Protokoll der Landratssitzung vom 26. Mai 2005

Nr. 1243


21 2005/005


Motion von Elisabeth Schneider vom 13. Januar 2005: Einsitz eines Jugendlichen im Bildungsrat


Regierungsrat Urs Wüthrich erklärt, die Regierung sei bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen. Weil auch der Regierungsrat den politischen Einbezug Jugendlicher wichtig findet, hat er den Vorstoss dem Jugendrat zur Stellungnahme unterbreitet. Der Jugendrat begrüsst den Vorschlag, Jugendliche in den Bildungsrat zu delegieren. Allerdings vertritt er dezitiert die Auffassung, es sollten im Interesse der Gleichberechtigung mindestens zwei Jugendliche sein - ein Mann und eine Frau.


Auch wenn zur Zeit die Zukunft des Bildungsrates ungewiss ist, ist die Regierung zur Entgegennahme eines Postulats bereit, um dem Parlament später einen ausformulierten Vorschlag unterbreiten zu können. Materiell gibt es also keine Differenz zum Anliegen der Motionärin, aber die Regierung bittet um einen etwas grösseren Gestaltungsfreiraum, um auch über verschiedene Varianten nachdenken zu können.


Elisabeth Schneider erinnert daran, dass der Landrat am 11. November 2004 das von ihr eingereichte Postulat 2003/092 knapp abgeschrieben hat, mit welchem sie die Überprüfung eventueller Massnahmen für eine vermehrte Partizipation Jugendlicher am politischen System verlangt hat.


Der Bericht der Regierung (2004/184) zu diesem Postulat hat sich auf die Beschreibung des Jugendrats und seiner Tätigkeit beschränkt. Mit ihrem Postulat wollte Elisabeth Schneider aber nicht über den Jugendrat informiert werden, sondern sie wollte erfahren, wie die Partizipation Jugendlicher verbessert werden könnte. Der Kommissionssprecher hat damals geäussert, das Postulat hätte eindeutiger formuliert werden müssen; es sei nicht klar zum Ausdruck gekommen, welche Partizipationsformen sie gemeint habe.


Da es Elisabeth Schneider ein echtes Anliegen ist, die Partizipation junger Menschen in allen möglichen Bereichen zu verbessern, wird sie mit ihrem Anliegen konkreter werden und den Landrat in nächster Zeit mit einigen entsprechenden Vorstössen plagen. Einer davon ist die vorliegende Motion.


Mit dem Einsitz eines Jugendlichen in den Bildungsrat würden die betroffenen Schülerinnen und Schüler zumindest durch eine Person vertreten - aber selbstverständlich ist auch gegen eine Zweiervertretung nichts einzuwenden.


Jugendliche müssen die Möglichkeit zur Partizipation in allen Bereichen haben, welche sie betreffen. Die Ausgrenzung des Nachwuchses wäre eine verpasste Chance.


Wer den Jugendlichen eine Stimme geben will, stimmt der Überweisung der Motion zu; allenfalls auch in der Form eines Postulats, um dem Wunsch der Regierung zu entsprechen.


Keine Emotionen hat der Vorstoss laut Urs Hess in der SVP-Fraktion geweckt. Einer Motion würde sie gar nicht zustimmen.


Man stelle sich einmal praktisch vor, wie ein solcher Schüler aus der Sekundarstufe II überhaupt gewählt werden soll. Dort geht man drei Jahre zur Schule; also dauert es mindestens ein Jahr, bis man - zumindest in einem Schulhaus - ein wenig bekannt ist. Wird man dann gewählt, ist man nach zwei Jahren, kaum findet man sich im Gremium zurecht, schon wieder draussen. Das wäre eine Farce und hätte mit einer Einbindung der Schüler wenig zu tun. Es käme zu beständigen Wechseln im Bildungsrat. Eine wirkliche Mitarbeit der Jugendlichen käme nicht zustande.


Der Überweisung des Vorstosses als Postulat stimmt der kleinere Teil der SVP-Fraktion zu; der grössere Teil lehnt auch dies ab.


Hanni Huggel berichtet, die SP-Fraktion unterstütze selbstverständlich das Anliegen, Jugendlichen zu mehr Partizipation zu verhelfen. Hingegen hat sie mit der Form der Motion etwas Mühe. Nur eine kleine Mehrheit der Fraktion würde ihr zustimmen; hingegen steht die Fraktion geschlossen hinter einem Postulat.


Am 3. Februar 2005 hat der Landrat beschlossen, dem Bildungsrat sei die Kompetenz für die Festlegung der Stundentafel zu entziehen. Aber genau darüber sollten die Jugendlichen eigentlich mitreden können. Weil das künftig nicht mehr möglich sein soll und die ganzen Aufgaben des Bildungsbereichs in näherer Zukunft neu festgelegt werden müssen, wäre ein Postulat die passende Form.


Man müsste sich überlegen, ob nicht nur Schüler, sondern auch Lehrlinge dem Bildungsrat angehören sollten - denn auch diese haben etwas zu sagen zu ihrer Ausbildung.


Urs Hess hat berechtigterweise auf den raschen Wechsel der Jugendlichen aufmerksam gemacht. Wenn erst 18-Jährige gewählt werden können, sind sie nach einem bis zwei Jahren wieder aus der Schule draussen. Es gibt also noch einiges zu überlegen.


Die Partizipation der Schülerinnen und Schüler im Schulwesen, also ihrem eigenen Business , hält Etienne Morel für absolut wichtig. Für ihn ist es unverständlich, wieso bisher noch nicht alle vom Bildungswesen direkt betroffenen Personen in diesem strategischen Führungsgremium vertreten waren. Diese Lücke kann nun geschlossen werden.


Was bisher gesagt wurde, taugt nicht als Gegenargument. Die Schülerinnen und Schüler sind wohl die kompetenteste Personengruppe, um über das Bildungswesen mitzureden. Noch besteht dieses Gremium, also sollte man nun die Chance nutzen. Häufige Personenwechsel gibt es auch in anderen Gremien.


Die grüne Fraktion steht hinter der Motion, denn die Forderung ist klar verständlich und einfach umsetzbar. Ob die Jugendvertretung aus einer oder zwei Personen bestehen soll, kann noch geprüft und entschieden werden, denn die Motion lässt diesen Punkt offen. Ein weiteres Prüfen und Berichten ist unnötig.


Christine Mangold gehört zu jenen Parlamentsmitgliedern, die der Abschreibung von Elisabeth Schneiders Postulat 2003/092 zugestimmt und sie aufgefordert haben, konkrete Forderungen zu bringen. Es ist unbestritten und wichtig, dass junge Leute Einsitz haben sollen in Gremien, die sich mit ihrem Umfeld befassen.


Christine Mangold erlebt die Zusammenarbeit mit jungen Menschen in verschiedenen Schulräten, sei es im KV oder anderen Instanzen. Das ist sinnvoll.


Die FDP-Fraktion unterstützt die Überweisung des Vorstosses als Postulat. Es gibt noch einiges abzuklären, wie etwa die Beteiligung der unter 18-jährigen, also noch nicht stimmberechtigten Jugendlichen.


Der von Hanni Huggel angeführte Zusammenhang mit den Motionen 2004/239 bzw. 241 bezüglich Genehmigung der Stundentafel durch den Landrat ist nicht ersichtlich. Dabei geht es nur um eine Komptenzregelung, was aber nicht bedeutet, dass die Einsitznahme von Jugendlichen in den Bildungsrat keinen Sinn machen würde.


Es werde eine scheinheilige Debatte mit allerlei Worthülsen geführt, klagt Rudolf Keller . Der Baselbieter Jugendrat hat alle Parteien zu einem Gespräch am 16. April 2005 eingeladen. Mit grossem Bedauern musste das Gremium aber in einem Brief feststellen,


«dass das Interesse an einem gemeinsamen Treffen unter den Parteien erstaunlich klein zu sein scheint. Mit Ausnahme einer Anmeldung der Grünen Partei und einer Entschuldigung der SD haben wir trotz einer angemessen langen Anmeldefrist von keiner anderen Partei eine Rückmeldung erhalten. Enttäuscht sind wir nun leider gezwungen, dieses Treffen abzusagen.»


Wenn man so etwas liest und gleichzeitig über diese Motion debattieren soll, macht einen das schon etwas nachdenklich...


Für das erwähnte Event des Jugendrates hat sich Elisabeth Schneider via ihre Parteileitung angemeldet. Als sie dann von der Absage des Anlasses und ihrer angeblichen Nichtanmeldung erfahren hat, hat sie sich geärgert. Es liegt offenbar ein Kommunikationsproblem bei den Parteien vor; denn Mitgliedern anderer Fraktionen ist es ähnlich ergangen.


Inzwischen hat sich Elisabeth Schneider mit dem Jugendrat getroffen und vorgeschlagen, dass ein solches Treffen einmal im Anschluss an eine Landratssitzung durchgeführt werden soll. Dazu wird der Jugendrat demnächst einladen. Ein Gespräch kommt also in absehbarer Zeit zustande, was sehr wichtig ist.


Röbi Ziegler attestiert der Motionärin gute Absichten. Auch ihm ist die Partizipation Jugendlicher ein wichtiges Anliegen. Allerdings kommt es dabei vor allem darauf an, in jenen Bereichen, wo man mit Jugendlichen zu tun hat, auch wirklich partizipativ mit ihnen zu arbeiten.


Gegenüber der Idee, Jugendliche in den Bildungsrat zu wählen, hat Röbi Ziegler einige Bedenken. Er fragt sich, was ein einzelner oder allenfalls zwei Jugendliche in diesem Gremium ausrichten können; Urs Hess hat zurecht darauf hingewiesen, dass sie nur während relativ kurzer Zeit dem Bildungsrat angehören könnten. Es besteht somit die Gefahr von Alibi-Jugendlichen, die wenig zu sagen haben.


Etienne Morel hat gesagt, wenn jemand kompetent sei in Bildungsfragen, dann seien es die direkt Betroffenen, also die Schülerinnen und Schüler. Röbi Ziegler, der viel mit Schülerinnen und Schülern zu tun hat, hält deren Aussagen über die Schule nicht zwingend für kompetent, sondern häufig vom beschränkten Erfahrungshorizont einer einzelnen Lektion oder eines bestimmten Gruppenklimas geprägt.


Kompetenz im Bildungsrat stellt aber andere Anforderungen. SchülerInnen haben zwar Erfahrungen aus ihrer bisherigen Schullaufbahn und das momentane Klima an ihrer Schule, aber sie können kein kompetentes Urteil darüber abgeben, wo die Bildung hinführen solle. Die Zielvorstellungen des gesamten Bildungswesens zu formulieren, gehört aber zu den primären Aufgaben des Bildungsrates. Damit sind Jugendliche ein Stück weit überfordert. Aus diesen Überlegungen wird sich Röbi Ziegler der Stimme enthalten.


Es fällt Regierungsrat Urs Wüthrich nicht ganz leicht, auf dieses Votum zu antworten. Er hält aber fest, dass es für Bildungsratsmitglieder erstens keine Aufnahmeprüfung gebe. Zweitens ist der Erfahrungshintergrund «persönliche Schulerfahrung» für den Bildungsdirektor gleich repräsenttiv wie der Erfahrungsausschnitt eines Lehrmeisters oder einer Lehrerin auf einer ganz bestimmten Stufe.


Bei der Diskussion über die Wahl von Lehrmitteln wäre es nicht schlecht, wenn jene, die nachher als User damit beglückt werden, schon frühzeitig mitreden könnten. Deshalb verdient das Postulat Unterstützung.


://: Der Vorstoss 2005/005 wird in der Form eines Postulats überwiesen.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



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