Protokoll der Landratssitzung vom 19. Oktober 2006

11
2006-058 vom 21. Februar 2006
Vorlage: Verpflichtungskredit Naturgefahrenkarten Basel-Landschaft
- Bericht der Kommission vom: 15. August 2006
- Beschluss des Landrats am 19. Oktober 2006: < beschlossen > || Landratsbeschluss



Nr. 2037

Kommissionspräsident Peter Holinger (SVP) erklärt, der Bund verlange von den Kantonen die Erstellung von Naturgefahrenkarten, nicht zuletzt wegen der grossen Schäden, die in der Schweiz aufgrund von Naturereignissen entstanden seien.


Im Kanton Baselland lag die Federführung für dieses Geschäft bei der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung (BGV).


Die Kommission hat die Vorlage im Rahmen zweier Sitzungen behandelt und eine Vielzahl von Fragen - so zu Auszonungen und Erdbeben - gestellt, die ihr schriftlich und in kompetenter Weise beantwortet worden sind.


Am Beispiel Waldenburgs, das in Sachen Naturgefahren eine spezielle Situation aufweist, ist der Kommission der ganze Planungsprozess vorgestellt worden. Am 19. Juni 2006 fand überdies in Muttenz eine öffentliche Veranstaltung statt, in deren Rahmen über die Karte informiert worden ist.


Die Bau- und Planungskommission empfiehlt dem Landrat einstimmig, die acht Anträge und die auf sechs Jahre verteilten rund 1,1 Mio. Franken zu genehmigen.


Mit dieser Vorlage übernehme der Kanton eine Bundesverpflichtung, hält Jürg Degen (SP) einleitend fest.


Für sämtliche gravitative Gefahrenarten sollen im Bereich von Bauzonen Naturgefahrenkarten erstellt, die notwendigen gesetzlichen Änderungen getroffen und eine regierungsrätliche Kommission "Naturgefahren" eingerichtet werden.


In den Naturgefahrenkarten wird für alle Gemeinden festgehalten, welche Gefahren in den Baugebieten durch Hochwasser, Rutschungen, Steinschläge und Bergsturz drohen. Sie ermöglichen, bauliche Auflagen im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu machen, mit dem Ziel, Schäden zu verhindern und zu vermindern. Die Mehrheit der SP-Fraktion unterstützt die Vorlage und ist überzeugt, dass damit ein Instrument zur Verhinderung zukünftiger Schäden geschaffen wird.


Jürg Degen zitiert einen Passus der Vorlage, welche für die SP-Fraktion von entscheidender Bedeutung ist:"...Die Erstellung der Gefahrenkarte allein ändert jedoch an der Gefahrensituation nichts. Erst die Umsetzung in konkrete Massnahmen beeinflusst die Häufigkeit und Höhe des Schadens. Die Behörden sind daher aufgerufen, auf der Grundlage der Gefahrenkarten geeignete Massnahmen zur Gefahrenprävention einzuleiten. ..." Wenn diese Massnahmen nicht in ausreichendem Masse getroffen würden, werde diese Vorlage zum Papiertiger und diene lediglich der Arbeitsbeschaffung der Verwaltung, betont Jürg Degen. In der Hoffnung, dass dies nicht passieren werde, stimmt die SP-Fraktion der Vorlage grossmehrheitlich zu.


Urs Hess (SVP) erklärt, seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen; sie ist der Ansicht, dass die Aufgabenteilung


zwischen Bund und Kanton gut sei. Andererseits musste die Fraktion zunächst Klarheit darüber bekommen, ob die Gebäudeversicherung Gebäude in Wohngebieten, welche aufgrund der Naturgefahrenkarte einer Gefahrenzone zugeordnet werden, auch weiterhin zu versichern bereit ist. Dies wurde der Fraktion von der Gebäudeversicherung zugesichert; sie kann die Vorlage deshalb unterstützen.


Rolf Richterich (FDP) hält einleitend fest, dass es in unserem Kanton Anlagen und Immobilien im Wert von mehreren Milliarden Franken gebe. Es existieren Bauzonen, die noch nicht überbaut sind, und Bauerwartungsland, das später allenfalls eingezont wird - für all diese Gebiete gibt es keine Übersicht der Naturgefahren.


Mit der Naturgefahrenkarte wird eine Grundlage geschaffen, die es erlaubt, Massnahmen zu ergreifen oder allenfalls Bauzonen zu ändern. Die Naturgefahrenkarte ist zudem kein statisches Produkt und soll entsprechend angepasst werden, wenn etwa eine Gemeinde plant, Bauland einzuzonen - nur so kann ein Mittel geschaffen werden, um auf die bestehenden Naturgefahren richtig reagieren zu können.


Hinweise auf die Naturgefahren finden sich im Übrigen bereits in den Flurnamen - hätte man im Bereich Chienberg besser auf die Flurnamen geachtet, wäre wohl eine andere Linienführung gesucht worden. Mit der Naturgefahrenkarte wird also, neben den Flurnamen, ein weiteres geeignetes Instrument im Bereich Naturgefahren zur Verfügung stehen - die FDP-Fraktion unterstützt deshalb die Vorlage.


Die Vorlage sei in der CVP-/EVP-Fraktion, wie auch bereits in der Bau- und Planungskommission, unbestritten gewesen, teilt Remo Franz (CVP) mit. Bei aller Zustimmung zum Verpflichtungskredit und zur Naturgefahrenkarte muss aber festgehalten werden, dass dadurch die Vorschriften zunehmen, die Kosten steigen, der Verwaltungsapparat mit Sicherheit komplizierter wird und sich die Gerichte vermehrt mit Baugesuchen werden beschäftigen müssen. Generell lasse sich sagen, dass das Leben immer perfekter, komplizierter und aufwendiger werde - ob es letztlich besser werde, daran zweifelt Remo Franz.


Seine Fraktion unterstütze die Vorlage und begrüsse die Erstellung einer solchen Naturgefahrenkarte, erklärt Isaac Reber (Grüne). Auch die Aufteilung der Kosten zwischen Staat und Versicherer erachten die Grünen als sinnvoll, besteht doch ein beidseitiges Interesse an diesem Instrument. Allerdings müssen sich alle bewusst sein, dass eine solche Naturgefahrenkarte ganz handfeste Auswirkungen haben kann.


Aufgrund der Voten der Fraktionssprecher könnte er sich seine kritischen Äusserungen zur Vorlage eigentlich sparen, dennoch versuche er als respektable Minderheit der SP, eine Mehrheit für die Reduktion der Vorlage zu gewinnen, bemerkt Hannes Schweizer (SP) einleitend.


Der Titel der Vorlage suggeriert etwas Bedrohliches - als würden wir nämlich von Stein- und Gerölllawinen und Tsunamis bedroht werden. Die Gefahr aber, die vom Menschen für die Natur ausgeht, ist genau gleich gross wie umgekehrt. Die Begründung, der Kanton sei aufgrund der Bundesgesetzgebung zur Schaffung einer Naturgefahrenkarte verpflichtet, bedeutet noch lange nicht, dass hinsichtlich Kosten und Umfang der Abklärungen nicht die Verhältnismässigkeit zu wahren ist.


Das Ganze erinnert an die 70-er und 80-er Jahre, als die Meinung vorherrschte, dass die Bevölkerung zu schützen sei, und als mehrere hundert Millionen Franken in Zivilschutzbunker investiert worden sind - heute ist die Sichtweise wohl eine andere. Grundsätzlich ist es allerdings wichtig, dass der Bund eine Gesetzgebung für jene Bergregionen erlässt, wo die Naturkatastrophen aufgrund raumplanerischer Sünden eine Tatsache sind. In unserer Gegend aber, wo heftige Niederschläge ab und zu Keller und Strassen überfluten, kann nicht die Rede davon sein, dass wir von Naturkatastrophen bedroht sind.


Wenn in der Vorlage darauf hingewiesen wird, dass zwischen 1992 und 2004 Elementarschäden in der Höhe von 141 Mio. Franken entstanden sind, so ist dies dahingehend zu relativieren, dass 80 Mio. Franken durch die Stürme "Viviane" und "Lothar" und der Restbetrag durch den "Jahrhundertschnee" entstanden sind.


Ferner ist es fragwürdig, dass die Gebäudeversicherung inskünftig in das Baubewilligungsverfahren einbezogen werden soll. Dies wird sicherlich keine Effizienzsteigerung, wie sie die bürgerliche Seite immer wieder fordert, zur Folge haben.


Die potentiell hochwassergefährdeten Orte sind zum Teil bereits saniert worden; auch ohne Gefahrenkarte sind diese bekannt (z.B. Hochwasserschutz Eibach).


Auf einen Teil dieses Beschäftigungsprogramms könne verzichtet werden, meint Hannes Schweizer. Er stellt den Antrag, den Verpflichtungskredit auf 2 Mio. Franken zu reduzieren - mit diesem Betrag lasse sich einiges planen, und sollten die Naturgefahren tatsächlich so gross sein, könne immer noch ein Nachtragskredit beantragt werden.


Rolf Richterich (FDP) erklärt, dem Antrag Hannes Schweizers könne natürlich nicht stattgegeben werden. Die mit der Naturgefahrenkarte verbundene Absicht, auf die Bauzonen Einfluss zu nehmen, ist einschneidend und hat rechtliche Auswirkungen; sie bedingt daher eine seriöse Abklärung.


Rolf Richterich hat zwar grundsätzlich Sympathie für Anträge, weniger Geld auszugeben, aber gemessen an den bereits erwähnten Immobilien und Anlagen im Wert von mehreren Milliarden Franken scheinen die 4 Mio. Franken nicht sehr viel Geld zu sein - der Nutzen übersteigt die Kosten in diesem Fall ganz massiv.


Regierungsrätin Elsbeth Schneider -Kenel (CVP) ist all jenen dankbar, die sich für die Vorlage ausgesprochen haben.


Jürg Degen hat mit seiner Bemerkung, dass die Umsetzung wichtig sei, auf etwas ganz Wesentliches hingewiesen. Natürlich ist es so, dass die Naturgefahrenkarte Auswirkungen für die Gemeinde und die Grundeigentümer haben wird - das mag mit ein Grund für Hannes Schweizers Zurückhaltung sein.


Mit dieser Karte soll jedoch herausgefunden werden, welche Gebiete gefährdet sind und welche nicht; damit kann von Anfang an vermieden werden, dass in gefährdeten Gebieten gebaut wird und überhaupt Schäden entstehen. Tatsächlich gibt es im Kanton mehrere schwierige Gebiete, die in einer Karte festgehalten werden sollen.


Den Kredit auf 2 Mio. Franken zu kürzen, erachtet Elsbeth Schneider-Kenel deshalb als unseriös; sie bittet den Landrat, Hannes Schweizers Antrag abzulehnen.


Kommissionspräsident Peter Holinger (SVP) erklärt, Waldenburg als Beispiel erwähnt zu haben, aber es gebe noch viele andere Beispiele von Steilhängen im Baselbiet. Als langjähriger Feuerwehrmann hat er manchen Einsatz nach Überflutungen oder Rutschungen erlebt - so falsch kann die Naturgefahrenkarte also nicht sein.


Zudem geht es heute nicht um 4 Mio. Franken, was dem Gesamtkredit entspricht, sondern um den Anteil unseres Kantons von knapp 1,2 Mio. Franken. Am Gesamtkredit werden sich auch der Bund mit 1,3 Mio. Franken und die Gebäudeversicherung mit 1,7 Mio. Franken beteiligen.


Keine weiteren Wortbegehren.


Die Landratspräsidentin stellt fest, dass Eintreten unbestritten ist.



Detailberatung

Titel und Ingress keine Wortbegehren


Ziffer 1


Hannes Schweizer (SP) stellt den Antrag, brutto 2 Mio. Franken als Kostendach zu bewilligen.


://: Der Landrat lehnt diesen Antrag mit 54 : 15 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.


Ziffern 2 - 6 keine Wortbegehren


Ziffer 7


Die Landratspräsidentin schlägt vor, den Begriff "Staatsverfassung" korrekterweise durch den Begriff "Kantonsverfassung" zu ersetzen.


://: Der Landrat ist mit dieser redaktionellen Änderung stillschweigend einverstanden.


Ziffer 8 keine Wortbegehren



Es gibt keine Rückkommensanträge.


Schlussabstimmung


://: Der Landrat stimmt dem geänderten Landratsbeschluss (Vorlage 2006/058) mit 63 : 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.



Landratsbeschluss

betreffend den Verpflichtungskredit Naturgefahrenkarte Basel-Landschaft


vom 19. Oktober 2006


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

Back to Top