Protokoll der Landratssitzung vom 8. Mai 2008

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2007-289 vom 15. November 2007
Postulat von Hans-Jürgen Ringgenberg, SVP: Elternunterstützendes Lehren von Anstand und guten Manieren an den Schulen
- Beschluss des Landrats am 8. Mai 2008: < abgelehnt >

Nr. 513

Die Landratspräsidentin teilt mit, dass der Regierungsrat bereit sei, das Postulat entgegenzunehmen.


Beatrice Fuchs (SP) pflichtet bei, dass Anstand, Höflichkeit und gutes Benehmen für ein gutes gemeinsames Zusammenleben unabdingbar seien; für die meisten Personen sind diese Attribute selbstverständlich und verinnerlicht. Schlechte Manieren findet man von Jung bis Alt, weshalb Kniggekurse ohne Zusatzkosten weit verfehlt sind. In den Baselbieter Schulen wird nicht nur Wissen vermittelt, denn die Lehrerinnen und Lehrer leben täglich vor, wie in einer pluralistischen Gemeinschaft mit Respekt und Anstand miteinander umgegangen werden soll. Die Schlüssel zum guten Benehmen sind die Vorbilder, alle müssen diese Rolle übernehmen - dafür reicht kein Kurs aus. [Eine Schulklasse betritt die Tribüne, Beatrice Fuchs richtet das Wort an sie und lobt sie für das leise Eintreten] . Der Anblick von der Tribüne des Landratssaals ist auch nicht immer sehr vornehm: Während der Debatte wird gesprochen, auf dem Laptop gearbeitet, Zeitung gelesen oder sogar mal ein Nickerchen gemacht. Deshalb braucht der Landrat aber nicht einen Kniggekurs. Jedoch könnten die Wortführer der Partei des Postulanten die Benimmregeln in Bezug auf den Umgang mit dem Gegenüber etwas verinnerlichen. Die SP-Fraktion lehnt dieses Postulat freundlich, aber einstimmig ab.


Bea Fünfschilling (FDP) erklärt, dass auch die FDP-Fraktion dieses Postulat ablehne. Wenn im Schulzimmer Stoff vermittelt werden soll, ist Anstand ein absolutes Muss. Die Vermittlung des Lehrstoffes muss für alle Lehrpersonen prioritär sein, weshalb diese angehalten sind, diesen Anstand einzufordern, was die allermeisten auch tun. Ganz bestimmt braucht es keine Gratiskurse dazu.


Urs Berger (CVP) erläutert, dass man zu lernen, Anstand und guten Manieren stehe und verweist auf solche Vorstösse aus der CVP/EVP-Fraktion. Anstand und gute Manieren muss man vor allem zu Hause lernen, und es kann sein, dass gewisse Eltern einen solchen Kurs brauchen würden, jedoch sicherlich nicht kostenlos. Man könnte dies als Weiterbildung anbieten. Die Vorlage wurde in der Fraktion sehr kontrovers diskutiert - eine kleine Mehrheit ist für die Überweisung der Vorlage.


Philipp Schoch (Grüne) betont, wenn mit diesem Vorstoss bezweckt werde, dass man in diesen Kursen lerne, wie man als Partei mit seinen Regierungsmitgliedern umgehe, wären die Grünen für die Überweisung, ansonsten nicht.


Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) zeigt sich erstaunt über die Reaktionen auf einen harmlosen Vorstoss. Primär liegt es am Elternhaus, für Anstand und Manieren zu sorgen, jedoch beklagen sich viele Eltern, dass dies in der Schule nicht fortgesetzt werde. Der Postulant konnte dies bei Schulbesuchen seines Enkels feststellen. Übrigens machte man sich auch im Kanton Solothurn Gedanken, wie Tischmanieren verbessert werden könnten. Der Postulant war davon ausgegangen, dass die Lehrerschaft dieses Wissen vermitteln könnte, was nun offensichtlich zu viel verlangt ist. Jedenfalls habe Bea Fünfschilling auf eine Überforderung der Lehrer in dieser Hinsicht hingedeutet. Auch die Bereitschaft zur Entgegennahme seitens der Regierung beweist, dass dieses Anliegen nicht so abwegig ist. Bei der Auswahl von Lehrlingen wird sehr grosser Wert auf das Benehmen und das äusserliche Erscheinen gelegt. Aus diesem Grund sollte dem Anliegen etwas mehr Beachtung geschenkt werden.


Jürg Degen (SP) wehrt sich gegen die Darstellung, die Lehrerschaft im Kanton sei unfähig, etwas punkto Anstand in den Schulen zu unternehmen. In den Konventen wird diese Thematik sehr oft traktandiert und diskutiert. Die tägliche Arbeit eines Lehrers besteht darin, die Kinder immer wieder an Anstand und Regeln zu erinnern. In einem Lager oder auf einer Schulreise sind die Tischmanieren immer ein Thema. Die Lehrerschaft ist bestimmt nicht schuld an der Misere, unter der einige Jugendliche leiden.


Urs Berger (CVP) hat schon Auswahlverfahren für 980 Lehrlinge durchgeführt und zollt den Jugendlichen höchsten Respekt für deren hervorragendes Verhalten. Dies zeigt, dass sie es vorher gelernt haben. Dem Verhalten wird bei der Auswahl der Lehrlinge mehr Gewicht beigemessen als den Noten.


Regierungsrat Urs Wüthrich (SP) hat die umgekehrte Erfahrung zum Thema Erziehung gemacht: Eher gab es Beschwerden, die Regeln der Schule seien zu streng. Der Grund für die Entgegennahme des Postulats ist, dass die Regierung gerne die heutigen Bemühungen aufzeigt. Es sind keine Schulen bekannt, die den Schülerinnen und Schülern den Anstand wieder abgewöhnen, den sie von zu Hause mitbringen. Im Weiteren wird im Bericht von Dieter Bongers, der zuständigen Fachperson für Gewaltsituationen im JPMD, vor allem festgestellt, dass an einzelnen Schulen dank einer verantwortungsbewussten Pädagogik und der Zusammenarbeit der LehrerInnenTeams ein Klima von Respekt und Anstand geschaffen wurde.


Thomas Bühler (SP) erinnert daran, dass man vor der Presse und der Öffentlichkeit debattiere. Es muss betont werden, dass der grösste Teil der Kinder und Jugendlichen sich anständig benimmt.


://: Der Landrat lehnt das Postulat 2007/289 mit 45:27 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. [ Namenliste ]


[Die Schülerinnen und Schüler auf der Tribüne zeigen Manieren und verabschieden sich anständig].


Die Landratspräsidentin verabschiedet die wohlerzogenen Jugendlichen mit einem «Auf Wiedersehen!»


[Allgemeine Fröhlichkeit]


Für das Protokoll:
Miriam Schaub, Landeskanzlei



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