CVP/EVP-Fraktion diese Motion ab.
Dieser Antwort vom 27. Oktober 1999 fügt Hans Jermann folgendes neues Element hinzu: Er nimmt an, dass das Interview in der Basler Zeitung vom 02. Februar 2005 korrekt wiedergegeben wurde. Philipp Schoch spreche darin von seiner Motion als einer "Signalrakete gegen Formel-1-Rennen". Hans Jermann hält die Motion für ein "Motions-Raketlein". Er erinnert daran, dass eine Motion (oder ein Postulat), welche überwiesen wird, den Kanton laut einer Erhebung im Landrat Fr. 4'000 bis 6'000 kostet. Hier höre der Spass mit leichtfertigen Vorstössen auf.
Paul Schär
erklärt, dass die FDP-Fraktion die Überweisung dieses Vorstosses ablehnt. Ihre Meinung deckt sich mit den Ausführungen von Hans Jermann.
Vor ein paar Jahren hat sich der Landrat bereits mit demselben Vorstoss beschäftigt. Paul Schär wurde damals eingeladen, sich vorgängig die Anlage in Roggenburg anzuschauen und er besuchte auch an das Rennen. Er stellte fest, dass dieses Rennen eine riesige Tradition hat in dem ganz kleinen Dorf Roggenburg. Das ganze Dorf arbeitet tagelang mit und das beeindruckte ihn sehr. Für die FDP-Fraktion ist klar, dass solche Traditionen nicht gebrochen werden sollten.
Er fügt an die Fraktion der Grünen gerichtet an, dass auch der ökologische Aspekt (insbesondere die Fauna usw.) überprüft wurde. Entlang der Piste wachsen Pflanzen, welche sonst nirgends wachsen.
Georges Thüring
schliesst sich den Voten von Hans Jermann und Paul Schär an.
Wieder einmal gehe es um das Laufental. Roggenburg lebe, wie es von Paul Schär gesagt wurde, von diesem Motocross. Es wurde eine Infrastruktur aufgebaut, welche nur für diese Veranstaltung bereitstehe. Das ganze Vereinsleben laufe über das Motocross. Seines Erachtens ist es verrückt, dass einige Parlamentarier hier ein "Ballönchen" starten wollen, ohne den Hintergrund dieser Motocrossveranstaltung genau studiert zu haben und dass diese in der Motion schreiben, der wirtschaftliche Nutzen sei gering.
Esther Maag
stellt fest, die Aussage betreffend die Signalwirkung sei wohl falsch verstanden worden. Die Meinung der Fraktion der Grünen ist, dass ein Motorrennsportanlass ein falsches Signal ist. Sie seien die ersten, welche einen Breitensportanlass befürworten, aber einen gesunden (z.B. Mountain-Bike-Anlass). Sie sind überhaupt nicht dagegen, dass in Roggenburg ein sportlicher Anlass stattfindet. Dieser sollte aber nicht ein Signal für Lärm, Dreck und potenzielle Unfälle setzen. Es bestehe auch eine Vorbildwirkung. Ein Motorrennsportanlass sei weder gesund noch ökologisch. Die Motion sollte deshalb überweisen werden.
://: Die Motion 2004/298 wird abgelehnt.
Für das Protokoll:
Seline Keiser, Landeskanzlei
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