Protokoll der Landratssitzung vom 25. September 2008
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2008-169 vom 19. Juni 2008
Motion von Klaus Kirchmayr, Grüne Fraktion: Photovoltaik für alle neuen Kantonsgebäude
- Beschluss des Landrats am 25. September 2008: < als Postulat überwiesen >
Nr. 717
Hanspeter Frey (FDP) erklärt, der Regierungsrat sei bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen.
Regierungsrat Jörg Krähenbühl (SVP) begründet: In der Vergangenheit hat der Kanton bei 11 Neu- und Umbauten Photovoltaik- und Warmwasseraufbereitungs-Anlagen installiert, so z. B. bei der Kaserne Liestal, Sporthalle Kriegacker Muttenz, Gymnasium Oberwil usw. Nicht jedes Gebäude eignet sich aber bezüglich Grösse, Lage, Exposition, Fassade und Dachtypologie wie auch bezüglich Denkmalschutz zur Nutzung wie auch Verwendung respektive Netzrückeinspeisung von gewonnener elektrischer Energie für Photovoltaik-Anlagen. Man sollte im Einzelfall prüfen, wo und in welcher Form Sonnenenergie aktiv oder passiv genutzt werden kann. Der Motionär schreibt, 2010 bis 2012 seien die Produktionskosten von Solarzellen auf das Niveau des im Markt bezahlten Strompreises gesunken. Diese Meinung teilt das Amt für Umweltschutz und Energie (AUE) klar nicht. Die Produktionskosten solcher Solarzellen mit dem Niveau der auf Markt bezahlten Strompreise zu vergleichen, ist nicht korrekt. Die Stromkosten von Solarstrom sind nur zu einem kleinen Anteil von den Produktionskosten der Zellen abhängig. Weitere Preiskomponenten sind in der Trägerstruktur der Panel auf dem Dach, die Fassaden der Elektroinstallationen und die Installationen der Anlage als solche. Diese Positionen verursachen ca. 50 % der Kosten der Photovoltaik-Anlagen.
Richtig ist, dass sich die Stromgestehungskosten der Photovoltaik-Anlagen langsam aber eben nur langsam dem Marktpreis angleichen. Gründe dafür sind einerseits, dass die Anlagekosten langsam sinken und andererseits die Strompreise am Markt weiter ansteigen werden. Trotzdem ist es eine Tatsache, dass heute der Strom aus Photovoltaik-Anlagen im günstigsten Fall immer noch 70 Rappen / Kilowattstunde beträgt. Die Motion verlangt klar und unmissverständlich, dass auf Neubauten und Totalsanierungen, sofern es Lage und Exposition zulassen, eine Photovoltaik-Anlage gebaut werden muss. Es kann kaum einen kantonalen Bau geben, bei dem aus Gründen der Lage und Exposition keine Photovoltaik-Anlage gebaut werden könnte. Somit müssten zwingend alle Neubauten und Totalsanierungen mit einer solchen Anlage ausgerüstet werden. Der Motionär lässt allerdings die Grösse der Anlagen offen.
Das Hochbauamt wie das AUE begrüssen grundsätzlich den eingereichten Vorstoss im Sinne einer innovativen und erneuerbaren Stromproduktion. Der faktische Zwang, jeden Neubau oder jede Totalsanierung mit einer Photovoltaik-Anlage ausrüsten zu müssen, ist ein massiver zusätzlicher Kostenfaktor. Die Finanzmittel für die Massnahmen wären im Bauprojekt bereitzustellen. Zudem muss jedes Gebäude unter Einbezug aller Gegebenheiten auf Eignung für Photovoltaik-Anlagen geprüft werden, was zu Verzögerungen oder gar projektgefährdenden Einschränkungen führen würde. Daher macht die Regierung dem Rat beliebt, die Motion als Postulat zu überweisen.
Klaus Kirchmayr (Grüne) bedankt sich für die Ausführungen des Regierungsrates und stellt gleichzeitig klar, die Motion verlange explizit nur Photovoltaik auf denjenigen Gebäuden, die dafür gut oder sehr gut geeignet sind. Es kann keine Rede davon sein, dass bei der Sanierung eines Altstadtgebäudes mit Nordexposition dieses mit einer Photovoltaik-Anlage ausgerüstet werden soll. Zweitens ist der Motionär ein bisschen erstaunt darüber, wie wenig nahe das AUE am Markt ist. Man dürfe wohl erwarten, dass nicht einfach abgeschrieben wird, was in einem vierjährigen Bundesbericht bezüglich Gestehungskosten steht, sondern auch die jeweiligen Jahresberichte führender Solarzellenproduzenten gelesen werden. Dann käme man nämlich zum Schluss, dass heute ein Quadratmeter Solarzellen für weniger als einen Franken produziert wird; als führend zu nennen ist hier First Solar, es gibt aber auch weitere Unternehmen.
Das Anliegen sei im Grunde genommen bescheiden, denn so viele grössere Bauprojekte gebe es nicht. Bis zur "Grid-Parity" im Jahr 2012 wird es vielleicht 4 bis 5 Projekte geben, die davon betroffen sind. Bis dahin sind die Kosten nach allgemeiner Einschätzung so weit gesunken, dass es eine Selbstverständlichkeit sein wird.
Thomas Schulte (FDP) und die FDP würden gemäss den Ausführungen von Regierungsrat Jörg Krähenbühl ein Postulat unterstützen. Man will keine verpflichtende Sache, sondern der Kanton soll abklären können, wo eine solche Anlage Sinn macht und wo nicht. Richtig ist, dass der Strom via Solartechnik günstiger zu beziehen ist.
Philipp Schoch (Grüne) liest zuhanden des möglicherweise anwesenden Verfassers der Motionsbeantwortung von Regierungsrat Jörg Krähenbühl nochmals vor, was in der Motion steht: «..., soweit es die Lage und Exposition des Gebäudes erlaubt.» Irgendwie scheint dieser wichtige, klar einschränkende Punkt nicht angekommen zu sein. Die Motion ist also nicht - wie von gewissen Leuten behauptet - absolut, sondern sinnvoll formuliert. Und in dieser Art und Weise sollte die Motion auch überwiesen werden.
Ueli Halder (SP) spricht sich namens der SP-Fraktion für eine Überweisung des Vorstosses als Motion aus. Dies sei die Nagelprobe dafür, wie ernst es die Regierung mit ihrer Strategie meint. Die Umsetzung 16 besagt, dass öffentliche Gebäude des Kantons Leuchtturmfunktion haben. Und genau in diesem Bereich - der Photovoltaik - kann man dies belegen. Man ist für eine Überweisung als Motion. Es sei denn, der Motionär wandelt den Vorstoss in ein Postulat um.
Karl Willimann (SVP) attestiert Klaus Kirchmayr, er habe nicht immer "lätz" [Heiterkeit]. Auch er ist erstaunt über die Information aus dem AUE. Dort sind seines Wissens gute Leute angestellt, die bezüglich Technologie up to date sein sollten. Ganz klar sei bei der Photovoltaik der Energieäquivalent sehr schlecht, so lange man mit Siliciumplatten arbeite, da man für das Brennen von Silicium enorm viel elektrische oder auch fossile Energie braucht. Hier habe aber der Umschwung bereits eingesetzt mit der allgemein bekannten Dünnfilmtechnologie. So baue Oerlikon-Contraves im Fernen Osten ganze Anlagen mithilfe dieser Technologie. Zudem berichtete auch kürzlich die «Finanz und Wirtschaft», dass die Dünnschichttechnologie die Energiepreise herunterholt, und zwar von 70 auf 20 - 14 Rappen, je nachdem ob Massenproduktion oder noch nicht. Ganz klar sei dies in nächster Zeit Realität, bestärkt er die Aussage des Motionärs. Im Übrigen spiele es keine Rolle, ob der Vorstoss als Motion oder Postulat überwiesen wird; die Regierung sei mit ihrem Strategiebericht bereits auf dieser Schiene eingespurt.
[beifälliges Klopfen von links]
Gemäss Agathe Schuler (CVP) findet die CVP/EVP-Fraktion den Vorstoss grundsätzlich eine gute Sache, formal und inhaltlich sei er aber eher ein Postulat; in dieser Form würde man den Vorstoss unterstützen.
Daniela Gaugler (SVP) ist seitens SVP-Fraktion mehrheitlich für eine Überweisung in Form eines Postulates. Das Anliegen ist prüfenswert, geht aber als Motion zu weit. Dort, wo die Voraussetzungen ideal sind, wird heute schon in Betracht gezogen, eine Photovoltaik-Anlage zu montieren. Das Ganze muss aber auch finanziell tragbar sein. Als weitere Möglichkeit gäbe es auch die Vermietung von geeigneten Flächen an Betreiberfirmen; aus diesem Blickwinkel betrachtet, unterstützt man ein Postulat, lehnt aber eine Motion mehrheitlich ab.
Klaus Kirchmayr (Grüne) revanchiert sich lachend bei Karl Willimann, auch dieser sei nicht immer "lätz". Im Saal scheint Einstimmigkeit zu herrschen, und das Anliegen ist offenbar bei der Regierung angekommen. Er ist einverstanden mit der Umwandlung in ein Postulat, erhofft sich aber gleichzeitig, dass damit in Zukunft auf jedes neue Kantonsgebäude doch eine Photovoltaik-Anlage kommt.
Hanspeter Frey (FDP) stellt fest: Der Motionär hat seinen Vorstoss in ein Postulat umgewandelt, die Regierung ist bereit den Vorstoss als solches entgegenzunehmen. Gegenteilige Meinungen liegen nicht vor.
://: Damit ist die Motion Kirchmayr 2008/169 als Postulat überwiesen.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
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