Protokoll der Landratssitzung vom 26. Mai 2005

Nr. 1234


4 2004/325


Interpellation der SVP-Fraktion vom 8. Dezember 2004: Islam - Parallelgesellschaft in unserer Demokratie? Schriftliche Antwort vom 1. März 2005


://: Der von Dieter Völlmin beantragten Diskussion wird stattgegeben.


Dieter Völlmin nimmt in Vertretung des heute abwesenden Verfassers der Interpellation sowie des nachfolgenden Traktandums (Postulat 2004/316) einleitend zu beiden Vorstössen (Traktanden 4 und 5) Stellung.


Beide Vorstösse wurden aufgrund der Besorgnis der SVP-Fraktion über den zunehmenden Einfluss gewisser Eigenschaften des Islam, welche sich mit unserer Gesellschaftsordnung und der europäischen Idee einer demokratischen Gesellschaft nicht vertragen, eingereicht. Zudem reagieren sehr viele Behördenvertreter, auch Politiker und Medien, nicht angemessen auf die aktuelle Situation. Im Vergleich dazu waren die Reaktionen auf den Rechtsextremismus in den Jahren 2000/2001 sehr heftig und eindeutig. Im Zusammenhang mit extremen Ausprägungen des Islam hingegen entstehe der Eindruck, man wolle lieber nicht darüber sprechen , auch wenn man - wie die Antwort des Regierungsrates zeige - im mehr oder weniger Geheimen Abklärungen treffe. Die Fragen im Zusammenhang mit dem Islam hängen mit dem Thema Ausländer zusammen, weshalb man wohl befürchte, das Etikett des Rassismus verpasst zu bekommen, falls man die Probleme anspreche. Im Gegensatz dazu riskierte man bei einem Schweigen zum Thema Rechtsextremismus, in die gleiche Ecke gestellt zu werden.


Um seine Aussagen zu belegen, erinnert Dieter Völlmin an die so genannten Ehrenmorde, welche im letzten Jahr in unserer Region vorkamen. Zudem habe letzte Woche ein Genfer Gericht dargelegt, es sei rechtstaatlich geboten, einen Lehrer weiterzubeschäftigen, welcher öffentlich in einer Zeitung die Steinigung von Frauen, welche Ehebruch begingen, rechtfertigt. Für Dieter Völlmin wäre es unvorstellbar, seine eigene Tochter von einem derartigen Lehrer unterrichten lassen zu müssen. Gestern stiess er im Internet unter www.onlinereports.ch auf den Bericht einer Veranstaltung, welche letzten Montag in Basel stattfand und unter dem Titel "Muslime und Homosexualität" stand. Laut dem Bericht hielt ein FDP-Grossrat von Basel-Stadt fest, dass gewisse Ausprägungen des Islam für Homosexuelle tödlich sein können. Im Vorfeld der Veranstaltung sei der Grossrat dem Druck zu politischer Korrektheit ausgesetzt gewesen und kündigte an, er werde deshalb keine spontanen Äusserungen wagen. In die Planung des Anlasses wurden eine Muslima und ein Muslim einbezogen, welche ihren Namen für Internet und Flyer nicht freigeben wollten, denn der Druck auf die beiden stieg seitens einer islamischen Vereinigung, so dass sie sich zurückzogen.


Ein solcher Einfluss des Islam auf die direkte Meinungsäusserung dürfte nach Ansicht der SVP nicht vorkommen und man müsste sich solchen Strömungen energischer entgegenstellen.


Zur Beantwortung der Interpellation 2004/325: Dieter Völlmin bedankt sich für die Antworten und hat zu Fragen 1 bis 4 keine Bemerkungen anzubringen. Interessanter werde es bei Frage 5, deren Antwort etwa gleich viel Raum in Anspruch nehme wie die gesamten restlichen Antworten zusammen. Bei der Lektüre der Antwort falle auf, dass das Thema des Vorstosses, das Wort Musliminnen, in der Antwort nicht genannt werde. Man rede um das Problem herum und spreche von Migrantinnen und Migranten, was genau zu den von der SVP angesprochenen Problemen führe. Es werde ein Programm oder ein Konzept abgespult, ohne jedoch klare Aussagen zu machen. Vom Regierungsrat hätte die SVP erwartet, dass er festhalte, in der Schweiz seien muslimische Frauen dem Mann gleichgestellt, was man selbstverständlich durchsetzen werde. Von den in der Antwort aufgelisteten Trainingsprogrammen wisse man genau, dass sie die Zielgruppe nicht erreichen. Um an einem solchen Programm teilnehmen zu können, werde ein Grad an Integration und Gewandtheit vorausgesetzt, welcher genau den betroffenen Personen fehle.


Die Antwort zu Frage 5 überrascht die SVP nicht, auch wenn man erwarten müsste, dass eine Fachstelle für Gleichstellung angesichts gewisser Zustände aufschreien müsste.


Kaspar Birkhäuser empfindet die Fragen der vorliegenden Interpellation als unangemessen, denn nach seiner Einschätzung dienen sie vor allem der Pflege von Einäugigkeit und Vorurteilen. Auf die Frage 2 antwortet Kaspar Birkhäuser, vor allem in den Reihen bestimmter Parteien seien Hassprediger auch in unserem Kanton aktiv.


Regierungsrat Adrian Ballmer bezeichnet das angesprochene Thema angesichts der Religionsfreiheit und der Trennung von Kirche und Staat einerseits und der Verantwortlichkeit als Kirchendirektor für den Religionsfrieden andererseits als schwierig. Man müsse fremde Kulturen respektieren. Trotzdem sei klar, dass sich alle Personen, welche in unserem Land leben, an unsere Rechtsordnung zu halten haben. Diese Rechtsordnung basiert unter anderem auf Humanismus und auf gewissen rechtstaatlichen Prinzipien. Es bestehen keine speziellen Massnahmen für muslimische Frauen, jedoch solche, welche sich auch auf muslimische Frauen auswirken. Selbstverständlich gilt Gleichberechtigung auch für ausländische Staatsangehörige oder Schweizer Staatsangehörige mit nicht christlichen Religionen.


://: Damit ist die Interpellation 2004/235 erledigt.


Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei



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