Protokoll der Landratssitzung vom 23. Februar 2006

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2005-325 vom 20. Dezember 2005
Vorlage: Verpflichtungskredit über 2.9 Mio. Franken für die Verlegung der Amphibien aus der Zurlindengrube durch bauliche Massnahmen ins Gebiet Löli/Pratteln zwecks Aufwertung des Gebietes "Zurlindengrube" als Industriebauland
- Bericht der Kommission vom: 13. Februar 2006
- Beschluss des Landrats: < Rückweisung an den Regierungsrat beschlossen >


Nr. 1676

Kommissionspräsident Philipp Schoch erklärt, er könne leider nicht Snowboard fahren, auch sein Bruder nicht, dennoch wolle er seinem Namensvetter zu dessen Goldmedaille an den olympischen Spielen gratulieren (Heiterkeit) .


Er danke dem Landrat, dass das Geschäft kurzfristig habe traktandiert werden können. Die Umweltschutz- und Energiekommission (UEK) schlage dem Landrat einstimmig vor, darauf einzutreten, die Vorlage jedoch zur Überarbeitung an die Regierung zurückzuweisen. Es gehe dabei nicht um eine Verzögerung oder Verhinderung. Die Kommission sei grundsätzlich mit einer Verlegung des Amphibienlaichgebietes einverstanden, wodurch wertvolles Industrieland geschaffen werden könne; auf dem Areal der Zurlindengrube in Pratteln solle bekanntlich in den nächsten 30 Jahren die neue Stadt am Rhein, Salina Raurica, entstehen.


Die Zurlindengrube sei ein Amphibienlebensraum von nationaler Bedeutung, führt Philipp Schoch weiter aus. Er selber habe die Kröten und Frösche dort bereits besichtigt; die Vielfalt der dort lebenden Tiere sei unglaublich gross. Dieser Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Tiere müsse unbedingt geschützt werden.


Die vom Regierungsrat vorgeschlagene Lösung sei mit 2.9 Mio. Franken sehr teuer; die baulichen Massnahmen seien enorm aufwändig, da sich die Gebiete "Im Oos" und "Wirtslöli" in der Grundwasserschutzzone befänden. Die Kommission sei der Auffassung, dass es noch andere mögliche Standorte gebe, wo die baulichen Massnahmen nicht so teuer zu stehen kämen. Sie habe im Rahmen ihrer Beratung jedoch keine genaue Auskunft erhalten, wie es um alternative Standorte bestellt sei.


Die Gemeinde Pratteln habe sich gegen den Standort "Löli" gewehrt, weil sich dort Grundwasserfassungen befänden. Im Zusammenhang mit dem genauen Standort habe es offenbar ein Kommunikationsproblem zwischen dem Kanton und der Gemeinde gegeben, weil der Kanton unpräzise Flurnamen verwendet habe. Die Kommission lege Wert darauf, dass mit der Standortgemeinde alles Wesentliche korrekt vorbesprochen werde.


Die UEK wünsche neben einer Präzisierung der vom Regierungsrat vorgeschlagenen Standort-Lösung die Prüfung alternativer Standorte, inbesondere des Gebietes Widen (Auenlandschaft an der Ergolz), des Gebietes Lachmatt (ehemalige Baustelle Adlertunnel) sowie des Gebietes Schweizerhalle (welches aus der Studie zu "Salina Raurica" als idealer Standort hervorgegangen ist).


Die Vorlage müsste überdies die Kosten für einen Landerwerb bzw. Landabtausch und die Kosten für die baulichen Massnahmen sowie die Beurteilung einer sinnvollen ökologischen Vernetzung für die einzelnen geprüften Standorte beinhalten. Für die übrigen Punkte verweist Philipp Schoch auf den Kommissionsbericht.


Die Amphibien seien in der Schweiz eine bedrohte Tierart, weil ihre Lebensräume allmählich verschwinden würden, erklärt Jacqueline Halder . Das sei vor allem bei Kreuzkröten der Fall, deren natürlicher Lebensraum - Kiesbänke in mäandrierenden Flüssen und Bächen - durch die Begradigung dieser Gewässer bedroht sei. So hätten die Kröten andere Lebensräume gesucht, vor allem in stillgelegten Kiesgruben und auf Bauplätzen. Eine so besiedelte Grube sei das Zurlinden-Areal; eine beachtliche Kreuzkröten-Population sowie weitere Amphibien und Tierarten lebten dort. Aus diesem Grund sei die Zurlindengrube in das Inventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung aufgenommen worden, was bedeute, dass das Gebiet erhaltens- und schützenswert sei. Das eidgenössische Natur- und Heimatschutzgesetz schreibe jedoch auch Folgendes fest: "Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen". Dieser Artikel werde nun bei der Zurlindengrube zur Anwendung kommen. Es sei nicht das erste Mal, dass Amphibien verlegt werden müssten, erklärt Jacqueline Halder; sie nennt als Beispiele die Amphibienlaichgebiete in Allschwil und Oberwil und geht auf die dort geplanten Massnahmen ein.


Für die SP-Fraktion sei klar, dass die Zurlindengrube im Rahmen des Projektes Salina Raurica keine Chance habe, als Amphibienlaichgebiet erhalten zu bleiben. Aus diesem Grunde befürworte die Fraktion eine Umsiedlung. Nicht akzeptabel sei allerdings die von der Regierung präsentierte Vorlage. Immerhin habe die Kommission noch die karch-Studie lesen können, was zu einer besseren Information beigetragen habe.


Der Regierungsvorlage sei zu entnehmen gewesen, dass bei einer Investition von 2.9 Millionen Franken ein Liegenschaftsertrag von über 30 Millionen Franken generiert werden könne, wenn die Zurlindengrube als Bauland genutzt werden könne.


An der Kommissionssitzung sei zu erfahren gewesen, dass

Ferner fehlten, wie bereits mehrfach erwähnt, Vergleiche mit anderen möglichen Standorten (Vor- und Nachteile, Kosten). Aus genannten Gründen beantrage die SP-Fraktion, wie bereits die UEK, auf das Geschäft einzutreten und die Vorlage mit den Anträgen der UEK an die Regierung zurückzuweisen.


Die SVP-Fraktion sei für Eintreten auf das Geschäft, also für eine Verlegung der Amphibien, und für Rückweisung der Vorlage, erklärt Karl Willimann . Die Rückweisung erfolge vor allem wegen des vorgeschlagenen Ersatzstandortes. Zwar verstehe er, dass die Verwaltung das Gebiet "Löli" aufgrund der Eigentumsverhältnisse - das Land gehöre dem Kanton und der Gemeinde Pratteln - vorgeschlagen habe. Dessen Eignung als Amphibienlaichgebiet sei allerdings fraglich, denn es sei im Norden durch die Eisenbahnlinie sowie links und rechts durch Hochleistungsautobahnen begrenzt; die ökologische Vernetzung der Biotope solle mit Kleintierdurchlässen erreicht werden. "Alles in allem ein Riesenaufwand", stellt Karl Willimann fest.


Die Kommission habe zu Recht Standortalternativen verlangt. Karl Willimann weist darauf hin, dass die baulichen Massnahmen im Gebiet Löli 2.9 Millionen Franken kosteten; um die Grundwasserschutzzone nicht zu verletzen, sei geplant, "Einfamilienhaus"-Wannen von 10x10 Metern (Betonweiher) zu bauen. Der Tatsache, dass die Schweiz 2.9 Millionen Franken zur Verfügung habe, um ein paar Frösche zu verlegen, würde in einem Drittweltland oder auch anderswo wohl mit einem ungläubigen Staunen zur Kenntnis genommen, meint Karl Willimann.


Die SVP sei also für die Verlegung der Amphibien, aber zu geringeren Kosten. Kosten könnten gespart werden, indem ein geeigneterer Standort gewählt werde, beispielsweise entlang der Ergolz, parallel zur neuen A2, wo das Land notabene ganz dem Kanton gehöre, oder an einem anderen adäquaten Standort. Die SVP stimme deshalb dem Kommissionsantrag zu.


Auch die FDP-Fraktion sei für Eintreten und folge dem Antrag der Kommission, da doch recht viele Punkte noch nicht geklärt seien, erklärt Toni Fritschi . Die Fraktion verzichte auf eine materielle Begutachtung, da eine solche zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich sei.


Elisabeth Augstburger erklärt, auch die CVP/EVP-Fraktion sei für Eintreten auf das Geschäft, aber es sei wichtig, ergänzende Informationen, wie beispielsweise zu Standortalternativen, und Pläne nachgeliefert zu bekommen. Deshalb sei die Fraktion für Rückweisung der Vorlage an die Regierung.


"Die Grünen sind dafür, die Ansprüche unserer Mitbewohner zu respektieren, auch wenn diese grün sind", erklärt Isaac Reber pointiert. Die Grünen seien im Übrigen auch dafür, knapp 3 Millionen Franken für Natur und Umwelt aufzuwenden; richtig investiert, sei diese Ausgabe sinnvoll. Allerdings solle mit diesem Betrag möglichst viel für Natur und Umwelt getan werden - ob dies mit der aktuellen Vorlage der Fall sei, bezweifelten die Grünen, weshalb sie den Kommissionsantrag unterstützten.


Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider -Kenel erklärt, die Regierung sei selbstverständlich mit der Rückweisung einverstanden, da die Idee und der Antrag von ihr persönlich in die Kommission eingebracht worden sei. Da im Rahmen der Kommissionsberatung einige Fragen diskutiert worden seien, habe sie es als sinnvoll erachtet, die Vorlage zu überarbeiten. Der verwaltungsinterne Auftrag dazu sei bereits nach der Kommissionssitzung vom 6. Februar 2006 erteilt worden; im März solle eine neue Vorlage präsentiert werden.


Es gibt keine weiteren Wortbegehren.


Landratspräsident Eric Nussbaumer stellt fest, dass sowohl Eintreten auf das Geschäft als auch die Rückweisung der Vorlage unbestritten sind. Das Plenum verlangt


dennoch eine Abstimmung.


- Schlussabstimmung


://: Der Landrat stimmt der Rückweisung der Vorlage und dem Auftrag an die Regierung, eine neue Vorlage mit ergänzenden Informationen (gemäss Kommissionsantrag) auszuarbeiten, mit 75:0 Stimmen zu.


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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