Protokoll der Landratssitzung vom 12. Mai 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 12. Mai 2005 |
Nr. 1220
18 2004/303
Interpellation von Ursula Jäggi vom 25. November 2004: «futuro»? Schriftliche Antwort vom 18. Januar 2005
Ursula Jäggi
beantragt Diskussion.
://: Diskussion wird bewilligt.
Ursula Jäggi
dankt der Regierung für die Antworten. Allerdings sind daraus zahlreiche Zusatzfragen entstanden.
Wenn die Regierung ausführt, dass sie vor dem Hintergrund finanzieller Einsparungen eine organisatorische Zusammenlegung des AUE, des Lufthygieneamts und des Kantonslabors sowie eine räumliche Verlegung ins
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prüfe - wie sieht denn dann heute das Ergebnis dieser Prüfung aus? Wann ist mit einer Orientierung des Landrats zu rechnen?
Sollte der Kanton die genannten Dienststellen zusammenführen, um Betriebsmittel einzusparen, müsste er sie doch wohl sinnvollerweise in einem kantonseigenen Gebäude unterbringen. Ist kein solches vorhanden, wäre es bestimmt sinnvoll, dass der Kanton an einem Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs - beispielsweise am Bahnhof Liestal, wo zur Zeit eine Planung läuft - in ein ökologisch vorbildliches Gebäude investierte.
Die öffentliche Hand muss sich im Infrastrukturbereich nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit ausrichten und sich in der Standortwahl und der Bauausführung ökologisch vorbildlich verhalten. Aus wirtschaftlichen Gründen sollten Einmietungen nur für provisorische oder mittelfristig angelegte Projekte gewählt werden. Bei langfristigen Engagements muss der Kanton seine Dienststellen in eigenen Objekten unterbringen.
Die CVP/EVP-Fraktion hat mit ihrem Postulat 1999/202 die Sistierung der Ausarbeitung einer Baukreditvorlage für die Gebäudesanierung des kantonalen Laboratoriums an der Hammerstrasse in Liestal verlangt. Weiter ist die Überprüfung des Leistungsauftrags und der Struktur des Kantonslabors in Bezug auf die Zusammenarbeit bzw. Zusammenlegung mit anderen Laboratorien gefordert worden. Der Vorstoss wurde am 10. Februar 2000 überwiesen; seither liegt kein Bericht dazu vor.
Vor der Prüfung einer Verlegung der genannten Dienststellen ins
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sollte eine klare Strategie erkennbar sein. Auch ob und welche Ämter zusammengelegt werden sollen, muss bekannt sein. Zudem sollte ein anderer Ansatz gewählt werden: Sämtliche Bedürfnisse sollten abgeklärt werden. Erst danach ergibt es Sinn, sich über die Räumlichkeiten Gedanken zu machen. Eine Festlegung aufs
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würde einen Entscheid vorwegnehmen.
Der Mietzins in dieser Liegenschaft soll sich in der Grössenordnung von einer Million Franken pro Jahr bewegen. Es gibt bestimmt genauere Zahlen dazu, und in Anbetracht der finanziellen Lage des Kantons müssten auch andere, günstigere Möglichkeiten geprüft werden.
Die öffentliche Hand ist dazu verpflichtet, ihre finanziellen Mittel effizient und vorbildlich einzusetzen. § 4 des Finanzhaushaltsgesetzes schreibt vor, dass die wirtschaftlich günstigste Lösung zu bevorzugen sei. Die Einmietung von Diensstellen im Projekt
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genügt diesen Anforderungen nicht. Denn sollte sich der Kanton tatsächlich dazu entschliessen, müsste er innert fünfzehn Jahren fünfzehn Millionen Franken zahlen - und was hätte er dann? Nichts.
Mit einer Investition von fünfzehn Millionen Franken in ein eigenes Projekt würde der Kanton hingegen nach fünfzehn Jahren immer noch über ein wertvolles Objekt verfügen.
Es scheint, dass der Kanton die Variante eines Neubaus schon geprüft hat, denn in seiner Antwort schreibt der Regierungsrat, dass CHF 15 Mio. für einen Neubau nicht reichen würden. Von welchen Kosten ist dann auszugehen?
Hat sich die Regierung schon Gedanken darüber gemacht, was mit den Räumlichkeiten des Umweltanalytiklabors des AUE geschehen soll, das heute an der Rheinstrasse 29 domiziliert ist und dessen Einrichtungen in den 90er-Jahren mit Millioneninvestitionen auf einen topaktuellen Stand gebracht worden sind? Diese Investitionen sind abgeschrieben, und die Beschaffung neuer hochspezialisierter Gerätschaften für ein Domizil im
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würden den Kanton wiederum viel Geld kosten.
Angenommen, der Kanton möchte nach fünfzehn Jahren den Mietvertrag kündigen: Das dürfte nicht einfach sein, weil viel Geld für die teuren Einrichtungen ausgegeben worden sein würde.
Was soll überhaupt mit den heutigen Räumlichkeiten der kantonalen Labors geschehen? Bei den heutigen Kosten für die Unterbringung des AUE, des Lufthygieneamts und des kantonalen Laboratoriums wird von einer kalkulatorischen Miete von CHF 1,32 Mio. ausgegangen - das sind imaginäre Mietkosten gemäss einer Kosten-Leistungs-Berechnung der Bau- und Umweltschutzdirektion. Die ausgewiesenen Kosten hingegen belasten die Staatsrechnung nicht, anders als es bei einer
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-Einmietung der Fall wäre.
Die spezielle Eigenschaft von
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ist, dass die meisten Gebäudeteile vollständig in den Boden gebaut werden. Tageslicht soll durch Lichtschächte und Innenhöfe in die subterrane Arbeitswelt geführt werden. Diese Lichtschächte sind oberirdisch durch Glaskuben überdacht. Die regierungsrätliche Antwort auf Frage Nr. 9 der Interpellation klingt wie ein Werbespot fürs Projekt
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. Man muss realistischerweise davon ausgehen, dass nicht alle subterranen Arbeitsbereiche direkt an einem Fenster im Boden liegen. Glaubt die Regierung wirklich, dass diese Arbeitsbereiche vollständig ohne künstliche Beleuchtung auskommen?
Erschlossen wird die Überbauung durch Strassen in der Nähe des Verkehrsknotens Altmarkt und durch die Haltestelle der Waldenburgerbahn. Der Internetauftritt
www.futuroliestal.ch
verweist allerdings auf die Bahnanbindung an den SBB-Schnellzug.
Die Antwort auf Frage Nr. 11 hinterlässt den Eindruck, dass der Kanton tatsächlich plant, sich im
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einzumieten, um der Gebäudeversicherung zu helfen, sich aus einer schwierigen Situation zu befreien. Denn die Planung ist weit fortgeschritten, und die Vermietung der - eben nicht an einem Hauptanschlusspunkt des öffentlichen Verkehrs gelegenen - Räumlichkeiten erweist sich als schwierig. Muss davon ausgegangen werden, dass das Projekt
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stirbt, wenn der Kanton sich nicht einmietet?
Die Regierung würde einer Baukultur zum Durchbruch verhelfen, die kein Vorbild für Nachhaltigkeit ist, weder bezüglich Umwelt - man denke allein an die riesigen Mengen an Aushub, an die Bauarbeiten in der Nähe von Grundwasserströmen und die Vernachlässigung einer wirklich guten ÖV-Verbindung -, noch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit - denn die Nachfrage von Betrieben für Einmietungen fehlt, dafür besteht bereits ein Überangebot für Geschäftsimmobilien in der Region. Auch der Unterhalt und die Renovation subterraner Gebäude wird teurer zu stehen kommen als bei konventionellen Hochbauten.
Für die Gesellschaft schliesslich ist das Projekt
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kein Vorbild für nachhaltiges Verhalten: Eine subterrane Arbeitswelt wird nämlich spontan von vielen Menschen abgelehnt.
Eine weitere Frage verdient zudem Beachtung, der sich auch der Kanton nicht entziehen kann: Ist die Stadt Liestal an weiteren Verwaltungseinheiten tatsächlich interessiert, vor allem in einem Gebiet, wo sich unter Umständen interessante Ansiedlungsmöglichkeiten für KMU anbieten?
Die Tatsache, dass Regierungspräsident Adrian Ballmer gleichzeitig Präsident der Verwaltungskommission der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung ist, verdient besondere Aufmerksamkeit. Er hat in dieser Sache zwei Hüte an. Der wichtigere ist jener des kantonalen Finanzdirektors, der darüber wachen muss, dass die Staatsfinanzen effizient und vorbildlich eingesetzt werden. Mit dem anderen Hut muss er dazu schauen, dass es der öffentlich-rechtlichen Gebäudeversicherung gut geht.
Als Liestaler möchte sich
Peter Holinger
zu Ursula Jäggis Ausführungen äussern. Das Projekt
futuro
der in Liestal ansässigen Gebäudeversicherung ist für die Stadt wichtig. Liestal hat in den letzten Jahren sehr viele Arbeitsplätze verloren, insbesondere in der Industrie (Maschinenfabrik Peter, Haushaltgerätefabrik Prometheus, Tuchfabrik Schild, Dessoushersteller Hanro und viele kleinere Betriebe wie z.B. Weinhandlungen); andere Unternehmen sind von Liestal weggezogen wie etwa die Lamello oder die Bachem.
Es wäre also gut, wenn in Liestal neue Betriebe angesiedelt werden könnten. Gerade für die Branchen Pharma, Chemie und
Life Sciences
ist das Projekt
futuro
eine gute Möglichkeit. Das Areal ist gut erschlossen: Die Waldenburgerbahn hält fast vor der Türe, ebenso die Buslinien 70, 71 und 76. Auch ökologisch ist das geplante Gebäude sehr gut, wie Peter Holinger als Verwaltungsrat der Wärmeversorgung Frenkenbündten AG weiss. Es bestehen nämlich unglaublich hohe Auflagen bezüglich Heizung.
Die
futuro
-Architektur ist futuristisch und in der Tat speziell. Der Entwurf ist von europäischen Fachleuten beraten worden.
Auch für Labors des Kantons wäre es ein guter Standort. Die Strassen hat die Stadt Liestal gebaut, die Barrieren der Kanton, das Areal ist erschlossen.
Das kantonale Labor würde schätzungsweise zehn Prozent des gesamten Volumens benötigen, ebenso viel Raum dürfte die BGV selber brauchen, somit könnten noch achtzig Prozent der Fläche an private Firmen vermietet werden.
Der heutige Standort des Kantonslabors im Schönthal ist sehr peripher in einem uralten, sanierungsbedürften Gebäude mitten in der Industriezone gelegen. Ein Umzug in die
futuro-
Liegenschaft wäre sehr zu begrüssen.
Das Problem ist laut
Esther Maag
gerade, dass es noch gar keine Interessenten gibt, die sich im
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einmieten wollen. Es kann nicht die Aufgabe des Kantons sein, als Garant mit öffentlichen Geldern ein Bauprojekt zu unterstützen, dessen Nutzung noch unklar ist.
Die Suppe werde nicht so heiss gegessen wie sie gekocht wird, beruhigt Regierungsrätin
Elsbeth Schneider
. Auf Seite 2 der Vorlage wird die Ausgangslage geschildert:
Der Landrat hat für den Umbau und die Sanierung des Kantonslabors schon einmal einen Projektierungskredit von CHF 700'000 gesprochen. Die Regierung ist davon ausgegangen, dass ein Neubau rund CHF 8 Mio. kosten würde. Mitten in diese Planung kam dann der CVP/EVP-Vorstoss, der verlangte, eine Zusammenlegung der verschiedenen Ämter zu prüfen und abzuklären, ob der Standort Hammerstrasse nach wie vor der richtige sei. Darauf hin ist die Neubauprojektierung sistiert worden.
In der Zwischenzeit wurden alle Fragen zum Sinn einer Ämterzusammenlegung, selbstverständlich mit externer Unterstütztung, geprüft. Die Antworten liegen vor. Die Regierungsrätin greift dem Bericht vor und gibt schon bekannt, dass eine Zusammenlegung sich als nicht sehr sinnvoll erwiesen hat und auch nicht besondere finanzielle Einsparungen mit sich bringen würde.
Letztlich stellt sich die Frage, ob die Liegenschaft an der Hammerstrasse saniert werden solle oder nicht. Eine Vollkostenberechnung hat ergeben, dass eine Sanierung am heutigen, mit öffentlichem Verkehr nicht erschlossenen Standort nicht sinnvoll wäre.
Ende Juli erhält der Landrat eine Vorlage, in welcher ihm beantragt wird, nur das kantonale Laboratorium ins
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zu verlegen - statt eines Umbaus an der Hammerstrasse. Die Vorlage kommt demnächst in die Regierung, und letztlich muss der Landrat darüber befinden.
Alle anderen Optionen sind aufgrund dieser sehr intensiven Analyse vom Tisch. Daher erübrigen sich alle weitere Fragen von Ursula Jäggi.
Die Stadt Liestal möchte keine weiteren Verwaltungseinheiten am Bahnhof Liestal. Sie möchte diesen attraktiven Ort für Wohnzwecke und die Ansiedlung von KMU nutzen können.
Über die Finanzierung einer Einmietung im
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wird der Landrat zu befinden haben. Es stimmt, dass die Umweltlabors 1992 neu saniert worden sind. Deshalb soll auf einen Umzug auf Kostengründen verzichtet werden; die Umweltlabors sollen an der Rheinstrasse 29 bleiben.
://: Damit ist die Interpellation erledigt.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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