Protokoll der Landratssitzung vom 29. Oktober 2009
|
7
2009-002 vom 13. Januar 2009 Vorlage: UEFA EURO 2008 TM Basel: Schlussbericht und Gesamtabrechnung; Partnerschaftliches Geschäft mit dem Kanton Basel-Stadt - Bericht der Finanzkommission vom 15. Oktober 2009 - Beschluss des Landrats am 29. Oktober 2009: < beschlossen > || Landratsbeschluss |
Kommissionspräsident Marc Joset (SP) berichtet, die Finanzkommission habe sich anlässlich von vier Sitzungen mit dem vorliegenden, komplexen Geschäft befasst. Als Grundlage für die Beratungen standen der Kommission neben der Regierungsvorlage drei Revisionsberichte der Finanzkontrollen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Verfügung. Aufgrund des grossen Erwartungsdrucks aus der Politik und der Öffentlichkeit lag bereits knapp fünf Monate nach der EURO eine provisorische Schlussabrechnung vor. Die Finanzkontrollen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft führten eine erste detaillierte Prüfung im Dezember 2008 durch und wiesen auf noch offenen Punkte hin. Aufgrund dieses Prüfungsberichts entstand das vorliegende, partnerschaftliche Geschäft vom Januar 2009 mit den Anträgen der beiden Regierungen, über welche der Landrat heute zu befinden habe.
Als das Geschäft zu Beginn des Jahres 2009 zur Vorberatung an die Finanzkommission überwiesen wurde, standen noch einige Unklarheiten - insbesondere im Bezug auf das 9. Stadion - im Raum, aber auch diverse Vermutungen, Behauptungen und Schuldzuweisungen. Um diesen Problemen auf den Grund zu gehen, beauftragte die Finanzkommission die Finanzkontrolle Basel-Landschaft mit einem langen Fragebogen, die Abrechnung zum 9. Stadion speziell einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Dieser Revisionsbericht lag dann am 29. Mai 2009 vor. Erst nachdem die beiden Finanzkontrollen Basel-Stadt und Basel-Landschaft die definitive Schlussabrechnung im September 2009 geprüft hatten und alle noch offenen Positionen geklärt waren, nahm die Finanzkommission die abschliessende Beratung vor.
Die Finanzkommission konnte sich ganz auf die Resultate der Revisionen dieser beiden unabhängigen Kontrollorgane stützen. Der Umfang der Prüfungsberichte betrug rund 100 Seiten. Diese enthielten detailliertes Zahlenmaterial mit den entsprechenden Feststellungen und Empfehlungen. Die Finanzkontrolle Basel-Landschaft, welche erst kürzlich mit einem neuen Gesetz dem Landrat unterstellt und in ihrer Unabhängigkeit gestärkt wurde, übernahm also diejenigen Arbeiten, welche ein politisches Milizgremium nie leisten könnte. Auch für die Finanzkontrolle handelte es sich im Übrigen um eines der komplexesten Geschäfte, welche sie je vorliegen hatte. Die Finanzkontrolle prüfte betreffend 9. Stadion im Speziellen die Abrechnung der Messe Schweiz, die Zahlungsströme des Sportamtes und des Lotteriefonds und führte Gespräche mit Vertretern der BKSD, der Fancamps Aesch und Pratteln, des TCS, der Messe Schweiz, der iSpoCom und der Wirtschaftskammer BL (als Vertreterin des Vereins BL Promotion 2008).
Die Finanzkontrollen BS und BL beantragen den beiden Parlamenten, die Schlussabrechnung der EURO 08 zu genehmigen.
Beim Schlussbericht und der Gesamtabrechnung handle es sich um ein partnerschaftliches Geschäft, welches in Basel-Stadt bereits abgeschlossen sei, d.h. es wurde stillschweigend zur Kenntnis genommen.
Die Finanzkommission nahm zustimmend Kenntnis vom Fazit, das die Regierung in ihrem Bericht gezogen hat. Wichtig seien dabei die folgenden Eckwerte:
-
|
Die Host City Basel erhielt gute Noten als Gastgeber.
|
-
|
Die Sicherheit war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.
|
-
|
Die Mobilität wurde sehr gut bewältigt - mit einem hohen ÖV-Anteil dank des Kombi-Tickets.
|
-
|
Die Abfallbilanz fiel positiv aus, das flächendeckende Mehrweg- und Pfandsystem hat sich bewährt - wenn auch mit erheblichen Mehrkosten.
|
-
|
Massgeblich zum reibungslosen Ablauf haben die über 600 freiwilligen Helferinnen und Helfer (Volunteers) im Bereich Besucherbetreuung, -information und -beratung beigetragen.
|
-
|
Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft und deren Verwaltungen war beispielhaft.
|
In der Finanzkommission wurde zum Ausdruck gebracht, dass die grosse Arbeit der Verwaltungsstellen in unserem Kanton - im Speziellen des Sportamtes - sehr geschätzt werde.
Zur Gesamtabrechnung: Für die EURO 08 sprachen der Grosse Rat und der Landrat im Januar 2007 einen Kredit von brutto 21,8 Mio. Franken und sie bewilligen Investitionen in der Höhe von 925'000 Franken. Nach dem vereinbarten Kostenteiler (BS 2/3, BL 1/3) resultiere in der definitiven Schlussabrechnung eine Unterschreitung des Kredits für Basel-Stadt von 195'261 Franken, für Basel-Landschaft von 880'824 Franken. Im Detail konnten die anfänglich noch offenen Positionen geklärt werden. So habe, auch mit Hilfe der beiden Finanzkontrollen, ein Kompromiss mit Basel-Stadt gefunden werden können betreffend Verrechnung der Zivilschutzkosten und Forderungen gegenüber der Firma Cup Systems.
Mit der Vorlage vom 9. Januar 2007 hat der Landrat Fr. 500'000 für "nachhaltige Investitionen" gesprochen. Das Geld war für Leiteinrichtungen auf Hochleistungsstrassen gedacht. Seit Januar 2008 liegt die Obhut über die Hochleistungsstrassen beim Bund und nicht mehr bei den Kantonen. Die Fr. 500'000 sind daher nicht angefallen.
Die Finanzkommission interessierte sich auch für die Rechtslage betreffend Steuerpflicht der UEFA und der Sportler. Die UEFA ist als gemeinnützige Organisation anerkannt und deshalb von der Steuerpflicht befreit, dies wie alle internationalen Sportverbände mit Sitz in der Schweiz. Die Besteuerung der Sportler ist eine Frage von deren persönlicher Steuerpflicht und nicht derjenigen der UEFA bzw. eines Veranstalters von Sportanlässen. Wer in der Schweiz wohnt, ist auch in der Schweiz steuerpflichtig.
Die Finanzkommission nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Rechnung aufgrund der Prüfung der beiden Finanzkontrollen abgeschlossen ist und keine offenen Positionen mehr bestehen. Damit kann die in den Ziffern 2 und 3 des Landratsbeschlusses vermerkte Einschränkung "vorbehältlich der noch offenen Positionen" gestrichen werden.
Es gibt aber noch strittige Punkte, die separat beurteilt werden müssen.
Zum 9. Stadion: Die Erwartungen an die Rahmenprogramme der EURO 08 wurden im Vorfeld deutlich geäussert. Laut der Vorgabe in der Landratsvorlage vom 9.Januar 2007 sollten "Public Viewing"-Zonen im Baselbiet "… in ihrer Ausgestaltung einzigartig und auf ihre Weise spektakulär sein, damit sie gegenüber den Angeboten in der Stadt bestehen können". In der damaligen Landratsdebatte vom 19. April 2007 wurde diesem ambitiösen Ziel nicht explizit widersprochen. Allerdings hielt sich bei allen Fraktionen die Begeisterung über das gesamte Vorhaben "EURO 08" in Grenzen. Die damalige Debatte war geprägt von der Kritik am "Gebaren" der UEFA, von Anliegen betreffend "Mehrweggeschirr" und von Diskussionen zur Möglichkeit für die hiesige Bevölkerung, Tickets für die EM-Spiele zu erhalten.
Die Idee des "Public Viewing" in einem nachgebauten Stadion galt anlässlich der WM 2006 in Deutschland als Erfolgsmodell. Bei uns erwies sich jedoch die Umsetzung einer "Public Viewing"-Version in Bubendorf von Anfang an als schwieriges Unterfangen. Dies nicht zuletzt, weil die UEFA an die Anerkennung hohe Standards stellte. Nur mit dem Beitrag der UEFA von Fr. 400'000 und deren TV-Übertragungsrechte auf eine Grossleinwand war das Projekt realisierbar.
Der Standort Bubendorf ergab sich auf Grund von drei Hauptkriterien:
-
|
Bubendorf hat sich als Ort für Grossveranstaltungen anlässlich des Eidgenössischen Turnfestes 2002 bewährt.
|
-
|
Kein zusätzliches Verkehrsaufkommen im Raum St. Jakob.
|
-
|
Unterstützung der Stadt Liestal (auch finanziell).
|
Die Finanzkontrolle kommt in ihrem Spezialbericht zum 9. Stadion zu folgendem Schluss: "Aus damaliger Sicht, mit den zur Verfügung stehenden Expertenwürdigungen, Zahlen und Prognosen, gingen sämtliche Partner von einem erfolgreichen finanziellen Projektverlauf aus, namentlich auch im Hinblick auf die erwarteten Einnahmen aus Ticketverkauf, Hospitality, UEFA-Sponsoring und aus den verschiedenen Events in der Fanzone."
Das ursprüngliche Budget ging von einer Auslastung des 9. Stadions von 40 % aus. Dies entsprach einem Durchschnitt über alle Spieltage hinweg. Die bereitgestellte Stadiongrösse mit 6'500 Sitz- und 3'000 Stehplätzen musste auf die erwarteten Spitzenereignisse ausgerichtet werden (Spielübertragungen und kulturelle Anlässe). Der angenommene Wert von 40 % ergab sich aus dem Durchschnitt von Tagen, die schwach besucht waren, und solchen mit hoher Auslastung. Mit Ausnahme von guten Besucherzahlen an den drei Gruppenspielen der Schweizer Nationalmannschaft und am Finalspiel blieben die Besucherzahlen jedoch deutlich unter den Erwartungen. Als Erklärung dafür dienen das schlechte Wetter, die ernüchternden Resultate der Schweizer Mannschaft und nicht zuletzt der periphere Standort des 9. Stadions.
In Bezug auf das Kultur- und Sportprogramm war von Beginn weg vorgesehen gewesen, als Teil der Baselbieter Fanzone eine geeignete Infrastruktur für kulturelle und sportliche Aktivitäten zu integrieren. Diese Infrastruktur wurde intensiv genutzt. Mit insgesamt 30 Konzerten (2 pro Tag) hatten vor allem regionalen Bands Auftrittsmöglichkeiten - allerdings vor geringem Publikum. Zwei grosse Konzerte mussten abgesagt werden. Hingegen war das Sport- und Bewegungsprogramm mit 24 Veranstaltungen und 4'500 Teilnehmenden aller Altersklassen ein Erfolg.
Zu den Finanzen: Das 9. Stadion liess sich nur dank Sponsorenbeiträgen sowie Beiträgen aus verschiedenen Fonds, aus dem Host City-Budget und der UEFA realisieren. Der Fehlbetrag von 4,335 Mio. Franken wird gedeckt durch eine Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds, durch eine private Defizitgarantie und - falls der Landrat heute dem beantragten Verzicht auf einen Teil der privaten Defizitgarantie zustimmt - durch nicht beanspruchte Mittel aus dem Verpflichtungskredit. Schliesslich bleibt ein nicht gedecktes Defizit von Fr. 1,635 Mio. übrig, das die Messe Schweiz zu tragen hat. Für die detaillierten Zahlen verweist Marc Joset auf Beilage 1 des Kommissionsberichts.
Die Finanzkommission befasste sich eingehend mit der Frage, ob die Übernahme einer Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds für die Finanzierung des 9. Stadions rechtens war, d.h. ob die Verordnung über den Lotteriefonds vom 14. Dezember 2004 (LoV) eingehalten wurde. Dass Beiträge aus dem Lotteriefonds mit einer Defizitgarantie ergänzt werden, sei rechtlich korrekt, sofern diese Projekte beim Entscheid noch nicht in Realisation waren. Aus der Chronologie der massgebenden Regierungsratsbeschlüsse, die von der Finanzkontrolle für die Beratungen der Finanzkommission detailliert dargelegt wurde, ergibt sich, dass der Regierungsrat die Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds beschlossen hatte, als die Realisation des Projektes 9. Stadion noch nicht feststand.
In der Kommission wurde zudem die Frage aufgeworfen, ob es sich bei der EURO 08 um eine eigentliche "Staatsaufgabe" gehandelt habe, die nicht zusätzlich mit Lotteriefondsgeldern hätte finanziert werden dürfen. Ein Vergleich mit anderen Projekten zeigte jedoch, dass derartige Mischfinanzierungen durchaus zulässig seien. Die eidgenössische Lotterie- und Wettkommission bestätigte, dass die Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds für den Betrieb des 9. Stadions das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllt und dass das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten dementsprechend nicht verletzt wurde. Eine Minderheit der Kommission beurteile die Lotteriefonds-Beiträge als zumindest problematisch.
Zur Rolle des Vereins "Baselland Promotion" und der Messe Schweiz (Basel) AG: Der Kanton gründete zusammen mit der Wirtschaftskammer für die Initiierung, Lancierung, Koordination und Begleitung der offiziellen Baselbieter Fanzonen und -camps den Verein Baselland Promotion - nicht zuletzt auch als Pendant zum Standort-Marketing Basel, das permanent über personelle Ressourcen verfügt. Der Verein Baselland Promotion durfte keine Veranstalterrolle übernehmen, jedoch wurde ihr Geschäftsleiter damit beauftragt, eine Veranstalterin für das 9. Stadion zu suchen, welche das Projekt in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko realisieren würde.
Mit der Messe Schweiz (Basel) AG konnte eine derartige Veranstalterin gefunden werden. Für den Auftrag an die Messe Schweiz, das Projekt 9. Stadion zu realisieren, waren folgende Voraussetzungen massgebend:
-
|
die kurzfristige Verfügbarkeit eines professionellen Teams
|
-
|
die Erfahrungen als Veranstalterin von Grossanlässen (z.B. "Public Viewing" an der Fussball-WM 2006 auf dem Marktplatz)
|
-
|
die eingespielte Zusammenarbeit mit spezialisierten Firmen für die Infrastruktur
|
-
|
die Bereitschaft, das finanzielle Risiko mitzutragen.
|
Der Kanton übernahm keinerlei Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem 9. Stadion und war zu keinem Zeitpunkt Vertragspartei oder Haftungssubjekt gegenüber Dritten.
Es sei anzunehmen, dass die Messe Schweiz nicht nur von finanziellen Risiken, sondern auch von Chancen ausgegangen ist. Zum damaligen Zeitpunkt (100 Tage vor Beginn der EURO 08) wäre die einzige Alternative ein Verzicht auf das 9. Stadion gewesen.
Die Messe Schweiz hat der Finanzkontrolle sämtliche Informationen im Zusammenhang mit der Abrechnung zum 9. Stadion zur Verfügung gestellt. Die Finanzkontrolle kommt in ihrem Revisionsbericht zum Schluss, dass die Abrechnung der Messe Schweiz transparent und nachvollziehbar sei. Sie beinhaltet eine Rückstellung für einen allfälligen Rechtsstreit. Bei negativem Ausgang wird der Kanton nicht belangt werden.
Zu den Fancamps: Im Vertrag zwischen Baselland Promotion und den Fancamp-Betreibern wurde vereinbart, dass die Fancamps auf eigenes Risiko und in völliger Eigenverantwortung realisiert werden sollten. Allerdings erfolgte Unterstützung in koordinierender Funktion (Baubewilligungen, Verkehr, Sicherheit, Übernachtungsangebote). Von den drei Fancamps Pratteln, Bubendorf und Aesch standen nach Abschluss der EURO 08 verschiedene Vorwürfe und Forderungen im Raum. Die Finanzkontrolle prüfte daraufhin die entsprechenden Verträge und konnte keine rechtlichen Garantien feststellen, welche nicht eingehalten worden wären.
Zur Forderung der iSpoCom AG: Die iSpoCom AG aus Basel hat für erledigte Arbeiten rund um die Baselbieter Fanzone eine Rechnung von Fr. 308'500 an BL Promotion gerichtet. Die Forderung wird mit der Begründung bestritten, die von iSpoCom erbrachten Leistungen seien Offertarbeiten gewesen, und es habe nie ein Auftragsverhältnis bestanden. Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Er werde wahrscheinlich gerichtlich entschieden und die Finanzkommission habe sich daher nicht dazu geäussert.
Zum Antrag betreffend Reduktion der privaten Defizitgarantie (Entwurf Landratsbeschluss, Ziffer 3):
Die Regierung beantragt in ihrer Vorlage betreffend Schlussbericht und Gesamtabrechnung, von den nicht beanspruchten Mitteln aus dem Verpflichtungskredit maximal Fr. 800'000 zur Reduktion der privaten Defizitgarantie zum 9. Stadion Liestal/Bubendorf zu verwenden.
Die Finanzkontrolle hält fest, dass bei der Zusicherung der Defizitgarantie keinerlei Gegengeschäfte, Verrechnungen irgendwelcher Art oder Leistungen (z.B. Tickets) des Kantons vereinbart worden waren und auch nach Abschluss der EURO keine wirtschaftlichen Verflechtungen erkennbar waren.
In der Finanzkommission war nach langer Diskussion klar, dass nach politischem Ermessen entschieden werden muss, ob die Rechnungen der Host City Basel und des 9. Stadions ganz getrennt zu betrachten sind oder ob der Überschuss der einen Rechnung zur Minderung des Defizites der anderen Rechnung einzusetzen ist.
Einige Kommissionsmitglieder unterstützen den Regierungsantrag. Sie argumentieren, dass der private Sponsor sich damals auf eine Ausgangslage mit sehr vielen unbekannten einliess und dass zu optimistisch geplant wurde. Eine Minderheit der Finanzkommission bekundet jedoch Mühe mit dem beantragten Teilerlass. Einige Mitglieder erklärten, dass sie nicht in der Lage seien, einen Entscheid betreffend einen Teilverzicht zu fällen, da die Grundlagen ungenügend seien und der Landrat nicht in die eigentlichen Entscheide zum 9. Stadion einbezogen wurde. Schliesslich obsiegte in der Finanzkommission der Teilerlass-Antrag.
Die Finanzkommission beantragt mit 4:2 Stimmen bei 4 Enthaltungen, der Ziffer 1 sowie den geänderten Ziffern 2 und 3 (also ohne die Formulierung "vorbehältlich der noch offenen Positionen") des Landratsbeschlusses zuzustimmen. Ziffer 4 wird um das Verfahrenspostulat 2009/013 (neuer Punkt 4.6) ergänzt und die Kommission beantragt mit 9:0 Stimmen bei einer Enthaltung, folgende Vorstösse abzuschreiben:
-
|
Postulat
2006/154
von Simone Abt, SP: EURO 08 ohne Zwangsprostitution
|
-
|
Postulat
2006/116
von Georges Thüring, SVP: EURO 08-Tickets für die Baselbieter Bevölkerung
|
-
|
Motion
2006/025
der CVP/EVP-Fraktion: Gesamtkosten EURO 08
|
-
|
Postulat
2004/300
von Esther Maag, Grüne: EURO 08, Sicherheit durch Prävention und Fanbetreuung
|
-
|
Motion
2008/201
von Hanspeter Ryser, SVP: Aufräumaktion EURO 08
|
-
|
Verfahrenspostulat
2009/013
der SVP-Fraktion: EURO 08
|
Ruedi Brassel (SP) dankt dem Kommissionspräsidenten für seinen ausgezeichneten und ausgewogenen Kommissionsbericht. Heute spreche der Landrat etwas schwermütig über die EURO 08, obwohl es sich dabei im Grunde genommen um eine ganz gefreute Sache gehandelt habe. Die erfreulichen Punkte fasst Ruedi Brassel unter den Buchstaben Ö und F zusammen:
Ö wie: öffentlich, ÖV-freundlich und ÖV-orientiert, ökologisch.
F wie: friedlich, fröhlich und zuweilen etwas feucht.
Die EURO 08 habe in der Schweiz etwas bewegt und auch was den Verpflichtungskredit betreffe, habe man einigermassen gut abgeschnitten. Zur Disposition stehe heute die Kostenunterschreitung von 800'000 Franken.
Daneben gab es auch Schattenseiten, welche teilweise bereits im Vorfeld diskutiert wurden. Zu nennen sei die überragende Verbandsmacht seitens der UEFA, welche Fragezeichen bezüglich der Organisation von Grossanlässen hinterliess. Eine weitere Schattenseite war hausgemacht, nämlich das 9. Stadion im Baselbiet. Einen Teil der heute im Zusammenhang mit er EURO 08 vorhandenen negativen Stimmung haben wir uns gemäss Ruedi Brassel also selbst eingebrockt.
Bezüglich 9. Stadion müsse vorab die gute Arbeit des Sportamtes erwähnt werden, welches dort verschiedene Veranstaltungen durchführte. Viele Fragen waren jedoch ungeklärt und die Finanzkommission bat die Finanzkontrolle darum, diesen nachzugehen. Wenn auch keine rechtlichen Probleme aufgedeckt wurden, zeigten sich doch Mängel in der Vorbereitung, eine unklare Rolle des Projektleiters, intransparente Verbindungen und Abläufe im Geflecht von Baselland Promotion, Wirtschaftskammer, Institut für Wirtschaftsförderung, Protectas und Fancamps. Man müsse festhalten, dass zwischen den Fancamps bezüglich Risikoabdeckung Ungleichheiten herrschten. Offenbar war eine ausgewogene und gleichwertige Behandlung zwischen den Fancamps nicht immer gewährleistet. Auch wenn die Finanzkontrolle feststellte, dass von rechtlicher Seite her alles korrekt ablief, bleiben hier Fragezeichen im Raum stehen.
Weitere Fragezeichen bestehen im Bezug auf die Defizitdeckung und die Lotteriefondsgelder. Auch wenn hier alles korrekt ablief, bleiben doch keine guten Eindrücke zurück. Verständlicherweise werfe auf die Garantieerklärung eines privaten Sponsors, welcher in letzter Minute gefunden wurde, Fragen auf. Dass dieser sich engagierte, müsse gelobt werden, jedoch wurde die Finanzkontrolle auch hier beauftragt, dieses Engagement genau unter die Lupe zu nehmen. Die Finanzkontrolle versicherte, dass in diesem Zusammenhang alles völlig korrekt ablief und seitens des Kantons keinerlei Verpflichtungen eingegangen oder Gegengeschäfte geleistet wurden. In Anerkennung und Würdigung dieser Tatsache akzeptiert die SP-Fraktion die Anonymität des Sponsors und verdankt dessen Engagement.
Auch wenn heute vieles schwierig erscheine und viele Fragezeichen im Raum bleiben, sei es nun notwendig, die ganze Geschichte abzuschliessen. Zurückbehalten solle man die positiven Aspekte der EURO 08, aber es müssen auch Lehren gezogen werden. Die SP-Fraktion erklärt sich damit einverstanden, die im Verpflichtungskredit übriggebliebenen Fr. 800'000.- dazu einzusetzen, dass die Garantieerklärung des Sponsors nicht vollständig beansprucht werden müsse.
Lehren müssen gezogen werden im Bezug auf die organisatorischen Mängel (unklares Geflecht von Organisationen und Kompetenzen). Künftig sollen insbesondere unheilvolle Rollenkumulationen vermieden werden. Die wichtigen Lehren müssen jedoch tiefer gesucht werden. Wie kam man überhaupt dazu, in Bubendorf ein 9. Stadion zu planen und dies mit dem Begriff Baselland Promotion zu verbinden? Was wollte man damit erreichen? Man wollte wohl im Zusammenhang mit er EURO 08 etwas Besonderes und Eigenes für das Baselbiet kreieren. Baselland Promotion ist gemäss Ruedi Brassel zwar durchaus angesagt, jedoch in den Bereichen, wo das Baselbiet auch etwas Eigenes bieten könne, beispielsweise beim Jurapark Baselland. Ideen von Berlin ins Waldenburgertal zu transportieren, dies könne nicht funktionieren. Auch mache es wenig Sinn, eine gemeinsame Aktivität durch ein Angebot zu ergänzen, welches dem Reiz des Zusammenkommens im öffentlichen Raum nicht entspreche.
Die Idee der Baselland Promotion entsprang wohl dem Hülftenschanz-Komplex. Bei jedem Geschäft wolle man das Besondere für das Baselbiet bekommen, anstatt den gemeinsamen Gewinn durch Zusammenarbeit in den Mittelpunkt zu stellen. Hätte man das 9. Stadion gar nicht erst geplant, hätte sich die EURO 08 für unsere Region noch viel positiver ausgewirkt. Es sei sinnvoll, gemeinsame Angebote zu entwickeln und Aufgaben gemeinsam zu lösen, jedoch sollen sie an dem Ort gelöst werden, wo dies am besten möglich sei: Der Jurapark im Baselbiet, die Universität in der Stadt und eine Fanzone mit Events im Umfeld des Fussballstadions, welches zu einem guten Teil auch im Baselbiet liegt.
Ruedi Brassel ruft dazu auf, bei Aufgaben nicht länger darauf zu achten, was links oder rechts der Birs liege oder östlich oder westlich der Hülftenschanz, sondern Aufgaben gemeinsam anzupacken und zu lösen.
Die SP-Fraktion stimmt den Kommissionsanträgen zu und bittet darum, Ziffer 3 des Landratsbeschlusses separat zur Abstimmung zu bringen.
Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) bezeichnet die EURO 08 als einen für unsere Region trotz allem grossartigen Sportanlass. Die Schweiz und Österreich bewiesen, dass sie in der Lage sind, einen fussballerischen Grossanlass durchzuführen. Dabei konnte sich die Schweiz von ihrer besten Seite zeigen. Die Host City Basel erhielt gute Noten und die Spiele in Basel gingen problemlos über die Bühne. Vor allem die Sicherheit war bei allen Spielen gewährleistet. Die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft funktionierte für einmal sehr gut, ausserdem trugen die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer viel zum Erfolg der EURO 08 bei. Aus basellandschaftlicher Sicht möchte Hans-Jürgen Ringgenberg an dieser Stelle speziell die grosse Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kantonalen Sportamtes sowie weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Verwaltung würdigen. Für den grossen Spezialeffort dieser Leute dankt er herzlich.
Soweit wäre alles gut und für die SVP-Fraktion würde es kein Problem darstellen, dem Schlussbericht und der Abrechnung der EURO 08 im Bezug auf die Host City Basel zuzustimmen.
Etwas anders präsentiert sich die Lage bezüglich 9. Stadion. Rückblickend könne festgestellt werden, dass man stark euphorisiert war von der WM 06 in Deutschland und die Realitäten offensichtlich nicht sehen wollte. Faktoren wie Hektik, Grössenwahn, Falscheinschätzungen, ein ständig wechselndes Management prägten von Anfang an das Geschehen. Daraus resultierten hohe Ausgaben und wenig Einnahmen, ein übergrosser Verlust also. Selbstverständlich spielten Faktoren wie das schlechte Wetter oder das frühe Ausscheiden der Schweiz eine Rolle, trotzdem könne die Bauchlandung des 9. Stadions nicht allein auf diese beiden Faktoren abgeschoben werden.
Die Standortwahl für das 9. Stadion war realitätsfremd. Der Gedanke, im oder für das Baselbiet etwas tun zu wollen, sei verständlich, jedoch musste ein derart abgelegener Standort scheitern. Als Fussballfan weiss Hans-Jürgen Ringgenberg aus eigener Erfahrung, dass es einem nach einem Spiel jeweils in die Innerstadt ziehe und man den Trubel suche. Es war ein Irrglaube, dass sich eine grosse Zahl von teilweise auch ausländischen Fans würde nach Bubendorf verfrachten lassen. Die EURO 08 wurde wohl mit dem Eidgenössischen Turnfest 2002 verwechselt.
Der Entscheid für Bubendorf, welcher auch von der UEFA unterstützt wurde, war auch in finanzieller Hinsicht falsch. Aussagen und Prognosen von Experten, welche im Vorfeld geäussert wurden, entpuppten sich als Flops. Sogar der so genannte "Kleine Mann" auf der Strasse spürte nach dem Erscheinen erster Bilder des 9. Stadions in den Medien, dass dieses wohl eine Schuhnummer zu gross sei. Das Stadion war völlig überdimensioniert und zu teuer. Beim Entscheid für Bubendorf hatte der Landrat kein Mitspracherecht, er wurde rund 100 Tage vor der EM durch den Regierungsrat gefällt. Hans-Jürgen Ringgenberg behauptet nicht, der Landrat hätte in dieser Sache allenfalls anders entschieden. Er hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, die Plausibilität der Budgetzahlen und den Standort zu hinterfragen.
Seit dem oben genannten Entscheid, seit Februar 2008 also, lag die Verantwortung für das 9. Stadion alleine beim Regierungsrat. In der gleichen Zeit, am 26. Februar 2008, fiel der Entscheid des Regierungsrates, eine Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds von 1,2 Mio. Franken zu sprechen und auch eine private Defizitgarantie von 1,5 Mio. Franken entgegen zu nehmen. Diese Defizitgarantie wurde explizit für das 9. Stadion gesprochen. Bis heute wurde nie richtig klar, wie es zur privaten Defizitgarantie gekommen war. Für die SVP mache es jedoch den Anschein, dass dem Sponsor nicht ganz reiner Wein eingeschenkt worden sei. Die Regierung ging davon aus, dass beide Defizitgarantien nicht gebraucht würden und § 5 der Lotterieverordnung eingehalten worden wäre. Die SVP-Fraktion geht davon aus, dass man schon im Voraus mit einem Defizit gerechnet habe, denn sonst wäre es nicht erklärbar, dass ein privater Mäzen für die Abdeckung eines möglichen Defizits angegangen wurde. Die Sprechung und Entnahme der Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds von 1,2 Mio. Franken beurteilt die SVP nicht nur als problematisch, sondern als verordnungswidrig.
Ein weiterer Entscheid, welchen es ebenfalls zu hinterfragen gelte, fiel auch in die oben genannte Zeitspanne von rund 100 Tagen vor EM-Beginn: Die Vergabe des Auftrags zur Realisierung und Betreibung des 9. Stadions an die Messe Schweiz. Ein halbes Jahr vor der Abstimmung über die Mitfinanzierung des Messezentrums 2012 handelte es sich hier um eine gute Gelegenheit für die Messe, sich positiv in Szene zu setzen. Ein Zusammenhang werde von den Verantwortlichen allerdings vehement bestritten. Die Mitglieder der SVP-Fraktion hingegen glauben an diesen Zusammenhang, denn dieser sei offensichtlich.
Die Messe hatte auf jeden Fall keine einfache Aufgabe zu bewältigen. Die vielen freiwilligen Helfer aus den Vereinen wurden schon vorher vergrault, glücklicherweise konnte doch noch eine Crew von Volunteers zusammengestellt werden, welche Kontrollarbeiten übernahm. Die Schwierigkeiten waren oft hausgemacht. So mussten aufgrund der strengeren Sicherheitsauflagen der UEFA Sicherheitskontrollen an den Eingängen durchgeführt werden. Dadurch habe man einige Besucher verärgert. Die Messe Schweiz versuchte zumindest, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen. Der von der Messe ausgewiesene Verlust von 1,635 Mio. Franken sei zwar happig, man gehe jedoch davon aus, dass dieser durch interne Verrechnungsmöglichkeiten für die Messe selbst etwas tiefer ausfiel.
Im Zusammenhang mit der Messe Schweiz gebe die Tatsache zu denken, dass der Vertrag mit der Messe von der Regierung erst am 24. Juni 2008 unterzeichnet wurde, am letzten Tag der EURO 08 also. Es komme also klar zum Ausdruck, dass bezüglich Organisation 9. Stadion eine chaotische Situation herrschte. Wartete die Regierung bewusst mit der Vertragsgenehmigung zu? Diese Frage könne wohl nie beantwortet werden, klar sei nur, dass die ganze Situation nicht transparent sei.
Wenn man sich heute vor Augen führe, dass lediglich Einnahmen in der Höhe von knapp einer Million Franken generiert wurden, und dies vor allem dank der vielen Spezialevents, welche das Sportamt durchführte, so stelle sich die Frage, wie sich diese kleinen Einnahmen im Verhältnis zu den Ausgaben in der Höhe von 7,82 Mio. Franken überhaupt verantworten lassen. Dafür verantwortlich sei nicht nur das Wetter. Es herrschte eine grosse Misswirtschaft, man ging viel zu locker mit dem Geld um und der Grössenwahn erhielt Oberhand.
Die ausgewiesenen Einnahmen von 3,48 Mio. Franken setzen sich aus grösseren Beträgen zusammen, welche ebenfalls aus der Staatskasse resp. dem Lotterie- und Sportfonds stammen. Auf die letztgenannte Kategorie entfallen alleine 800'000 Franken, ausserdem leistete die Stadt Liestal ebenfalls einen Beitrag von 150'000 Franken. Der eigentliche Betrag, welcher durch unseren Kanton bezahlt wurde, gehe also noch um beinahe eine Million Franken über die heute diskutierte Defizitgarantie von 800'000 Franken hinaus. Dies neben den 4,7 Mio. Franken aus dem Verpflichtungskredit für die EURO 08.
250'000 Franken aus dem Sportfonds gingen an die EURO 08, unter anderem für ein Kunstrasenfeld. Es wurde daher gefragt, wo dieser Kunstrasen heute sei. Eine Antwort auf diese Frage liege bis heute nicht vor. Auch dies ein Zeichen dafür, dass der Überblick über die Gesamtorganisation etwas verloren ging.
Die SVP-Fraktion wird der Ziffer 3 des Landratsbeschlusses, der Reduktion der privaten Defizitgarantie um 800'000 Franken, nicht zustimmen, auch nicht dem gesamten Schlussbericht und der Schlussabrechnung. Die Regierung begründe den Verzicht auf die 800'000 Franken damit, der private Mäzen habe sich auf viele unbekannte Faktoren eingelassen und der spätere Verlauf habe nicht mehr dem eigentlichen Projekt entsprochen. Diese Aussage bezeichnet Hans-Jürgen Ringgenberg als abstrus. Sie zeige aber auf, dass tatsächlich ein Chaos herrschte. Die Defizitgarantie wurde genau zu demjenigen Zeitpunkt, als der Auftrag an die Messe vergeben wurde, abgegeben.
In der Finanzkommission wurde versucht, einen Kompromiss zu finden. Die Idee, den Betrag von 800'000 Franken allenfalls auf den Kanton und den privaten Sponsor aufzuteilen, wurde jedoch verworfen. Die SVP-Fraktion wird daher noch einmal ihren Antrag auf Streichung von Ziffer 3 stellen. Die Defizitgarantie wurde klar für das 9. Stadion abgegeben und mit Blick auf die Staatsfinanzen und auch aus Rücksicht auf die Fancamp-Betreiber soll diese eingefordert werden. Immerhin bestehe auch noch ein gewisses Restrisiko, dass noch mehr Forderungen an den Kanton herangetragen werden könnten.
Die SVP-Fraktion werde dem vorliegenden Geschäft also nur zustimmen, wenn die private Defizitgarantie voll ausgeschöpft und Ziffer 3 des Landratsbeschlusses gestrichen wird.
Grundsätzlich bezeichnet Hans-Jürgen Ringgenberg die aktuelle Vorlage als grosses Kuddelmuddel mit noch einigen Fragezeichen. Die politische Verantwortung dafür trage letztlich der Staat, also die beiden Regierungsräte Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Hans-Jürgen Ringgenberg hofft, aus der ganzen Angelegenheit würden die richtigen Lehren gezogen, auch wenn nicht anzunehmen sei, dass hier schon bald wieder eine EURO ausgerichtet werde. Künftige Verantwortungsträger sollten eine derartige Aufgabe etwas intelligenter angehen.
Mit der Abschreibung der diversen Vorstösse gemäss Landratsbeschluss zeigt sich die SVP-Fraktion einverstanden.
Marianne Hollinger (FDP) dankt dem Kommissionspräsidenten Marc Joset für seinen objektiven Bericht, welchem sich die FDP-Fraktion weitgehend anschliesse. Die grosse Euphorie der WM 06 in Deutschland habe riesige Erwartungen an die EURO 08 geweckt, welche jedoch nicht erfüllt werden konnten. Auf der einen Seite bestanden nicht beeinflussbare, exogene Faktoren: Schlechtes Wetter, die Auslosung und die Schweizer Nationalmannschaft, welche bereits in der ersten Runde ausschied. Auch musste festgestellt werden, dass eine EURO keine WM und die Schweiz nicht Deutschland sei.
Die grossen Besucherströme blieben weitgehend aus, eine Ausnahme bildete der kurze Aufenthalt der Oranjes in Basel.
Der FDP ist es wichtig festzuhalten, dass der Ablauf der EURO 08 jederzeit im Griff war. Es kam zu keinerlei Ausschreitungen oder grösseren Gewaltszenen. Es handelte sich um ein friedliches Sportfest, das drittgrösste der Welt, und unsere Region gab in Europa ein gutes Bild ab. Dies dürfe auch die Presse zur Kenntnis nehmen, welche im Vorfeld der EURO 08 eine penetrante Negativwerbung für diesen Anlass betrieb und damit mithalf, die Ausgangslage für alle erheblich zu erschweren. Es sei schwierig, für einen andauernd negativ beworbenen Anlass Sponsoren zu finden, was auch die Betreiber des 9. Stadions und der Fancamps schmerzlich erfahren mussten.
Im Landrat wurden von Anfang an die Bedürfnisse des Kantons Basel-Landschaft angemeldet, mit einer oder mehreren Fanzonen berücksichtigt zu werden und vertreten zu sein. Der Landrat sprach daher auch einen Kredit von 440'000 Franken speziell für Aktivitäten in unserem Kanton. Damit fing das Wünschen an, welchem das spätere Leiden folgte.
Schon bald wünschte man sich ein grosses Public Viewing wie in Berlin sowie einige Fancamps. Dies waren nicht die Wünsche einzelner Personen und entsprechend gebe es auch keine Einzeltäter. In einem Lenkungsausschuss waren die Parteien vertreten, die wichtigen Entscheide wurden von der Regierung gefällt. Der Landrat bewilligte die 440'000 Franken für Rahmenprogramme im Kanton Basel-Landschaft und niemand äusserte die Ansicht, mehr Geld müsste gesprochen werden. Über den verhältnismässig bescheidenen Betrag waren im Grunde genommen alle froh. Im Nachhinein musste nun aber festgestellt werden, dass dieser Betrag sehr bescheiden war und nicht einmal ausreichte, um eine Grossleinwand mit den damit verbundenen Lizenzgebühren der UEFA aufzustellen.
Die Fanzone in Bubendorf erwies sich als nicht erfolgreich. Ein Grund lag in den nicht beeinflussbaren Faktoren, andererseits waren die Vorgaben der UEFA, des Bundesamtes für Sport, von Schweiz Tourismus und der UEFA-Sponsoren viel zu optimistisch. Gerade von denjenigen Organisationen, welche schon mehrmals derartige Grossanlässe durchgeführt hatten, habe man genügend Know-how erwartet und auf deren Erfahrungen habe man auch vertraut. Es wurden grosse Zuschauerströme erwartet, weshalb die Auflage bestand, die Baselbieter Fanzone nicht in der nahen Umgebung der Stadt einzurichten. Diese dann aber gleich bis nach Bubendorf zu verlegen, war wohl nicht der richtige Entscheid. Das Birseck oder das Leimental wären sicherlich geeignetere Standorte gewesen. Auch an diesen Orten wäre wohl aber ein finanzielles Debakel nicht auszuschliessen gewesen, was aus dem Abschneiden der UBS-Arenen ersichtlich werde.
Im Nachhinein müsse man feststellen, dass man von einer grossen Fehleinschätzung ausging. Die Verantwortlichen (Lenkungsausschuss und Projektleitung) mussten sich jedoch auf die von der UEFA vorgegebenen Zahlen stützen. Die UEFA hinterlasse einen sehr fahlen Nachgeschmack.
Inzwischen wurde bekannt, dass die UEFA als gemeinnützig gelte und daher keine Steuern bezahlen müsse. Dies stosse auf grosses Unverständnis.
Zur Abrechnung: Derjenige Teil des Kredits für die Host City (netto 5,8 Mio. Franken) wurde um 874'000 Franken unterschritten. Dieser Teil der Abrechnung scheine unbestritten zu sein. Das 9. Stadion hinterlasse ein Defizit von 4,3 Mio. Franken. Davon muss die Veranstalterin, die Messe Basel, 1,6 Mio. Franken übernehmen. 1,2 Mio. Franken sind durch den Lotteriefonds gedeckt. Man könne geteilter Meinung sein darüber, ob es sinnvoll war, eine derartige Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds zu besprechen. Marianne Hollinger selbst erachtet dieses Vorgehen als nicht so gut, auch wenn es reglementskonform war und es in der Kompetenz der Regierung liege, über den Lotteriefonds zu verfügen. Die Gelder des Lotteriefonds seien dazu da, Anlässe in den Bereichen Kultur und Sport zu unterstützen. Dies können auch Grossanlässe sein, falls die gesamte Bevölkerung dazu Zugang hat. An die SVP gerichtet meint Marianne Hollinger, zumindest sei das Geld für ein Projekt in Basel-Landschaft gesprochen worden.
Im Nachhinein habe die Finanzkrise zumindest was den Lotteriefonds betreffe auch eine positive Seite: Weil es den Leuten schlechter gehe, spielen sie mehr und der Fonds konnte bereits wieder geäufnet werden. Das Loch sei heute wieder geschlossen.
Somit bleibe noch ein Defizit von 1,5 Mio. Franken und es wäre am Mäzen, dieses abzudecken. Der Landratsbeschluss sehe vor, dass die Regierung die rund 800'000 Franken, welche sie in der Host City-Abrechnung als Überschuss ausweist, ins Defizit des 9. Stadions einschiesst. Für die Bevölkerung und den Steuerzahler sei es kaum massgebend, in welcher Abrechnung welches Resultat ausgewiesen werde. Es sei wichtig, wie viel der Kanton und damit die Steuerzahler bezahlen mussten. Unter dem Strich habe der Kanton mit dem Vorschlag der Regierung einen Kredit von 5,8 Mio. Franken und einen von 440'00 Franken gesprochen. Dieser wurde ausgeschöpft. Diesen Vorschlag unterstützt die FDP. Es wäre unangebracht, wenn der Kanton einen Überschuss von 800'000 Franken ausweisen und gleichzeitig dem privaten Sponsor die gesamte Defizitgarantie abverlangen würde. Der Vorschlag des Regierungsrates sei anständig.
Die FDP-Fraktion stimmt den vorliegenden Anträgen zu und dankt allen Personen, welche sich mit sehr viel Enthusiasmus und freiwilliger Arbeit für das Projekt EURO 08 einsetzten.
Rita Bachmann (CVP) nimmt ihren Äusserungen vorweg, dass die CVP/EVP-Fraktion sämtlichen Anträgen der Finanzkommission zustimmen werde. In Zukunft könnte einmal eine Situation eintreten, in welcher der Kanton wiederum auf private Sponsoren angewiesen wäre, weshalb die Reduktion der privaten Defizitgarantie als wichtiges Zeichen erachtet werde.
Die EURO 08 beinhalte nicht nur das 9. Stadion, sondern viel mehr. Unzähligen Besucherinnen und Besuchern wurde sehr viel Positives und Schönes vermittelt. Die gesamte Region Basel konnte sich einem grossen Publikum präsentieren. An dieser Stelle sei daher allen Personen, welche zu diesem schönen, völkerverbindenden Anlass beitrugen, für ihr Engagement herzlich gedankt.
Dass heute nicht nur eitel Freude herrsche, stelle einen leider doch recht grossen Wermutstropfen dar. Die CVP/EVP-Fraktion ist jedoch der Ansicht, es sei nun an der Zeit, diesen Wermutstropfen zu schlucken und einen Strich unter die vorliegende Gesamtabrechnung zu ziehen. Es sei wichtig, die gemachten Erfahrungen allenfalls künftig bei weiteren Projekten einfliessen zu lassen. Selbstkritisch könne festgestellt werden, dass sich nicht nur die Regierung und die Verwaltung durch die EURO 08 anstecken liessen, sondern auch die Landratsmitglieder selbst. Nicht nur das Projekt 9. Stadion, sondern auch der Standort hätte viel intensiver hinterfragt werden müssen. Es müsse aber auch festgehalten werden, dass viele negative Einflüsse auf das 9. Stadion einwirkten. Rita Bachmann zitiert in diesem Zusammenhang aus dem Bericht der Finanzkontrolle: "Aus damaliger Sicht, mit den zur Verfügung stehenden Expertenwürdigungen, Zahlen und Prognosen gingen sämtliche Partner von einem erfolgreichen finanziellen Projektverlauf aus, namentlich auch im Hinblick auf die erwarteten Einnahmen aus Ticketverkauf, Hospitality, UEFA-Sponsoring und aus den verschiedenen Events in der Fanzone."
Trotz der kurzen Zeit, welche für die Vorbereitung für das 9. Stadion blieb, dankt die CVP/EVP allen Personen, welche sich dafür einsetzten, dass sich das 9. Stadion sehen lassen durfte und auch viele Höhepunkte verzeichnen konnte. Massgeblich dazu beigetragen haben viele Persönlichkeiten, unter anderem Thomas Beugger, Leiter des Kantonalen Sportamtes, mit seiner Crew. Sie haben das 9. Stadion besonders stark mitgestaltet, welches vielen Menschen bestimmt in guter Erinnerung bleiben wird. Die CVP/EVP spricht Thomas Beugger und seinen vielen Helferinnen und Helfern sowie der Messe Basel ihre Anerkennung aus. Sie haben ihre Erfahrung, aber auch ihr Geld für ein kurzfristig zu realisierendes Projekt zur Verfügung gestellt. Dies sei nicht selbstverständlich.
Auch dank der kompetenten Prüfungsarbeit der Finanzkommission könne heute ein Strich unter die Rechnung gezogen werden, und die CVP/EVP-Fraktion werde dies auf jeden Fall tun. Ein grosses Lob spricht Rita Bachmann auch dem Kommissionspräsidenten für den ausgezeichneten Kommissionsbericht aus, welcher sämtliche wichtigen Aspekte beinhalte und diese sachlich abhandle.
Isaac Reber (Grüne) betont, auch die Grüne Fraktion wolle einen Beitrag zur aktuellen Diskussion leisten, wenn auch nicht unbedingt einen derart schöngefärbten wie derjenige von Rita Bachmann. Persönlich fand es Isaac Reber toll, dass die Schweiz und Österreich gemeinsam die EURO 08 ausrichteten. Die heutige Diskussion drehe sich nicht speziell um die Schlussabrechnung der EURO 08 als Ganzes, denn diese sehe nicht schlecht aus, zu Diskussionen gebe in erster Linie das 9. Stadion in Bubendorf Anlass.
Mit dem 9. Stadion konnte man laut Isaac Reber ein eigentliches Grounding einer klassischen Hülftenschanz-Idee erleben. Die Verantwortung für diesen Absturz tragen die Väter des Projekts, und zwar diejenigen, welche im Organigramm aufgeführt waren sowie die geistigen Väter. Die politische Verantwortung für das Projekt, bei dem praktisch alles falsch gemacht wurde, liegt aus Sicht der Grünen klar bei der Regierung. Am deutlichsten wurde dies mit dem Sprechen der umstrittenen Defizitgarantie in der Höhe von 1,2 Mio. Franken via Lotteriefonds. Damit sollte der Landrat explizit nicht in die Verantwortung für das Projekt 9. Stadion eingebunden werden. In einer selbstkritischen Betrachtung müsse aber auch klar festgehalten werden, dass der Landrat von sich aus mehr und stärker hätte auf eine Einbindung drängen müssen.
Das 9. Stadion scheiterte laut Isaac Reber bereits an der Idee. Zwei Länder wollten ein gemeinsames Fussballfest ausrichten und bestimmten dafür acht Austragungsorte. Nur der Kanton Basel-Landschaft hingegen glaubte, es brauche noch ein 9. Stadion. Das Projekt scheiterte auch am Inhalt. Für Isaac Reber war einzig die Idee gut, die Bevölkerung und den Breitensport einzubinden. Diese Idee verdiene Anerkennung, genau diese Idee hätte aber kein eigenes Stadion gebraucht. Die verschiedenen Anlässe hätte in bestehenden Anlagen (Gitterli, Reinach, Sissach) durchgeführt werden können.
Da drei Monate vor Beginn der EURO 08 noch nicht klar war, wie und ob das Projekt 9. Stadion zustande kommen würde, müsse festgestellt werden, dass das Projekt auch an der mangelhaften und unprofessionellen Organisation scheiterte. Als Unschön bezeichnet Isaac Reber die Tatsache, dass das gesamte Engagement des Kantons Basel-Landschaft in genau dieses Projekt floss, während Projekte auf privater Basis keine Unterstützung fanden.
Welche Lehren müssen nun also gezogen werden? Isaac Reber hofft, dass inzwischen allen klar geworden sei, dass die Zeit der Baselbieter Extrawürste nun definitiv vorbei sei. Nicht alle Projekte, welche von Basel-Landschaft allein durchgeführt werden, kommen auch gut und nicht alle Projekte, welche gemeinsam mit Partnern gemacht werden, werden in jedem Fall teurer und sind für Basel-Landschaft schlecht. Beim EURO-Engagement war es genau umgekehrt. Alles, was gemeinsam mit Basel-Stadt durchgeführt wurde, habe funktioniert und im Budget abgeschlossen. Alles, was Basel-Landschaft selbst in die Hand genommen habe, ging buchstäblich den Bach hinunter, auch viel Geld. Die Erkenntnis müsse daher klar lauten, dass es zusammen manchmal besser gehe. Wenn diese Lehre in den Köpfen hängen bleibe, sei man zumindest einen Schritt weiter gekommen.
Die Grüne Fraktion habe von Anfang an grossmehrheitlich gegen den EURO-Kredit gestimmt, weil man der Meinung war, das Verhältnis zwischen der UEFA als kommerzieller Organisation und der öffentlichen Hand stimme nicht. Sie werde daher auch die Schlussabrechnung ablehnen, insbesondere falls am Erlass von 800'000 Franken zu Gunsten eines privaten Sponsors, von dem weder der Name noch seine Intention bekannt seien, festgehalten werde.
Einige der in Bubendorf liegen gelassenen Gelder werden bereits in wenigen Wochen im Rahmen der Budgetdebatte wieder verzweifelt gesucht werden. Dieses Geld blieb für eine geplatzte Baselbieter Extrawurst liegen.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei
Thomas de Courten (SVP) betont, der Rat spreche über eines der grössten Projekt-Debakel in der Geschichte des Kantons, über einen immensen finanziellen Schaden zulasten des Steuerzahlers, ausgelöst durch Fehleinschätzungen, organisatorische Fehler, Führungs-Unterlassungen, insgesamt durch lauter Fehler, für die nun niemand die Verantwortung übernehmen will.
Auch der Landrat steht jetzt in der Verantwortung und sollte das Dossier nicht einfach, wie dies die Mehrheit der Fraktionen will, vom Tisch wischen. Bis heute ist nur ein Teil der Ursachen und Fehler bekannt; aber das ist immer nur die den Landräten zugängliche Seite. Daneben gibt es noch einen dicken Filz an Entscheidungen, Verträgen, Abmachungen und noch laufenden Prozessen, die für das Parlament nicht zugänglich sind und deshalb gar nicht beurteilt werden können. Noch immer weiss der Landrat nicht, wer mit wem wann welche Verträge abgeschlossen hat oder wer vom Projekt, für das viel Geld geflossen ist, letztlich profitiert hat. Dieser Filz bleibt dicht.
Ein Akteur schützt den anderen; was nicht unbedingt an die Öffentlichkeit gelangen muss, wird nach Möglichkeit unter dem Deckel gehalten. Das ist das grosse Problem.
Wie sieht denn die Problemlösungs-Strategie aus? Unmittelbar nach der Euro hat in einer ersten Phase jeder dem anderen den Schwarzen Peter zugeschoben, aber niemand hat die Verantwortung übernehmen wollen. In einer zweiten Phase wollte man Gras darüber wachsen lassen, indem auf Verzögerung gespielt worden ist, Fragen nicht beantwortet und Abrechnungen zurückgehalten worden sind mit dem Ziel, die dritte Phase, das allgemeine Achselzucken unter dem Motto «Da kann man nichts mehr machen», einzuleiten. Und nun steht die vierte Phase an, die Parole lautet: «Weg mit dem lästigen Dossier - schieben wir es unter den Tisch!»
Der Finanzkommission kann nicht ein so gutes Zeugnis ausgestellt werden, wie Rita Bachmann es getan hat. Denn viele Fragen, welche die Kommission gestellt hat, sind bis heute nicht beantwortet worden. Eine Kommission, die einen Beschluss mit dem Stimmenverhältnis 4:2 bei vier Enthaltungen fällt - d.h. mindestens sechs Mitglieder sind mit der Abrechnung nicht zufrieden, aber deren vier haben keinen Mut, dazu zu stehen -, gibt ein seltsames Bild ab.
Das Dossier kann nicht einfach so vom Tisch gewischt werden. Der Landrat steht in der Verantwortung und müsste sich mit dem Thema noch tiefer befassen. Die SVP-Fraktion hat die Frage einer Parlamentarischen Untersuchungskommission angesprochen, ist aber zum Schluss gekommen, dass wahrscheinlich nicht einmal das sinnvoll wäre, weil auch innerhalb des politischen Gefüges einer den anderen deckt.
Die vorliegende Schlussabrechnung der Euro 2008 ist in der vorliegenden Form schlicht nicht akzeptabel und muss abgelehnt werden.
Finanzkommissionspräsident Marc Joset (SP) kann akzeptieren, dass es im Bereich des schlecht Mess- und Beweisbaren ganz unterschiedliche Einschätzungen und Meinungen gibt. Er weist aber den Vorwurf zurück, es hätten nicht alle Zahlen auf dem Tisch gelegen. Auf rund hundert Seiten hat die Finanzkontrolle Bericht erstattet und dabei keine einzige Zahl nicht genau untersucht. Diese Unterlagen sind natürlich streng vertraulich, standen der Finanzkommission aber zur Verfügung. Der Filz liegt woanders; die Zahlen wurden präsentiert.
Auch dass noch heute der Vorwurf der «Misswirtschaft» erhoben wird - und erst noch von einem Mitglied der Finanzkommission -, ist nicht akzeptabel. Anfang Jahr konnte man das noch vermuten, aber es heute noch zu behaupten, ist eine Diskreditierung der vom Landrat gewählten und mit Kompetenzen ausgestatteten Finanzkontrolle, die im Auftrag der Kommission und in einer riesigen Arbeit jede Zahl untersucht hat. Viele kleine Unstimmigkeiten hat sie gefunden - und sie hat alles transparent gemacht. Der Vorwurf der «Misswirtschaft» ist deshalb entschieden zurückzuweisen.
Regierungspräsident Urs Wüthrich (SP) dankt vorweg der Finanzkommission für die sehr intensive und - speziell für Thomas Beugger - auch sehr anspruchsvolle und anstrengende Arbeit und ist überzeugt, dass sich diese Ernsthaftigkeit und Sorgfalt gelohnt haben. Sonst könnte man heute zurecht und begründet den Vorwurf erheben, die Vorlage werde «vom Tisch gewischt».
Ein grosser Dank geht ebenfalls an die Finanzkontrolle, die neben ihren eigentlichen Aufgaben in einer wahren Parforce-Leistung die vielfältigen Rechnungen untersucht und einen ausführlichen Bericht erstellt hat.
Aus der Medizin ist das Phänomen jener Patienten bekannt, die immer dann speziell beunruhigt sind, wenn der Arzt nichts findet. Der Regierung geht es ganz anders: Sie ist froh über die klaren Botschaften der Finanzkontrolle zur Korrektheit und Rechtmässigkeit der Euro-Abrechnung.
Dank verdient haben auch all jene, die zugunsten der Euro nicht nur sehr viele Überstunden geleistet haben, sondern auch Arbeit, die nirgendwo erfasst und erstattet wird. Diese Arbeit ist über die Euro hinaus von Bedeutung: Damit konnte demonstriert werden, dass die Leute von der Polizei, vom Tiefbauamt, vom Sportamt sich nicht nur durch Professionalität auszeichnen, sondern auch durch ein Engagement, das über den Dienstauftrag hinausgeht, und dass sie über die Kompetenz verfügen, über Direktionen und Kantonsgrenzen hinaus zusammenzuarbeiten.
Die Region ist angetreten mit der Zielsetzung,
-
|
den drittgrössten Sportanlass der Welt zu nutzen als Gelegenheit, sich als sportbegeisterte Region zu präsentieren,
|
-
|
dass Gäste aus der ganzen Welt sich gerne an sie erinnern und zurückkehren,
|
-
|
für die Region zu werben mit Gastfreundschaft und Professionalität, und
|
-
|
einen längerfristigen volkswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, der nicht einfach in Abrechnungen der öffentlichen Hand oder privater Projektpartner messbar ist, sondern darüber hinaus wirkt.
|
Diese Vorgaben waren die Messlatte für die Regierung, als sie 2007 dem Landrat nicht nur das Konzept, sondern auch die konkreten Kreditanträge für den Baselbieter Anteil an der Host City Basel unterbreitete. In der parlamentarischen Beratung signalisierten die meisten Fraktionen ihre Bereitschaft, das Wagnis Euro08 mittragen zu wollen. Kritikpunkte waren damals vor allem das diktatorisch-imperialistische Gehabe der Uefa, die Sorge, ob regionale KMU z.B. als Lieferanten zum Zuge kommen würden, sowie der Mehrwegbecher.
In seinem flammenden Appell für dieses grosse Fussballfest hielt Landrat Hans-Jürgen Ringgenberg laut Landratsprotokoll vom 19. April 2007 Folgendes fest:
«Wie alle wissen, erhielten gestern Polen und die Ukraine den Zuschlag für die Euro 2012. Sieht man nun, welche Euphorie darüber in diesen Ländern ausgebrochen ist, während die italienische Ministerin in Tränen ausbrach, weil der Zuschlag nicht an Italien ging, so stehen die Schweizer als ewige Nörgler, Kritisierer und Miesmacher da.»
An dieses Bild fühlte man sich in den letzten Wochen gelegentlich erinnert, wenn man zur Kenntnis nehmen konnte, dass in anderen Host Cities, die vergleichbare Investitionen geleistet hatten und wo die Erwartungen oft überhaupt nicht erfüllt worden waren, dennoch eher von Investitionen als von Defiziten gesprochen wurde, und dass dort Private ihre Investitionen als Teil des Marketings verstanden hatten.
Es ist, um auf das Thema Verantwortung zu sprechen zu kommen, wichtig festzustellen, dass vom Anfang dieses Projekts an weder die Regierung noch der Verein Baselland Promotion ohne Auftrag gehandelt haben. Der Auftrag wurde vom Parlament klar mit 64:10 Stimmen erteilt. Die grüne Fraktion verstand ihre Nein-Stimmen nicht als Ablehnung des Projekts, sondern als Protest gegenüber der Uefa.
Die kritische Aufarbeitung des Projekts Euro08 ändert nichts an der Tatsache, dass die Host City Basel erfreulicherweise insgesamt mit einer positiven Gesamtbilanz dasteht. Sie hat im Rahmen einer sorgfältigen, externen Studie gute Noten bekommen als Gastgeber, sie hat jederzeit die Sicherheit gewährleisten können, einen überdurchschnittlichen Anteil der Mobilität mit öffentlichem Verkehr bewältigt und als einzige Region der Schweiz, also im Unterschied zu Bern, Zürich und Genf, den Bekanntheitsgrad im Ausland steigern können. Zudem war eine Steigerung der Anzahl Hotelübernachtungen zu verzeichnen, während diese andernorts während der Euro zurückgegangen war. Und ebenfalls nicht zu unterschätzen ist, dass positive Impulse gesetzt werden konnten für den Fussballnachwuchs in der Region. Das ist nicht nur für den FCB von Bedeutung, sondern auch für die übrigen regionalen Klubs und die künftigen Schweizer Fussball-Nationalmannschaften.
Die Fraktionen haben richtigerweise festgestellt, dass die vom Parlament bewilligten Budgetmittel nicht überschritten worden sind. Die Regierung ist froh, dass sie heute keine Budgetüberschreitungen rechtfertigen oder einen Nachtragskredit beantragen muss.
Von grosser Bedeutung ist aus Sicht des Regierungsrates, dass die Finanzkontrolle nach einer grossen, sehr sorgfältigen und aufwändigen Überprüfung die Korrektheit der Rechnungslegung ohne Einschränkungen festgestellt hat. Die Rechtmässigkeit des Projektverlaufs wurde ebenfalls ausdrücklich bestätigt.
In der ursprünglichen Vorlage, aber besonders in der Kommissionsberatung und in der Landratsdebatte wurde für den Bereich Standortmarketing und Rahmenveranstaltungen offengelegt, dass sich die beiden Kantone auf eine Realteilung verständigt hatten und dass für die Realisierung der Rahmenveranstaltungen im Baselbiet - ähnlich wie in Zürich - ein spezieller Verein, nämlich Baselland Promotion gegründet wurde, der zuständig war für die Co-Leitung des Standortmarketings.
Die Geschäftsführung des Vereins wurde einem Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Baselland übertragen, und zwar im Rahmen eines korrekt formulierten, vom Gesamtregierungsrat verabschiedeten Leistungsauftrages.
In der Vorlage wurde ausdrücklich angekündigt, was im 9. Stadion geplant war. Es sollte ein Ereignis geschaffen werden, mit dem man sich speziell auszeichnen kann.
Vor, während und nach dem Fussballfest wurde im Rahmen von Informationsveranstaltungen für Gemeinden, mit Medienmitteilungen und Informationen für die zuständigen Parlamentskommissionen und mittels der Beantwortung parlamentarischer Vorstösse laufend über den Projektfortschritt berichtet.
Die Einflussfaktoren «Wetter» und «Abschneiden der Schweizer Nati» wurden nicht im Nachhinein hinterher geschoben, sondern schon in der ursprünglichen Vorlage wurde auf die Bedeutung dieser Faktoren hingewiesen. Weder die Regierung noch das Parlament haben sich ohne Kenntnis der Risiken auf das Projekt eingelassen, was sich unter dem Strich gelohnt hat.
Auch zur Frage der Rechtmässigkeit einer Defizitgarantie aus dem Lotteriefonds ist zu verweisen auf den Bericht der Finanzkontrolle, die aufgrund umfangreicher Dokumentationen feststellt, dass sämtliche Vereinbarungen, Ausgaben und Aufträge auf der Grundlage der Landratsvorlage basiert haben oder durch formelle Regierungsratsbeschlüsse ausdrücklich abgestützt worden sind.
Selbstverständlich nimmt sich die Regierung nicht aus der Verantwortung, beispielsweise in Sachen Fehleinschätzung, dass Berlin und Bubendorf ausser dem Anfangsbuchstaben noch mehr Gemeinsamkeiten haben könnten. Mit ihren zu positiven Einschätzungen stand die Regierung allerdings nicht alleine da; das ging anderen Akteuren nicht anders - anderen Host Cities, aber auch Privaten, die sich in der Erwartung grosser Gewinne auf ein Risiko eingelassen haben. Wer ein Risiko eingeht, nimmt in Kauf, dass es auch anders herauskommen kann als erwartet.
Zum Stichwort «Kunstrasen» gilt es festzuhalten, dass dieser nicht irgendwo vergammelt. Er ist für CHF 100'000 dem TCS-Camping verkauft worden, wo er fleissig genutzt wird.
Die Regierung hat sich durchaus nicht immer einfach von Euphorie treiben lassen. Das belegt unter anderem die recht massive Reduktion der Kapazität des 9. Stadions, die zu Kosteneinsparungen in Millionenhöhe geführt hat.
Nun noch zum Thema der Defizitgarantie durch eine Privatperson: Es ist nicht richtig, dass von Anfang an klar war, dass sowohl das Geld des Lotteriefonds als auch jenes dieser Privatperson beansprucht werden würde. Sonst wäre es ja gar nicht möglich gewesen, mit dieser Privatperson diese Vereinbarung zu treffen - man hätte dann eine Schenkung beantragen müssen.
Gerade gestern hat die Privatperson bekräftigt, dass sie weiterhin auf Vertraulichkeit besteht, was auch von allen Beteiligten respektiert wird. Die private Defizitgarantie, an die keinerlei Gegenleistungen oder Sicherheiten geknüpft waren, basierte auf einer doppelten Motivation: Einerseits war sie zu verstehen als ein Betrag im Interesse dieser Region, der sich die Person zugehörig fühlt, und andererseits als Zeichen der Überzeugung, dass Kapital stets auch Verantwortung bedeute. Dies gilt es besonders zu unterstreichen, weil diese Haltung leider etwas aus der Mode geraten ist. Dass die Privatperson diese Verantwortung wirklich zu übernehmen bereit ist, hat sie mit der unverzüglichen Überweisung einer ersten Tranche unter Beweis gestellt. Die Art und Weise, wie die Bereitschaft, ein solches Risiko einzugehen, in der Öffentlichkeit behandelt und kommentiert wird, wird von dieser Person mit grosser Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Deshalb ist statt kleinlicher Kritik ein ganz herzlicher Dank für die bezahlten CHF 750'000 angezeigt.
Die Regierung ist überzeugt, dass die Region sich als attraktiver Wohn- und Lebensraum und als erfolgreicher Wirtschaftsstandort nur behaupten und weiter entwickeln kann, wenn sie immer wieder Risiken eingeht. Unter dem Strich lohnt sich Risikobereitschaft. Wer nichts wagt, gewinnt nichts - aber wer etwas wagt, geht auch das Risiko ein, zu verlieren.
Die Regierung bittet den Landrat, den Anträgen der Finanzkommission zuzustimmen.
://: Eintreten ist unbestritten.
* * * * *
- Detailberatung
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffern 1 - 2 keine Wortbegehren
Ziffer 3
://: Der Antrag der SVP-Fraktion, Ziffer 3 zu streichen, wird mit 48:26 Stimmen bei sieben Enthaltungen abgelehnt. [ Namenliste ]
Ziffer 4 (4.1. - 4.6.) keine Wortbegehren
* * * * *
- Rückkommen
://: Es wird kein Rückkommen verlangt.
* * * * *
- Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem von der Finanzkommission vorgelegten Landratsbeschluss mit 51:21 Stimmen bei neun Enthaltungen zu. [ Namenliste ]
* * * * *
Landratsbeschluss
betreffend Schlussbericht EURO 2008 Basel mit Schlussabrechnung der Host City Basel im Rahmen der EURO 2008
vom 29. Oktober 2009
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1.
|
Der Landrat nimmt vom Schlussbericht EURO 2008 der Host City Basel Kenntnis.
|
|
2.
|
Der Landrat genehmigt die Schlussabrechnung des Verpflichtungskredits EURO 2008 Basel.
|
|
3.
|
Von den nicht beanspruchten Mitteln aus dem Verpflichtungskredit werden maximal CHF 800'000 zur Reduktion der privaten Defizitgarantie zum 9. Stadion Liestal/Bubendorf verwendet.
|
|
4.
|
Abgeschrieben werden folgende Vorstösse:
|
|
4.1
|
2006-154
vom 8. Juni 2006 Postulat von Simone Abt, SP: EURO 08 ohne Zwangsprostitution;
|
|
4.2
|
2006-116
vom 27. April 2006 Postulat von Georges Thüring, SVP: EURO 08-Tickets für die Baselbieter Bevölkerung;
|
|
4.3
|
2006-025
vom 26. Januar 2006-12-05 Motion der CVP-EVP Fraktion: Gesamtkosten EURO 08;
|
|
4.4
|
2004-300
vom 25. November 2004 Postulat von Esther Maag, Grüne: EURO 08, Sicherheit durch
|
|
Prävention und Fanbetreuung;
|
||
4.5
|
2008/201
vom 11. September 2008 Motion von Hanspeter Ryser, SVP: Aufräumaktion EURO 08;
|
|
4.6
|
2009-013
vom 15. Januar 2009 Verfahrenspostulat der SVP-Fraktion: EURO 08.
|
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Back to Top