Protokoll der Landratssitzung vom 19. April 2007
Protokoll der Landratssitzung vom 19. April 2007 |
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2006-167
vom 22. Juni 2006
Interpellation
von Jürg Wiedemann, Grüne Fraktion: Chemikalien im Trinkwasser
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Schriftliche Antwort des Regierungsrates
vom
27. Juni 2006
- Beschluss des Landrats am 19. April 2007 < erledigt >
Nr. 2378
://: Der von Jürg Wiedemann (Grüne) beantragten Diskussion wird stattgegeben.
Jürg Wiedemann (Grüne) ist sich bewusst über den Ärger einiger Personen, dass das Thema Chemikalien im Trinkwasser in die Schlagzeilen geraten sei. Der Grünen Fraktion werde teilweise Angstmacherei vorgeworfen. Die Grünen sind überzeugt, dass die Hardwasser AG und die IWB einerseits nicht mit offenen Karten spielen und andererseits die Regierung nicht ernst nehmen, ja sogar deren Weisungen missachten. Es handle sich dabei insbesondere um Weisungen von Regierungsrätin Elsbeth Schneider-Kenel (CVP), welche auch dem Verwaltungsrat der Hardwasser AG angehöre. Jürg Wiedemann bedauert Elsbeth Schneider-Kenels Abwesenheit bei der Beratung des vorliegenden Themas. Die Regierung habe mehrfach Transparenz und die völlige Offenlegung der Trinkwasseranalysen versprochen, nur handeln Hardwasser AG und IWB nicht danach.
Die Grüne Fraktion erhielt von der Hardwasser AG am 30. März 2007 einen 84-seitigen Bericht mit Trinkwasseranalysen, dieser jedoch sei nicht vollständig. Sämtliche Chemikalien - mehrere Dutzend -, von welchen unter 100 Nanogramm pro Liter Wasser vorkommen, werden im Bericht verheimlicht, dies im Gegensatz zum Bericht aus dem Jahr 2005. Die Grüne Fraktion habe bei der Hardwasser AG interveniert mit dem Hinweis, die Regierung habe Transparenz zugesagt. Vor allem die IWB sprach daraufhin anlässlich von zwei Sitzungen in aller Deutlichkeit aus, was sie von der Regierung halte, dass diese nämlich nicht über genügend Sachverstand verfüge.
Eine derartige Respektlosigkeit gegenüber der Regierung und der Politik durch die IWB sei nicht tragbar.
Im Januar 2007 legte die Hardwasser AG den Trinkwasserfassungsbrunnen B25 still, weil das Wasser mit Methansulfonanilid verunreinigt war. Diese Tatsache komme im Trinkwasseruntersuchungsbericht nicht vor, weshalb auch bei der Regierung sämtliche Alarmglocken läuten müssten. Immerhin handle es sich dabei um eine krebserregende Substanz, welche in einer derart hohen Menge vorgekommen sein müsse, dass es die Hardwasser AG von sich aus für notwendig erachtete, den Brunnen stillzulegen. Der Vorwurf an die Grüne Fraktion, Panikmache zu betreiben, lenke davon ab, dass die Hardwasser AG und die IWB Daten zurückhalten und schönreden. Dadurch verschlechtert sich das Vertrauen in diese beiden Unternehmen. Die Bevölkerung besitze ein Anrecht darauf, vollständig über die im Trinkwasser vorkommenden Substanzen informiert zu sein. Jürg Wiedemann bittet daher Regierungsrat Erich Straumann, dafür zu sorgen, dass die fehlenden Daten nachgeliefert werden.
Jacqueline Halder (SP) stellt fest, ein grosser Teil der Weltbevölkerung habe keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und daher habe sie den Eindruck, wir würden uns auf hohem Niveau beschweren. Trotzdem müssen die Regierung und die Hardwasser AG die Problematik unseres Trinkwassers ernst nehmen und politische Verantwortung tragen. Niemand müsse Panik machen, jedoch dürfe auch nichts bagatellisiert werden. Die Bevölkerung nehme wahr, dass das Trinkwasser hoch toxische Stoffe enthalte, wenn auch im Nanobereich. Die Summe aller toxischen Stoffe mache dann schon eine grössere Menge aus.
In der Bevölkerung herrsche Misstrauen bezüglich Trinkwasserqualität und deshalb geschehen auch Dinge wie in Allschwil, wo der Gemeinderat wegen der Problematik Letten beschloss, den Wasserhahn aus Schönenbuch zuzudrehen, selbst wenn dort bisher keine toxischen Stoffe nachgewiesen wurden. Allschwil bezieht nun sein Trinkwasser ebenfalls von der Hardwasser AG und kam damit vom Regen in die Traufe.
Es gelte zu bedenken, dass nicht nur Chemiemülldeponien eine Gefahr für unser Trinkwasser darstellen. Der Rhein, welcher das Hardwasser speist, könnte nach gewissen Ereignissen trotz aller Filter ebenfalls zur Verunreinigung des Trinkwassers beitragen. Allenfalls wäre es sinnvoll, die Aktivfilter zu prüfen und so das Vertrauen der Bevölkerung zu verbessern.
Jacqueline Halder informiert, anders als in vergangenen Jahren lege das AUE nun alle Daten offen, dies im Gegensatz zur Hardwasser AG und zur IWB. Die SP-Fraktion nimmt den vorliegenden Vorstoss positiv zur Kenntnis und hofft, dass nun endlich Bewegung in die Sache komme.
Romy Anderegg (FDP) empfindet es einmal mehr als unverantwortlich, die Bevölkerung während einem laufenden Verfahren derart zu verunsichern. Das fachlich kompetente Untersuchungsverfahren werde im Herbst abgeschlossen und erst dann können Resultate vorliegen. Dass mit allen an den Deponien involvierten Parteien verhandelt werde, sei richtig und wichtig. Es nütze niemandem (und vor allem der Sache nicht), wenn aus Profilierungssucht laufend Anträge verfasst werden. Vor allem nütze es nicht, wenn wie in Frankreich Anwälte eingeschaltet werden, welche dann über Jahrzehnte hinweg Streitgespräche führen. Dies wirke sich kontraproduktiv aus. Wie viele Wassserversorgungen in der Dritten Welt könnten saniert werden mit den Geldern, welche für das nun laufende Hickhack unnötig verschwendet werden!
Philipp Schoch (Grüne) äussert sich als UEK-Präsident zum Thema und betont, anlässlich der letzten Kommissionssitzung sei das Thema traktandiert gewesen und es wurde eine lange und intensive Diskussion mit den Vertretern der Verwaltung geführt. Dabei konnten die Kommissionsmitglieder feststellen, dass es sich um ein komplexes Thema handle, welches an der nächsten Sitzung vom 21. Mai 2007 erneut diskutiert werde, dann auch mit Mitgliedern der IG DRB, Motionären, Personen der Hardwasser AG sowie mit Bundesexperten. Laut Philipp Schoch nimmt die Umweltschutz- und Energiekommission das Thema sehr ernst und wird nach der Sitzung vom 21. Mai auch an die Öffentlichkeit gelangen. Das Thema soll sachlich diskutiert werden, denn es gehe um die Sicherheit unseres Trinkwassers und der Bevölkerung, welche vollständig informiert sein müsse.
Regierungsrat Erich Straumann (SVP) betont, die Regierung nehme das Thema sehr ernst. Jürg Wiedemanns Vorstoss wurde am 22. Juni 2006 eingereicht und bereits am 27. Juni 2006 lag dazu die schriftliche Antwort vor. Anlässlich der Medienkonferenz vom letzten Sommer wurden unklare Zuständigkeiten beim Kanton kritisiert. Dies sei nicht korrekt. Die BUD ist zuständig für Zonenausscheidungen für die Trinkwassergewinnung und für Deponien. Die VSD (kantonales Labor) kontrolliert das Trinkwasser. In erster Linie jedoch sei der Wasserverkäufer zuständig für die Orientierung der Bevölkerung und auch der Regierungsrat stört sich daran, wenn ein Bericht nicht sämtliche Daten enthält. Diesbezüglich habe man bei der Hardwasser AG bereits reklamiert. In einem Schreiben vom 20. März 2007 gab die Regierung verschiedene Empfehlungen an die Hardwasser AG ab, unter anderem den Auftrag, die Aktivkohlefilter zu überprüfen. Dazu müssen der Hardwasser AG aber zuerst noch mehr Daten vorliegen, denn eine Überprüfung würde Kosten in der Höhe von rund 1 Mio. Franken verursachen. Dafür zeigt Erich Straumann Verständnis.
Die VSD kann Empfehlungen abgeben oder eine Verfügung erlassen, dies dann, wenn die Empfehlungen keine Wirkung zeigen oder Grenzwerte überschritten werden. Bisher wurden die Grenzwerte in keinem Bereich überschritten und es bestand für die Regierung keine Möglichkeit, einzugreifen. Dass das Thema der Trinkwasserqualität auch von der Umweltschutz- und Energiekommission aufgenommen wurde, bezeichnet Erich Straumann als positiv. Er versteht dies nicht als Panikmache, sondern will nun gemeinsam und schrittweise vorwärts gehen.
Zum Beispiel Allschwil meint Erich Straumann, es sei das Recht einer Gemeinde, von einem bestimmten Ort kein Wasser mehr zu beziehen.
Die Regierung nehme das Thema wirklich ernst und werde sich demnächst mit den Spitzen der Chemie treffen.
Jürg Wiedemann (Grüne) merkt an, wie die Bürgerlichen habe nun auch Regierungsrat Erich Straumann von Grenzwerten gesprochen. Er hält fest, dass es wohl Grenzwerte für das Grundwasser gebe, jedoch keine für das Trinkwasser. Für die allermeisten Substanzen bestehen keine Trinkwasser-Grenzwerte. Die EU habe Richtlinien erlassen, welche beispielsweise Mengen von über 30 Nanogramm Hexachlorbenzol pro Liter Trinkwasser als problematisch bezeichnen. Für Deltamethrin liegt dieser Wert bei 0,2 Nanogramm. Die Hardwasser AG zieht eine Grenze bei 100 Nanogramm pro Liter Wasser, diese liegt also bis zu 500-mal höher als die EU-Richtlinien, welche nach der nun laufenden Vernehmlassung für den gesamten EU-Raum gelten sollen.
Isaac Reber (Grüne) bezieht sich auf Regierungsrat Erich Straumanns Äusserung, die Regierung nehme das Problem ernst. Die Gemeinde Allschwil jedoch sage explizit, der Regierungsrat tue nicht genug (Mediencommuniqué der Gemeinde Allschwil vom 28. März 2007).
://: Damit ist die Interpellation 2006/167 erledigt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei
Fortsetzung