Protokoll der Landratssitzung vom 15. Oktober 2009
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2009-087 vom 26. März 2009 Postulat der SVP-Fraktion: Defizitbremse: Budget 2010-12 ohne zwingende Steuererhöhung! - Beschluss des Landrats am 15. Oktober 2009 < überwiesen > |
Mirjam Würth (SP) hat den Eindruck, dass mit diesem Postulat um jeden Preis eine Steuererhöhung verhindert werden solle. Eigentlich handelt es sich um eine Forderung nach einer Generellen Aufgabenprüfung (GAP): Die Aufwandseite soll überprüft werden, um, wo möglich, Geld einzusparen.
Generell stellt sich die SP gegen den Abbau von staatlichen Aufgaben und Diensten, um diese nachher nicht privaten Unternehmern überlassen zu müssen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der in Zukunft mögliche Ausgabenüberschuss eine logische Folge der Steuererleichterungen aus den letzten Jahren ist. Diese Erleichterungen machen CHF 100 Millionen aus und entleeren langsam die Staatskasse. Es ist wichtig, diesen Mechanismus zu kennen und zu verstehen. Die SP wehrt sich entschieden dagegen, zuerst alle Steuern zu senken, anschliessend die staatlichen Aufgaben zu überprüfen, die zu teuren Aufgaben aus dem Pflichtenheft des Staates zu streichen und diesen auf diese Weise langsam kaputt zu sparen.
Die SP lehnt dieses Postulat entschieden ab.
Laut Karl Willimann (SVP) hatte die SVP bereits im Abstimmungskampf vor der Defizitbremse gewarnt. Die bisherige Regelung, dass jede Steuererhöhung obligatorisch dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werde, ist damit ausser Kraft gesetzt worden. Die Regierung beschwichtigte und betonte immer, die Defizitbremse wirke lediglich präventiv und disziplinierend auf die Budgetbeschlüsse des Landrats: Diese werde so zu einem Garanten einer nachhaltigen Finanzpolitik. Mittlerweile ist alles anders gekommen als ursprünglich prophezeit. Einmal mehr hat die SVP Recht bekommen.
Das Argument, die Ausgabenüberschüsse seien nur eine Folge der Steuererleichterungen, stimmt nicht. Vielmehr sind sie eine Folge der Tatsache, dass sich der Kanton Baselland, respektive der Landrat, finanziell übernommen hat «mit x Projekten» wie Uni Basel, Fachhochschule Nordwestschweiz, UKBB [Zwischenrufe von Seiten der Ratslinken: «H2!»], Kantonsspital Bruderholz, H2, Verwaltungsneubauten, Zentrumsleistungen «ad libitum» [d.h. nach Belieben] nach Basel-Stadt. Diesbezüglich hat der Finanzdirektor tatsächlich recht: «Das Leiden kommt vom Wünschen.»
Dieses Postulat soll deshalb auch präventiv wirken: Die Ausgaben können nicht ständig erhöht werden im Glauben, dabei ohne Steuererhöhung auszukommen. Die SVP will keine Steuererhöhungen und ist immer dagegen angetreten. Nun kommt das Schreckgespenst "finanzieller Horizont": Im Rahmen des Budget 2010 wird zu diskutieren sein, welche Prioritäten zu setzen sind. Was ist noch möglich? Was ist zurückzustellen? Der Aufwandüberschuss des Kantons ist zu reduzieren, indem auch - wie heute - erneut über die Aufteilung der Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden diskutiert wird.
Der Landrat möge dieses Postulat bitte überweisen, denn die Aussagen der Regierung in dieser Sache [siehe schriftliche Antwort zu Tr. 23] sind wirklich realistisch. Im Zusammenhang mit der Interpellation 2009/097 [Tr. 23] ist noch zu sagen, dass es dem Kanton Baselland nicht mehr so gut geht wie vor zwei Jahren, wenn es tatsächlich nötig werden sollte, gebundenes Eigenkapital umzuwidmen, um nicht schon nächstes Jahr - vor den Wahlen! - «in eine Steuererhöhung hineinzulaufen».
Klaus Kirchmayr (Grüne) unterstützt namens seiner Fraktion das Postulat. Es ist nichts Schlechtes an der Tatsache zu erkennen, dass man überprüft, was auf der Aufgabenseite erledigt werden muss. Klar ist, dass sich der Kanton finanziell übernommen hat. Die Verantwortung für die momentane Situation einzig und allein auf «ein paar Steuergeschenke» abzuschieben, ist falsch, auch wenn das eine gewisse Rolle gespielt hat. Es wäre verantwortungslos, in dieser Situation keine konzertierte Aktion zu unternehmen, die klärt, wie und wo welche Prioritäten zu setzen sind. So, wie sich das Budget präsentiert, wird es «ein paar schmerzhafte Schnitte» brauchen. Der Landrat ist gut beraten, das intelligent zu machen und sich das gut zu überlegen.
Nach Marianne Hollinger (FDP) ist auch die FDP für Überweisung dieses Postulats. Viele Gründe für die schwierige, finanzielle Lage des Kantons Baselland sind erwähnt worden, ohne vom wichtigsten zu sprechen: «Wir sind in einer Wirtschaftskrise, und zwar in einer Krise, die sich vom Ausmass her und von der Geschwindigkeit her, mit welcher diese hier eingetroffen ist, so noch gar nie ereignet hat. Es ist eine ganz aussergewöhnliche Situation, welche auch aussergewöhnliche Aufmerksamkeit und Handeln erfordert.» Hierfür ist dieses Postulat geeignet, und entsprechend ist auch dessen Überweisung richtig.
Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) beurteilt das Wort "Steuergeschenke" als verräterisch und hört dies sehr ungern: Der Gebrauch dieses Wortes sagt viel über das Bild aus, das man sich vom Steuerzahler macht. Der Kanton kann dem Steuerzahler aber gar nichts schenken, sondern dieser "schenkt" dem Kanton Steuern. Wenn dem Steuerzahler weniger «abgenommen» wird, ist dies sicher kein Geschenk.
Zur Defizitbremse: Dieses Instrument schreibt vor, dass zuerst die Aufwandseite zu überprüfen ist und dort Einsparungen vorzunehmen sind. Dieser Vorgang ist also normal, und insofern kriegt er bei der Erwähnung des Begriffs "Kaputtsparen" Hühnerhaut. Betrachtet man die Aufwandsteigerung des Kantons in den letzten 10 Jahren, kann man ganz sicher nicht von Sparen reden. Vielmehr wird einzig versucht, den Zuwachs beim Aufwand etwas zu dämpfen.
Klaus Kirchmayr (Grüne) möchte «den Seelenfrieden von Regierungsrat Adrian Ballmer bezüglich Steuergeschenke» noch ein wenig fördern. Die Grünen sind durchaus für Steuersenkungen zu gewinnen, um dies ein weiteres Mal festzuhalten. Aber von Steuergeschenken ist bei Steuersenkungen zu sprechen, wenn solche vorgenommen werden, ohne «ein bisschen das Gehirn einzuschalten» und ohne sich zu überlegen, welche Wirkungen diese haben werden. Hoffentlich ist es im Kanton gestattet, Steuersenkungen so einzusetzen, dass für jeden Franken, der nicht als Steuer eingezogen wird, anderswo die Wirtschaftsleistung gesteigert wird. Diesen Aspekt vermisst er im Postulat, und diese Chance will er auch nicht einfach so aus den Händen geben. Aber darüber wird später noch einmal zu diskutieren sein.
://: Der Landrat überweist mit 52:18 Stimmen bei 1 Enthaltung das Postulat 2009/087. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Michael Engesser, Landeskanzlei
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