Protokoll der Landratssitzung vom 15. Januar 2009

Nr. 1001

Landratspräsident Peter Holinger (SVP) begrüsst den neuen Kantonsgerichtspräsidenten Andreas Brunner ganz herzlich im Landrat. Er wurde von der Ratskonferenz aufgrund eines Zirkularentscheides eingeladen.


Heute sollen zu diesem wichtigen Geschäft die Eintretensdebatte und die Detailberatung zumindest bis zu § 4 EG StPO durchgeführt werden.


- Ordnungsantrag


Klaus Kirchmayr (Grüne) hält es angesichts der fortgeschrittenen Zeit für unwahrscheinlich, dass die Eintretensdebatte zu diesem umfangreichen Geschäft abgeschlossen werden kann. Es ist aber wichtig, dass alle Fraktionen sich heute zum Eintreten äussern können.


Deshalb stellt Klaus Kirchmayr den Ordnungsantrag, dieses Traktandum bis zur nächsten Landratssitzung auszustellen und mit Traktandum 18 fortzufahren.


Der Präsident der Justiz- und Sicherheitskommission (JSK), Ivo Corvini (CVP), hält dazu fest, das Eintreten sei in der Kommission völlig unbestritten gewesen, weil mit der Vorlage Bundesrecht umgesetzt wird. Nichteintreten ist also gar keine Option. Aufgrund der Beschlüsse zu § 4 EG StPO müsste das Geschäft allenfalls in die Kommission zurückgenommen werden, und damit es nicht zu grösseren Verzögerungen kommt, ist es besser, heute die Beratungen soweit durchzuführen.


://: Der Ordnungsantrag von Klaus Kirchmayr auf Absetzung des Traktandums 17 wird mit 26:42 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. [ Namenliste ]


JSK-Präsident Ivo Corvini (CVP) führt aus, die neue schweizerische Strafprozessordnung werde voraussichtlich per 1. Januar 2011 in Kraft treten. Dies hat im Kanton Baselland grosse Änderungen und Neuerungen zur Folge.


Besonders hervorzuheben ist dabei der Wechsel vom zweistufigen (Statthalterämter und Staatsanwaltschaft) zum einstufigen Verfahren der Strafermittlung und -verfolgung. Künftig wird die Staatsanwaltschaft sowohl untersuchende als auch anklageerhebende Behörde sein.


Für die Details sei auf den ausführlichen Kommissionsbericht verwiesen. Nur ein paar spezielle Punkte sollen noch besonders hervorgehoben werden:


Während der Detailberatung werden noch einige rein redaktionelle Änderungen nachzutragen sein. Das Geschäft ist sehr umfangreich - die Vorlage wurde während insgesamt elf JSK-Sitzungen behandelt -, viele Bestimmungen wurden immer wieder abgeändert, und trotz Prüfung durch die Redaktionskommission sind nun noch einige redaktionelle Mängel bestanden geblieben, die es zu beheben gilt.


Die Justiz- und Sicherheitskommission beantragt dem Landrat mit 6:5 Stimmen, dem EG StPO und der revidierten Kantonsverfassung in der Kommissionsfassung zuzustimmen. Einstimmig beantragt die Kommission zudem, das ausserordentliche Strafgerichtspräsidium per sofort in ein ordentliches umzuwandeln und § 4 des Gerichtsorganisationsgesetzes entsprechend zu ändern.



- Eintretensdebatte

Regula Meschberger (SP) betont, dem Kanton stehe eine eigentliche Umwälzung der Strafverfolgung bevor. Nötig wird dies durch den Vollzug von Bundesrecht, konkret durch die eidgenössische Strafprozessordnung.


Es ist eine echte Leistung, dass dieses Bundesgesetz endlich vorliegt, das eine einheitliche Strafprozessordnung im ganzen Land einführt. Das Bundesgesetz hat zur Folge, dass das bisherige Verfahren im Kanton - Untersuchung durch die Statthalterämter, Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft - durch ein einstufiges Verfahren abgelöst wird. Dies führt zwangsläufig zur Frage, wer die Aufsicht über die neue Staatsanwaltschaft innehaben soll; bisher wurden die Statthalterämter vom Kantonsgericht beaufsichtigt und die Staatsanwaltschaft von der Regierung. Ebenso wichtig wie die Aufsicht ist aber auch die Organisation der Staatsanwaltschaft.


Einen Wermutstropfen enthält die Umstellung auf die eidgenössische Strafprozessordnung: Das im Kanton erst vor kurzem beschlossene Meldewesen im Fall der Kinderpornographie oder der Verletzung der sexuellen Integrität von Kindern wird künftig nicht mehr möglich sein. Das Thema muss im Auge behalten und möglichst im Bundesparlament wieder auf den Tisch gebracht werden.


Die SP-Fraktion ist für Eintreten auf die Vorlage. Das Hauptthema ist denn auch nicht das Gesetz im Einzelnen, sondern jetzt gilt es, sich über den Kommissionsbericht zu unterhalten, der nach Meinung der SP-Fraktion klar tendenziös, ja eigentlich skandalös ist.


Die SP-Mitglieder der JSK müssen sich selber an der Nase nehmen, haben sie doch nicht darauf bestanden, den Berichtsentwurf sehen zu können. Sie haben darauf vertraut, dass die Berichterstattung korrekt erfolgt und der Diskussion in der Kommission tatsächlich entspricht - dies ist aber nicht der Fall.


Dem Bericht ist eine Beilage angeheftet - «EG StPO: Aufsicht über die Staatsanwaltschaft; Variante Zuordnung zum Regierungsrat mit Fachkommission» -, die in dieser Form nie in der Kommission diskutiert worden ist. Es ist klar, dass auch Minderheitsmeinungen in einem Kommissionsbericht abgebildet werden dürfen; aber nur Minderheitsmeinungen, die in der Kommission besprochen worden sind. Und das genannte Papier wurde zu keinem Zeitpunkt diskutiert.


Tendenziös erscheint der Bericht auch, wenn man bedenkt, wie viel Platz die Aufsicht durch den Staatsanwaltschaftsrat einer- und die Aufsicht durch die Regierung mit einer Fachkommission andererseits einnimmt. Vor allem sprachlich sind gewaltige Unterschiede feststellbar: Die Vorteile der Variante «Staatsanwaltschaftsrat» sind alle im Konjunktiv beschrieben, während die Angaben zur Variante «Regierung mit Fachkommission», die in der Kommission nicht diskutiert worden ist, im Indikativ gehalten sind. Das geht doch nicht!


Richtigerweise werden bei der Variante «Staatsanwaltschaftsrat» auch Nachteile aufgeführt - das wurde in der Kommission so diskutiert. Aber bei der Variante «Regierung mit Fachkommission» kommen nur Vorteile zur Sprache - kein Wunder: Das wurde in der Kommission nämlich gar nicht besprochen. Dabei hat dieses Modell ganz gewichtige Nachteile. Die Fachkommission hat zum einen keinerlei Kompetenzen, und durch die Einsitznahme zweier Strafgerichtspräsidien wird die Unabhängigkeit verletzt, müssen doch genau diese über die Anklagen der Staatsanwaltschaft entscheiden.


Gegenüber der Variante «Staatsanwaltschaftsrat» wird der Vorwurf laut, es erfolge eine Vermischung von exekutiven, legislativen und judikativen Kompetenzen; das mag ja sein, aber was ist denn mit dieser Fachkommission? Auch dort kommt es genau so zu einer Vermischung der Gewalten.


Ein ganz gewichtiger Nachteil bei der Aufsicht durch die Regierung ist die politische Einflussnahme; man sehe sich nur einmal in Europa um: überall kommt es zu solchen Beeinflussungen, auch in der Schweiz. Es behauptet niemand, dass so etwas zur Zeit im Baselbiet vorkomme. Aber vor ein paar Jahren ist es auch hier passiert, wie ganz konkrete Beispiele belegen. Die Gefahr der politischen Einflussnahme ist gross, wenn der Regierungsrat die Strafuntersuchung beaufsichtigt.


Über die Schaffung eines Justizrates wird - nicht zuletzt wegen vieler Fälle von Beeinflussung durch die Politik - zurzeit in ganz Europa diskutiert. Es muss ein demokratisches Anliegen sein, dass die Justiz unabhängig wirken kann. Damit dies gewährleistet werden kann, bedarf es auch einer unabhängigen Kontrolle über die Justiz. Dafür ist der Justizrat eine gute Möglichkeit; ein solcher existiert schon in einigen wenigen Kantonen. Nach Ansicht der SP-Fraktion wäre der Staatsanwaltschaftsrat ein erster Schritt hin zu einem Justizrat.


Die Aufsicht durch die Regierung kommt für die SP-Fraktion aus den genannten Gründen auf keinen Fall in Frage. Sollte der Landrat sich mehrheitlich gegen einen Staatsanwaltschaftsrat aussprechen, würde sich die SP-Fraktion klar dafür aussprechen, dass die Aufsicht dem Kantonsgericht übertragen wird; diese Variante ist ja in der regierungsrätlichen Vorlage ebenfalls als mögliche Lösung enthalten.


Es gibt weitere Ungereimtheiten im Kommissionsbericht. So betont der Präsident, er habe den Kantonsgerichtspräsidenten bei den Beratungen nicht dabei haben wollen, die Kommission habe dies aber gewünscht - was hat so etwas in einem Kommissionsbericht zu suchen, ausser wenn man bestimmte Ziele damit verfolgen wollte?


Das gleiche gilt auch für die Ausführungen zum Abstimmungsprozedere auf Seite 3 des Berichts. Man kann geteilter Meinung sein, ob das gewählte Abstimmungsverfahren richtig war oder nicht. Aber das Vorgehen wurde intensiv diskutiert und mit einer grossen Mehrheit beschlossen; zudem ist es nicht rechtswidrig. Dass der Präsident mit diesem Vorgehen nicht einverstanden ist, kann akzeptiert werden - aber was hat diese Meinung im Bericht zu suchen?


Auf Seite 4 steht, dass, wenn die Aufsicht nicht beim Kantonsgericht läge und die Justizverwaltung nicht für die Administration des Staatsanwaltschaftsrates zuständig wäre, die Stellenprozente überprüft werden müssten. Diese Frage ist aber eine rein operative und fällt nicht in die Kompetenz des Landrates. Er kann höchstens in der Budgetdebatte darüber diskutieren - aber im vorliegenden Bericht hat diese Aussage nichts verloren.


Zudem enthält der Bericht auf Seite 5 auch einen eigentlichen Fehler: Die Aussagen zu § 11 Absatz 2 stimmen schlicht nicht. Der Gesetzestext ist offen formuliert. Die Kommission hat zwar durchaus diskutiert, ob es sinnvoll wäre, die künftigen verschiedenen Staatsanwaltschaften zu spezialisieren - so wie schon das heutige, für Wirtschaftsdelikte zuständige BUR -, aber es wurde bewusst kein entsprechender Beschluss gefasst. Die gewählte offene Formulierung lässt den nötigen Gestaltungsspielraum für die neue Staatsanwaltschaft offen. Sie muss entscheiden, ob sie sich nach geographischen oder fachlichen Gesichtspunkten organisieren möchte. Vielleicht gibt es in Zukunft Fachrichtungen, von denen man heute noch gar nichts ahnt.


Die SP-Fraktion stimmt dem Antrag 1 der Kommission und somit dem nun vorliegenden Gesetz zu. Aber dem Antrag 2 hat die Kommission allzu rasch, ohne viel zu überlegen, nach der Schlussabstimmung noch zugestimmt. Nach einigem Überlegen kommt die SP-Fraktion zum Schluss, dieser Antrag sei abzulehnen. Im Gerichtsorganisationsdekret sind fünf Strafgerichtspräsidien vorgesehen: die vier bisherigen ordentlichen Präsidien plus ein neues, das vom bisherigen Verfahrensgericht her kommt - denn das neue Strafgericht ist gleichzeitig auch das Zwangsmassnahmengericht, also braucht es den Transfer dieser Stelle. Das heutige fünfte, ausserordentliche Strafgerichtspräsidium muss im Auftrag des Landrates evaluiert werden, und das Kantonsgericht muss eine Entscheidgrundlage liefern, ob dieses Präsidium in ein ordentliches umgewandelt werden solle. Die Fallzahlen, die Ende 2008 erhoben worden sind, weisen, wie eine Rücksprache mit dem Kantonsgerichtspräsidenten zeigt, deutlich darauf hin, dass die Überführung des ausserordentlichen in ein ordentliches Präsidium nötig sein werde. Dann gibt es folglich sechs Präsidien. Der Landrat sollte nun aber seinen eigenen Prinzipien nicht untreu werden, sondern die Fakten abwarten und dann sauber entscheiden.


Dominik Straumann (SVP) erklärt, die SVP habe sich schon in der Vernehmlassung für die Aufsicht durch den Regierungsrat ausgesprochen und gegen die Aufsicht durch das Kantonsgericht, geschweige denn durch einen Justiz- oder Staatsanwaltschaftsrat. Diesbezüglich ist die SVP-Fraktion in der Kommission unterlegen und wird deshalb heute wieder den Antrag stellen, die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft in § 4 dem Regierungsrat zu übertragen.


Ausserdem wird die SVP-Fraktion einen Antrag zu § 18 stellen: Das Berufungsgericht kann dort, im Vergleich zu § 17, über eine andere Zeitdauer von Freiheitsentzügen befinden als das erstinstanzliche Strafgericht.


Zu § 11 Absatz 2 schliesst sich die SVP-Fraktion der Kritik von Regula Meschberger an: Der Gesetzestext ist sehr offen formuliert, und auch in den Kommissionsprotokollen sind Voten festgehalten, die sich für diese Lesart aussprechen. Die Kommission war sich einig, dass eine rein örtliche Zuständigkeit nicht mehr zwingend notwendig sei. Der Bericht erweckt nun den Anschein, eine fachliche Zuordnung sei zwingend. Das wäre aber zum heutigen Zeitpunkt und mit der gegebenen räumlichen Struktur der künftigen Staatsanwaltschaft verfrüht.


Zu den übrigen Punkten wird die SVP-Fraktion in der Detailberatung Stellung nehmen; sie tritt auf die Vorlage ein.


Auch die freinsinnige Fraktion tritt laut Daniele Ceccarelli (FDP) auf die Vorlage ein - es geht gar nicht anders.


Es hat sehr lange gedauert und viel Überzeugungsarbeit gebraucht, bis in der Schweiz die heute 27 verschiedenen Strafprozessordungen durch eine einzige gemeinsame StPO abgelöst werden konnten. Der Rechtsuchende, also der Angeschuldigte, und seine Anwälte mussten sich bisher durch ein Dickicht ziemlich verschiedener Strafprozessordnungen durchkämpfen. Gerade im Strafrecht, in dem sich der Staat und der Angeschuldigte gegenüber stehen und in dem dem Angeschuldigten empfindliche Eingriffe in sein Leben und in seine Freiheit drohen, ist es von zentraler Bedeutung, dass für die selbe Tat in etwa die gleiche Strafe ausgefällt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Landesteil die Tat beurteilt wird.


Der Weg zur Ermittlung, ob sich ein Mensch strafbar gemacht hat oder nicht, wird in der Strafprozessordnung festgelegt. Dabei haben sich Standards und Verfahrensgarantien über lange Zeit entwickelt, die vor allem den Zweck haben, einen Unschuldigen vor Bestrafung zu beschützen. Eine bundesweit geltenden Strafprozessordnung ist eine bedeutende Neuerung, ein grosser Fortschritt für die Schweiz und ein Ausdruck davon, dass in der Schweiz als einem demokratischen Rechtsstaat danach gestrebt wird, eine gerechte Bestrafung für ein Delikt zu erreichen, ungeachtet des Tatorts.


Bis zum 1. Januar 2011, wenn die Bundes-StPO in Kraft tritt, müssen die Kantone die Organisation ihrer Strafverfolgungsbehörden dem neuen Bundesgesetz anpassen.


Einige Bemerkungen zum Kommissionsbericht sind an dieser Stelle angebracht. Seine Lektüre hat grösstes Befremden ausgelöst. Bei einem solch bedeutenden Geschäft wäre - ohne dass in der Kommission ein entsprechender Antrag hätte gestellt werden müssen - ein Koreferat zum Bericht angezeigt gewesen, oder allenfalls hätte der Berichtsentwurf auch der ganzen Kommission zur Einsicht zugestellt werden sollen. Wäre das geschehen, sähen heute wesentliche Teile des Berichts ganz anders aus.


Regula Meschberger hat Recht: Der Bericht ist tendenziös abgefasst und gibt zum Teil Einzelmeinungen wieder.


Die von der Kommission beantragte Lösung betreffend die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft wird nicht neutral wiedergegeben; teilweise spiegelt der Bericht diesbezüglich nicht die Kommissionsberatungen wider. Das geht so weit, dass eine vom Präsidenten präferierte Variante, die in der Kommission unterlegen und kaum diskutiert worden ist, beigeheftet wird. 100 Zeilen sind der Aufsichtsvariante «Staatsanwaltschaftsrat», die von der Kommission beantragt wird, gewidmet und 96 Zeilen der vom Kommissionspräsidenten bevorzugten Variante «Regierungsrat».


Zu einigen Ausführungen zur letztgenannten Variante drängen sich Bemerkungen auf:


So wird behauptet, durch den Staatsanwaltschaftsrat werde eine vierte Gewalt geschaffen - das ist falsch: Der Staatsanwaltschaftsrat wäre kein direktdemokratisch legitimiertes Gremium, sondern laut dem Gesetzesentwurf würden dem Staatsanwaltschaftsrat der/die Sicherheitsdirektor/in und der/die Kantonsgerichtspräsident/in ex officio angehören, und drei weitere Mitglieder würden vom Landrat gewählt. Im übrigen sieht der Entwurf auch vor, dass der Landrat die Oberaufsicht über den Staatsanwaltschaftsrat hat. Der Staatsanwaltschaftsrat rapportiert der landrätlichen Justiz- und Sicherheitskommission, kann damit nicht als vierte Gewalt bezeichnet werden.


Gemäss der dem Bericht angefügten Variante für eine Aufsicht durch die Regierung nimmt der Regierungsrat die Aufsicht, d.h. insbesondere die Inspektion als wesentlichste Aufsichtsaufgabe, gar nicht selbst wahr. Er prüft also nicht selber, ob in der Staatsanwaltschaft rasch, korrekt und umsichtig gearbeitet wird. Diese Inspektion soll eine Fachkommission durchführen; die Regierung wird also, statt selber die Aufsicht wahrzunehmen, nur zusammenfassende Berichte erhalten von einem ihr untergeordneten Gremium. Insofern ist die Fachkommission pikanterweise dem Staatsanwaltschaftsrat nicht unähnlich.


Der im Bericht genannte Vorteil der Fachkommission, es würde keine neue Staatsgewalt geschaffen, ist die tendenziöse Umkehr der Behauptung, beim Staatsanwaltschaftsrat handle es sich um eine vierte Gewalt.


Zudem wird im Bericht darauf hingewiesen, dass nicht nur im Baselbiet Stimmberechtigte in den Staatsanwaltschaftsrat gewählt werden können; die Mitglieder des Gremiums müssen zwar über das Schweizer Bürgerrecht verfügen, aber nicht im Kanton Basel-Landschaft wohnen. Als ob es eine Rolle spielte, ob eine Fachperson im Bereich Strafverfolgung im Kanton Baselland, Basel-Stadt oder wo auch immer lebt, um beurteilen zu können, ob die Staatsanwaltschaft richtig arbeitet oder nicht! Das ist reine Stimmungsmache!


Weiter wird behauptet, es seien nicht genügend Fachleute für einen Staatsanwaltschaftsrat zu finden. Das ist eine reine Behauptung, die nicht belegt ist.


Weiter wird behauptet, es sei bei der Variante «Regierungsrat mit Fachkommission» sichergestellt, dass ausschliesslich Leute mit genügender Fachkompetenz im Aufsichtsgremium vertreten seien. Implizit wird damit dem Kantonsgericht die juristische Fachkompetenz abgesprochen, strafrechtliche Sachverhalte beurteilen zu können. Das ist absurd!


Wenn der Regierungsrat selber die Aufsicht nicht wahrnehmen kann und diese Aufgabe an eine Fachkommission weiter delegiert, wer ist dann in Tat und Wahrheit die Aufsichtsbehörde?


Für jede Tätigkeit der Justiz, sei es im Zivil-, im Straf- oder im öffentlichen Recht, ist die Unabhängigkeit von äusseren Einflüssen in den Gang der justiziellen Arbeit von essenzieller Bedeutung. Nur eine unabhängige Justiz schützt den Bürger vor staatlicher Willkür. Es muss daher das oberste Ziel der Strafjustiz sein, sich so zu organisieren, dass diese Unabhängigkeit gewahrt bleibt.


Den Aufsichtsvarianten «Regierungsrat» und «Kantonsgericht» soll nicht unterstellt werden, dass mit ihnen bewusst Abhängigkeiten geschafft würden. Aber das Risiko wäre latent vorhanden. Deshalb stellt die Variante «Staatsanwaltschaftsrat» einen guten Kompromiss dar.


In der FDP-Fraktion wurde das Geschäft sehr intensiv diskutiert. Es gibt Stimmen für alle drei Aufsichtsmodelle; deshalb hat die Fraktion in dieser Frage Stimmfreigabe beschlossen.


In Bezug auf § 11 Absatz 2 schliesst sich Daniele Ceccarelli der Kritik seines Vorredners und dessen Vorrednerin an. Der jetzt vorliegende Gesetzestext - «Jede Hauptabteilung ist für eine oder mehrere Deliktsgruppen zuständig» - ist absolut ausreichend und geeignet, der Staatsanwaltschaft den notwendigen Spielraum zu gewähren: sie kann sich entweder - wie beim heutigen BUR - rein mit fachlicher Abgrenzung organisieren oder - wie bei den heutigen Statthalterämtern - örtlich. Persönlich zieht Daniele Ceccarelli das baselstädtische Modell einer rein fachlichen Anbindung vor; aber diese Frage ist in der Tat nicht a fond diskutiert worden, und es sind auch keine Anträge gestellt worden. Die Bestimmung, so wie sie jetzt lautet, lässt die Organisation offen. Die Kommission wollte weder eine rein fachliche noch eine rein örtliche Anbindung.


Zum Antrag bezüglich der Strafgerichtspräsidien: Die Einwände Regula Meschbergers scheinen berechtigt; dieser Frage muss bis zur nächsten Sitzung noch nachgegangen werden.


Landratspräsident Peter Holinger (SVP) bittet in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit um möglichst kurze Voten, so dass zumindest die Eintretensdebatte noch beendet werden kann.


Christine Gorrengourt (CVP) erklärt, auch die CVP/EVP-Fraktion trete auf die Vorlage ein.


Zur Kritik am Kommissionsbericht: Ob etwas «tendenziös» ist, ist eine subjektive Einschätzung und hängt nicht zuletzt vom politischen Standpunkt ab. Sicher nicht subjektiv ist aber, was im Bericht zu § 11 Absatz 2 steht. Wer die Kommissionsprotokolle nachliest, stellt fest, dass am 23. Juni 2008 die meisten Fraktionen sich für eine fachliche Zuordnung ausgesprochen haben. Und der Bericht hat zur Aufgabe, die Beratungen nachzuzeichnen - diese Anforderung erfüllt er. Tatsächlich ist der Gesetzestext viel offener formuliert als es die Kommission diskutiert hat. Passt dies jemandem nicht, muss er im Landrat klarstellen, dass es eigentlich nicht so gemeint war; aber man kann dafür nicht die Schuld dem Kommissionspräsidenten geben.


Die CVP hat sich schon in der Vernehmlassung für die Aufsicht durch die Regierung - unterstützt durch eine Fachkommission - ausgesprochen. Diese Version war dann in der regierungsrätlichen Vorlage enthalten, und in der Detailberatung wird die CVP/EVP-Fraktion einen entsprechenden Antrag stellen.


Klaus Kirchmayr (Grüne) gibt bekannt, dass auch die grüne Fraktion auf die Vorlage eintrete. Sie ist froh, dass es endlich eine einheitliche StPO für die ganze Schweiz gibt. Nun müssen die Kantone Einführungsgesetze erlassen, in denen die Zuständigkeiten und Kompetenzen geregelt werden. In gewissen Kantonen, wie etwa Basel-Stadt, braucht es kaum Anpassungen; in anderen, so auch im Baselbiet, sind viele Anpassungen nötig. Entsprechend umfangreich waren auch die Beratungen in der Kommission, die seriös gearbeitet hat. Die Behandlung dieses Geschäftes war eine sehr positive Erfahrung: Es wurden viele externe Fachleute angehört, und die Kommission konnte auf die sachkundige Unterstützung der Kantonsgerichtsspitze mit Peter Meier und Andreas Brunner sowie der Sicherheitsdirektion mit Regierungsrätin Sabine Pegoraro und Generalsekretär Stephan Mathis zurückgreifen. Sie haben konstruktiv und aktiv mitgearbeitet. Am Ende der Debatte konnte eine wirklich gute Lösung gefunden werden. Alle Seiten waren am Geben und Nehmen gleichermassen beteiligt. Einige hätten ein anderes Führungsmodell vorgezogen, andere hätten sich eine andere Aufsichtsregelung gewünscht - aber das Gesamtpaket, das nun vorliegt, ist gelungen und sollte auch als Ganzes betrachtet werden.


Die vorbereitende Arbeitsgruppe unter der Co-Leitung von Regierungsrätin Sabine Pegoraro und Kantonsgerichtspräsident Peter Meier hat gute Vorarbeit geleistet, sich aber in einem Punkt nicht festgelegt, nämlich in Bezug auf die Aufsicht. Die Entscheidung wurde dem Landrat überlassen. Zu dieser Frage wurden schon früh erste Anhörungen durchgeführt. Auch wer völlig ergebnisoffen in diese Diskussionen gegangen ist, hat sehr rasch verstanden, dass die Verfechter beider Lösungen vor allem damit argumentierten, dass sie die jeweils andere für schlecht halten. Wer als Aufsichtsbehörde die Regierung wollte, betonte, wie schlecht die Variante Kantonsgericht wäre - und umgekehrt; es wirkte fast wie ein Glaubenskrieg. In dieser Situation suchten die Grünen nach einer Lösung, die ohne die grossen Nachteile dieser beiden Varianten funktionieren könnte. Daraus ist die Lösung «Staatsanwaltschaftsrat» entstanden, die vorerst bis zur Beschlussreife ausgearbeitet worden ist und die sich dann letztlich in der Kommission durchgesetzt hat.


Mehrheitsfähig ist die Variante «Staatsanwaltschaftsrat», weil sie in der Mitte zwischen den beiden anderen Varianten steht. Sie entspricht dem klassischen Kompromiss, der sich in der Schweiz schon so oft durchgesetzt hat. Diese Variante, so wie sie jetzt auf dem Tisch liegt, besticht dadurch, dass sie die gravierendsten Nachteile, die die beiden anderen Ansätze aufweisen, eben nicht hat. Bei der Aufsicht durch das Kantonsgericht müsste ein Staatsanwalt als Ankläger letztlich vor seinem Chef auftreten; es wäre nicht angenehm für einen Angeklagten, zu wissen, dass der Ankläger und der Richter administrativ unter einer Decke stecken. Dass Richter und Ankläger die gleichen sind, ist eine Erfindung der Inquisition und somit alles andere als eine fortschrittliche Lösung. Aber man muss dazu auch sagen, dass im Baselbiet die Beaufsichtigung der Strafermittlungsbehörde durch das Kantonsgericht hervorragend funktioniert hat: Es ist eine sehr kostengünstige Lösung, und das Kantonsgericht ist fachlich sehr kompetent für diese Aufgabe.


Die Aufsicht durch die Regierung wird heute in der Mehrzahl der Kantone praktiziert. In etwa einem Drittel davon gab es in den letzten zehn Jahren wegen genau dieser Konstellation einen - kleineren oder grösseren - Skandal: Das System funktioniert nicht, weil öfter die Politik Einfluss auf die Staatsanwaltschaft genommen hat, sei es im Bund, sei es in anderen Kantonen.


Leider steht im Kommissionsbericht nichts davon, dass Thomas Hug, der Erste Staatsanwalt von Basel-Stadt, in der JSK gesagt hat, politische Einflussnahme komme vor, und die Führung der Staatsanwaltschaft brauche ein starkes Rückgrat, diesem Druck zu widerstehen.


Heute ist der Staat in einem grossen Teil der gesellschaftlichen Aktivitäten Partei, und es fliesst viel Geld, der Staat erteilt Aufträge usw. - da kann es schon einmal Pannen oder gar kriminelle Handlungen geben. Es sind also Situationen denkbar, ja sogar schon real vorgekommen, in denen die Regierung ein Interesse daran haben könnte, auf die Strafverfolgung Einfluss zu nehmen. Das ist sehr problematisch. Zu den positiven Aspekten der Regierungs-Lösung gehört, dass relativ einfach Synergien genutzt und Abläufe in die Gesamtverwaltung integriert werden könnten.


Vor diesem Hintergrund ist die Idee eines Staatsanwaltschaftsrates in der Kommission auf fruchtbaren Boden gefallen, weil sie die gröbsten Nachteile der beiden anderen Varianten eliminiert. Mit seinem Beschluss schafft der Landrat eine Organisation, die die nächsten fünfzehn, zwanzig Jahre halten sollte. Deshalb muss die Lösung stabil und dauerhaft sein. Würde nun ein Modell gewählt, das in einem Drittel der Kantone in letzter Zeit zu Problemen geführt hat, beginge das Parlament einen Fehler. Andererseits kann die Aufsicht durch das Kantonsgericht mit seinem immensen Know-how sehr einfach viel unabhängiger gestaltet werden mit der Schaffung eines Staatsanwaltschaftsrates.


Es wäre schön gewesen, wenn der Kommissionsbericht die Entwicklung, die auf dem Weg hin zu diesem Resultat erfolgt ist, abgebildet hätte. Der Verwaltung und dem Kantonsgericht gehört ein grosses Kränzchen gewunden, weil sie aktiv und gestaltend an der Lösung mitgearbeitet haben. Dass nun der Kommissionsbericht diesen Prozess als absolut konfrontativ darstellt und die Fakten falsch oder tendenziös darstellt, ist enttäuschend und eine schlechte Basis für eine weitere Zusammenarbeit in der Kommission mit diesem Präsidenten.


Noch ein Wort zum Führungsmodell: Der Erste Staatsanwalt hat eine sehr mächtige Position inne, so wie auch die Staatsanwaltschaft generell über viel Macht verfügt; immerhin kann diese Institution Menschen ins «Kittchen» stecken - für eine gewisse Dauer sogar ohne Gerichtsbeschluss -, Telefonabhörungen veranlassen oder beantragen usw. Umso wichtiger ist, dass diese mächtige Staatsanwaltschaft und ihre starke Führung nicht von der Regierung beaufsichtigt wird; das wäre eine schlechte Corporate Governance, wie man in der Wirtschaft sagen würde.


Im Rahmen des erwähnten Gesamtpakets haben während der Beratungen die Anhänger des Konferenz-Führungsmodells sich zugunsten des Ersten Staatsanwalts zurück-genommen - aber nur, weil mit dem Staatsanwaltschaftsrat eine wirklich unabhängige Aufsicht sichergestellt worden ist.


Und nun noch zu der Kompetenzregelung für die Stawa-Hauptabteilungen: So, wie der Gesetzestext lautet, ist sowohl eine fachliche als auch eine örtliche Zuordnung möglich - das entspricht der Idee der Kommission. Zudem gilt es auch die operativen Gegebenheiten zu beachten: So stehen beispielsweise schon gar nicht die Gebäude zur Verfügung, um kurz- und mittelfristig eine Zentralisierung umzusetzen. Der Bericht stellt dieses Thema nicht korrekt dar, aber zur entsprechenden Gesetzesformulierung können alle gut Ja sagen.


Die grüne Fraktion ist für Eintreten und wird sich für das Staatsanwaltschaftsrats-Modell einsetzen. Es ist der richtige Weg, ein gut-schweizerischer Kompromiss; das beweist auch die Tatsache, dass am Schluss sowohl das Kantonsgericht als auch die Sicherheitdirektorin betont haben, sie könnten beide mit dieser Lösung leben.


Ursula Jäggi (SP) hat in ihrer vierzehnjährigen Mitgliedschaft im Landrat und in der Justiz- und Sicherheitskommission noch nie einen solchen Bericht wie den vorliegenden lesen müssen.


Ein Bericht hat das Gewicht auf die Mehrheitsmeinung zu legen und nicht auf die Meinung des Präsidenten. Dieser Bericht aber enthält einige Punkte, die in der Kommission gar nie besprochen worden sind, schlimmer noch: Er ist mit einer Beilage 2 ergänzt worden, die in der Kommission nicht bekannt war. Das führt dazu, dass nun im Plenum eine Art Detailberatung zu einer Aufsichtsvariante «Regierung mit Fachkommission» geführt wird. Diese Variante kommt überhaupt nicht in Frage, weil nämlich zwei von drei Mitgliedern dieser Fachkommission Strafgerichtspräsidien sein müssten. Das widerspricht der Absicht der Kommission, eine möglichst unabhängige Aufsichtsinstanz zu schaffen, diametral und beschwört einen neuen Interessenkonflikt herauf. Die Fachkommission wäre macht- und verantwortungslos und könnte nicht reagieren, wenn sie Ungereimtheiten feststellte, sondern nur dem Regierungsrat berichten. Die Fachkommission würde daher ihre Aufsichtsfunktion weniger ernst nehmen. Von dieser Variante sollte man die Finger lassen: Sie ist kompliziert, schafft Ärger und Unsicherheit, sie ist schlecht und bringt nur Nachteile mit sich.


Zur Zuständigkeitsregelung der Staatsanwaltschaft wurde schon einiges gesagt. Dazu nur noch so viel: Das Ergebnis der Kommissionsberatung entspricht dem Wortlaut von § 11 Absatz 2 des bereinigten Gesetzesentwurfs. Der entsprechende Abschnitt des Kommissionsberichts auf Seite 5 ist nicht korrekt. Eine Gliederung der Staatsanwaltschaft in nach fachlichen Kriterien getrennte Hauptabteilungen, wollte die Kommission schlussendlich genau nicht: Sie will keine spezialisierten Hauptabteilungen und hat deshalb § 11 Absatz 2 offen formuliert. Man stelle sich vor, die künftige Staatsanwaltschafts-Hauptabteilung in Sissach müsste nur noch SVG-Vergehen untersuchen... Staatsanwälte müssen ein breites Fachwissen haben und dieses auch anwenden können. Die umfassende Kompetenz der Staatsanwälte muss erhalten bleiben.


Kaspar Birkhäuser (Grüne) wollte als Vizepräsident der Justiz- und Sicherheitskommission eigentlich unmittelbar nach dem Kommissionspräsidenten sprechen; eine entsprechende Bitte wurde vom Büro aber abgelehnt. Er hätte einen grossen Teil der inzwischen gehörten Kritik formulieren wollen, sieht jetzt aber davon ab, das Gesagte zu wiederholen, sondern möchte nur noch einige Ergänzungen anbringen.


Das Schlussresultat von 6:5 Stimmen täuscht; de facto standen sich in der Kommission acht Befürworter der gemeinsam erarbeiteten Gesetzesfassung und fünf Gegner gegenüber - zwei Kommissionsmitglieder konnten an der Schlussabstimmung nicht teilnehmen.


Jeder Kommissionspräsident hat die Pflicht, das, was seine Kommission erarbeitet hat, vor dem Landrat und in der Öffentlichkeit positiv zu vertreten. Wenn er dies nicht will, muss er diese Aufgabe an jemand anderen abgeben. Im vorliegenden Fall ist es eine Tatsache, dass sich der Kommissionspräsident im Bericht von der gemeinsam erarbeiteten Vorlage distanziert und - ohne Absegnung durch die Kommission - seinen eigenen, von der Kommission abgelehnten Antrag propagiert. Die Darstellung dieser Variante nimmt im Bericht sogar breiteren Raum ein als jene, die die Kommission beschlossen hat; und die Gegenvariante «Aufsicht durch das Kantonsgericht» hat überhaupt keine Erwähnung gefunden. Das ist eine tendenziöse Einseitigkeit.


Stossend ist zudem, dass der Kommissionspräsident in den letzten Tagen auch noch in den Medien Stimmung gemacht hat gegen den Kommissionsvorschlag: Die Basellandschaftliche Zeitung zitiert ihn mit der Aussage, der Staatsanwaltschaftsrat sei ein Konstrukt, das weder Fisch noch Vogel sei. Im Namen der acht Kommissionsmitglieder, die die Vorlage unterstützen, protestiert der Vizepräsident gegen den vorliegenden, einseitigen Kommissionsbericht.


Kommissionspräsident Ivo Corvini (CVP) ist froh, dass Eintreten auf die Vorlage unbestritten ist.


Diverse Redner äusserten, der Bericht sei unhaltbar und tendenziös gewesen. Der Bericht wurde vor Weihnachten allen Landratsmitgliedern zugestellt; heute ist der 15. Januar 2009. In den vergangenen dreieinhalb Wochen hat niemand etwas gesagt; die Kritik von Kommissionsmitgliedern, der Bericht sei unhaltbar und eine Zusammenarbeit mit ihm sei nur noch schwer vorstellbar, hört Ivo Corvini heute zum ersten Mal. An der Kommissionssitzung vom 7. Januar 2009 wurde darüber kein Wort verloren; es wird anscheinend bevorzugt, solche Kritik in Anwesenheit der Medien zu äussern, und deshalb nimmt der Kommissionspräsident nun auch in aller Öffentlichkeit zu den Vorwürfen Stellung. Ganz so schlimm kann es aber nicht gewesen sein, wenn Kritik erst nach dreieinhalb Wochen laut wird.


Zuerst zum Vorwurf bezüglich der Aufsichtsvariante «Regierungsrat mit Fachkommission», die angeblich nie diskutiert worden sei. Dazu ist auf das Protokoll der Kommissionssitzung vom 13. Oktober 2008 zu verweisen, als diese Frage ausführlich diskutiert und eine Variantenabstimmung durchgeführt worden ist. Die Variante «Regierungsrat mit Fachkommission» stützt sich zudem auf den Vorschlag in der regierungsrätlichen Vorlage, die bereits seit Juni 2008 bekannt ist. Im Bericht wird auch erwähnt, dass in dieser Variantenabstimmung die Aufsicht durch das Kantonsgericht am wenigsten Stimmen erhalten hat. Kein einziges Kommissionsmitglied hat sich an besagter Sitzung für diese Variante ausgesprochen.


Dass der Kantonsgerichtspräsident zu den Beratungen auf Wunsch der Kommissionsmehrheit eingeladen worden ist, ist im Bericht bewusst erwähnt. Denn dabei handelte es sich um eine Ausnahme, so wie zur heutigen Landratssitzung der Kantonsgerichtspräsident auch auf Beschluss der Ratskonferenz und im Sinne einer Ausnahme eingeladen worden ist. Bei der Beratung regierungsrätlicher Vorlagen ist das Kantonsgericht nämlich nicht automatisch dabei. Dies im Bericht zu erwähnen, ist nichts als normal.


Im Bericht wird keineswegs behauptet, die Variantenabstimmung sei rechtswidrig. Der Kommissionspräsident ist aber verpflichtet, sich bei der Sitzungsleitung an die Geschäftsordnung des Landrates zu halten. Danach gilt der Regierungs- als Hauptantrag, und deshalb hätten sich die beiden anderen Varianten zuerst gegenübergestellt werden müssen, wie das üblich ist. Dieses Vorgehen hat auch der dazu konsultierte Landschreiber als richtig erachtet. Die Variantenabstimmung ist also eine Ausnahme; darauf im Bericht hinzuweisen, ist normal, ja sogar die Pflicht des Kommissionspräsidenten.


Dass die Diskussion zu § 11 Absatz 2 komplett falsch wiedergegeben wird, muss zurückgewiesen werden. Die Kommissionsberatungen vom 23. Juni 2008 (Seite 216 des Protokolls) bilden klar den politischen Willen zugunsten der fachlichen statt der örtlichen Zuständigkeit ab. Zu dieser Frage hat sich Ivo Corvini selber nie geäussert, und er vergiesst dafür auch kein Herzblut, sondern wollte lediglich den politischen Willen der Kommission wiedergeben. Wenn Klaus Kirchmayr es erlaubt, möchte er gerne zwei Sätze aus dessen Votum an besagter Sitzung zitieren,...


...womit Klaus Kirchmayr (Grüne) einverstanden ist.


Ivo Corvini (CVP) zitiert aus dem Kommissionsprotokoll vom 23. Juni 2008:


Klaus Kirchmayr meint, es müsste im Gesetz festgehalten sein, ob nach geographischen oder sachlichen Kriterien zugewiesen werde. Lässt man dies ganz offen, dann läuft es am Ende doch auf eine örtliche Lösung hinaus.


Damit ist klar aufgezeigt, dass zwei Varianten - die sachliche oder die örtliche Zuteilung - zur Diskussion standen; und die Kommission hat sich für die Zuteilung nach Fachkriterien entschieden.


Ein Koreferat zu Kommissionsberichten oder eine kommissionsinterne Vernehmlassung zum Berichtsentwurf, so wie es Daniele Ceccarelli verlangt hat, ist in der Justiz- und Sicherheitskommission absolut unüblich. Dies wurde auch in diesem Fall nicht verlangt, und man darf so etwas auch nicht erst im Nachhinein verlangen.


Zum Vorwurf, dass Abstimmungsresultat von 6:5 sei nicht aussagekräftig, nur so viel: An der Schlussabstimmung waren elf Kommissionsmitglieder anwesend. Ein Kommissionspräsident kann doch nicht einfach berichten, wie die Abwesenden seiner Meinung nach abgestimmt hätten. Die Abwesenden haben sich nicht vertreten lassen, und wie heisst es so schön: «Les absents ont toujours tort». Daraus dem Präsidenten einen Vorwurf zu machen, geht nicht an.


Im genannten Artikel der Basellandschaftlichen Zeitung vom 13. Januar 2009 hat Ivo Corvini, der nicht nur Kommissionspräsident, sondern auch stimmberechtigtes Mitglied des Landrates ist, betont, er äussere seine eigene Meinung und die der Kommissionsminderheit.


Die geäusserte Kritik nimmt Ivo Corvini gerne auf und wird sie an der nächsten Kommissionssitzung diskutieren. Dies hätte schon an der letzten Sitzung geschehen können, aber diese ist in Minne verlaufen - ganz so skandalös kann der Bericht also nicht gewesen sein. Vielmehr wurde wohl gewartet, bis die Vorwürfe vor versammelter Presse geäussert werden können. Ein etwas seriöseres Vorgehen wäre angemessen gewesen.


Klaus Kirchmayr stellt die weitere Zusammenarbeit in der Kommission unter dem gegenwärtigen Präsidium in Frage. Er kann sich beruhigen: Ivo Corvini gehört dem Landrat nur noch zweieinhalb Monate an. [beifälliges Klopfen]


Dominik Straumann (SVP) hat sich zum Bericht nicht gross geäussert. Auch er meint, es wäre angebracht gewesen, die Kritik anlässlich der JSK-Sitzung vom 7. Januar 2009 hinter verschlossenen Türen zu äussern. Die Atmosphäre in der Kommission war bisher stets sehr angenehm und konstruktiv, also wäre es fair gewesen, die Kritik nicht auf diese frontale Art und Weise anzubringen wie nun geschehen. [beifälliges Klopfen]


Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) dankt für die Bereitschaft, auf die Vorlage - die nicht mehr in allen Teilen der von der Regierung unterbreiteten Vorlage entspricht - einzutreten.


Zentrale Anliegen der Regierung wurden erfreulicherweise übernommen, so etwa die Forderung, dass eine einzige Staatsanwaltschaft für den ganzen Kanton mit einem/einer Ersten Staatsanwalt/-anwältin als Chef/in und einer klaren Führungsstruktur geschaffen wird. Das ist die bestmögliche und effizienteste Lösung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung. Ein/e Erste/r Staatsanwalt/-anwältin sorgt kantonsweit für eine einheitliche und qualitativ hochstehende Rechtspraxis und für eine straffe, konsequente Personalführung. Das Modell mit Bezirksanwaltschaften, das auch einmal diskutiert wurde, würde diese einheitliche Rechtsanwendung in Frage stellen.


Nach Ansicht der Regierung wäre es aber sinnvoller, wenn der/die Erste Staatsanwalt/-anwältin zugleich auch eine der fünf Hauptabteilungen führen würde. Die Kommission wollte dies nicht; ihr Modell kommt deutlich teurer zu stehen, nämlich um rund CHF 200'000 pro Jahr. Es wäre besser, der/die Chef/in bliebe «an der Front» aktiv - das wäre mit dem Modell, das der Regierungsrat vorgeschlagen hat, gewährleistet.


Die Regierung ist nach wie vor der Auffassung, die Staatsanwaltschaft solle dem Regierungsrat als Aufsichtsbehörde zugeordnet werden. Das wäre eine sachgerechte und effiziente Lösung. Die Führung der Staatsanwaltschaft ist eine Exekutivaufgabe. Im Kanton Baselland ist die Jugendanwaltschaft, ebenfalls eine untersuchende Behörde, schon immer der Sicherheitsdirektion unterstellt; es gab dabei keine Probleme. Der Landrat hat dieses Modell 2007 aufgrund der positiven Erfahrungen bestätigt.


Zur Zeit kennen elf Schweizer Kantone das Modell der regierungsrätlichen Aufsicht über die Staatsanwaltschaft. Sie vertrauen der Integrität ihrer Regierungen. In Basel-Stadt liegt die Aufsicht schon seit jeher beim Regierungsrat, der von einer Fachkommission unterstützt wird; dieses Modell funktioniert bestens.


Aus staatspolitischen und aus Gründen der Gewaltentrennung lehnt der Regierungsrat die Zuordnung der Staatsanwaltschaft zum Kantonsgericht ab. Denn die künftige Staatsanwaltschaft wird im neuen Gerichtsverfahren viel stärker als heute als Partei auftreten. Um diese Parteifunktion vor Gericht unabhängig wahrnehmen zu können, kann die Staatsanwaltschaft nicht gleichzeitig der Aufsicht durch das höchste kantonale Gericht unterstellt sein. Der Weiterzug von Kantonsgerichtsurteilen durch die Staatsanwaltschaft ans Bundesgericht würde problematisch, weil die Staatsanwaltschaft damit gegen ihre eigene Aufsichtsbehörde rekurieren müsste. Dabei kann es leicht zu Interessenkonflikten kommen.


Mit der Variante «Staatsanwaltschaftsrat» könnten die Regierung wie auch das Kantonsgericht leben, weil sie feststellen mussten, dass die beiden anderen Ansätze in der Kommission nicht mehrheitsfähig waren. Der Staatsanwaltschaftsrat wäre aber nur die zweitbeste Lösung. Dieses Gremium mit kompetenten Leuten zu besetzen, dürfte sehr schwierig werden. Es ist zu begrüssen, dass ihm sowohl der/die Sicherheitsdirektor/in als auch der/die Kantonsgerichtspräsident/in angehören sollen. So wird zwar der Grundgedanke der völligen Unabhängigkeit verletzt, aber immerhin gewährleistet, dass der Staatsanwaltschaftsrat kein völlig freischwebendes Gebilde, sondern an die übrigen Kantonsstrukturen angebunden wäre. Immerhin unterstehen die Staatsanwälte/-anwältinnen und die übrigen Mitarbeitenden der Staatsanwaltschaft dem kantonalen Personalrecht. Das kantonale Personalgesetz muss angewendet und umgesetzt werden, so wie es im Kanton Usus ist. Es ist zu bezweifeln, ob irgend ein auswärtiger Strafrechtsexperte dazu in der Lage wäre.


Die Variante «Staatsanwaltschaftsrat» wäre teuer; die jährlichen Mehrkosten lägen bei rund CHF 200'000 gegenüber der Vorlage der Regierung.


://: Eintreten ist unbestritten.


Landratspräsident Peter Holinger (SVP) erklärt, die Detailberatung werde an der nächsten Landratssitzung durchgeführt.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



Nr. 1002

Schluss der Sitzung


Landratspräsident Peter Holinger (SVP) weist auf die gleich beginnende Sitzung der Ratskonferenz hin, wünscht den Anwesenden einen schönen Abend und schliesst die Sitzung um 17:40 Uhr .


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei


Die nächste Landratssitzung findet statt am 29. Januar 2009



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