Protokoll der Landratssitzung vom 8. Mai 2008
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2007-164 vom 21. Juni 2007
Postulat von Christoph Rudin, SP: Kulturelles Erbe aus Arbeit, Gewerbe und Industrie
- Beschluss des Landrats am 8. Mai 2008: < überwiesen >
Nr. 487
Laut Landratspräsidentin Esther Maag (Grüne) ist der Regierungsrat bereit, dieses Postulat entgegen zu nehmen.
Thomas de Courten (SVP) spricht sich seitens SVP-Fraktion gegen Überweisung aus, denn es habe sich bewährt, dass die Dokumentation der Vielfalt der Berufe auf private Initiative hin erhalten bleibe. Ein neuer kantonaler Museumsauftrag soll nicht verankert werden. Es sei Sache des Heimatschutzes und der Denkmalpflege, diesen Auftrag in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu erfüllen.
Ruedi Brassel (SP) betont, das Postulat beinhalte keine Forderung nach einem Museumsauftrag. In den letzten 200 Jahren habe sich die Arbeitswelt massiv verändert und die Frage sei berechtigt, wie die früheren Techniken, Anlagen und Instrumente kulturell gesichert und den künftigen Generationen vermittelt werden können. Es sei wichtig, den Wandel unserer Industrielandschaft und unserer Wirtschaftsregion zu begreifen, indem Zeugen dieses Wandels aufbewahrt und zugänglich gemacht werden.
Die Sicherung des für unsere Region zentralen kulturellen Erbes müsse auf einer Sensibilisierung der einzelnen Firmen basieren, und dies sei der Kernauftrag des vorliegenden Postulats. Es sollen nicht nur landwirtschaftliche oder handwerkliche Gegenstände aus dem 18. oder 19. Jahrhundert bewahrt werden, sondern auch Techniken und Instrumente aus dem 20. Jahrhundert, deren historische Bedeutung im Moment vielleicht noch gar nicht klar ist. Nicht zuletzt gehe es darum, unsere Traditionen nicht durch eine Muldenlösung in die Gleichgültigkeit verfallen zu lassen.
Ruedi Brassel zitiert folgende Zeilen aus dem Baselbieterlied:
Die Baselbieter Lütli
Sy gar e flyss'ge Schlag,
Sie schaffe und sie werche,
So viel e jede mag;
Die Arbeit gehöre zentral zur Identität unseres Kantons. Wenn die SVP nun den vorliegenden Vorstoss nicht unterstütze, beweise sie damit ihre Schizophrenie in dieser Angelegenheit. Die SP-Fraktion wolle, dass auch die Tradition und Entwicklung der Arbeit in unserem Kanton gewürdigt werde. Die heutige Wertschätzung der Arbeit drücke sich auch in der Haltung gegenüber der Arbeit vergangener Generationen aus, weshalb die SP-Fraktion das Postulat klar zur Überweisung empfehle. Es sei weder kostentreibend noch schaffe es neue Institutionen, es diene jedoch dazu, die notwendige Sensibilität für unsere Traditionen in der Bevölkerung und den Firmen herzustellen.
Christoph Buser (FDP) unterstützt das Postulat im Namen der FDP-Fraktion. Christoph Rudins Vorstoss greife zwar kein dringendes, aber ein berechtigtes Anliegen auf. In einer sich stark wandelnden Wirtschaftswelt sei die Dokumentation und Veranschaulichung des Wandels sicherlich eine Aufgabe, welche an die Hand genommen werden müsse. Der Postulant stelle richtig fest, dass in diesem Bereich in unserer Region bereits einiges stattfinde, jedoch fehle die koordinierende Hand. Bei einer Überprüfung der bisherigen Aktivitäten sollen sowohl die kantonalen Institutionen als auch die Privatwirtschaft und Stiftungen einbezogen werden.
Thomas de Courten (SVP) bezeichnet es als rührend, wenn die SP nun damit beginne, sich um die Traditionen unseres Kantons zu kümmern. Diese Bemühungen würden selbstverständlich unterstützt, nur ist die SVP der Ansicht, auf Initiative Privater werde dem Anliegen des Postulats bereits zur Genüge Rechnung getragen. Für Thomas de Courten ist klar, dass mit dem Postulat ein neuer staatlicher Auftrag erteilt wird (kantonale Förderstrategie, kantonale Bestandesaufnahme, kantonale Vernetzung der Angebote), obwohl all dies heute bereits getan werde. Die Anliegen des Postulats müssten in den bestehenden Traditionen des Kantons Platz finden. Die Wirtschaft und Private sorgen bereits zur Genüge dafür, dass Traditionen bewahrt werden. Die SVP spricht sich strikte gegen eine neue, kantonale Aufgabe aus.
Karl Willimann (SVP) empfindet es als zugleich rührend und erfreulich, wie sich die SP unter dem Titel dieses Postulats für die Eigenständigkeit des Kantons Basel-Landschaft ausspreche.
Urs Berger (CVP) spricht sich für die CVP/EVP-Fraktion für die Überweisung des Postulats aus, denn zu unserer Kultur, zum Gewerbe und zur Arbeit müsse Sorge getragen werden.
Paul Wenger (SVP) geht aus persönlicher Sicht auf Ruedi Brassels (SP) Formulierungen ein. Er sei zwar noch nicht lange Mitglied des Parlaments, jedoch habe ihm noch nie jemand vorgeworfen, schizophren zu sein. Er könne nicht verhindern, dass Ruedi Brassel die SVP als Ganzes so bezeichne, bittet jedoch darum, in Zukunft Namen und Gesichter zu nennen und keine stereotypen Floskeln durch den Landratssaal zu schleudern.
Madeleine Göschke (Grüne) unterstützt seitens der Grünen den Vorstoss, denn wir seien es den nächsten Generationen schuldig, dass sie auf ihre Wurzeln und die Entwicklung der Geschichte und Gesellschaft zurückschauen können.
Regierungsrat Urs Wüthrich (SP) geht davon aus, dass der Vorstoss überwiesen wird, worüber er sich erfreut zeigt.
Zu Thomas de Courten (SVP): Sowohl die Tourismusorganisationen als auch die Denkmalpflege sind staatlich oder zumindest staatlich vorfinanzierte Institutionen.
Die Grundlagen für die sich im Besitze des Kantons befindlichen Seidenbandkollektionen hätten mit der Grundhaltung der SVP nicht geschaffen werden können.
Die im Postulat angeregten Abklärungen soll der Kanton nicht für sich allein vornehmen, sondern gemeinsam mit dem Gewerbe, der Wirtschaft und den Gemeinden. Ein moderner Betrieb, welcher sich im Wettbewerb behaupten müsse, könne wohl kaum gleichzeitig ein Museum betreiben.
Es bestehen konkrete Projekte, beispielsweise die Möglichkeit, die vollständige Kollektion der Firma Hanro gratis zu übernehmen, falls der entsprechende Rahmen geschaffen werden kann.
Beim vorhergehenden Traktandum wurde beklagt, das Parlament habe zu wichtigen Fragestellungen nichts zu sagen. Mit der Überweisung des aktuellen Postulats jedoch werde der Regierungsrat prüfen und berichten, so dass das Parlament später Stellung nehmen könne und nicht allein die Verwaltung entscheiden werde.
://: Der Landrat überweist das Postulat 2007/164 mit 55:18 Stimmen bei einer Enthaltung an den Regierungsrat. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei
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