Protokoll der Landratssitzung vom 8. Mai 2008

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2007-135 vom 7. Juni 2007
Interpellation von Martin Rüegg, SP: Was hat die Staufachstelle gebracht?
- Schriftliche Antwort des Regierungsrates vom 15. April 2008
- Beschluss des Landrats am 8. Mai 2008: < erledigt >

Nr. 480

://: Der von Martin Rüegg (SP) beantragten Diskussion wird stattgegeben.


Martin Rüegg (SP) dankt dem Regierungsrat herzlich für die ausführliche Beantwortung und die Berichterstattung zu seinen Fragen.


Zum Staumanager: Die Gründe für die Kündigung des Staumanagers bleiben trotz der Beantwortung der Interpellation im Dunkeln und lassen entsprechend Raum für Spekulationen. Kündigte der Staumanager, weil er überlastet war, weil er die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens anerkennen musste oder weil er sich mit der Task Force überwarf, nachdem er das Thema Road Pricing aufs Tapet gebracht hatte? Wie auch immer, Martin Rüegg bezeichnet das Resultat nach der dreijährigen Tätigkeit des Staumanagers als mager. Es sei nun bekannt, wie ein Stau zu definieren sei und dass unvollständige Datenbanken über Staus existieren sowie dass Staus vor allem nach Unfällen oder Grossereignissen im St. Jakob-Areal vorkommen. Sind diese Resultate tatsächlich 270'000 Franken pro Jahr wert? Martin Rüegg zeigt sich überzeugt, dass der durch den Landrat beschlossene Marschhalt im Dezember 2007 folgerichtig und konsequent war.


Zur Task Force Anti Stau: Diese ist laut Martin Rüegg einseitig zusammengesetzt. Warum sind die ÖV-Verbände und die SBB nicht vertreten? Welchem Verband gehört Landrat Patrick Schäfli (FDP) an? Was tut die Task Force nun ohne Staumanager? Müsste konsequenterweise nicht auch die Aufhebung der Task Force ins Auge gefasst werden? Martin Rüegg empfände es als höchst problematisch, wenn nun die Leitung der Task Force an Wirtschafts- und Autoverbände abgegeben würde. Dies käme einer Kapitulation des Kantons in dieser Frage gleich.


Der Landrat strich die finanziellen Mittel für die Staufachstelle. Die jetzt vorgeschlagene Verlagerung dieser Aufgaben in die BUD oder in die Task Force unter Beizug von Experten des ASTRA und der Fachhochschule Nordwestschweiz erscheint Martin Rüegg nicht redlich. Auch dieses Vorgehen würde etwas kosten, jedoch wäre unklar, wie viel. Zudem würden die Probleme damit nicht gelöst. Die Motion Keller verlange deutlich die Abschaffung der Staufachstelle und der Regierungsrat sei bereit, diese zu übernehmen. § 43 des Strassenverkehrsgesetzes wäre also gar nicht nötig, was auch diejenigen Kreise einsehen müssten, welche sich sonst für einen schlanken Staat und die Streichung unnötiger Gesetzesparagraphen stark machen.


Fazit: Martin Rüegg zitiert wie folgt aus dem Bericht der Staufachstelle, Seite 8:


"Die Polizei kommt aufgrund ihrer Beobachtungen zum Ergebnis, dass sich die Stausituation in unserem Kanton nicht signifikant verändert hat."


Dieser Aussage hätte Martin Rüegg nichts beizufügen, wenn der Regierungsrat daraus die richtigen Schlüsse gezogen hätte. Mit der Gesetzesinitiative der Wirtschaftskammer und der Automobilverbände für eine optimale Verkehrsstaubewältigung wurde der Stimmbevölkerung Sand in die Augen gestreut. Es wurden falsche, schlicht unerfüllbare Hoffnungen geweckt.


Laut Martin Rüegg (SP) ist die Zielsetzung der Initiative grundlegend falsch. Anstatt weniger Stau müsste es heissen: weniger Verkehr. Das Problem müsse an der Wurzel gepackt und keine Symptombekämpfung betrieben werden. Man werde nicht darum herum kommen, wieder und neu auch an Massnahmen zu denken, welche auf eine Verringerung des zu grossen Verkehrsaufkommens abzielen. Eine Lösungsalternative böte die ÖV-Initiative der SP Basel-Landschaft, welche den Schienenverkehr in der Agglomeration stärken möchte. Der Regierungsrat sei auf dem Holzweg, wenn er sich an die Anti Stau-Gesetzgebung klammert und gleichzeitig die ÖV-Initiative zur Ablehnung empfiehlt.


Anstatt die Staufachstelle indirekt weiter zu führen, ja sogar auszubauen, hätte Martin Rüegg von der Regierung zwei andere Vorschläge erwartet: Eine Verschiebung des Staumanagements ins ASTRA, da die wesentlichen Stauereignisse ohnehin auf den Nationalstrassen stattfinden, oder eine Streichung von § 43, da die Operation nicht gelungen sei und der Patient weiter leide.


Die SP-Fraktion spricht sich aus den oben genannten Gründen für die Überweisung und Abschreibung der Motionen 2007/130 , 2007/131 und des Postulats 2007/132 (Traktanden 13 bis 15) aus.


Rolf Richterich (FDP) dankt der Regierung für die ausführliche Beantwortung der Interpellation sowie die Beilage zur Vorlage. Während der knapp dreijährigen Tätigkeit des Staumanagers wurde sehr viel Grundlagenarbeit geleistet und der Staumanager konnte auch einiges in die Wege leiten. Beim Verkehrsmanagement handle es sich um eine für unsere Region dringliche Angelegenheit, denn unser Kanton sei ein Transitgebiet und ein wichtiger Standort für das Transportgewerbe, sowohl in der Schweiz als auch in Mitteleuropa. Es sei daher klar, dass sowohl der Strassen- als auch der Schienenverkehr (soweit dies in der Kompetenz des Kantons liegt) gemanagt werden müssen.


Der Bericht der Regierung zu diesem Thema sei zwar richtig, das Fazit jedoch falsch. Dieses komme einer Art Kapitulation gleich. Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass sich unser Kanton dank dem Gleichstellungsbüro vom hintersten Platz in Gleichstellungsfragen bis ins Mittelfeld vorgearbeitet habe. Trotz diesen markanten Verbesserungen soll das Büro weiter beibehalten werden. Die Staufachstelle hingegen wolle man wegen einem gewissen Widerstand, welcher in den nachfolgend traktandierten Vorstössen zum Ausdruck kommt, und wegen der Streichung von Mitteln anlässlich der Budgetdebatte, auflösen. Rolf Richterich ist jedoch der Ansicht, die finanziellen Mittel seien wegen der noch offenen Vorstösse nicht bewilligt worden. Obwohl der Bedarf für eine Staufachstelle inzwischen offen auf dem Tisch liege, ziehe die Regierung den Schluss, die Stelle werde nach der Streichung der Mittel abgeschafft. Dies kann Rolf Richterich nicht nachvollziehen.


Mit der Abschaffung der Staufachstelle werde das Problem auf den Strassen nicht kleiner, im Gegenteil. Es müsse etwas unternommen werden, und die Staufachstelle war dazu ein Ansatz. Leider zeige der Bericht des Regierungsrates nicht auf, wie das Verkehrsmanagement in unserem Kanton vorgenommen werden soll. Die Regierungsbeschlüsse in der Beilage zur Vorlage zeigen, dass die Kompetenzregelung unklar sei. Auch werden keine Aussagen über grenzüberschreitende Massnahmen gemacht. Sich jetzt auf die Situation vor der Einführung der Staufachstelle zurückzuziehen, ist für Rolf Richterich unverständlich.


Rolf Richterich hat schon viele Verkehrsleit- und Verkehrsmanagement-Zentralen in ganz Europa besucht, welche sich nicht nur um das alltägliche Geschäft kümmern, sondern auch Planungen vornehmen und teilweise den Individual- mit dem öffentlichen Verkehr kombinieren. Es gelte, den Verkehr gesamtheitlich zu betrachten, was die aktuelle Vorlage nicht tue.


Die FDP-Fraktion zeigt sich mit der Abschreibung der drei folgenden Vorstösse (Traktanden 13 bis 15) einverstanden, sie wird jedoch einen neuen Vorstoss einreichen mit dem Auftrag, die Neuorganisation des Verkehrsmanagements klar und deutlich auf den Tisch zu legen, um das Wirken von Massnahmen überprüfen und allenfalls korrigierend eingreifen zu können.


Elisabeth Schneider (CVP) verweist auf den vor zwei Wochen eingereichten Vorstoss "Masterplan Verkehr für den Kanton Basel-Landschaft" ( 2008/106 ) der CVP/EVP-Fraktion. Das Staumanagement stelle einen Teil des Masterplans Verkehr dar, welcher selbstverständlich grenzüberschreitend sei. Erst wenn der Masterplan vorliege, werde man über eine Organisation für das Verkehrsmanagement beschliessen können. Die Regierungsbeschlüsse stellen nach Ansicht von Elisabeth Schneider einen hilflosen Versuch dar, dem Volksentscheid nachzukommen, welcher Staus bekämpfen will. Auch dem Volk sei es jedoch klar, dass die Staubekämpfung nur dann funktioniere, wenn das Problem umfassend angegangen werde.


Grundsätzlich zeigt sich die CVP/EVP damit einverstanden, dass sich die Bau- und Umweltschutzdirektion mit der Problematik des Verkehrsmanagements befasst, da es sich dabei um eine ihrer Kernaufgaben handle, welche nicht mittels einem Einmannbetrieb abgehandelt werden könne. Die CVP/EVP-Fraktion fordert daher einen umfassenden Masterplan Verkehr, der sich auch mit dem Staumanagement befassen muss.


Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) wehrte sich schon immer gegen den Begriff "Staumanager", welcher falsche Vorstellungen weckte. Es handelte sich nie um einen Supermann oder eine Superfrau, welche(r) Staus in unserer Region auf Knopfdruck abstellen sollte. Die Staufachstelle wurde geschaffen, um dem Gesetzesauftrag Nachachtung zu verschaffen. Mit der Staufachstelle wurde Neuland betreten und Herr Strübin, welcher für diese Aufgabe angestellt wurde, musste zuerst einmal Grundlagen erarbeiten. Diese Grundlagen waren sehr wertvoll, sowohl für die Polizei als auch das Tiefbauamt. Die Staubildung sei jedoch viel zu vielschichtig, als dass sie mit einigen wenigen Einzelmassnahmen verhindert werden könnte. Es bestehen die folgenden Hauptursachen für Staus:


- Unsere Strassen vermögen den Verkehr in der Agglomeration nicht mehr zu schlucken.
- Bei Grossbaustellen sind Staus unvermeidlich.


Die Aufgabe der entsprechenden Fachstellen beim Tiefbauamt und der Polizei besteht darin, die Verkehrsregelung und -leitung mit sinnvollen Massnahmen einigermassen im Griff zu behalten.


Zur Klärung: Eine konkrete Staufachstelle sei im Gesetz nicht vorgesehen. Vorgesehen jedoch sei eine Task Force Anti Stau, weshalb diese ohne Gesetzesänderung nicht einfach abgeschafft werden könne. Die Task Force Anti Stau leiste im Übrigen gute Arbeit und die Zusammenarbeit mit Herrn Strübin von der Staufachstelle bewährte sich. Allein mit der Task Force oder der Staufachstelle jedoch können die bestehenden Probleme nicht gelöst werden.


Den Vorwurf, die Regierung habe falsche Schlüsse gezogen, wenn sie die Staufachstelle nicht weiterführe, kann Sabine Pegoraro nicht gelten lassen. Der Landrat beschloss im Dezember, die Mittel für die Staufachstelle zu streichen, und dieser Auftrag wurde nun von der Regierung umgesetzt, indem die Fachstelle nicht weitergeführt wird. Der Streichung der Mittel stimmte seinerzeit auch die FDP zu, weshalb Sabine Pegoraro über die Vorwürfe staunt. Die Staubewältigung werde sowohl bei der Verkehrspolizei Basel-Landschaft als auch beim Tiefbauamt weiterhin ein Schwerpunktthema darstellen, dies jedoch im Rahmen des ordentlichen Leistungsauftrags und nicht mehr durch eine Fachstelle unterstützt.


Die Staubewältigung sei schon lange ein Thema, nicht erst seit der Anti-Stau-Initiative, Sabine Pegoraro bedauert jedoch, dass die Unterstützung durch die Fachstelle nun wegfallen wird. Wichtig sei eine gute Zusammenarbeit der beiden Hauptbereiche Tiefbauamt und Polizei, dazu bestehe ein gemeinsames Koordinationsgremium.


Das Hauptproblem der ungenügenden Strassen-Infrastruktur in unserer Region müsse vielschichtig angegangen werden, sowohl ÖV als auch Individualverkehr müssen einbezogen werden.


Isaac Reber (Grüne) kann sich Rolf Richterich (FDP) anschliessen. Die Regierung ziehe eindeutig die falschen Schlüsse, zudem handelte es sich bei der Anti-Stau-Initiative um ein populistisches Manöver. Die damals vorgeschlagenen, einfach gestrickten Massnahmen konnten keine Wirkung zeigen, da sie nicht nach vorne orientiert sind. Die Probleme echt anzugehen würde bedeuten, zu einem wirklichen, vorwärtsgerichteten Verkehrsmanagement überzugehen. Dazu sei man angesichts der Antwort des Regierungsrates offenbar weder willens noch in der Lage. Den von der FDP angekündigten Vorstoss, welcher ein solches Verkehrsmanagement fordern wird, begrüsst Isaac Reber.


://: Damit ist die Interpellation 2007/135 erledigt.


Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei



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