Protokoll der Landratssitzung vom 11. Juni 2009
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2009-033 vom 17. Februar 2009 (1. Lesung) Vorlage: Änderung des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern vom 7. Februar 1974; Anpassung an Bundesrecht betreffend Unternehmenssteuerreform II - Bericht der Finanzkommission vom 28. Mai 2009 - Beschluss des Landrats am 11. Juni 2009 < 1. Lesung beendet > |
Marc Joset (SP), Präsident der Finanzkommission, führt aus, die Unternehmenssteuerreform II des Bundes sei im Februar 2008 vom Schweizer Stimmvolk knapp angenommen worden. Die Reform zieht auf Kantonsebene mehrheitlich zwingende Anpassungen nach sich. Dem Kanton bleiben insgesamt wenig Gestaltungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform II. Die fakultativen Elemente sind die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung und die Limite beim Beteiligungsabzug auf Kapitalgewinnen - die beide schon im Rahmen der Unternehmenssteuerreform I umgesetzt worden sind - sowie die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer, die nun ins kantonale Gesetz aufgenommen werden kann.
Aufgrund der Anpassung des kantonalen Steuergesetzes an die Unternehmenssteuerreform II wird mit folgenden finanziellen Auswirkungen gerechnet:
Die Anrechnung der Ertrags- an die Kapitalsteuer wird voraussichtlich zu einer Reduktion des Kapitalsteuerertrags von rund CHF 7 Mio. führen (die Gemeinden sind frei, ob sie die Regelung übernehmen wollen). Die privilegierte Besteuerung von Liquidationsgewinnen und die neuen Mindestquoten werden Mindererträge von rund CHF 3 Mio. zur Folge haben. Die Gemeinden haben diese Bestimmungen zu übernehmen; ihre Mindererträge werden mit ca. CHF 1,8 Mio. veranschlagt.
Es ist eine gestaffelte Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen aus der Unternehmenssteuerreform II vorgesehen: Per 1. Januar 2010 sollen jene Bestimmungen eingeführt werden, die in der alleinigen Kompetenz der Kantone liegen. Die restlichen Bestimmungen sollen mit der Bundessteuer koordiniert und per 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt werden.
Die Kommissionsmehrheit begrüsst die Unternehmenssteuerreform II und die damit verbundenen Erleichterungen für die Personengesellschaften. Namentlich die vorgesehene Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer fand bei ihr Zustimmung. Die Kommissionsminderheit machte Eintreten auf die Vorlage davon abhängig, dass die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer nicht ermöglicht werde. Schliesslich beschloss die Kommission mit 10:3 Stimmen, auf die Vorlage einzutreten.
Die privilegierte Besteuerung von Liquidationsgewinnen gilt bei Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nach 55 Jahren oder bei Invalidität.
In der 2. Lesung wurde der Antrag angenommen, die Bestimmungen der §§ 36 bis Abs. 3 und 80 bis Abs. 3 zu vereinheitlichen: Sowohl beim übrigen Liquidationsgewinn als auch beim übrigen Grundstückgewinn solle der Satz von einem Fünftel Anwendung finden, wobei der Mindestsatz 5% betragen solle.
Mit 8:5 Stimmen abgelehnt wurde hingegen der Antrag, in § 62 Abs. 1 folgenden Satz zu streichen: «Die Ertragssteuer wird an die Kapitalsteuer angerechnet.»
Zuletzt eine redaktionelle Anmerkung: Unter V. ist noch der Termin nachzutragen: Die Verordnung über die Berücksichtigung der Geldwertveränderung bei der Einkommenssteuer soll auf den 1. Januar 2010 aufgehoben werden.
Die Finanzkommission beantragt mit 8:5 Stimmen, der Revision des Steuergesetzes gemäss dem abgeänderten Entwurf zuzustimmen. Zudem empfiehlt die Kommission einstimmig, das Postulat 2002/309 und die Motion 2008/062 als erfüllt abzuschreiben.
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- Eintretensdebatte
Mirjam Würth (SP) erklärt, die meisten Änderungen des Steuergesetzes seien eine zwingende Anpassung aufgrund der Unternehmenssteuerreform II des Bundes. Diese wurde in der eidgenössische Abstimmung knapp angenommen, vom Baselbieter Stimmvolk jedoch mehrheitlich abgelehnt.
In einzelnen Punkten geht die Vorlage über die Bundesvorgaben hinaus. In diesen Punkten hat die SP, obschon sie grundsätzlich für Eintreten ist, Bedenken. Zu § 62 Absatz 1 wird sie einen Antrag auf Streichung des letzten Satzes stellen. Die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer würde zu einem Minderertrag von rund CHF 7 Mio. jährlich führen. Weitere Steuergeschenke sind jetzt aber nicht angezeigt.
Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) bestätigt, dass es in erster Linie darum gehe, das kantonale Steuergesetz inhaltlich und redaktionell an die vom Volk geänderte Bundesgesetzgebung anzupassen.
Die Gestaltungsmöglichkeiten für den Kanton sind sehr gering, aber trotzdem nicht zu vernachlässigen. Die Kommissionsberatung hat deshalb ergeben, dass der kleine Handlungsspielraum genutzt werden soll, um gewisse Verbesserungen vorzunehmen, wie sie der Regierungsrat vorgeschlagen hat. Dabei handelt es sich einerseits um die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer einerseits und um die weitere steuerliche Erleichterung für Personengesellschaften andererseits, nämlich die privilegierte Besteuerung bei der Liquidation von Personenunternehmen. Der dabei zur Anwendung kommende Steuersatz soll auf einen Fünftel des übrigen Liquidations- und Grundstücksgewinns mit Steuersatz 5 % festzulegen. So wird die Wirkung der Steuerprogression gemildert, wenn ab dem Alter 55 Jahren oder infolge Invalidität die in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten Stillen Reserven separat besteuert werden. Die gleiche steuerliche Privilegierung soll auch bei der Grundstückgewinnsteuer im Falle einer Veräusserung von Geschäftsliegenschaften zur Anwendung kommen.
Die finanziellen Auswirkungen der Revision (rund CHF 10 Mio.) sind verkraftbar, und für Personenunternehmungen sind die Änderungen sehr wünschenswert. Diese Steuererleichterung ist für die Standortattraktivität des Kantons sehr gut, weshalb die SVP-Fraktion auf die Vorlage eintreten und der von der Finanzkommission beantragten Gesetzesfassung zustimmen wird. Den Antrag der SP-Fraktion wird sie ablehnen.
Daniela Schneeberger (FDP) teilt mit, die freisinnige Fraktion sei klar für Eintreten auf diese Vorlage. Die meisten Anpassungen werden vom Bund zwingend vorgegeben.
Das heisst aber nicht, dass die Vorlage nicht so wichtig wäre. Im Gegenteil: Es ist höchste Zeit, dass jetzt auch etwas in Sachen Steuerentlastung für Personenunternehmungen getan wird, v.a. im Bezug auf die privilegierte Besteuerung von Liquiditätsgewinnen, womit auch Nachfolgeregelungen erleichtert werden können.
Bedauerlich ist, dass genau diese Erleichterungen erst 2011 in Kraft treten sollen. Allerdings ist nachvollziehbar, dass der Kanton diese Änderungen gleichzeitig mit dem Bund in Kraft setzen möchte.
Die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer ist ein wichtiges Anliegen der FDP. Bei der Unternehmenssteuerreform I hat sie bereits ihren Wunsch nach einer Reduktion der Kapitalsteuer angemeldet.
Die Kapitalsteuer widerspricht, wie in in Teilen der Literatur betont wird, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, und zwar erst recht seit der Einführung des Proportionalsteuersatzes. Denn sie stellt eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung dar.
Es freut die FDP-Fraktion, dass die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer schon per 1. Januar 2010 in Kraft treten soll. Sie erachtet dies nicht als Geschenk, sondern als Konjunkturstütze in einer Krisenzeit. Es handelt sich um eine Entlastung von Risikokapital und soll zu Investitionen anregen.
Die FDP-Fraktion stimmt der Gesetzesrevision einstimmig zu.
Thomi Jourdan (EVP) gibt bekannt, auch die CVP/EVP-Fraktion unterstütze die vorliegende Gesetzesrevision in allen Punkten einstimmig. Aber sie ist der Ansicht, dass damit das Limit der ganzen Steuersenkungs-Entwicklung erreicht sei. Die Fraktion bekennt sich wohl zu einem gewissen Steuerwettbewerb, aber sie erkennt auch, dass bestimmte Auswüchse dieses Wettbewerbs allmählich das soziale Gefüge in der Schweiz zu bedrohen beginnt. Auch im Kanton Baselland sind in den letzten Jahren verschiedene Steuersenkungsmassnahmen ergriffen worden, von denen viele profitieren konnten, seien es Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Private.
Den Steuereinnahmen stehen Leistungen gegenüber. Und der Landrat hat sich in den letzten Jahren noch nie durch Selbstbeschränkung ausgezeichnet. Er hat - von links bis rechts - immer wieder dazu beigetragen, dass die Leistungen, die der Kanton erbringen muss, eher zugenommen haben, und parallel dazu hat er veranlasst, dass die Steuereinnahmen sinken.
Es ist gut, dass der Landrat in Zeiten der Hochkonjunktur eine Defizitbremse eingeführt hat. Gewisse Politiker fangen wohl allmählich an, unruhig auf dem Stuhl herumzurutschen, weil sie befürchten, dass dieses Instrument tatsächlich einmal zur Anwendungen kommen muss. Dabei ist diese Bremse sehr gescheit, weil sie die Politik dazu zwingt, Mass zu halten - sowohl im Bezug auf weitere Steuer-Mindereinnahmen als auch auf weiteren Leistungsausbau.
Für die CVP/EVP-Fraktion ist die Unternehmenssteuerreform II der Abschluss einer Reihe von Steuersenkungsmassnahmen. In nächster Zeit müssen andere Themen im Vordergrund stehen.
Isaac Reber (Grüne) erinnert daran, dass das Ergebnis der eidgenössischen Volksabstimmung zur Unternehmenssteuerreform II äusserst knapp ausgefallen sei. Trotzdem hat die Regierung dies offenbar als Auftrag interpretiert, bei der Umsetzung auf Kantonsstufe über die vom Bund vorgegebenen Anpassungen hinauszugehen. Insofern ist der Titel der Vorlage - «Anpassung an Bundesrecht» - falsch.
Die grüne Fraktion ist nicht a priori gegen die Senkung von Unternehmenssteuern. Aber erstens ist es nicht die erste, sondern die zweite Unternehmenssteuerreform, und zweitens wird über das - von der Bevölkerung nur sehr knapp gutgeheissene - Limit hinausgegangen. Eigentlich werden also der zweite und ein dritter Reformschritt gleich in eine Vorlage gepackt. Noch mehr Unternehmenssteuersenkungen könnten die Grünen nur gutheissen, wenn sie zu mehr unternehmerischem Wettbewerb, zu mehr Wertschöpfung oder zu mehr Innovationen führen würden. Das ist in dieser Vorlage aber nicht der Fall, und deshalb unterstützt die grüne Fraktion nur die vom Bund obligatorisch vorgegebenen Anpassungen. Sie unterstützt folglich den Antrag der SP. Wenn dieser abgelehnt werden sollte, wird die grüne Fraktion die Gesetzesrevision in der Schlussabstimmung ablehnen.
Steuersenkungen dürfen kein Selbstzweck sein. Das Ergebnis der eidgenössischen Referendumsabstimmung hat gezeigt, dass das Limit erreicht ist. Es wäre unklug, noch weiter zu gehen, ohne dabei einen positiven Effekt zu erzielen.
Regierungspräsident Adrian Ballmer (FDP) meint mit Blick auf die Uhr, es sei bereits zwölf, also weissgott höchste Zeit, die Unternehmenssteuerreform II zu genehmigen. Die Vorlage ist massvoll und verdient Zustimmung. Die meisten Anpassungen müssen zwingend vorgenommen werden - dabei spielt die Höhe des Abstimmungsresultates, wie in der Schweiz üblich, keine Rolle.
Die Vorlage enthält auch einige Änderungen, die in die Kompetenz des kantonalen Gesetzgebers fallen: die Anrechenbarkeit der Gewinn- an die Kapitalsteuer oder die tiefere Besteuerung von Liquidationsgewinnen sowie die Einführung der Ersatzbeschaffung bei Handänderungssteuern. Damit soll die gute Position des Kantons Baselland im regionalen und gesamtschweizerischen Vergleich gehalten werden; der Kanton ist dabei nicht an der Front, denn bereits haben zehn andere Kantone die Anrechenbarkeit der Ertrags- an die Kapitalsteuer eingeführt, darunter auch der Nachbarkanton Aargau.
Es geht in erster Linie darum, Risikokapital zu entlasten und die Investitionstätigkeit anzuregen, was gerade in der heutigen Zeit sicher hoch willkommen ist.
Die Kapitalsteuer belastet gerade junge Unternehmen mit einer hohen Kapitalintensität und erschwert die Bildung von selber erwirtschaftetem Kapital. Mit der Anrechenbarkeit der Gewinn- an die Kapitalsteuer soll in nachhaltiger Weise die Standortattraktivität des Kantons Basel-Landschaft - vor allem für kapitalintensive Produktions- und Forschungsbetriebe - erhalten werden.
Bei der vorliegenden Steuergesetzrevision stehen vor allem Einzel- und Personenunternehmen im Fokus, nachdem die Unternehmenssteuerreform I vor allem Kapitalgesellschaften und deren Inhaber entlastet hat. Viele KMU im Kanton sind in der Form von Einzel- und Personenunternehmungen organisiert; deshalb ist die vorliegende Reform ein klares Bekenntnis zu den KMU. Die Regierung bittet den Landrat, der massvollen Reform zuzustimmen.
://: Eintreten ist unbestritten.
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Landratspräsident Peter Holinger (SVP) unterbricht die Beratungen für die Mittagspause. Er weist auf die um 13:40 Uhr beginnende Bürositzung hin und gibt bekannt, die Nachmittagssitzung werde um 16:50 Uhr beendet aufgrund der um 17:15 Uhr in der Kaserne stattfindenden Première des neuen Landrats-Films.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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- Erste Lesung : Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern
Isaac Reber (Grüne) kündigt an, die grüne Fraktion stimme sämtlichen Bestimmungen zu, sofern sie den Vorgaben von Bundesrecht entsprechen. Alles, was darüber hinausgeht, war nicht Gegenstand der eidgenössischen Volksabstimmung über die Unternehmenssteuerreform II. Die Baselbieter Bevölkerung hat diese Vorlage abgelehnt, und deshalb wäre es mehr als fragwürdig, jetzt noch darüber hinauszugehen.
Titel und Ingress keine Wortbegehren
I.
§§ 7 - 60 keine Wortbegehren
§ 62 3. Kapitalsteuersatz
Mirjam Würth (SP) beantragt namens der SP-Fraktion die Streichung des zweiten Satzes von Absatz 1: «Die Ertragssteuer wird an die Kapitalsteuer angerechnet.»
Diese Neuerung geht viel weiter als die Bundeslösung. Das Baselbieter Volk hat entschieden, dass es nicht weiter gehen möchte als der Bund. Das ist ein klares Votum. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage ist es unangebracht, weitere Steuergeschenke zu machen.
Die Kosten dieses Beschlusses wären jährlich CHF 7 Mio., und zusätzlich gerieten auch die Gemeinden unter Druck, die gleiche Änderung zu übernehmen.
Die SP-Fraktion ist der Ansicht, dass diese Einnahmenausfälle zur Zeit weder gerechtfertigt noch verkraftbar wären. Sollte der Streichungsantrag abgelehnt werden, wird die SP-Fraktion auch in der Schlussabstimmung Nein stimmen.
://: Der Antrag der SP-Fraktion, den zweiten Satz von § 62 Absatz 1 zu streichen, wird mit 51:28 Stimmen abgelehnt. [ Namenliste ]
§§ 67 - 82 keine Wortbegehren
II. keine Wortbegehren
III. keine Wortbegehren
IV. keine Wortbegehren
V. keine Wortbegehren
://: Damit ist die erste Lesung beendet.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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