Protokoll des Landrates des Kantons Basel-Landschaft vom 24. Januar 2008
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Protokoll der Landratssitzung vom 24. Januar 2008
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2007-174 vom 17. Juli 2007
Vorlage: Kantonales Statistikgesetz (1. Lesung)
- Bericht der Finanzkommission vom 10. Januar 2008
- Beschluss des Landrats am 24. Januar 2008: < 1. Lesung abgeschlossen >
Nr. 319
Kommissionspräsident Marc Joset (SP) führt aus, der Kanton vollziehe die Bundesstatistik in wichtigen Bereichen wie der Wirtschaft, der Bildung oder der Gesundheit und dem Sozialen. Diese Gebiete werden erweitert mit kantonalen statistischen Erhebungen, zum Beispiel für die Schul- oder die Spitalplanung. Für diese kantonalen statistischen Tätigkeiten besteht bislang keine Rechtsgrundlage. Immer wieder stellt sich die Frage, wie der Kanton die vom Bund erhobenen Daten nutzen kann. Aus Datenschutzgründen gibt der Bund Einzeldaten nicht an den Kanton zurück, auch nicht in anonymisierter Form, was die kantonale Nutzung stark einschränkt. Ein Statistikgesetz ist, um die kantonalen Bedürfnisse abzudecken, deshalb nötig. Die Erhebungen sollen nach dem Subsidiaritätsprinzip durchgeführt werden, die Datenbeschaffung soll sich also auf bestehende Register oder Verwaltungsdaten abstützen können.
Eintreten auf die Vorlage war in der Finanzkommission zwar unbestritten, Begeisterung kam aber nicht auf. Zum einen wurde die Frage aufgeworfen, ob das Gesetz überhaupt zwingend notwendig sei und andererseits wurden Vorteile der neuen gesetzlichen Regelung betont. Ist das statistische Amt statistisch tätig, so vollzieht es Bundesrecht. Es nutzt dabei Synergien und erhebt zusätzliche Daten. Für diese Zusatzdaten, die der Kanton erhebt, ist eine Rechtsgrundlage nötig. Des Weiteren soll der Bürger durch das Gesetz verpflichtet werden, Auskunft zu leisten. Im Gegenzug erhält er mit dem neuen Gesetz einen umfassenden Datenschutz, der weiter gefasst ist als im jetzigen Datenschutzgesetz. Das Statistikgesetz begrenzt die staatliche Tätigkeit, denn vorgesehen ist, alle vom Kanton erhobenen Statistiken in einer Verordnung abschliessend aufzuzählen.
In § 2 beantragt die Kommission, durchgehend im ganzen Gesetz den Begriff statistische Erhebungen mit einem grossen "S" zu schreiben. Der Begriff Statistische Erhebungen ist ein Terminus technicus und umfasst die gesamte statistische Tätigkeit.
In § 3 Absatz 2 schlägt die Kommission vor, neben dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 auch das Statistikgesetz vom 9. Oktober 1992 zu erwähnen, da auch in diesem Gesetz des Bundes Bestimmungen über den Datenschutz enthalten sind.
Die Finanzkommission beantragt dem Landrat einstimmig mit 12 zu 0 Stimmen, dem abgeänderten Gesetzesentwurf zuzustimmen.
Ruedi Brassel (SP) kann, nachdem es hier um statistische Erhebungen geht, ein erhebendes Gefühl nicht ganz unterdrücken. In seiner parlamentarischen Tätigkeit erlebt Ruedi Brassel zum ersten Mal, dass sich die Kontroverse in der Beratung eines Gesetzes darauf beschränkt, ob ein S gross oder klein zu schreiben ist. Letztlich zeigt dies, dass das Gesetz absolut unumstritten ist. Fragen kann man sich selbstverständlich, ob auch dieses Gesetz nun noch nötig ist. Das Gesetz ist sinnvoll, der Landrat soll ihm die Zustimmung erteilen.
Karl Willimann (SVP) beantragt namens seiner Fraktion Zustimmung zum Statistikgesetz. Wie vom Präsidenten ausgeführt, werden mit dem Gesetz Tätigkeiten, die heute ohne Rechtsgrundlage ausgeführt werden, sanktioniert.
Daniela Schneeberger (FDP) deklariert einleitend, das Gesetz aus FDP-Sicht unterschätzt zu haben, sprich: Es ist in der Fraktion nicht ganz unumstritten. Die Mehrheit der Fraktion ist der Auffassung, die Notwendigkeit dieses Gesetzes sei zu wenig klar dargelegt worden, und man fragt sich überdies, ob das Gesetz auf seine KMU-Verträglichkeit hin überprüft worden sei. Befürchtet wird, das Gesetz führe zu Mehraufwand für die Bürgerinnen und Bürger. So flatterte einer Kollegin, nachdem sie ein privates Bauvorhaben abgeschlossen hatte, ein statistisches Formular ins Haus. Sie fragte sich, warum dieses Formular unaufgefordert bei ihr eintreffe, ob sie verpflichtet sei, dieses auszufüllen. Als sie sich entschloss, die Zeit dafür nicht aufwenden zu wollen, wurde ihr eine Busse angedroht. Gemäss § 8 soll der Regierungsrat in der Verordnung die durchzuführenden statistischen Erhebungen bestimmen. Was genau auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen wird, dürfte somit erst die Verordnung klären.
Weil der Umfang des Gesetzes bis heute nicht klar ist, weist die FDP-Fraktion die Vorlage zurück und erteilt dem Regierungsrat gleichzeitig den Auftrag, die KMU-Verträglichkeit des Gesetzes zu überprüfen sowie die Verordnung auszuarbeiten und dem Landrat vorzulegen.
Rita Bachmann (CVP) stimmt dem Gesetz namens der CVP/EVP-Fraktion zu und weist darauf hin, dass der Rechtsdienst des Regierungsrates bereits 1990 das Fehlen eines kantonalen Gesetzes über die rechtliche Festlegung der Aufgaben des statistischen Amtes beanstandet hatte. Heute existiert beispielsweise keine Norm, die den Bürger bestraft, wenn er falsche Auskunft erteilt. Mit dem neuen Gesetz gelangt der Bürger in den Genuss eines umfassenden Datenschutzes. Das Statistikgesetz begrenzt zudem die staatliche Tätigkeit, indem die Verordnung vorsieht, dass alle vom Kanton erhobenen Statistiken aufgezählt werden müssen.
An die Adresse der FDP: Die Verordnung ist bereits im Besitz der Finanzkommission, sie war dem Protokoll angehängt.
Für die grüne Fraktion ist das Gesetz, so Jürg Wiedemann (Grüne), unbestritten. Es schafft die Rechtsgrundlage für die Datenerhebung im Schul- oder Spitalbereich.
Im Gegensatz zu Daniela Schneeeberger findet Jürg Wiedemann, das Subsidiaritätsprinzip werde hoch gehalten, denn Datenerhebungen dürfen nicht durch direkte Befragung erfolgen, wenn auf Register zurückgegriffen werden kann. Erinnert sei daran, dass im Schulbereich jährlich Befragungen stattfinden, die im Register beschafft werden könnten. Auch der Datenschutz wird mit dem Gesetz geregelt, ein Anliegen, das den Grünen wichtig ist.
Nachdem Ruedi Brassel (SP) eben noch erhebende Gefühle verspürte, empfindet er nun den Eindruck, den die FDP hinterlässt, als niederschmetternd. Merkwürdig, dass ein Gesetz in der Kommission gut dokumentiert beraten wird, im Plenum dann aber irgendwelche unbekannten Einzelfälle aufgetischt und zu staatspolitisch relevanten Angelegenheiten an die Decke projiziert werden. Klar ist doch, wie der Kommissionspräsident schon dargelegt hat, dass eine rechtliche Grundlage geschaffen werden muss, damit die im Auftrag des Bundes erhobenen Daten auch für kantonale Zwecke adäquat genutzt werden können. Niemandem wird es einfallen, Unternehmen zu drangsalieren, keine einzige neue Untersuchung wird mit diesem Gesetz neu lanciert. Neu wird einzig geregelt, wer die Kompetenz hat, Erhebungen anzuordnen. Die Mitglieder der FDP-Fraktion sind gebeten, sich von den beiden FDP-Regierungsräten eines Besseren belehren zu lassen und über ihren Schatten zu springen.
Vielleicht hat die FDP-Fraktion das Gesetz etwas genauer unter die Lupe genommen als andere Fraktionen, meint Rolf Richterich (FDP) an die Adresse des lieben Ruedi Brassel. Nach Auffassung von Rolf Richterich liegt hier nur eine gesetzliche Hülle zum Beschluss vor. Selbstverständlich wehrt sich die FDP nicht gegen die Schaffung rechtlicher Grundlagen. Eine der edelsten Aufgaben eines Parlamentes besteht darin, Recht zu setzen. Wie weit Befragungen und Erhebungen gehen sollen und wie weit sie sinnvoll sind, soll bekannt und klar sein. Unrechtes ist an der Forderung der FDP nicht auszumachen.
RR Adrian Ballmer (FDP) muss eingestehen, nicht an der Fraktionssitzung teilgenommen zu haben, weil er von zwei Schülerinnen der Sekundarschule Allschwil (Klassenlehrer Jürg Wiedemann) interviewt wurde. Vielleicht hätte der Finanzdirektor, wäre er dabei gewesen, einige Missverständnisse ausräumen können.
Dass Statistiken in einem moderenen Staatswesen als Planungsgrundlagen sehr wichtig sind, wird wohl niemand bestreiten wollen. Soll eine Verwaltung effizient arbeiten, so ist die Erhebung von Daten immer bedeutungsvoller, ja unumgänglich. Die Arbeit des Statistischen Amtes beziehungsweise gut lesbare Statistiken dieses Amtes geniessen für den Finanzdirektor deshalb einen sehr hohen Stellenwert. Die Kantonsverfassung verlangt andererseits für alles eine Rechtsgrundlage und den Schutz der Daten von natürlichen und juristischen Personen. Nun geht es primär darum, bisher in andern Registern vorhandene Daten erheben zu können. Damit die Verwaltung weiss, was sie darf, muss solches in einem ordnungsgemässen Staat in einer Rechtsgrundlage geregelt werden. In § 8 Absatz 2 ist festgeschrieben, dass der Landrat durch Dekret diejenigen durchzuführenden statistischen Erhebungen bestimmt, bei denen die Datenbeschaffung durch Befragung natürlicher oder juristischer Personen mit Auskunftspflicht erfolgt. Selbstverständlich wird also dem Landrat das Dekret vorgelegt, wenn es zu einer Befragung kommen soll. Die Datenbefragung aus den Registern beschliesst die Regierung.
Wie bereits von Rita Bachmann richtig erwähnt, hat die FKD die Verordnung mit dem Protokoll der Finanzkommission vom 7. November 2007 zugestellt. Dies, obwohl die Spielregel eigentlich vorsieht, dass die Verordnung zu einem Gesetz erst nach der 1. Lesung zur Verfügung gestellt wird. Aufgeführt ist darin, welche statistischen Erhebungen das Amt durchführt, nämlich:
Bodenpreisstatistik
Energiestatistik
Statistik über Steuern Gebühren und Ersatzabgaben
Statistik über Steuerpflichtige
Bevölkerungsstatistik
leer stehende Wohnungen
Sozialhilfestatistik
Statistik der Lernenden
Staatsfinanzstatistik
Gemeindefinanzstatistik
Personalstatistik
Verwaltung, Gerichte, Schulen und Spitäler
Krankenhausstatistik
Medizinische Statistik
Sozialmedizinische Institutionen
Alters- und Pflegeheime
Institutionen für Behinderte, für Suchtkranke und Personen mit psychosozialen Problemen
Beschäftigungsstatistik
Lohnstrukturerhebung.
Marc Joset (SP) findet, ein Geschäft könnte an die Regierung zurückgewiesen werden, wenn ein grundsätzlicher Aspekt neu bearbeitet werden müsste. Dies ist hier nicht gegeben, Rückweisung bedeutet, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Daniela Schneeberger (FDP) hält noch einmal fest, sie hätte dem Statistikgesetz schon zugestimmt, räumt zudem ein, sich nicht ganz vollständig informiert zu haben und zieht den Rückweisungsantrag der FDP zurück.
://: Da keine Änderungsanträge vorliegen, erklärt die Landratspräsidentin die erste Lesung für abgeschlossen.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung