Protokoll der Landratssitzung vom 6. Mai 2004

Nr. 548

9 2003/234
Motion der SVP-Fraktion vom 16. Oktober 2003: Die Finanzkontrolle muss von der Verwaltung unabhängig werden

Hanspeter Ryser bittet RR Adrian Ballmer, die ablehenende Haltung der Regierung zu begründen.

RR Adrian Ballmer zitiert vorab die Stellungnahme des Leiters der Finanzkontrolle, Roland Winkler:
"Die Unabhängigkeit gilt als Grundvoraussetzung für die Objektivität des "Professional Judgement". Das Anliegen der Motionärin ist offenbar die institutionelle Absicherung der Unabhängigkeit. Diese ist kein Selbstzweck, sondern dient zur Sicherung der unbeeinflussten, unparteiischen und unbefangenen Beurteilung. Auch in anderen Berufen wird sie ein immer wichtigeres Thema (z.B. Gerichte, Verwaltungsräte, Analysten, Gutachter).
Im PUK-Bericht Kantonsspital Liestal werden zahlreiche Prüfungsfeststellungen der Finanzkontrolle Basel-Landschaft erwähnt. Die Motionärin stellt nun einen Zusammenhang her zwischen der nicht sofortigen Erledigung der aufgezeigten Mängel und der administrativen Zuordnung zur Finanz- und Kirchendirektion gemäss FHG § 38 Abs 2. Die Gründe für die nicht sofortige Erledigung von gewissen Revisionsfeststellungen durch das Hochbauamt sind vielfältig und gehen aus dem PUK-Bericht teilweise hervor. Sie stehen jedoch weder im direkten noch indirekten Zusammenhang zur administrativen Zuordnung der Finanzkontrolle. Als Gründe erwähnen möchten wir einerseits die knappen personellen Ressourcen des Hochbauamtes, andererseits aber auch die gesetzliche Regelung im FHG selbst. § 43d Abs 1 sieht vor, dass bei generellen Mängeln in der Organisation, der Verwaltungsführung oder der Aufgabenerfüllung, die verantwortliche Einheit der Finanzkontrolle Bericht über die getroffenen Massnahmen erstattet. Für solche zeitaufwendige Prozedere (Follow-up) müssen seitens der Finanzkontrolle naturgemäss immer gewisse Fristen eingeräumt werden.
In der Motion wird erwähnt, dass aus dem PUK-Bericht indirekt hervorgeht, dass die Finanzkontrolle in einen Zielkonflikt mit ihrem Auftrag als unabhängige Kontrollstelle geriet. Diesen Sachverhalt können wir nicht nachvollziehen.
Ein gewisses Spannungsfeld besteht generell für Revisoren im Bereich der Revision und Beratung, da dadurch die Objektivität gefährdet werden könnte. Ein anderes Spannungsfeld besteht darin, dass die Finanzkontrolle sowohl dem Parlament wie auch der Exekutive zur Ausübung des parlamentarischen Oberaufsichtsrechtes bzw. zur Ausübung der Verwaltungskontrolle dient. Diese Einheitsrevision (monistisches System) hat sich gesamtschweizerisch bewährt und als effizient erwiesen. Lediglich der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat vor einiger Zeit eine Trennung zwischen interner und externer Finanzaufsicht eingeführt (duales System). Der Kanton Bern hat aufgrund der negativen Erfahrungen wieder zu unserem System der Finanzaufsicht gewechselt.
Die fachlichen Kontakte zwischen der Finanz- und Kirchendirektion und der Finanzkontrolle sind aufgrund der Ausrichtung auf die "Finanzen" naturgemäss relativ häufig. Auch findet regelmässig ein Informationsaustausch statt. Gemäss FHG § 36 Abs 2 unterstützt die Finanz- und Kirchendirektion die Finanzkontrolle zudem bei der Durchsetzung ihrer Anordnungen. Diese fachliche Zusammenarbeit zwischen dem Vorsteher der Finanz- und Kirchendirektion, Herr RR A. Ballmer und dem Vorsteher der Finanzkontrolle, Herr Roland Winkler funktioniert seit Jahren optimal, ohne dadurch die Unabhängigkeit der Finanzkontrolle auch nur ansatzweise zu gefährden. Diese Unabhängigkeit hat auch dann gespielt, wenn der Herr Finanzdirektor in seiner Funktion direkt von den Prüfungsfeststellungen der Finanzkontrolle betroffen war (z.B. Basellandschaftliche Pensionskasse, Staatsrechnung, Projekt Espresso). Diese zur Zeit positive Konstellation ist allerdings nicht per sé gegeben, sondern setzt ein entsprechendes Rollenverständnis und gegenseitigen Respekt voraus. Eine mögliche Beeinflussung der Unabhängigkeit und Objektivität kann nicht im vornherein ausgeschlossen werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den unerfreulichen Vorfall im Kanton Waadt. Als SVIR-Mitglied verpflichtet sich die Finanzkontrolle die Unabhängigkeitsrichtlinien des Institute of Internal Auditors einzuhalten.
In administrativer Hinsicht bewegen sich die Kontakte und Beziehungen zwischen der Finanzkontrolle und der Finanz- und Kirchendirektion um Routinegeschäfte wie Personaladministration, Buchführung der Dienststelle durch die Finanzverwaltung, Budget, Mitteilungen der Direktion an die Dienststellen.
Wie vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, ist die Unabhängigkeit der Finanzkontrolle trotz administrativer Zuordnung zur Finanz- und Kirchendirektion absolut gewährleistet. Die fachliche Unabhängigkeit der Finanzkontrolle gegenüber der Verwaltung wird auch durch die Wahl des Vorstehers oder der Vorsteherin durch den Landrat auf Vorschlag der Finanzkommission dokumentiert (FHG § 39).
Die in der Motion geforderte administrative Unterstellung der Finanzkontrolle unter den Landrat entspricht einer Variante des Mustergesetzes für Finanzkontrollen. Die andere Variante ist eine Zuordnung zum Präsidium der Exekutive. Allgemein liegt die Zuordnung unter ein Lenkungsgremium des Parlamentes im gesamtschweizerischen Trend. Vor zwei Jahren wurde die Finanzkontrolle des Kantons Zürich direkt dem Parlament zugeordnet, vor kurzem die Finanzkontrolle Basel-Stadt. Die Finanzkontrolle des Kantons Bern ist als selbständiges Amt unabhängig von einer Direktion oder von der Staatskanzlei . Die Finanzkontrollen von drei Kantonen (AR, TI und VS) sind dem Regierungspräsidenten zugeordnet. In rund 10 zusätzlichen Kantonen zeichnen sich gegenwärtig Änderungen in der bisherigen administrativen Zuordnung (heute hauptsächlich Finanzdepartement) ab.
Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Finanzkontrollgesetz und der direkten Anbindung an das Parlament in Zürich sind grundsätzlich positiv. Schwieriger ist allerdings die Sicherstellung effizienter Informationswege zwischen Verwaltung und Finanzkontrolle.
Für die Finanzkontrolle Basel-Landschaft ist die administrative Variante der Zuordnung nicht von entscheidender Bedeutung. Die Finanzkontrolle Basel-Landschaft ist schon heute unabhängig. Sollten jedoch mit einer Angliederung an den Landrat Unabhängigkeitsdiskussionen ein für allemal beendet sein, so sollte die in der Motion verlangte Unterstellung gewählt werden. Von grosser Bedeutung ist eine Weiterführung der heute bestehenden guten formellen und informellen Kontakte zwischen der FKD bzw. der Finanzverwaltung und der Finanzkontrolle."

Mit der Bemerkung, die heutige Regelung funktioniere sehr gut und die Finanzkontrolle arbeitet effektiv und effizient. beantragt RR Adrian Ballmer namens des Regierunsrates die Ablehnung der Motion,
Mit Roland Winkler als Leiter der Finanzkontrolle ist zudem die im Vordergrund stehende Frage der intellektuellen Unabhängigkeit gewährleistet.
Bei der Totalrevision des Finanzhaushaltsgesetzes in den neunziger Jahren wurden die Fragen der Unabhängigkeit zudem intensiv diskutiert.
Die Finanzkontrolle ist nur administrativ der FKD zugeordnet, was die Arbeit der Finanzkontrolle anbelangt, ist sie völlig selbständig.
Durch die Zuordnung zur FKD ist die Finanzkontrolle eingebunden in die ordentlichen Informationsflüsse, was, wie Roland Winkler in seinem Schreiben erwähnt, ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.
Es gibt darum keinen Grund an dem gut funktionierenden System etwas zu ändern.

Hans-Jürgen Ringgenberg hält fest, die SVP-Fraktion erkläre sich mit der Ablehnung der Motion nicht einverstanden.
Für die SVP geniesst die Unabhängigkeit der Finanzkontrolle von der Verwaltung höchste Priorität, denn eine der Finanzdirektion unterstellte Finanzkontrolle ist nicht unabhängig.
Diverse Fälle aus der Praxis haben gezeigt, dass Empfehlungen der Finanzkontrolle von den Direktionen nicht umgesetzt und teilweise sogar schubladisiert wurden.
Wie vom Finanzdirektor zitiert, wurde die Problematik inzwischen auch in anderen Kantonen erkannt.
Aufgrund der negativen Erfahrungen darf nicht am Ist-Zustand festgehalten werden, daran ändern auch die Ausführungen des Finanzdirektors nichts.
Grundsätzlich möchte die SVP den Vorstoss als Motion überweisen. Aufgrund der bestehenden Meinungsbildung ist sie aber auch mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden.

Marc Joset teilt mit, die SP-Fraktion spreche sich grundsätzlich für eine Prüfung als Postulat aus.
Dabei gehe es allerdings nicht um ein Misstrauensvotum sondern um eine Ueberprüfung, ob eine Aenderung des Systems allenfalls Sinn machen würde.
Da das Anliegen organisatorischer und struktureller Art ist, beantragt die SP dem Rat, das Postulat der PVK zu überweisen.

Juliana Nufer unterstützt namens der FDP-Fraktion die Umwandlung in ein Postulat und ebenso die Ueberweisung an die Kommission Parlament und Verwaltung.
Dank dem derzeit guten Rollenspiel der einzelnen Exponenten funktioniere das heutige System; die Finanzkontrolle leistet eine ausgezeichnete Arbeit, wofür ihr an dieser Stelle gedankt sei.

Die Finanzkontrolle Basellands verfügt über kein eigenes Gesetz, die Regelung übernimmt das Finanzhaushaltsgesetz.
Die Fachvereinigung der Finanzkontrollen der Kantone haben die Grundlagen überprüft und im Juni 2001 ein Mustergesetz verabschiedet, dass, mit der Bitte um Stellungnahme, allen Kantonen zugestellt wurde.

Eugen Tanner stellt fest, auch die CVP/EVP-Fraktion findet den Zeitpunkt als gekommen, um über die Aktualität der heutigen Regelung nachzudenken.
Die CVP/EVP erklärt sich deshalb bereit, die als Postulat umgewandelte Motion an die Kommission Parlament und Verwaltung zu überweisen.

Die Fraktion der Grünen und ihre Sprecherin Esther Maag schliessen sich dem Antrag an.

Marc Joset präzisiert seinen Antrag und stellt fest, zur Einhaltung des Verfahrenswegs müsse das Postulat zur Vorprüfung an die Spezialkommission Parlament und Verwaltung überwiesen werden.

://: Der Landrat überweist die in ein Postulat umgewandelte Motion 2003/234 zur Vorprüfung an die Spezialkommission Parlament und Verwaltung.

Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei



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