Protokoll der Landratssitzung vom 26. Januar 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 26. Januar 2006 |
6
2005-248
vom 20. September 2005
Vorlage:
H2 Umfahrung Sissach, Chienbergtunnel: Berichterstattung des Regierungsrates zum Stand des Projekts und zu erteilten Aufträgen
- Bericht der Kommission vom:
12. Januar 2006
- Beschluss des Landrats < Kenntnis genommen >
Nr. 1608
Kommissionspräsident Peter Holinger , der an der heutigen Landratssitzung drei Vorlagen der Bau- und Planungskommission zu vertreten hat, beginnt mit dem in mehrerer Hinsicht schwergewichtigsten Geschäft, dem Chienbergtunnel, der nicht nur den Landrat, sondern auch die Baselbieter Bevölkerung und die Medien immer wieder beschäftigt. Schwierig ist das Geschäft insbesondere wegen der geologischen Gegebenheiten, wegen der Hebungen und Tagbrüche im bergmännischen Tunnelbau. Auch in Franken gemessen, ergibt sich mit den aktuell prognostizierten 326 Millionen Franken ein schwer wiegender Posten. Schwer wiegt dieser Chienbergtunnel aber auch bezüglich seiner Auswirkungen auf andere Bauwerke, die zeitlich verzögert oder gar nicht realisiert werden können. Bleibt zu hoffen, dass der Tunnel Ende 2006 eröffnet werden kann.
Die Bau- und Planungskommission hat den Bericht des Regierungsrates intensiv studiert und dabei auch ihre Rolle diskutiert. Selbstverständlich kann die Bau- und Planungskommission, die weder in der Funktion von Tunnelbauern noch von Juristen tätig ist, die Verantwortung nicht übernehmen. Anlässlich der Begehung vor Ort erhielt die Kommission immerhin den Eindruck, die Knautschsysteme würden funktionieren. Die Massnahmen leuchten ein, während gleichzeitig die verrückte Erkenntnis gewonnen wird, dass die erste Sanierung mit schwerstem Baugerät vor der Eröffnung des neuen Tunnels durchgeführt werden muss. Ein Trost, wenn auch ein schwacher, bleibt: Das Baselbiet ist mit seinen Tunnelproblemen nicht alleine, der Mitholztunnel im Kandertal macht Probleme, in der Transjuranne blieb die Bohrmaschine stecken und auch beim Lötschberg- und Gotthardbasistunnel mussten erhebliche technische und geologische Probleme mit hohen finanziellen und juristischen Auswirkungen gemeistert werden.
Die juristischen Abklärungen bezüglich des Chienbergtunnels sind noch nicht abgeschlossen. Es bleibt zu hoffen, dass die Ursachen der Hebungen und Tagbrüche sauber ermittelt werden können und dass mit der Haftpflichtversicherung womöglich aussergewöhnliche Lösungen getroffen werden können.
Die Bau- und Planungskommission nimmt den Bericht des Regierungsrates zur Kenntnis und empfiehlt dasselbe auch dem Landrat.
Im Anschluss an die Landratssitzung informiert der Kantonsingenieur über den Stand der Dinge und lädt in der Folge zu einer Tunnelbegehung ein.
Eine Korrektur zu Punkt C im Bericht: Der Bund sichert nicht Beiträge in der Höhe von 228 Millionen Franken zu, vielmehr sind 228 Millionen Franken beitragsberechtigt.
Urs Hintermann stimmt mit Peter Holinger überein, der feststellte, dass der Landrat den Bericht bloss zur Kenntnis nehmen und sich fragen kann, ob die gewonnenen Erkenntnisse nachvollziehbar und plausibel sind. Die SP-Fraktion hält die Ausführungen für nachvollziehbar. Die Frage, ob auch der Ostteil des Tunnels schon jetzt saniert werden soll, hat der Landrat an die Regierung delegiert, weshalb deren Entscheid nun auch zu akzeptieren ist.
Zu den Finanzen: Gemäss Bericht des Regierungsrates sollte der letzte Kreditstand ausreichen, eine Hoffnung, die auch die Bau- und Planungskommission teilt; im Speziellen geht sie davon aus, dass die noch strittigen Bundesbeiträge von zirka 16 Millionen Franken geleistet werden.
Die Hebungen im Tunnel konnten mit dem Einbau von Knautschelementen offenbar unter Kontrolle gebracht werden. Damit dürften aber nicht sämtliche Probleme, der Eröffnungstermin etwa, vom Tisch sein, doch sieht die SP zurzeit für den Landrat keinen Handlungsbedarf.
Der Landrat habe heute die Gelegenheit, einen bereits vier Monate alten, von den Medien teilweise unterschiedlich kommentierten Bericht, er stammt vom 20. September 2005, zur Kenntnis zu nehmen, stellt Gerhard Hasler voran.
Anlässlich der Beratungen in der Bau- und Planungskommission blieben einzelne Fragen unbeantwortet. Zum Tagbruch: Laut den Expertisen von Professor Kovari und der ETH Lausanne hätten der Tagbruch und die Kosten von 25 Millionen Franken vermieden werden können. Aufgrund des in der Folge des Tagbruchs notwendig gewordenen Umgehungsstollens wurde die Tunnelumgebung stark verletzt und verändert. Dies führte zum Wassereinbruch, der den Gipskeuper ausdehnte und dadurch Hebungen verursachte. Zumindest ein Teil der Massnahmen gegen die Hebungen müsste folglich zum Tagbruchschaden dazu gerechnet werden. Dies würde allerdings die Verhandlungen mit den Vertragspartnern erheblich erschweren.
Wie anlässlich der Begehung erfahren werden konnte, erfüllen die eingebauten Knautschzylinder ihre Funktion im vorgesehenen Masse. Festgestellt werden konnte auch, dass die Quellungen an einer bestimmten Stelle stärker auftreten als anderswo.
Fachleute werten die Ereignisse nicht als aussergewöhnlich, sie meinen, die aufgetretene Situation hätte vorausgesehen werden können. Nun steht aber fest, dass die Arbeiten für die Massnahmen mehr Zeit beanspruchen als geplant. Daraus könnte gefolgert werden, dass Mehrkosten auf den Bauherrn zukommen werden. Die Frage der Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit den Hebungen untersucht Professor Anagnostou von der ETH Zürich. Versprochen war sein Gutachten für das vierte Quartal 2005; die Baudirektorin möge darlegen, ob das Gutachten vorliege und was es beinhalte.
Zu den Finanzen: Die Kosten von 330 Millionen Franken sind an sich schon unerfreulich. Um so mehr ist darauf zu achten, dass der Betrag ausreichen wird. Die Endkostenprognose von 325,6 Millionen Franken per Juni 2005 lässt hoffen, dass die veranschlagte Summe von 330 Millionen inklusive Teuerung nicht überschritten wird. Die SVP fordert die Regierung auf, alles Notwendige zu unternehmen, damit sich der Bund mit den versprochenen 62 Prozent beteiligt.
Die Entwicklung der Hebungen wird mit umfangreichen Messungen beobachtet. Im Ostteil wurden indes bis zur In- angriffnahme von Massnahmen gegen die Hebungen keine Veränderungen festgestellt. Dass die mehrere Millionen Franken teuren Massnahmen aber auch im Ostteil durchgeführt wurden, lässt auf eine Überreaktion von Bauleitung und Regierung schliessen.
Die SVP freut sich auf den versprochenen Endtermin und hofft, ab Ende 2006 durch den für das Oberbaselbiet wichtigen und wertvollen Chienbergtunnel fahren zu dürfen. Gleichzeitig dankt die SVP der Regierung für den Bericht, hofft, in einem halben Jahr einen Bericht ohne Überraschungen kommentieren zu dürfen und nimmt den Bericht des Regierungsrates zur Kenntnis.
Rolf Richterich moniert vorweg die etwas skurille Situation, dass der Landrat über ein Geschäft befinden soll, über das er erst im Anschluss an die Sitzung vor Ort vertieft informiert wird.
Der Chienberg ist ein Oberbaselbieter "Rampass", er macht, was er will, schert sich nicht um Normen und Gesetzmässigkeiten. Trotzdem blinken die Zeichen, wie der Zwischenbericht verrät, auf Orange, was bedeutet, dass die Durchfahrt mit der gebotenen Vorsicht gestattet ist. Diese Beurteilung basiert auf Einschätzungen von - meist externen - Fachleuten, auf die Regierung und Parlament in hohem Masse angewiesen sind. Dieser Umstand könnte zu Glaubensfragen führen. Der Chienbergtunnel bildet deshalb ein Lehrstück für Regierung und Parlament, wie in Krisensituationen reagiert werden soll. Exekutive und Legislative suchten und fanden in enger Zusammenarbeit und stets klaren Verantwortlichkeiten Lösungen. Für die FDP steht letztlich im Vordergrund, dass der Tunnel planungsgemäss eröffnet und während der angestrebten 25 Jahre problemlos betrieben werden kann. Nur so werden für die nächsten, dringenden Projekte wieder Ressourcen frei.
Die FDP nimmt den Bericht zur Kenntnis und hofft, der Landrat werde weiterhin offensiv informiert.
Für Remo Franz hat sich gezeigt, dass Berichte wie der vorliegende für bedeutende Projekte sehr hilfreich sein können, indem sie der allgemeinen Verunsicherung entgegen wirken. Die Fraktion der CVP/EVP begrüsst zudem die aktive Informationspolitik der Bau- und Umweltschutzdirektion. Sie hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass rund um den unruhigen Berg eine gewisse Ruhe eingekehrt ist. Trotzdem soll nicht vergessen werden, dass der vorgelegte Bericht bereits vier Monate alt ist. Begrüssenswert wäre deshalb das Aufdatieren des Landrats auf den heutigen Wissenstand - oder zumindest die Bestätigung, dass die Aussagen im Bericht auch am heutigen Tag noch gültig sind. Von speziellem Interesse ist die Frage der Kosten und der Termine.
Die Ankündigung, den Tunnel noch in diesem Jahr eröffnen zu wollen, darf zu keinen weiteren Kosten führen. Der CVP/EVP-Fraktion geht es dabei nicht um das Einhalten der Kreditsumme, sondern darum, den Kredit gar nicht erst auszuschöpfen. Die Bevölkerung des Oberbaselbiets dürfte das kostspielige Geschenk auch etwas später noch dankbar entgegen nehmen.
Von Interesse ist auch der technische Zustand des Tunnels und die Frage, ob mit weiteren Überraschungen zu rechnen ist.
Die CVP/EVP-Fraktion bittet die Baudirektorin um Beantwortung der aufgeworfenen Fragen und nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Philipp Schoch stellt voran, die Grünen hätten den Bau des Chienbergtunnels schon immer bekämpft und unterstützten das kaum noch zu stopfende Loch auch heute nicht. Trotzdem, die Informationspolitik der BUD gefällt den Grünen, sie erwarten auch bei zukünftigen Projekten eine offene und umfassende Information, werden den Chienbergtunnel weiterhin sehr kritisch begleiten und hoffen im Rahmen weiterer möglicher Tunnelbauten auf eine etwas glücklichere Hand.
RP Elsbeth Schneider -Kenel bemerkt an die Adresse von Philipp Schoch, sie und die Verantwortlichen der BUD beobachteten und begleiteten den Chienbergtunnel selbstverständlich weiterhin sorgfältig, wie es die Verantwortung gebiete.
Die Baudrektorin dankt dem Landrat für die spürbare Bereitschaft, den Bericht heute zur Kenntnis zu nehmen. Dass der am 20. September 2005 von der BUD abgelieferte Bericht erst heute zur Debatte steht, gehört zu den demokratischen Spielen des Landrates. Immerhin 22 Landrätinnen und Landräte haben sich für die Führung durch den Tunnel im Anschluss an die Informationsveranstaltung mit dem Kantonsingenieur angemeldet. Allfällig nicht beantwortete Fragen können dann vor Ort geklärt werden.
Zu den Finanzen: Die Regierungspräsidentin gibt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die vom Landrat zur Verfügung gestellten Mittel knapp bemessen sind. Aktuell liegt die Endkostenprognose nur vier Millionen unterhalb des vom Landrat bewilligten Kredits. Soll der Kredit nicht überschritten werden, so darf absolut keine Überraschung mehr auftreten. Auch zeitlich sind die Reserven ausgeschöpft, wie der Kantonsingenieur noch darlegen wird; trotzdem sollte die Eröffnung im Dezember 2006 möglich sein.
Jene Landrätinnen und Landräte, die nicht an der Begehung des Tunnels teilnehmen können, sind gebeten, den Ausführungen des Kantonsingenieurs im Anschluss an die Landratssitzung zu folgen, um die Resultate der Abklärungen durch Professor Anagnostou zu erfahren.
Was der Landrat heute erfährt, betrifft den Wissenstand Januar 2006, über allfällige Veränderungen wird der Landrat selbstverständlich auf dem Laufenden gehalten.
://: Der Landrat nimmt die Berichterstattung des Regierungsrates zum Stand des Projektes H2 Umfahrung Sissach, Chienbergtunnel, und zu den erteilten Aufträgen mit 58 Stimmen ohne Gegenstimme bei 2 Enthaltungen zur Kenntnis.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung