Protokoll der Landratssitzung vom 26. November 2009

Nr. 1525

Rolf Richterich (FDP) als Präsident der Bau- und Planungskommission erklärt, die Vorlage basiere auf zwei vom Landrat überwiesenen Vorstössen. In Basel-Stadt verlangte Grossrat Peter Malama zudem mit einem Vorstoss ein partnerschaftliches Vorgehen.


Mit dem Thema befindet man sich nicht im luftleeren Raum: Einerseits ist auf Bundesstufe schon einiges geregelt, andererseits wird das Bundesgesetz über das Beschaffungswesen zur Zeit revidiert; dabei ist jedoch noch nicht klar, in welcher Form die Berücksichtigung von Lernenden als Kriterium thematisiert wird.


In der Detailberatung wurde darauf geachtet, wie viele Fälle überhaupt betroffen wären. Im Schnitt werden jährlich rund 2'500 Vergabeentscheide getroffen, davon 95 % im freihändigen Verfahren. Lediglich 2 % der Vergaben werden in einem öffentlichen Verfahren durchgeführt; nur auf diese käme die Gesetzesänderung zur Anwendung.


2008 wäre in einem einzigen Fall zum Tragen gekommen, was nun geregelt werden sollte. Die Kommission hielt deshalb die beantragte Gesetzesänderung für nicht sinnvoll.


Das Thema an sich ist unbestritten; das Anliegen geniesst die Sympathie der Kommission. Nur: Wie lässt sich dieses Ziel am einfachsten erreichen? Die BPK kam zum Schluss, dass bereits die heutige Rechtslage schon vieles zulässt. Sie beantragt, auf die vorgeschlagenen Gesetzesrevision nicht einzutreten, sondern der Regierung den Auftrag zu geben, die Verordnung zum Beschaffungsgesetz und die entsprechenden Grundlagen so zu ändern, dass dem Ziel, möglichst viele Lernende auszubilden, entsprochen werden kann - und zwar im Bezug nicht nur auf die öffentliche Ausschreibung, sondern auf alle Ausschreibungsarten.


Urs Hintermann (SP) gibt bekannt, dass die SP-Fraktion die Stossrichtung der Vorlage unterstütze, wonach Betriebe, die Lehrstellen anbieten, bevorzugt werden sollen. Aber die Möglichkeiten dafür sind sehr beschränkt: Eine entsprechende Vorgabe ist nicht möglich bei allen WTO/GATT-Ausschreibungen und nicht in allen Branchen - denn es gibt Branchen, in denen keine Lehrlinge ausgebildet werden -, und die Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung kommt wohl eher als ein Zuschlags- denn als ein Eignungskriterium in Frage.


Das führt dazu, dass es nur wenige Fälle gibt, in denen die Zahl der Lehrstellen mit berücksichtigt werden könnte. Aus der Überzeugung, dass dafür der Gesetzesweg nicht unbedingt der beste ist, unterstützt die SP-Fraktion den Vorschlag der Kommission.


Urs Hess (SVP) erklärt, auch die SVP-Fraktion stehe hinter dem Antrag der Kommission. Es ergibt keinen Sinn, ein Gesetz zu ändern, um einen Fall pro Jahr zu regeln.


Die Ausgangslage ist schwierig. Das Beschaffungsgesetz eignet sich nur beschränkt zur Förderung der Lehrlingsausbildung. Verschiedene Gerichtsurteile sprechen eine deutliche Sprache: Die Lehrlingsausbildung kann nur ein Zuschlagskriterium sein. Von rund 2'500 Vergaben jährlich ist dies in etwa einem Fall ausschlaggebend.


Die Kommission machte sich auch Gedanken, wie mit Lehrverbünden vorzugehen sei: Wem «gehört» ein Lehrling, wäre also berechtigt, den Zuschlag zu bekommen? Wie werden jene Firmen berücksichtigt, die Lehrstellen anbieten, aber keine Lehrlinge finden? Der Weg über eine Verordnungsänderung ist jedenfalls das bessere Vorgehen.


Petra Schmidt (FDP) unterstützt ebenfalls den Grundsatz, dass Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, unterstützt zu werden verdienen. Aber eine Gesetzesänderung für einen einzelnen Fall pro Jahr lohnt sich nicht. Die freisinnige Fraktion ist einhellig der Meinung, dies sei auf Verordnungsstufe zu regeln, so wie es schon in anderen Kantonen erfolgt ist.


Felix Keller (CVP) begrüsst grundsätzlich die Absicht einer Gesetzesänderung, die die Ausbildung von Lernenden als Kriterium im öffentlichen Beschaffungsrecht verankern will. Firmen, insbesondere KMU, die nicht nur Lehrstellen anbieten, sondern tatsächlich Lernende ausbilden, sollen belohnt und bevorzugt behandelt werden.


Die CVP/EVP-Fraktion unterstützt deshalb einstimmig den Antrag der Bau- und Planungskommission. Beim vorliegenden Gesetzesentwurf, gemäss dem nur bei gleichwertigen Offerten der Zuschlag einem Anbieter erteilt werden kann, der sich für die Ausbildung von Lernenden engagiert, geht zu wenig weit und verfehlt das Ziel. Eine solche Regelung käme, weil die Angebote auf den Rappen genau gleichwertig sein müssten, wohl kaum je zur Anwendung, zumal es sich um eine «kann»-Formulierung handelt.


Die CVP/EVP-Fraktion fordert griffigere Massnahmen schon im Bereich der Direktvergabe, also im freihändigen Verfahren. In den letzten Jahren sind im Kanton über 90 % der Aufträge und somit über 40 % der Auftragssumme direkt vergeben worden. Es wäre also sinnvoll, schon in diesem Verfahren - nicht nur im Einladungs- und im offenen Verfahren - Firmen bevorzugt zu berücksichtigen, die Lernende ausbilden. Deshalb ist die Regierung aufzufordern, die Verordnung entsprechend anzupassen. Begrüssenswert wäre zudem, wenn diesbezüglich mit dem Kanton Basel-Stadt eine partnerschaftliche Lösung gefunden werden könnte.


Isaac Reber (Grüne) hält den Vorschlag gemäss Antrag der BPK für den zwar nicht spektakulärsten, aber besten und effizientesten Weg, etwas für die Lehrstellenförderung zu unternehmen. Deshalb unterstützt die grüne Fraktion die Haltung der Kommission.


Landratspräsident Hanspeter Frey (FDP) erklärt, wenn Nichteintreten auf die Vorlage beschlossen würde, wäre sie vom Tisch. Er schlägt deshalb vor, auf die Vorlage als solche einzutreten, aber stattdessen die beantragte Gesetzesänderung abzulehnen.


Damit erklärt sich Rolf Richterich (FDP) namens der Bau- und Planungskommission einverstanden. Er ergänzt, zudem müssten auch die beiden Vorstösse abgeschrieben werden.


://: Der Landrat tritt stillschweigend auf die Vorlage 2009/123 ein.


* * * * *


- Detailberatung Landratsbeschluss


://: Der Landrat stimmt dem modifizierten Landratsbeschluss einstimmig zu. [ Namenliste ]


* * * * *


Landratsbeschluss
betreffend Ausbildung von Lernenden als Kriterium im öffentlichen Beschaffungsrecht


vom 26. November 2009


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



Back to Top