Protokoll der Landratssitzung vom 20. Oktober 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 20. Oktober 2005 |
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2005-230
vom 8. September 2005
Postulat
der FDP-Fraktion: Neue Arbeitsplätze für Pratteln sichern!
- Beschluss des Landrates < überwiesen >
Nr. 1401
Landratspräsident Eric Nussbaumer gibt bekannt, dass die Regierung bereit sei, das Postulat entgegenzunehmen.
Die FDP-Fraktion und Patrick Schäfli haben genug vom Trauerspiel, das der VCS in Pratteln seit Monaten veranstaltet und damit die geplanten Investitionen von «Ikea» und «Media Markt» gefährdet.
Dass der VCS landauf, landab mit seinen Einsprachefluten neue Arbeits- und Ausbildungsplätze zu verhindern hilft, ist bekannt. Nebst Pratteln sind als jüngste Beispiele auch Spreitenbach oder das Hardturm-Stadion Zürich zu erwähnen.
Gerade Pratteln war in den letzten Jahren von einem starken Arbeitsplatzabbau (z.B. «Bombardier») betroffen und ist auf die Schaffung neuer, zukunftsträchtiger Arbeitsplätze angewiesen. Ganz offensichtlich ist dies dem VCS und einigen verwandten Parteien egal. Der VCS erhebt Einspruch gegen die - notabene von einem eigenen ehemaligen Vorstandsmitglied erstellte - Verkehrsplanung. Damit aber nicht genug: Er kümmert sich auch nicht um demokratisch gefällte Entscheidungen von Volk und Parlament. Trotz eines klaren Abstimmungsergebnisses wird Einspruch erhoben und das Verbandsbeschwerderecht auf das Äusserste strapaziert.
Die FDP ist klar der Meinung, dieses Verbandsbeschwerderecht müsse endlich eingeschränkt werden. Dazu hat sie eine Initiative lanciert, und entsprechende Bestrebungen sind im Ständerat bereits im Gang.
Der VCS, aber auch andere Umweltverbände behaupten immer wieder, sie wollten nur das geltende Umweltrecht durchsetzen und seiner Einhaltung Nachdruck verschaffen. Dies ist jedoch nur ein Vorwand, wie bereits gefällte Bundesgerichtsurteile klar zeigen. Es geht offensichtlich nur um die Verhinderung von Bauprojekten, selbst wenn ihre Realisierung - wie im Fall Pratteln - überaus wichtig wäre.
Dieses Verhalten schadet massiv dem Image der Region Basel als Wirtschaftsstandort. Vor allem aber schadet es auch der regionalen Wirtschaft selber, denn die Ausbauten von «Ikea» und «Media Markt» würden sowohl Arbeitsplätze in diesen Betrieben als auch durch den Bau schaffen. Diese wichtigen Aufträge für die KMU werden durch die Einsprachepolitik des VCS verhindert.
Es mutet zynisch an, wenn der VCS von seiner willkürlichen Einsprachepolitik behauptet, sie sei erfolgreich. Wenn in Pratteln nur ein massiv redimensioniertes Projekt realisiert werden kann und auf die immer wieder geforderte Verlängerung der Tramlinie 14 verzichtet werden muss, kann dies wohl kaum als Erfolg deklariert werden.
Letztlich ist das Verbandsbeschwerderecht ein Problem der eidgenössischen Gesetzgebung. Änderungen können nur auf Bundesstufe erreicht werden. Um die nötigen Arbeitsplätze für Pratteln zu sichern, ist es aber trotzdem fünf vor zwölf. Die Regierung sollte daher unbedingt Gespräche mit den beteiligten Parteien aufnehmen und in jedem Fall in Bern Druck aufzusetzen, damit das Verbandsbeschwerderecht auf ein erträgliches Mass zurück-gestutzt wird.
Investitionen, wie sie «Ikea» und «Media Markt» in Pratteln planen, müssen in der Schweiz und damit auch im Baselbiet realisiert werden können. Sie bringen dringend benötigte Arbeitsplätze; denn eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt ist weit und breit nicht in Sicht. Man kann nicht bei jeder Gelegenheit neue Arbeitsplätze fordern und die Abwanderung von Stellen bedauern, wenn gleichzeitig mit aller Kraft Investitionen in der Region torpediert werden.
Die FDP-Fraktion dankt der Regierung für ihre Bereitschaft, den Vorstoss entgegenzunehmen, und bittet den Landrat, das Postulat zu überweisen.
Den Postulanten gehe es nur um eines, betont Daniel Münger : Um die Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts. Als Mittel zum Zweck dient ihnen die Arbeitsplatzdiskussion.
Arbeitsplätze liegen auch der SP-Fraktion sehr am Herzen. Auslöser für das Desaster in Pratteln war nicht das Verbandsbeschwerderecht, sondern die nicht vom Fleck kommende Gesamtplanung der Verkehrssituation, der mangelnde Wille, etwas aus den Pratteler Industriebrachen zu machen, sowie eine generelle Zurückhaltung, die Wirtschaftsentwicklung im Baselbiet voranzutreiben.
Wenn der Kanton und die Gemeinden ihre Hausaufgaben machen und die Regierung ihre wirtschaftspolitische Führungsrolle wahrnehmen würden, gehörten Vorkommnisse wie in Pratteln längst der Vergangenheit an.
Die Regierung hat die Möglichkeit zur Mediation so oder so. Sie noch einmal speziell dazu aufzufordern, ist unnötig. Es ergibt keinen Sinn, die Regierung zum «Prüfen und Berichten» zu veranlassen; sie soll endlich selber aktiv werden. Das Postulat der FDP-Fraktion ist abzulehnen.
Thomas de Courten äussert sich gleich zu den beiden inhaltlich verwandten Traktanden 16 und 17. Er freut sich über die Haltung des Regierungsrates, der die Vorgänge rund um die Bauprojekte in Pratteln als problematisch ansieht. Wie die Regierung bereitet ihm die Entwicklung Sorge, dass bedeutende private Investitionen, die zur Schaffung hunderter Arbeitsplätze führen würden, aus ideologischen Überlegungen - und mit Unterstützung von Experten aus Zürich - torpediert werden.
Es ist verständlich, dass die Regierung als Beschwerdeinstanz nicht direkt in die Verhandlungen zwischen Beschwerdeführern und Betroffenen eingreift. Es ist vielmehr Aufgabe der Regierung, für eine speditive Behandlung der Beschwerden und einen raschen Entscheid zu sorgen.
Es ist an den Politikern - zumindest der bürgerlichen -, dass sie hinter arbeitsplatzschaffenden privaten Investitionen stehen. «Ikea» ist sogar bereit, selber für eine ÖV-Erschliessung aufzukommen.
Die Linke betont zwar auch ab und zu, wie wichtig die Wirtschaft sei - aber nur, wenn es gerade ins Konzept passt wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem UKBB-Neubau. Erfreulich wäre, wenn sich das links-grüne Lager auch im Falle der Arbeitsplatzschaffung in Pratteln hinter die Regierung stellen würde. Die SVP-Fraktion jedenfalls unterstützt das vorliegende Postulat.
Auch Philipp Schoch ergreift das Wort gleich zu beiden Traktanden 16 und 17. Er erklärt, die grüne Fraktion sei gegen das Postulat der freisinnigen Fraktion.
Der VCS und die Grünen werden als die Bösen abgestempelt. Dies hat allerdings mehr mit Stimmungsmache als mit Sachpolitik zu tun. Der grünen Partei und dem VCS geht es um langfristiges Denken und um nachhaltiges Handeln. Sie wollten noch nie gute Projekte verhindern, sondern stets nur schlechte Projekte verbessern.
Die drei neuen Pratteler Quartierpläne generieren rund sechstausend zusätzliche Autofahrten pro Tag; aufs Jahr hochgerechnet sind das zwei Millionen Fahrten. Zu den bestehenden 2'500 Parkplätzen im Grüssen-Areal sind neunhundert neue geplant.
Die gesamtschweizerische Umweltgesetzgebung sorgt dafür, dass die Schweiz als Lebens- und Wirtschaftsstandort so attraktiv bleibt wie sie es heute ist. Auf kantonaler Ebene gibt es als weiteres Instrument den Luftreinhalteplan; dieser ist verbindlich. Der Kanton muss also nicht nur für Arbeitsplätze sorgen, sondern auch dafür, dass die Luft sauber ist. Um die Werte des Luftreinhalteplans zu erreichen, hat das Bundesgericht mehrfach gefordert, dass der öffentliche Verkehr ausgebaut und dass Parkplätze bewirtschaftet werden müssen. Dies gelingt nur mit einem Gesamtpaket, welches zur Verbesserung des Modalsplits beiträgt. Das heisst, dass auch der motorisierte Individualverkehr abnehmen muss - dies ist nicht einfach eine Forderung des VCS, sondern die Erkenntnis wissenschaftlicher Studien.
Zu einem blühenden Wirtschaftsstandort gehören auch eine optimale ÖV-Erschliessung, gute Luft, gesunde Menschen, Ruhe, sichere Verkehrswege und eine intakte Landschaft - lauter sehr hohe Werte. Sich für sie einzusetzen, mag zwar unpopulär sein. Das hält den VCS und die Grünen aber nicht davon ab, es trotzdem zu tun, weil es eines ihrer Kerngeschäfte ist.
Der Vorwurf der Arbeitsplatzverhinderung ist reine Stimmungsmache. In Basel sind in den letzten Jahren tausende Arbeitsplätze verschwunden und in die Peripherie abgewandert, wie eine Studie des Statistischen Amts und des Gewerbeverbands Basel-Stadt beweist. Es entstehen also keine neuen Arbeitsplätze, sondern sie werden lediglich in der Region verlagert. Durch neue Verkaufsflächen werden kein Doppelbett und kein einziger Kerzenständer mehr verkauft. Denn die Kaufkraft in der Region bleibt unverändert.
Das einzige, was geschieht, ist die Entvölkerung der Innenstädte. Das lässt sich in den USA bestens beobachten; es ist weder siedlungspolitisch noch raumplanerisch sinnvoll und führt nur zu massivem Mehrverkehr, der Menschen und Umwelt unnötig belastet.
Das Verbandsbeschwerderecht steht massiv unter Druck; die Freisinnigen möchten am liebsten das ganze Gesetz abschaffen - und dies im Namen einer gesunden Wirtschaft. Das kann die FDP nicht im Ernst meinen! Ihr alt Ständerat René Rhinow wird in der «Basellandschaftlichen Zeitung» wie folgt zitiert: «Der Text dieser Initiative ist juristisch unklar, widersprüchlich und nicht verfassungswürdig.» Rhinow hält den Versuch der FDP Zürich für misslungen.
Dass es in der Raumplanung auch anders laufen kann, zeigt das aktuelle Beispiel Liestals. Dort haben lernfähige Promotoren schon in einer frühen Planungsphase Kontakt mit den Verbänden aufgenommen, um das Verkehrskonzept zu verbessern, und sowohl die Stadt als auch der Kanton waren involviert. Eine allseits gute Gesamtlösung kann so ohne Verzögerung erzielt werden. Dies wurde in Pratteln leider verpasst.
Der VCS und die Grünen fordern eine gute Erschliessung von Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen mittels öffentlichem Verkehr. Um die Emmissionen begrenzen zu können, muss das Verkehrsaufkommen reduziert werden. Vor allem das Bundesgericht hat bei vergleichbaren Projekten immer wieder Parkplatzreduktionen durchgesetzt. Das ist eine sinnvolle Massnahme, weil jeder Parkplatz - wie auch jede Strasse - Mehrverkehr erzeugt.
Dem VCS und den Grünen geht es nicht um isolierte Parkplatzreduktionen, sondern um Gesamtkonzepte, welche zu einer Verkehrsberuhigung beitragen.
Als bereits dritter, aber nicht letzter Pratteler ergreift Ruedi Brassel das Wort. Es gilt, ein Problem von regionaler Bedeutung auch aus regionaler Sichtweise zu betrachten. Es geht nämlich nicht nur um Arbeitsplätze für Pratteler - sondern für Leute, die aus der ganzen Region kommen und Pendlerströme bilden.
Im Verkaufssektor ist zur Zeit eine Arbeitsplatzverlagerung aus der Basler Innenstadt hinaus in mit dem Auto gut erschlossene Agglomerationsgebiete wie etwa das Pratteler Grüssenquartier zu verzeichnen. Das FDP-Postulat erfasst nicht diesen ganzen Sachverhalt und greift deswegen zu kurz.
Die Verkehrsströme, welche durch das in der Agglomeration entstandene Verkaufsangebot erzeugt werden, führen in Pratteln zu einem starken Anstieg des Motorverkehrs. Auch Kunden, die keine grösseren Warenmengen transportieren wollen, fahren mit dem Auto zu den Läden.
Es ist jedoch immer noch besser, dieses ganze Angebot an einem Ort zu konzentrieren als über die ganze Region zu verteilen. Wenn grosse Möbelhäuser sich auch in Aesch oder Möhlin ansiedeln würden, entstünde noch mehr Verkehr. Die Ballung all dieser Anbieter im gleichen Warensegment im Grüssenareal ist also aus einer gesamt-regionalen Betrachtungsweise sinnvoll, wenn auch für Pratteln selbst nicht erfreulich. Versteift man sich nur auf die Parkplatzfrage, läuft man Gefahr, dass die Investoren an einen anderen Ort ziehen und dort unbedrängt von Einsprachen bauen könnten. Dies wäre aber ein Schuss nach hinten.
Trotzdem bedeutet dies nicht, in Pratteln mit noch mehr Parkplätzen Anreize für noch mehr Autoverkehr zu schaffen. Das Problem sind nämlich nicht die Parkplätze, sondern das ungenügende Volumen der Zufahrtsstrassen. Selbst wenn die Kreisel saniert werden, genügt die Kapazität der Strassen, insbesondere des Autobahnanschlusses, nicht.
Es ist also angebracht, mit einer moderaten Politik auf eine Senkung der Parkplatzzahlen hinzuwirken und so einen weiteren starken Verkehrszuwachs zu vermeiden. Die VCS-Beschwerde zielt also in die richtige Richtung; ob das Ausmass der Forderungen, die Verhandlungstaktik und insbesondere der Verhandlungston richtig gewählt sind, ist eine andere Frage.
Es ist das legitime Recht, mittels Verbandsbeschwerde auf bestehende Probleme hinzuweisen. Dies sagt Ruedi Brassel als jemand, der im Pratteler Einwohnerrat für die Quartierpläne gestimmt hat (mit Ausnahme jenes für ein Multiplexkino, das raumplanerisch völlig verfehlt war). Ein alarmistisches Postulat, wie es die FDP in die Welt gesetzt hat, ist fehl am Platz.
Da die Regierung als Rekursinstanz ausserstande ist, ein Vermittlungsmandat zu übernehmen, kann die Absicht des Vorstosses keine andere sein als das Verbandsbeschwerderecht ein weiteres Mal zu diskreditieren.
Mit dem Verbandsbeschwerderecht muss sorgfältig und massvoll umgegangen werden, auch ohne Moderation durch die Regierung. Dies muss allen Beteiligten klar sein.
Landratspräsident Eric Nussbaumer gibt bekannt, dass noch sieben Rednerinnen und Redner angemeldet seien. Er bittet um kurze Voten, damit die Sitzung rechtzeitig abgeschlossen werden kann.
Jürg Degen mahnt an, zwischen dem Verbandsbeschwerderecht und dem Verhalten des VCS in der Auseinandersetzung mit der Firma «Ikea» zu unterscheiden. Jeder Umweltverband überlegt sich im Interesse seiner Glaubwürdigkeit sehr genau, wann er vom Verbandsbeschwerderecht Gebrauch macht, und setzt dieses nur sehr restriktiv und zurückhaltend ein.
Die Regierung schreibt in ihrer Antwort auf Urs Hintermann s Interpellation 2005/068, dass vor allem die Einsprachen Privater zu Verzögerungen führten: 2004 wurden im Rahmen von Baugesuchsverfahren total 1'353 Einsprachen erhoben, wovon nur gerade 14 von Verbänden. Dass das Verbandsbeschwerderecht die Wirtschaft übermässig behindert, darf zumindest stark bezweifelt werden. Verbandsbeschwerden sind darüber hinaus statistisch gesehen überdurchschnittlich erfolgreich. Das ist denn auch der Grund, warum das Verbandsbeschwerderecht von gewissen Kreisen hart angegriffen wird.
Ob der VCS in der Auseinandersetzung um die Pratteler Quartierpläne Recht hat oder nicht, werden die Gerichte beurteilen.Tatsache ist, dass jede abgewiesene Verbandsbeschwerde einen Imageverlust für den VCS darstellt. Er wird sich darum seine Schritte gut überlegt haben.
Etwas mehr Gelassenheit wäre angebracht. Die Regierung selber schreibt in ihrer Antwort auf die Interpellation 2005/239 von Thomas de Courten , aufgrund der bisherigen Erfahrungen könne kein systematischer Missbrauch des Verbandsbeschwerderechts und damit keine bewusste Verhinderung volkswirtschaftlich sinnvoller Investitionen festgestellt werden. Der kantonale Wirtschafts- und Lebensraum ist nach Ansicht der Regierung nach wie vor intakt und nicht akut gefährdet.
Sabine Stöcklin möchte in Erinnerung rufen, dass in der Stadt Basel in den letzten Jahren 5'000 Detailhandels-Arbeitsplätze verschwunden sind. Dies betrifft Familien- oder sonstige kleinere Betriebe. Diese Arbeitsplätze fehlen in der Stadt und werden nun in der Agglomeration wieder aufgebaut, allerdings von internationalen Grosskonzernen. Es ist fraglich, ob dies wirklich die KMU-freundliche Entwicklung ist, die sich das regionale Gewerbe wünscht. Eine nachhaltige Entwicklung wäre viel eher möglich, wenn der Detailhandel in der Stadt oder zumindest in mit dem ÖV besser erschlossenen Gebieten gedeihen könnte.
Robert Ziegler möchte den Regionalzug um 17:12 Uhr nach Pratteln nehmen und verzichtet deshalb auf seine Wortmeldung.
[Heiterkeit]
Die CVP/EVP-Fraktion unterstützt, wie Rita Bachmann mitteilt, das Postulat. Sie will keine Verhinderungspolitik, denn Pratteln braucht dringend neue Arbeitsplätze. Der Standort Grüssen ist ideal gelegen, weil er sich in der Nähe der Autobahnausfahrt befindet. Es ist eine Illusion zu glauben, dass irgend jemand mit dem Tram Möbel einkaufen geht.
Wenn die VCS-Politik Erfolg haben sollte, führt dies zu einem Massentourismus über die Landesgrenzen hinaus. So verlöre die Baselbieter Politik jeglichen Einfluss auf Planungsvorgaben.
Für Rita Bachmann persönlich ist das derzeitige Gebaren des VCS nicht nur unverständlich, sondern auch undemokratisch; es grenzt an Profilierungsneurose.
Mit vielen Forderungen der Grünen und des VCS in den Gebieten Umweltschutz, Sozial- oder Bildungspolitik werden auch noch die willigsten Investoren vergrault und Gemeinden an den Tropf des Finanzausgleichs getrieben.
«Ikea» hat in vorbildlicher Weise Hand geboten für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs: Das 14er-Tram würde sogar ins Gebäude hinein geführt. Die Firma ist als sehr sozialer Arbeitgeber bekannt, gerade für Menschen aus einem Segment, die sonst nur sehr schwer eine Arbeitsstelle findet. Zudem bildet «Ikea» eine beträchtliche Anzahl Lehrlinge aus.
Sowohl der Gemeinde- als auch der Einwohnerrat Pratteln haben sich nach sehr eingehenden Beratungen äusserst deutlich für die Ausbaupläne im Grüssenquartier ausgesprochen. Das Volk ist, wie die Umfrage auf baz-online belegt, gleicher Meinung.
Rita Bachmann und ihr Mann sind seit vielen Jahren Mitglieder des VCS. Ihnen hat die Devise gefallen, dass nicht nur ein Automobilist ein Verkehrsteilnehmer sei. Sie haben auch schon vom VCS organisierte Veloferien gemacht. Aber die heutige Verhinderungspolitik können und wollen sie nicht mehr unterstützen. Ihr Austrittsschreiben wird deshalb in den nächsten Tagen beim VCS eintreffen.
[zustimmendes Klopfen auf der bürgerlichen Seite]
Urs Hess sagt an die Adresse von Philipp Schoch , für blühende Landschaften einzutreten heisse auch, Arbeitsplätze räumlich zu konzentrieren. Genau das will der VCS aber verhindern.
Es gibt demokratische und diktatorische Parteien. Die grüne Partei ist diktatorisch. Denn wenn sie verliert, hat sie eine zweite Instanz, die sie ins Rennen schickt, nämlich den VCS. Das ist undemokratisch und in hohem Mass störend.
Zwischenruf von Ruedi Brassel : Was ist mit der SVP und der AUNS?
Auf sein Votum wollte Marc Joset eigentlich verzichten, Rita Bachmann hat ihn aber herausgefordert.
Undemokratisch wäre eine Einschränkung des Einsprache- und Beschwerderechts. Denn dieses ist ein Grundpfeiler des Rechtsstaats, und daran darf nicht gerüttelt werden.
Nicht jeder, der das «Ikea»-Gebäude betritt, verlässt es wieder mit grossen Möbelstücken. Ganze Familien schauen sich dort einfach um oder gehen etwas essen. Für jene Leute, die grosse Möbel abtransportieren wollen, reichen die vorhandenen Parkplätze bei weitem aus.
Als Gemeindebehördenmitglied weiss Marc Joset um den Interessenkonflikt zwischen dem - durchaus berechtigten - Arbeitsplatz-Argument und der nicht minder wichtigen Erhaltung von Natur, Atemluft und Lebensqualität. Diese beiden Anliegen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Aber in der Politik haben vor allem die Unternehmen und Investoren eine sehr grosse Lobby. Auf der anderen Seite stehen die privaten Beschwerdeführenden, die kaum Mittel zur Verfügung haben und froh sind um die Unterstützung eines Verbandes. Dieser bildet das Gegengewicht und vertritt die Interessen der Natur und der Lebensqualität.
In Umweltfragen gibt es durchaus Spielraum, wie auch das Bundesgericht immer wieder betont hat. Gerichte haben zur Aufgabe, darauf zu achten, dass dieser Spielraum ausgewogen und nicht extrem einseitig ausgenutzt wird. Wer am Verbandsbeschwerderecht rüttelt, stellt das Einspracherecht generell in Frage, und daran kann niemand ernsthaft interessiert sein.
Es drängt Karl Willimann zu einer generellen Feststellung über die Inhalte der grünen Politik: Diese gefährdet Arbeitsplätze und legt der Schaffung neuer Stellen Hindernisse in den Weg. Umgekehrt fordern die Grünen von der Wirtschaft munter Sozialleistungen und beklagen den Geldmangel für die Steigerung der Staatsaufgaben.
Etwas Einsicht in die eigene Widersprüchlichkeit wäre den Grünen zu wünschen.
Alles werde wild durcheinander gemischt, nervt sich Madeleine Göschke , die sich am Vorwurf der «Verhinderungspolitik» stösst. Das Gesetz sieht das Verbandsbeschwerderecht vor, also darf davon Gebrauch gemacht werden. Wer seine Abschaffung zum Ziel hat, muss in Bern vorstössig werden und nicht den Baselbieter Grünen Vorwürfe machen.
Rita Bachmann hat betont, in Pratteln seien Arbeitsplätze dringend nötig. Aber es glaubt wohl niemand, gerade die in Pratteln wohnhaften SozialhilfebezügerInnen würden die entstehenden Stellen bekommen. Das wäre eine blauäugige Ansicht. Die Arbeitsplätze werden schlicht aus der Stadt in die Agglomeration verschoben, aber nicht neu geschaffen.
://: Der Landrat überweist das Postulat mit 44:26 Stimmen bei einer Enthaltung.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung