Protokoll der Landratssitzung vom 13. März 2008
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2007-292 vom 20. November 2007
Vorlage: Anpassung des Bildungsgesetzes an das Bundesgesetz über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz) 1. Lesung
- Bericht der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission vom 25. Februar 2008
- Beschluss des Landrats am 13. März 2008: < 1. Lesung beendet >
Nr. 363
Kommissionspräsident Karl Willimann (SVP) führt aus, dass der Regierungsrat dem Landrat beantragt, das Bildungsgesetz an das Bundesgesetz über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz) rückwirkend per 1. Januar 2008 anzupassen.
Zielsetzung ist die Anpassung kantonaler Gesetzesgrundlagen an das Bundesrecht. Die Adaption des neuen Finanzierungsmodells, neue kantonale Finanzierungsregeln und die Definition der Zuständigkeiten in der Berufsbildung müssen festgelegt werden. Nicht im Zusammenhang mit der Anpassung von kantonalem Recht an das Berufsbildungsgesetz steht die Absicht des Regierungsrates, Lernenden, die gezwungen sind, eine Berufsfachschule ausserhalb des Tarifverbunds Nordwestschweiz zu besuchen, künftig eine pauschale Reiseentschädigung auszurichten.
Regierungsrat Urs Wüthrich und der Leiter des Amtes für Berufsbildung legten dar, dass für sämtliche 360 Berufe die Reglemente überarbeitet werden. Neu fällt die Anlehre weg, welche durch die zweijährige Attestlehre abgelöst wurde. Neu hinzu kommt der Bereich Gesundheit mit einer Lehre, und die Landwirtschaft fällt unter die Berufsbildung. Aus den Berufsverbänden wurden neu die « Organisationen der Arbeitswelt» (OdA). Die Subventionsart durch den Bund ändert sich; der Bund richtet neu eine Pauschale pro Lehrverhältnis aus. Im Bildungsgesetz müssen der Verlauf der Finanzflüsse und die Zusammenarbeit der drei Lernorte - Lehrbetrieb, Überbetriebliche Kurse und Schule - geregelt werden.
In der Kommissionsberatung sprechen sich nach einer Fragerunde alle Fraktionen für Eintreten aus. In der Detailberatung beauftragt die Kommission die Bildungsdirektion einstimmig, nach Beschluss der DMS-Vorlage ( 2007/217 ) im Landrat die entsprechenden Gesetzesänderungen auch in der zur Diskussion stehenden Berufsbildungsvorlage nachzuvollziehen. Zu § 3 lit. c wird die Bildungsdirektion beauftragt, eine begriffliche Klärung vorzunehmen, was mit « Hochschule » neben der Universität und Fachhochschule gemeint ist. Beim § 98 lit. c beantragte die CVP, anstelle des Ausdrucks «an die Kosten (der Überbetrieblichen Kurse) » «Betriebskosten» einzusetzen. Als Begründung wurde angeführt, die OdA hätten Befürchtungen, dass die Betriebskosten nicht mehr im bisherigen Ausmass finanziert würden. Man frage sich allgemein, ob mit der Gesetzesänderung eine Verschlechterung der finanziellen Situation einhergehe. Die BKSD erklärte, es handle sich bei der Finanzierung um einen Systemwechsel von Bundesseite; der neue Trend gehe in Richtung Subventionierung von Output. Bezahlt wird pro erfolgreiche Lehrabschlussprüfung. Gesamthaft werde gleichviel wie bisher subventioniert, dies sei auch allen Verbänden mitgeteilt worden. Die Kommission lehnte den Antrag der CVP mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab, und in der zweiten Lesung ergaben sich keine weiteren Diskussionspunkte.
Die BKSK beantragt dem Landrat einstimmig mit 13 : 0 Stimmen, der Anpassung des Bildungsgesetzes an das Bundesgesetz über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz) in der von der Kommission beschlossenen Fassung zuzustimmen.
Paul Wenger (SVP) und seine Fraktion haben die Sachlage noch einmal analysiert und sind bei § 98 Absatz 1 Buchstabe c. zur Überzeugung gelangt, die Formulierung
c. an die Kosten von Überbetrieblichen Kursen
sollte zumindest in der Bildungskommission noch einmal diskutiert werden. Die SVP beantragt deshalb, über diesen Punkt heute nicht abzustimmen und die Kommission zu beauftragen, die Fragestellung der Finanzierung der einzelnen Berufsverbände noch einmal anzusehen.
Eva Chappuis (SP) spricht sich für Eintreten auf die Vorlage in der präsentierten Form und gegen eine Rückweisung an die Kommission aus.
Die Vorlage wurde in einem tripartit zusammengesetzten Steuerungsausschuss vorbereitet; darin Einsitz hatten VertreterInnen des Kantons, der Wirtschaftskammer Baselland, der Handelskammer, der Arbeitgeberschaft und der Arbeitnehmenden. Allen Beteiligten war klar, dass die Finnanzierung - vom Bund vorgeschrieben - umgebaut werden muss. Für ein Rückkommen besteht absolut kein Grund.
Eva Gutzwiller (FDP) bemängelt, dass bereits beim Eintreten über Gesetzesanträge geredet wird.
Die FDP-Fraktion spricht sich für Eintreten aus und ist grundsätzlich der Meinung, dass diese Anpassung des Bildungsgesetzes an das Bundesgesetz nun im vorgeschlagenen Sinne stattfinden muss.
Urs Berger (CVP) stellt fest, dass die Ausgangslage betreffend § 98 sehr komplex ist und viele Fragen aufwirft. Vor diesem Hintergrund spricht sich die CVP für Eintreten und Rückweisung der Vorlage aus.
RR Urs Wüthrich (SP) dankt dem Landrat für die Bereitschaft, auf das Gesetz einzutreten. Sehr zuversichtlich ist der Bildungsdirektor mit diesem Gesetz angetreten, weil er immer wieder die Erfahrung gemacht hat, dass das Parlament die grossen Leistungen zu Gunsten der Berufsbildung im Kanton Basel-Landschaft mit grossen Mehrheiten anerkennt und würdigt. Diese klaren Mehrheiten bilden ein gutes Fundament für die Lehrstellenförderung Baselland.
Nur wenige Geschäfte sind inhaltlich und was die Vorbereitungsarbeiten betrifft, so breit abgestützt - wie Eva Chappuis bereits erwähnte. Etwas unverständlich, dass die Sache nun so kompliziert sein soll, dass man sich gar nicht darauf einlassen will. Der Antrag soll nun gestellt werden, um danach zu beurteilen, ob das Parlament abstimmen will oder nicht.
- Eintreten
://: Eintreten ist unbestritten.
- Detailberatung
§ 98 Absatz 1 Buchstabe c.
Urs Berger (CVP) erläutert, dass das Berufsbildungsgesetz nicht mehr von der dualen Ausbildung, nämlich Berufsfachschule und Lehrbetriebe spricht, sondern von einer trialen Ausbildung, Berufsfachschule, Lehrbetriebe und überbetriebliche Kurse, ÜK. Gemäss dem Berufsbildungsgesetz sollen diese ÜK als gleichberechtigte Lernorte in das Gesetz aufgenommen werden. Dies verschafft den ÜK einerseits einen anderen Stellenwert und andererseits werden die Bildungsstandards aufgrund der neuen Bildungsverordnung auch für die ÜK mittels der neuen, umfangreichen Modelllehrgänge klar definiert. Selbstverständlich steigen auch die Anforderungen an die Instruktorinnen und Instruktoren.
§ 98 Beiträge an die Berufsbildung lautet zur Zeit:
2 Die Beiträge des Kantons und des Bundes an die Einrichtungs- und Betriebskosten der betrieblichen Einführungskursen betragen 65 Prozent (Bund 30% / Kanton 35 %) der vom Bund festgelegten anrechenbaren (variable) Kosten. Im Kantonsbeitrag ist der Bundesbeitrag mit inbegriffen.
Die Betriebskosten enthalten u.a. die Lehrmittel und Löhne der Instruktorinnen und Instruktoren, deren Stundenansatz vom Bund mit CHF 55.00 exkl. Sozialleistungen definiert ist, bei max 1'400 anrechenbaren Stunden pro Jahr. Diese Ansätze haben seit über 15 Jahren keine Änderung mehr erfahren. Niemand hier im Saal arbeitet wohl zum gleichen Lohnansatz wie vor 15 Jahren. Im Weiteren wurden vom Kanton die Mietkosten (Fixkosten) der Kurslokalitäten zu 100% finanziert. Berechnungsbasis war die jeweilige Auslastung der Kurswochen pro Schuljahr. Aufgrund dieser Basis wurden bis anhin die Beiträge an die ÜK-Zentren entrichtet.
Aufgrund des vom Bund vorgegebenen Systemwechsels soll der Gesetzestext wie folgt lauten:
Der Kanton leistet Beiträge:
c. an die Kosten von Überbetrieblichen Kursen. Allfällige Kürzungen der Pauschalbeiträge des Bundes werden nicht an die Trägerorganisationen von Überbetrieblichen Kursen weitergegeben.
Mit dem Systemwechsel des Bundes sollen die Beiträge neu in Form von Kopfpauschalen ausgerichtet werden, deren Höhe sich nach der Anzahl der Lehrverhältnisse richtet. Die Berechnungsbasis der Kopfpauschale des jeweiligen Berufes ist aufgrund des schweizerischen Durchschnitts von der SBBK - Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz - in Zusammenarbeit mit dem SQUF - Netzwerk der Wirtschaft für Berufsbildungsfragen definiert worden. Beispiel Baumaschinenmechaniker: Vollkosten pro Tag und Teilnehmer CHF 208.00. Anrechenbare Kopfpauschale CHF 40.00 (19.3%). Gemäss Bildungsverordnung umfasst diese 4-jährige Ausbildung 37 ÜK-Tage. Bei Gesamtkosten von CHF 7'696.00 werden in diesem Falle CHF 1'480.00 angerechnet.
Die Pauschale enthält die Einrichtungs- und Betriebskosten, die Lehrmittel, die Löhne der Instruktorinnen und Instruktoren sowie neu die Mietkosten. Beitragserhöhungen sind individuell mit dem AfBB auszuhandeln.
Das neue Berechnungssystem führt zwangsläufig zu einem Leistungsabbau gegenüber den ÜK-Zentren. Vor allem, wenn aufgrund der demographischen Entwicklung die offenen Lehrstellen (vor allem bei den gewerblich-industriellen Berufen) nicht mehr besetzt werden können.
Anlässlich der Sitzung der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission vom 31. Januar 2008 wurde der Kommission seitens der BKSD - vertreten durch den Leiter AfBB - u.a. mitgeteilt, dass die neue Regelung zu keiner Schlechterstellung gegenüber den bis anhin gewährten Beiträgen führt. Weiter wurde ausgeführt, dass das neue System von Bundesseite komme. Dies bedeutet aber nicht, dass es übernommen werden muss. Im Vollzugspapier der SBBK steht dazu:
Zu beachten ist, dass dieses System eingeführt wurde, um die Finanzierung, das heisst die Geldflüsse zwischen den Kantonen im Rahmen der interkantonalen Abkommen zu regeln. Jeder Kanton hat die Möglichkeit, in seiner Gesetzgebung zusätzliche Beiträge vorzusehen. Oder das Finanazierungssystem für die sich unter seiner Zuständigkeit befindenenden Berufsbildungszentren und Lernenden zu modifizieren.
Im Klartext heisst das, dass der Kanton dem neuen System nicht zwingend verpflichtet ist.
Aufgrund dieser Ausgangslage wird folgender neuer Gesetzestext § 98 Absatz 1 Buchstabe c. vorgeschlagen:
c. Der Kanton leistet Beiträge an die Einrichtungs- und Betriebskosten von Überbetrieblichen Kursen. Die Beiträge betragen 75 Prozent der anrechenbaren Instruktorinnen und Instruktorenkosten und der beitragsberechtigten Lehrmittel und 100 Prozent der Raummieten. Im Kantonsbeitrag ist der Bundesbeitrag inbegriffen. Bei einem unerwartet starken Einbruch der Lernendenzahlen in einem bestimmten Beruf wird während mindestens zwei Jahren der Besitzstand garantiert. Das Nähere regelt der Regierungsrat.
Die Erhöhung von 65 auf 75 Prozent wird dadurch begründet, dass der Stundensatz der Instruktorinnen und Instruktoren von CHF 55.00 und die Prozentanteile seit Jahren nicht angepasst wurden, die Anforderungen aber deutlich steigen.
Landratspräsidentin Esther Maag (Grüne) lässt vorab über den Rückweisungsantrag abstimmen.
://: Der Landrat stimmt dem Rückweisungsantrag von § 98 Absatz 1 Buchstabe c. an die Kommission zu Handen der zweiten Lesung im Landrat mit 58 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. [ Namenliste ]
Damit ist die erste Lesung beendet.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
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