Protokoll der Landratssitzung vom 13. März 2008
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2007-270 vom 1. November 2007
Motion der SVP-Fraktion: Senkung der Vermögenssteuer ist vordringlich
- Beschluss des Landrats am 13. März 2008: < überwiesen >
Nr. 389
Die Regierung ist bereit zur Entgegennahme der Motion, erklärt die Landratspräsidentin , und fragt nach allfälligen Gegenanträgen.
Ruedi Brassel (SP) spricht sich namens der SP-Fraktion gegen die Senkung der Vermögenssteuer und damit gegen die Motion aus. Er weist auf die in der letzten Zeit unternommenen diesbezüglichen Erleichterungen - Unternehmenssteuerreform, Erbschaftssteuer - hin. Eine zusätzliche Erleichterung beim Vermögen für die Bestgestellten brauche es nicht. Selbst was man im Steuerpaket 2006 zur Verfügung gestellt habe, sei so riesig an Nachlass auch nicht. Nun sei Einhalt geboten, auch im Hinblick auf den Finanzplan. Bei enormen Mindereinnahmen seien Erhöhungen zu erwarten. Zuerst soll diese Entwicklung beobachtet werden.
Ein paar grundsätzliche Überlegungen kommen dazu: Unser Steuersystem baut auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf. Dieser Grundsatz soll nicht geritzt und noch mehr angetastet werden durch Senkung der Vermögenssteuer. Schon Friedrich Schiller lasse Wilhelm Tell sagen: «Ein jeder wird besteuert nach Vermögen.» Genau diesen urpatriotischen Grundsatz sollte sich die SVP ein wenig mehr auf die Fahne schreiben. Das Reinvermögen in der Schweiz hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Und genau dort zu entlasten, wo steuermässig am meisten vorhanden ist, sei nicht recht. Mit einem Verweis auf den interkantonalen Steuerwettbewerb könne man dieser Problematik nicht ausweichen. Eine Steuerharmonisierung auf nationaler Ebene sei angesagt. Mittels einer entsprechenden Initiative [Steuergerechtigkeitsinitiative] will die SP dem ruinösen Steuerwettbewerb entgegen treten und die Steuerharmonisierung vorantreiben. Die vorliegende Motion bewirkt das Gegenteil und wird daher abgelehnt.
Karl Willimann (SVP) vertritt die gegenteilige Meinung und meint, im Kanton Baselland sei in letzter Zeit doch einiges unternommen worden in Bezug auf Einkommenssteuer, Unternehmens- und Erbschaftssteuer. Von diesen Entlastungen hätten vor allem Familien und tiefere Einkommen profitiert. Im kantonalen Vergleich stehe man aber bei der Vermögenssteuer tatsächlich schlecht da. So weiss er von einer Person, die aus dem Baselbiet ausgewandert ist in einen 'dieser' Kantone mit günstigem Steuersatz, und allein dieser Transfer habe bei der Person eine Vermögenssteuerreduktion von mehreren hunderttausend Franken pro Jahr zur Folge. Dieses Geld könnte man auch gut im Kanton gebrauchen. Zudem habe eine Steuersenkung nicht zwingend Mindereinnahmen zur Folge. Um sich bei allen Steuerarten wieder einigermassen im steuerlichen Mittelfeld zu bewegen, gelte es nun nachzuziehen. Die SVP empfiehlt Überweisung der Motion.
Auch Daniela Schneeberger (FDP) und die FDP-Fraktion sind klar für Überweisung der Motion. Es sei jetzt höchste Zeit für eine Vermögenssteuerrevision. Das Baselbiet habe einen der höchsten Tarife schweizweit. Nach wie vor muss der Kanton zu seinem Steuersubstrat Sorge tragen. Bekannt sei auch, dass es immer wieder 'Abwanderungsgelüste' gibt, obwohl man das nicht gern höre. Davon sei auch in der Praxis, bei der Steuerberatung, immer wieder zu hören. Immerhin waren im Jahr 2006 in der Rechnung fast 120 Mio Franken Vermögenssteuereinnahmen ausgewiesen. Ziehen diese nach und nach weg, so müsse man schauen, wie sie wieder reingeholt werden können.
Natürlich gelten neben den Steuersätzen noch andere Standortfaktoren, welche aber ihrerseits finanziert werden müssen, und zwar u.a. durch gute Steuerzahler. Die FDP-Fraktion wies bereits bei der Unternehmenssteuerreform darauf hin, dass auch bei der Vermögenssteuer eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung besteht, indem die Aktie beim Unternehmen und bei der natürlichen Person (Besitzer) versteuert werden muss. Man stimmt der Motion zu.
Seitens CVP/EVP-Fraktion gibt auch Thomi Jourdan (EVP) zu bedenken, dass den vermutlich wenigen Steuerzahlern, deren Vermögenssteuerabgaben sehr viel "einschenken", weiterhin Sorge getragen werden sollte. Zweifel über die Richtigkeit der Entwicklungsrichtung des zur Zeit laufenden Steuerwettbewerbs seien zwar berechtigt. Aber so lange es auf nationaler Ebene keine anders lautende Gesetzgebung gebe, müsse man sich diesem Steuerwettbewerb stellen. Zudem gelte es zu prüfen, ob dieser Steuerwettbewerb tatsächlich so ruinöse Auswirkungen habe. Seines Erachtens gehören gerade die erfolgreichen und finanziell gut gestellten Kantone tendenziell zu den steuergünstigen Kantonen. Umgekehrt stehen die als 'Steuerhölle' betitelten Kantone finanziell meistens eher schwächer da. Insofern kann Thomi Jourdan einem gewissen Steuerwettbewerb durchaus Gutes abgewinnen. Letztlich profitieren seiner Ansicht nach alle davon, wenn die wenigen guten Steuerzahler im Kanton verbleiben. Ziehen diese Leute weg, welche immerhin 120 Mio Franken beisteuren, so sei die Allgemeinheit nicht in der Lage, dies auszugleichen. Die CVP/EVP-Fraktion stützt die Motion und bittet um Überweisung.
Klaus Kirchmayr (Grüne) glaubt zwar, der bereits vielgenannte Steuerwettbewerb sei generell in der Schweiz ein grosser Standortvorteil und führe zu einer effizienten Mittelverwendung. Daher anerkennt man auch einen gewissen Handlungsbedarf bei den Vermögenssteuern. Nun komme jedoch das grosse Aber, man hält es für die falsche Prioritätensetzung in der Steuerpolitik. Bereits wurde auf eidgenössischer wie kantonaler Ebene die Dividendenbesteuerung massiv gelockert, was genau die Leute mit relativ starken Vermögen bereits entlastet. Es sei verfehlt, jetzt nochmals einen Schritt für dieselbe Klientel zu tun. Sollte es sich tatsächlich erweisen, dass der Kanton in der Lage ist, eine Steuererleichterung zu finanzieren - was man angesichts der wie Pilze aus dem Boden schiessenden Projekte in Millionenbetragshöhe zu bezweifeln wagt -, so wäre es jetzt an der Zeit, nach einer Entlastung der Vermögenden, etwas mehr für das zukünftige Steuersubstrat auf Einkommenssteuerseite zu sorgen, indem Familien - die eine wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft leisten - weiter entlastet und gefördert werden. In diesem Sinne werden die Grünen die Motion ablehnen.
Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) bittet darum, die Frage nicht ideologisch sondern rational zu betrachten. Man lebe nicht in einem geschlossenen System mit Mauern ums Land oder den Kanton und ebenso wenig könne man erklären, die hier Lebenden hätten hier zu bleiben, um sie dann anschliessend "zu melken" so viel man will... Es geht letztlich um die Standortattraktivität. Wohlhabende, natürliche Personen sollen nicht aus Steuergründen aus dem Kanton Basel-Landschaft wegziehen. Im interkantonalen Vergleich belegt BL bei einem Vermögen von einer Million Franken den 23. Platz, ab einem Vermögen von 5 Mio Franken sogar den 24. Platz aller Kantone. Und es handelt sich um eine relativ geringe Anzahl von Personen, die diese Vermögenssteuer (Budget 2008: 121 Mio) bringen. Es sei eine Frage der politischen Klugheit, auch zu diesen Personen zu schauen. Im Übrigen gelte der Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in der ganzen Schweiz und nicht nur im Kanton Basel-Landschaft. Im Baselbiet gibt es relativ wenige grosse Vermögen. So habe eine Ecoplan-Studie in Zusammenhang mit dem NFA-Ressourcenausgleich aufgezeigt, dass der Kanton BL nicht nur in Bezug auf den Steuersatz hoch ist, sondern auch relativ wenige hohe Vermögen aufweist. Nach Ansicht des Finanzdirektors besteht hier ein gewisser Zusammenhang. Es gelte, das Ganze nicht nur 'statisch' zu betrachten. Als Kaufmann könne man auch mehr verdienen, wenn der Preis sinkt und man deswegen mehr verkauft. Diese Variante wäre immerhin auch denkbar. Wer den Preis hochhalten wolle, müsse mindestens seinen Kunden beibringen können, dass er irgendwo in einem Premium-Segment ist, damit der Preis bezahlt wird. Solche Diskussionen habe der Finanzdirektor zuweilen zu führen und es sei nicht immer ganz einfach...
Klaus Kirchmayr entgegnet er, hier handle es sich eben nicht um genau dieselbe Klientel, die von der wirtschaftlichen Doppelbelastung betroffen sei. Primär sind diejenigen Personen heikel, welche aus dem Erwerbsleben ausscheiden. So lange sie im Erwerbsleben sind, ist die Bindung an den Standort noch wesentlich grösser. Scheiden sie aus dem Erwerbsleben aus und legen ihr Vermögen nach anderen Kriterien an, so ist das Risiko eines Wegzugs deutlich höher. Im Kanton gibt es immerhin einige, die sich mit dem Gedanken daran tragen, auch sind schon welche weggezogen. So habe er etwa vor nicht allzu langer Zeit von jemandem die Mitteilung seines neuen Wohnsitzkantons erhalten, ohne dass eine Abmeldung stattgefunden habe; Letzteres sei durchaus üblich. Es nütze nun nichts, hinterher zu weinen. Vielmehr gelte es, sich mit dem Problem auseinander zu setzen. Sein Ziel sei nicht die Entlastung von Vermögenden, sondern eine Optimierung des Steuersubstrats; mehr Steuersubstrat, das weniger belastet wird, um anschliessend Mehreinnahmen zu generieren. Falsche Entscheide können zu nachhaltigen Verlusten führen. Solche habe es in den siebziger Jahren durch den Abgang grosser Vermögen gegeben, weil das Steuerklima nicht mehr stimmte.
Keine weiteren Wortbegehren.
://: Der Landrat überweist die Motion 2007/279 mit 46 Ja- zu 22 Neinstimmen bei 1 Enthaltung. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
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