Protokoll der Landratssitzung vom 12. Mai 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 12. Mai 2005 |
7 2005/020
Berichte des Regierungsrates vom 18. Januar 2005 und der Erziehungs- und Kulturkommission vom 29. April 2005: Konzept für Bewegung und Sport
Kommissionspräsident Karl Willimann-Klaus informiert, der Regierungsrat habe dem Landrat das Konzept für Bewegung und Sport am 18. Januar 2005 vorgelegt. Darin wird ein Verpflichtungskredit von 1,4 Mio. Franken für die Umsetzung des Konzeptes in den Jahren 2005 bis 2008 beantragt. Ziel des Konzeptes ist die Weiterentwicklung der Bewegungs- und Sportförderung. Im Mittelpunkt steht die Förderung der bisher Bewegungsinaktiven.
Die Vorlage wurde von der Erziehungs- und Kulturkommission an den Sitzungen vom 17. März und 14. April 2005 beraten. An den Sitzungen anwesend waren Regierungsrat Urs Wüthrich, Generalsekretär Martin Leuenberger und Thomas Beugger, Leiter des Sportamtes.
Bei der Beratung im Einzelnen erläuterte der Bildungsdirektor, dass sich grosse Teile der Bevölkerung zu wenig bewegen. Der neue Aspekt der Bewegung erhält daher besondere Beachtung. Im Baselbiet ist man mit dem aus dem Jahr 1991 stammenden Sportgesetz in einer komfortablen Ausgangslage, denn Vieles ist erreicht worden. Noch nicht gelungen ist es, Bewegungsinaktive zu mehr Bewegung zu führen. Hier setzt das vorliegende Konzept an. Man könne sich dem Faktum, dass ein Drittel der Bevölkerung bewegungsinaktiv ist - was letztlich negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat -, nicht verschliessen.
Die Kommission zeigt sich mit der generellen Zielsetzung des Konzepts absolut einverstanden. Neben der Begeisterung für die Bemühungen um eine gesunde Bevölkerung wurden aber auch Zweifel geäussert, ob das Konzept greifen wird und die Ziele damit erreicht werden können. Eintreten war mehrheitlich unbestritten.
In der Detailberatung wurden - abgesehen von einer Fraktion - Bedenken wegen der verlangten Teilzeitstelle von 60 % zur Umsetzung des Konzeptes geäussert. Die skeptischen Fraktionen sind der Ansicht, dass es im Rahmen der aktuellen GAP-Bemühungen nicht angehe, neue Stellen zu schaffen, wenn in anderen wichtigen Bereichen der Staatsaufgaben zurückgeschraubt werden müsse. Die Frage wurde gestellt, ob es innerhalb der BKSD mit einem Bestand von über 4'400 Personen nicht möglich wäre, eine interne Verschiebung vorzunehmen.
Man verlangte Rückweisung der Vorlage mit dem Auftrag an die BKSD, aufzuzeigen, welche Projekte bei einer Streichung der 60 %-Stelle konkret betroffen wären. Der Bildungsdirektor hält es für keine ehrliche Politik, Leistungen (und dazu gehören auch die personellen Ressourcen) zu bestellen und sie anschliessend nicht bezahlen zu wollen.
Die EKK beantragt dem Landrat mit 10:3 Stimmen, die Vorlage 2005/020 an den Regierungsrat zurückzuweisen, verknüpft mit dem Auftrag an die BKSD, einen Bericht über die Konsequenzen eines allfälligen Verzichts auf die 60 %-Stelle vorzulegen.
Christoph Rudin berichtet, im Jahr 1976 vermochte ein durchschnittliches Schweizer Kind im Alter von 10 Jahren in 6 Minuten 1'026 Meter weit zu rennen. Heute kann ein durchschnittliches Schweizer Kind in der gleichen Zeit gerade noch 776 Meter rennen. Ein Fünftel aller fünf- bis sechzehnjährigen Kinder und Jugendlichen sind heute übergewichtig. Wie der Kommissionspräsident bereits informierte, war das vorliegende Konzept in der Erziehungs- und Kulturkommission daher inhaltlich nicht bestritten. Die Vorlage betrifft den Grenzbereich zwischen Breitensport und Gesundheitsförderung und ist notwendig.
Die Kommission zeigte sich bereit, die 1,4 Mio. Franken zu bewilligen, fand mit den benötigten 0,6 Stellenprozenten jedoch trotzdem ein Haar in der Suppe. Christoph Rudin zeigt sich darüber erstaunt, denn heute Vormittag habe beispielsweise niemand ein Wort darüber verloren, wie teuer die Umsetzung des Hanfgesetzes sein werde. Gewisse Landratskolleginnen und -kollegen leiden seiner Meinung nach an einem GAP-Dilemma und haben das Gefühl, auch 60 Stellenprozente für einen Zweck, von welchem sich alle überzeugt zeigen, müssten genau überprüft werden.
Die SP-Fraktion unterstützt die aktuelle Vorlage und würde auch den Anträgen des Regierungsrates zustimmen. Sollte eine Rückweisung als notwendig erachtet werden, beantragt die SP-Fraktion, dass die Vorlage an die Kommission und nicht an die Regierung zurückgewiesen wird, denn die BKSD kann über das Ergebnis ihrer Abklärungen auch in der Kommission berichten. Die SP befürwortet das vorliegende Geschäft und ist der Ansicht, die guten vorgeschlagenen Massnahmen seien nicht alle zum Nulltarif erhältlich.
Sylvia Liechti betont, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Sportförderung vom Mai 1991 habe der Kanton Basel-Landschaft sehr vieles in Bewegung gesetzt. So wurden im Bereich des Breitensports Anstrengungen unternommen, bewegungsinaktive Menschen (junge und ältere) zu Sport oder zumindest regelmässiger körperlicher Bewegung zu motivieren. Auch das jetzt vorliegende Konzept stosse in diese Richtung und es handle sich dabei um ein sehr wichtiges Anliegen, auch wenn genügend Bewegung in der Eigenverantwortung jedes Menschen liege. Bekanntlich aber sei oftmals ein Anstoss zu mehr Bewegung von aussen notwendig, weshalb die SVP-Fraktion einstimmig hinter der aktuellen Vorlage stehe.
Trotzdem schliesst sich die SVP den vom Kommissionspräsidenten geschilderten Bedenken an und weist daher die Vorlage zurück. Sylvia Liechti ist überzeugt, dass die Regierung bezüglich der 60 %-Stelle eine gute Lösung finden werde. Als bedauerlich bezeichnet Sylvia Liechti die Tatsache, dass noch keine konkreten Beispiele vorliegen, in welche Richtung das Konzept gehen soll. GAP bedeutet für sie Aufgabenüberprüfung und nicht zwingend, dass alles einfach aufgehoben werden müsse. Es gebe auch Aufgaben, welche zusätzlich übernommen werden könnten.
In diesem Sinne weist die SVP die Vorlage an die Regierung zurück, in der Hoffnung auf einen guten Vorschlag, hinter welchen sich die SVP-Fraktion stellen könne.
Eva Gutzwiller-Baessler erklärt, bei der aktuellen Vorlage handle es sich um ein Konzept, wobei der Inhalt eines Konzepts meist sehr vage sei. Im Rahmen der Kommissionsberatung zeigte es sich daher, dass bisher kaum bekannt sei, was grundsätzlich bewegt werden soll und ob sich mit dem Konzept etwas bewegen werde. Von 2005 bis 2008 sollen dafür doch 1,4 Mio. Franken zur Verfügung gestellt werden, pro Jahr also 350'000 Franken. In Anbetracht dieser Zahlen sei es sicherlich erlaubt, nachzufragen. Nachfragen seien nötig betreffend der Notwendigkeit der 60 %-Stelle, aber auch betreffend Einbindung der übrigen Direktionen. Nicht nur Bildung, Kultur und Sport seien tangiert, sondern auch das Thema Gesundheit oder die Volkswirtschaft. Die FDP-Fraktion betrachtet es als sehr fraglich, ob all die genannten Aspekte im vorliegenden Konzept bereits berücksichtigt wurden. Die Fragezeichen zum Konzept als solches seien weniger gross, denn es müsse etwas unternommen werden. Trotzdem soll an die Eigenverantwortung aller appelliert werden.
Die FDP-Fraktion erachtet es einstimmig als sinnvoll, das Konzept noch einmal an die Gesamtregierung zurückzuweisen, um die notwendigen Erklärungen zu den noch offenen Fragen liefern zu können und zu einer guten Lösung zu kommen.
Laut Jacqueline Simonet ist die Haltung der CVP/EVP-Fraktion zum vorliegenden Geschäft ähnlich wie diejenige der FDP. Auch sie bezeichnet die Ziele des Konzeptes als löblich, ist jedoch der Meinung, der Zeitpunkt sei falsch. Die CVP/EVP bekennt sich zu GAP und erachtet es nicht als richtig, eine neue 60 %-Stelle zu schaffen. Es bestünden sicherlich Möglichkeiten, die Aufgaben mit den bestehenden Stellen abzudecken. Man dürfe nicht vergessen, dass nach wie vor zwei Motionen zum Thema Personalstopp offen sind.
Weiter bestehen innerhalb des heutigen Rahmens bereits gewisse Ressourcen. So beispielsweise das Projekt gesundheitsfördernde Schule im Bereich der Bildung, der freiwillige Schulsport in mehreren Gemeinden und die Abteilung Gesundheitsförderung im Sanitätsdepartement. Vernetzungen zwischen dem Sportamt, Hausärztinnen und Hausärzten, Kinderärztinnen und Kinderärzten oder Krankenkassen wären ausserdem möglich. Zudem ist nicht nur Bewegung, sondern auch eine sinnvolle Ernährung wichtig.
Die CVP/EVP spricht sich für eine Rückweisung der Vorlage 2005/020 an die Regierung aus, weil man nicht unbedingt daran glaube, dass die 60 %-Stelle tatsächlich befristet sei und weil die Ziele des Projekts auch anders angegangen werden können. Jacqueline Simonet bittet ihre Landratskolleginnen und -kollegen daher, dem Antrag der Kommission Folge zu leisten.
Florence Brenzikofer bezeichnet das vorliegende Konzept aus Sicht der Grünen Fraktion als sehr gut und wichtig. Es richtet sich in erster Linie an die Bewegungsinaktiven mit dem Ziel, den Breitensport zu fördern. Es handelt sich um ein niederschwelliges Angebot für folgende Zielgruppe: Kinder, Jugendliche, Frauen, Migranten und Migrantinnen, Senioren und Seniorinnen. Folgende drei Aspekte liegen Florence Brenzikofer besonders am Herzen:
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In einer Zeit, in welcher die Zahl der übergewichtigen Kinder enorm hoch ist, ist es äusserst wirksam, die Bewegung von Kindern bereits möglichst früh zu fördern. Die Bewegung in der freien Natur ist wichtig, deshalb braucht es mehr kindergerechte Spielplätze, bewegungsfreundliche Siedlungen, verkehrsberuhigte Strassen und Projekte wie beispielsweise Waldspielgruppen. Dies speziell in stadtnahen Gebieten.
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Der Sportunterricht an den Schulen muss weiter gefördert werden. Die drei Sportlektionen müssen beibehalten und die Fortbildung der Sportlehrkräfte gestärkt werden. Zudem ist das Angebot von J+S-Lagern für Jugendliche sehr wertvoll. Die Lager sind relativ günstig und können auch von Kindern aus ärmeren Verhältnissen besucht werden.
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Migranten und Migrantinnen stellen eine wichtige Zielgruppe des Konzepts dar. Der Sport kennt sprachlich und kulturell beinahe keine Grenzen. Die verschiedensten Kulturen treffen aufeinander und können so einander näher gebracht werden. Bei den Männern ist dies oftmals im Fussball der Fall, bei den Frauen fehlt ein niederschwelliges Angebot.
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Das Konzept ist nachhaltig. Werden die Teilziele erreicht, können längerfristig Gesundheits- und IV-Kosten eingespart werden.
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Trotz der genannten positiven Punkte stellt sich als Knacknuss die Frage der Kosten. Das Konzept ist nicht billig und die Grünen stellen vor allem die Teilzeitstelle, welche hohe Kosten verursacht, in Frage. Sie wehren sich gegen die momentanen Sparmassnahmen und den damit verbundenen Abbau im Bildungsbereich und würden am liebsten die in Sissach verlochten Millionen zurückholen und in sinnvollere Dinge wie das vorliegende Konzept stecken. Die Bildung müsse zur Zeit schon genug bluten, weshalb eine Mehrheit der Grünen Fraktion sich gegen die Neuschaffung einer 60 %-Stelle ausspricht. Die Aufgaben sollten durch interne Verschiebungen in der BKSD abgedeckt werden.
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Die Grünen unterstützen eine Rückweisung an die Kommission mit der Bitte an den zuständigen Regierungsrat, die 60 %-Stelle wenn möglich innerhalb der BKSD im Sportbereich anzusiedeln. Gerade in den letzten fünf Jahren wurde im Leistungsbereich sehr vieles aufgebaut (Talentförderung, Sportklassen) und Basel-Landschaft gehöre sogar zu einem Vorzeigekanton. Die Projekte seien am Laufen und es sollte daher auch möglich sein, in diesem Bereich umzudisponieren und eine 60 %-Stelle freizuschaufeln.
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Rudolf Keller
nahm das vorliegende Konzept für Bewegung und Sport mit Interesse zur Kenntnis und erachtet den präsentierten und bereits einmal stark gekürzten Finanzrahmen als bescheiden. Die Vorlage wurde also bereits dem allgemeinen Sparumfeld angepasst.
Bis 1999 hatte Rudolf Keller als Vorstandsmitglied der Parlamentarischen Gruppe Sport der eidgenössischen Räte die Möglichkeit festzustellen, dass unser Kanton in der Sportförderung im schweizerischen Vergleich an der Spitze steht. Dies sei auch heute noch der Fall und weite Teile der Bevölkerung können davon profitieren. Das Sportgesetz sei sehr gut und das kantonale Sportamt arbeite vorbildlich. Die ihm anvertrauten Gelder werden sinnvoll, sowohl sportlich als auch gesundheitlich gewinnbringend, eingesetzt. Speziell hervorheben möchte Rudolf Keller ausserdem die Sportklassen, welche in unserem Kanton mustergültig geführt werden.
Im Landrat gebe es eine relativ grosse und angeblich aktive Sportlobby. Diese verschwinde nun unverständlicherweise unter den Bänken und verschanze sich hinter einer Rückweisung. Plötzlich werden Fragen gestellt, was denn das Sportamt überhaupt tue. Laut Rudolf Keller ist genau bekannt, was in unserem Kanton im Sportbereich getan werde und wer es nicht wisse, könne sich beim Sportamt erkundigen. Die vorgebrachte Skepsis ist für Rudolf Keller völlig undefinierbar und nicht nachvollziehbar.
Als sehr wichtig erachtet es Rudolf Keller, dass die drei Turnstunden in unserem Kanton weiter beibehalten werden. Allerdings müssten alle Kinder mitmachen und diejenigen, welche dies aus kulturellen Gründen nicht wollen, müssten mit sanftem Druck dazu gebracht werden, sich unseren Sport- und Gesellschaftssitten so weit als möglich anzupassen. Als Rudolf Keller mit seinen eigenen Kindern das VAKI-Turnen besuchte, stellte er fest, dass auch einige Ausländer mit ihren Kindern diese Turnstunden besuchen. Diese wurden völlig problemlos aufgenommen und integriert. Im Kapitel 4.1.3 der Vorlage wird bedauert, es gebe Ausländer, welche nicht mitmachen wollen. Dies gibt Rudolf Keller nicht zu denken, denn es entspreche der gesellschaftlichen Realität, dass sich viele eingewanderte Volksgruppen nicht integrieren wollen. Auch ein Sportkonzept ändere daran nichts.
Das Konzept für Bewegung und Sport betreffe die Volksgesundheit, denn man müsse mit allen Mitteln verhindern, dass Bewegungsmangel zu immer mehr Kosten für unsere Gesellschaft führt. Rudolf Keller hofft daher, dass auch die sparwilligen Landratsmitglieder der aktuellen Vorlage im Grundsatz zustimmen, denn das eingesetzte Geld wirkt sich finanzpolitisch eher im positiv-sparenden Sinn aus. Nicht vergessen werden dürfe zudem, dass wir alle eine Vorbildfunktion innehaben und gerade im Bereich des Sports kann die Jugend sehr viel von Vorbildern profitieren. Ein Sportkonzept müsste daher eine Grundlage darstellen, um die grossen Lebensziele in positivem Sinne an unsere Jugendlichen weiterzugeben.
Rudolf Keller bittet seine Kolleginnen und Kollegen, trotz Fragezeichen mindestens im Grundsatz zum Sportkonzept zu stehen. Er wisse nicht, was sich das Parlament von einer Rückweisung an die Regierung erhoffe, denn für ihn sei alles klar. Er könnte sich höchstens eine Rückweisung an die Kommission vorstellen, erachtet aber die Diskussion um eine einzige 60 %-Stelle als ein Stück weit penibel. Ein Tag, nachdem der FCB Schweizer Meister wurde und rund vier Wochen, nachdem der EHC Basel in die NLA aufstieg, würde eine Rückweisung der Vorlage in der Öffentlichkeit ein sehr schlechtes Bild abgeben.
Juliana Nufer
möchte im Landrat nie den politischen Super-GAU erleben, dass alle Turnhallen aus Spargründen geschlossen würden und die Schulen mit ihren Kindern sich im Freien bewegen müssten. Wie der Vorlage entnommen werden könne, setzte sie sich als Mitglied der Fachkommission für Sportfragen für die Erarbeitung des Sportkonzepts ein.
Der Kanton kennt heute noch kein Sportkonzept und im Zeitalter der generellen Aufgabenüberprüfung GAP sei es für Sportvorlagen etwas schwieriger geworden. Juliana Nufer erachtet es als wichtig, dass die heutige Vorlage kurz eine Schlaufe mache, sei dies über die Regierung oder über die Kommission, jedoch müsse dies schnell gehen. Sollten die im Konzept verlangten zusätzlichen Ressourcen nicht freigegeben werden, kann das Konzept nicht umgesetzt werden. Sollte die Regierung wider Erwarten keine Lösung finden, dürfe das Parlament GAP nicht mit Bewegung an Ort und Stelle verwechseln. GAP müsse auch Raum für neue Konzepte und Aufgaben schaffen, weshalb die Weitsichtigkeit und das volkswirtschaftliche Denken von Regierung und Parlament gefragt seien.
Zur Aussage, Bewegung und Sport gehörten in die Selbstverantwortung der Einzelnen, erklärt Juliana Nufer, eine Person könne nur Selbstverantwortung übernehmen, wenn sie dies auch gelernt habe. Die Aussage, es seien bereits genügend Angebote vorhanden, sei richtig, jedoch treffe man an vielen Anlässen immer wieder die gleichen Funktionäre an. Wo sind die kommerziellen Anbieter? Wo sind die Sportlehrer, die Sportärzte? Wo gibt es eine Plattform für Personen, welche sich für Bewegung und Gesundheit einsetzen? Der Zeitpunkt für neue Ideen sei immer falsch.
Das Sportamt kostet den Kanton gemäss Rechnung 2004 2,8 Mio. Franken. Darin enthalten sind Abschreibungen in der Höhe von rund 700'000 Franken, welche das Sportamt wegen KASAK zu tragen hat. Die Hauptaufgabe des Sportamtes besteht gemäss Leistungsauftrag in der Sportförderung und zur Zielgruppe gehören Leiter und Leiterinnen sowie Vereine und Verbände. Bereits heute gehört es zu den Aufgaben des Sportamtes, eine Ideenwerkstatt zu sein. In der Beratung und Unterstützung für Berufsausbildung und Leistungssport kann die Umsetzung direkt beobachtet werden. Die verschiedenen Sportamtmitarbeitenden nehmen immer wieder an Sportanlässen, Netzwerkveranstaltungen oder Sportmanagerausbildungen teil, zudem stehen sie den Gemeinden mit Rat und Tat zur Seite, wenn es raumplanerische Fragen in Bezug auf Sport und die Bewegung in Hallen oder der freien Natur zu klären gibt. Diese Präsenzen finden vielmals an Samstagen und Sonntagen sowie an Randzeiten statt. Die Homepage des Sportamtes verdeutliche, was alles vom Sportamt getan werde.
Als Mitglied der Fachkommission für Sportfragen erlaubt sich Juliana Nufer einige Eindrücke über die Arbeitsweise dieser Projektgruppe zu schildern. Bei den Teilnehmenden handelte es sich um Personen aus den Direktionen BKSD und VSD mit einem sehr hohen Wissen über den Bereich Gesundheit - Bewegung - Sport, und zwar sowohl im Breiten- wie auch im Spitzensport. Die Arbeitsgruppe verfügte über ein gutes Sensorium für das Wesentliche und das Kostendenken war immer ein Thema. Der Werkstattbericht vom November 2000 zum Konzept des Bundesrates für eine Sportpolitik in der Schweiz zeigt den Weg. (WEG bedeutet in der Wirtschaft: Wachstum, Entwicklung und Gewinn, im Sport könnte von WEE gesprochen werden: Wachstum, Entwicklung und Erfolg.) Abgeleitet von den genannten Konzepten entstand ein abgespecktes Konzept für Bewegung und Sport in unserem Kanton. Der Werkstattbericht umfasst 14 Themenkreise, aus welchen 7 für unseren Kanton ausgewählt wurden.
Die Tatsache, dass die Bevölkerung sich zu wenig bewegt und Kinder immer häufiger Koordinationsdefizite in ihren Bewegungen aufzeigen, begleitete die Arbeitsgruppe während der gesamten Projektzeit. Ursachen wurden diskutiert und mögliche Massnahmen erarbeitet. Es sei klar, dass es schwierig sein werde, Menschen zu mehr Bewegung zu motivieren. Wir müssen von klein auf dahingehend erzogen werden, dass es wichtig ist, uns zu bewegen. Ein solches Bewegungskonzept soll über Eltern, Lehrer und Trainer in den Köpfen der Kinder Eingang finden. Als Fachstelle soll dazu das Sportamt beigezogen werden können.
Juliana Nufer möchte, dass die aktuelle Vorlage den raschesten Weg zurück in die Kommission nimmt, entweder über den Regierungsrat oder direkt, denn sie soll möglichst schnell vom Landrat verabschiedet werden können.
Martin Rüegg-Schmidheiny
unterstützt Christoph Rudins Votum und möchte dieses in einem Punkt noch deutlicher machen. Er bittet den Landrat, dem Rückweisungsantrag der Erziehungs- und Kulturkommission nicht Folge zu leisten. Nachdem der Kanton Basel-Landschaft vorbildliche Arbeit im Bereich Leistungssport betrieben habe (Sportklassen, finanzieller Beitrag an den Erweiterungsbau St. Jakob-Park), stehe nun ein Anliegen zur Diskussion, welches den Breitensport ankurbeln will. Das Ziel besteht darin, diejenigen zu erreichen, welche sich bisher nicht oder zu wenig bewegen, immerhin zwei Drittel der Bevölkerung. Dadurch könnten unter anderem die Kosten im Gesundheitswesen reduziert werden, was auch den eisernsten Anhängern von GAP einleuchten müsste.
Nach Ansicht von Martin Rüegg-Schmidheiny handelt es sich bei der aktuellen Vorlage nicht in erster Linie um Sport, sondern um eine der wichtigsten Gesundheits-förderungs-Vorlagen der letzten Jahre, welche national abgestützt und gut eingebettet sei. Bewegungsinaktive Menschen hinter dem Computer oder vom Bürostuhl wegzuholen, sei etwas vom Sinnvollsten, was das Parlament begünstigen könne. Breitensportpolitische Themen scheinen es zur Zeit im Landrat nicht einfach zu haben. Jedoch werden mit dem vorliegenden Konzept mehr Menschen erreicht werden, als mit den Massnahmen im Leistungssportbereich.
Mit der aktuellen Vorlage soll ein Verpflichtungskredit von 1,4 Mio. Franken für die Jahre 2005 bis 2008 gesprochen werden. Die Hälfte des ersten Jahres ist nun bereits vorbei und mit einer weiteren Schlaufe via Regierung und Kommission ginge wertvolle Zeit verloren. Zudem wurde der Kredit für das Jahr 2005 bereits im Budget eingestellt und bewilligt. Der Antrag der Kommission weise Globalbudgetzüge auf, welche nach Ansicht von Martin Rüegg-Schmidheiny nicht statthaft seien. Er wundert sich daher, dass die Grünen den Bürgerlichen in dieser Frage ein Stück weit auf den Leim gekrochen seien. Im Zentrum stehe eine 60 %-Stelle, welche jährlich Kosten von Fr. 60'000.- verursacht, über vier Jahre insgesamt 240'000 Franken. Ohne diese Stelle sei das Konzept für Bewegung und Sport wertlos.
Offenbar seien sowohl Kommission als auch Landrat vom Sinn und der Notwendigkeit des Konzepts überzeugt. Daher bittet Martin Rüegg-Schmidheiny seine Kolleginnen und Kollegen, den kleinen Betrag mit grosser Wirkung für die 60 %-Stelle zu bewilligen und den Rückweisungsantrag abzulehnen. Er plädiert dafür, dem Landratsbeschluss, wie er in der Vorlage vorgesehen ist, zuzustimmen. Für einmal möchte Martin Rüegg-Schmidheiny auch explizit an alle Mitglieder der Parlamentarischen Gruppe Sport appellieren, den Tatbeweis anzutreten, dass man es mit der Breitensportförderung und der Gesundheitsförderung ernst meine.
Ruedi Brassel
bezeichnet das ausführliche Votum von Juliana Nufer als Treten an Ort in Reinkultur und das Gegenteil von Bewegung, denn er habe den Schlussfolgerungen nach ihren Worten nicht folgen können. Er möchte an die bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen appellieren und sie daran erinnern, dass sie vor ungefähr einem Jahr für die Bewegung in unserem Kanton eine 100 %-Stelle für Bewegung auf den Strassen, eine Staufachstelle, bewilligten. Für eine Fachstelle zur Förderung der eigenen, körperlichen Bewegung soll nun jedoch kein Geld vorhanden sein. Für Ruedi Brassel geht dies nicht auf.
Weiter bewilligte der Landrat einen Kredit von über 4 Mio. Franken für den Ausbau des St. Jakob-Stadions, für einen nicht allzu staatsbezogenen Zweck. Zudem werde man Geld für die Sicherheitsmassnahmen im Zusammenhang mit der Euro 08 benötigen, und zwar ein Mehrfaches von dem, was für die 60 %-Stelle nötig wäre. Der Landrat tue damit zwar viel für den Sport, aber nicht für die Bewegung. Um Geld zu sparen, welches später beispielsweise in ein Stadion gesteckt werden könnte, müsse die Bewegung gefördert werden. Es brauch also ein Sportkonzept und vor allem auch die Mittel zu dessen Umsetzung. Ruedi Brassel bittet den Landrat eindringlich, die Stelle mitzubewilligen und nicht der im Landrat ausgebrochenen GAP-Psychose zu erliegen. Um möglichst schnell vorwärts zu kommen, soll das Geschäft höchstens an die Kommission zurückgewiesen werden, nicht jedoch an die Regierung, welche dadurch weder schneller noch besser vorwärtsmachen könnte.
Bea Fuchs
hat in der letzten halben Stunde nichts negatives über das vorliegende Konzept gehört, trotzdem wolle man es nun an der 60 %-Stelle aufhängen. Sie hat den Eindruck, viele Landratsmitglieder hätten sich ein GAP-Korsett umgelegt. Obwohl etwas unterstützenswert wäre, wolle man wegen GAP keine neuen Projekte bewilligen. So bleibe man jedoch an Ort und Stelle stehen. Die Vorsitzende der Parlamentarischen Gruppe Sport, zu welcher auch sie gehöre, pries das Konzept in den höchsten Tönen an, begründete am Schluss jedoch nicht, weshalb sie eine Rückweisung unterstützt. Bea Fuchs zeigt sich sehr überrascht, denn die Parlamentarische Gruppe Sport sollte auch im Hinblick auf die Gesundheitsförderung zum Konzept stehen können. Sollte es zurückgewiesen werden, dann bitte nur an die Kommission.
Urs Wüthrich
erklärt, der neue Direktor des Bundesamtes für Sport habe erst gerade am Vortag den Kanton Basel-Landschaft öffentlich als Vorbild in Sachen Bewegungs- und Sportförderung gelobt. Urs Wüthrich hofft, dieses positive Urteil über unseren Kanton müsse nach der heutigen Landratssitzung nicht revidiert werden. Genauso wie das AAA-Rating als wirtschaftlich erfolgreicher und finanzpolitisch handlungsfähiger Kanton müsse auch die Spitzenposition als sportfreundlicher Kanton immer wieder verteidigt werden.
Nach den bisherigen Voten geht Urs Wüthrich davon aus, niemanden im Landratssaal davon überzeugen zu müssen, dass die im Konzept vorgeschlagenen Massnahmen aktuell, nötig, nützlich, zweckmässig, verhältnismässig und wirksam seien. In Anbetracht der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgekosten wäre eine Laissez-faire-Politik in diesem Bereich unverantwortlich, was zumindest im ersten Teil der Voten zum Konzept anerkannt wurde.
Urs Wüthrich ist der Ansicht, der Konkretisierungsgrad im vorliegenden Konzept sei absolut richtig und entspreche einer parlamentarischen Beratung. Es gehe nicht darum, jeden einzelnen Spielnachmittag mit einem Detailprogramm zu illustrieren. Es sei möglich, Sinn und Zweck sowie die Bedeutung einer gesunden Ernährung als Projekt ins Auge zu fassen, ohne jedoch das Projekt für mehr Bewegung zurückzustellen. Niemand behauptete heute, dass das Projekt auch ohne personelle Ressourcen Sinn machen würde. Mit 0,6 Stellen könne sicherlich nicht von einer Aufblähung des Staatsapparates gesprochen werden, zumal die Stelle auch klar zeitlich befristet sei. Das Parlament habe jederzeit die Möglichkeit, diese Befristung zu überprüfen und durchzusetzen. Für die Idee, im bereits zusammengesparten Bildungsbereich eine Stelle zur Umsetzung des Sportkonzepts zu suchen, kann Urs Wüthrich wenig Verständnis aufbringen.
Gerade in GAP-Zeiten könne sich der Landrat keine Projekte leisten, bei welchen ausgerechnet die angestrebte Wirkung durch eine Aushöhlung im Umsetzungsbereich gefährdet wird. Dies wäre ein klassisches Beispiel unter dem Motto: "Sparen ist teurer, als man denkt."
Obwohl sich Urs Wüthrich unverändert von der Konsequenz und Kohärenz des vorliegenden Konzepts überzeugt zeigt, wurden nach der Diskussion in der Erziehungs- und Kulturkommission gemeinsam mit dem Sportamt Varianten entwickelt, welche er bei Bedarf der Kommission gerne zur Diskussion unterbreiten werde. Sollte das Geschäft heute nicht verabschiedet werden, müsste seiner Meinung nach die Kommission ihre Verantwortung wahrnehmen und für eine mehrheitsfähige Alternative besorgt sein. Der Regierungsrat hält grundsätzlich an seinem Antrag fest und beantragt dem Landrat, der Vorlage unverändert zuzustimmen und somit die nötigen Mittel für das Konzept bereitzustellen.
Karl Willimann-Klaus
zitiert zur Aussage, die Stelle sei auf die Jahre 2005 bis 2008 beschränkt, wie folgt aus der Vorlage (S. 22):
Es ist vorgesehen, dem Landrat für eine zweite Projektphase II (2009 bis 2012) eine neue Landratsvorlage zu unterbreiten.
Daniela Schneeberger
stellt fest, dass drei Anträge vorliegen. Es ist dies einerseits der Kommissionsantrag auf Rückweisung der Vorlage an die Regierung, ein Antrag auf Rückweisung an die Kommission und ein Antrag, an der Regierungsvorlage festzuhalten und eine Rückweisung abzulehnen. In einer Eventualabstimmung soll nun der Antrag auf Rückweisung an die Kommission demjenigen, eine Rückweisung abzulehnen und auf die Vorlage einzutreten, gegenübergestellt werden.
Der obsiegende Antrag wird dem Antrag der Kommission auf Rückweisung an die Regierung gegenübergestellt.
Ruedi Brassel
ist der Ansicht, der Antrag auf Eintreten müsse jedem Antrag, welcher eine Rückweisung verlangt, gegenübergestellt werden. Eine Alternative bestünde darin, dass die beiden Rückweisungsanträge (Rückweisung an Kommission oder Regierung) einander gegenübergestellt werden und der obsiegende Antrag schliesslich gegen den Eintretensantrag abgewogen würde.
Daniela Schneeberger
möchte nach ihren Beratungen mit dem Landschreiber am von ihr vorgeschlagenen Prozedere festhalten.
Jürg Wiedemann
stellt den Ordnungsantrag, wie von Ruedi Brassel vorgeschlagen vorzugehen.
://: Jürg Wiedemanns Ordnungsantrag wird gutgeheissen. Damit wird nun wie folgt abgestimmt:
- Rückweisung der Vorlage an die Kommission gegenüber Rückweisung der Vorlage an die Regierung
danach
- Obsiegender Rückweisungsantrag gegenüber Antrag, auf die Vorlage einzutreten.
://: Der Landrat spricht sich eventualiter mit 45:27 Stimmen dafür aus, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen.
://: In der Schlussabstimmung beschliesst der Landrat mit 46:28 Stimmen, die Vorlage 2005/020 an die Kommission zurückzuweisen.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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