Protokoll der Landratssitzung vom 19. Oktober 2000

Nr. 648


4 2000/105


Berichte des Regierungsrates vom 09. Mai 2000 und der Finanzkommission vom 6. September 2000: Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974; Abschaffung der Billettsteuer. 1. Lesung


Roland Plattner beantragt im Namen der Finanzkommission einerseits, dem Beschluss gemäss Beilage A des Berichts vom 6.9.00 zuzustimmen und damit die Billetsteuer abzuschaffen. Andererseits beantragt die Kommission - im Sinne einer kompensatorischen Lösung - durch eine Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes die Möglichkeit zu schaffen, den Staatsanteil der Quellensteuern als Ganzes oder zu Teilen den Standortgemeinden von Auftritten von im Ausland wohnhaften KünstlerInnen, SportlerInnen und GastreferentInnen zukommen zu lassen. Zudem beantragt die Finanzkommission, das Postulat 98/262 als erfüllt abzuschreiben.


Begründung:


Nicht jeder Steuerabbau bzw. jede Steuerabschaffung ist aus der Optik der Kantonsfinanzen unproblematisch. Bei der Billettsteuer verhält es sich für einmal umgekehrt: nicht ihre Abschaffung sondern ihre Aufrechterhaltung wäre ein problematischer politischer Akt.


Es handelt sich bei dieser historisch betrachteten Lustbarkeits-, Luxus- bzw. Wohltätigkeits- Aufwandsteuer um ein Relikt aus vergangener Zeit, welches die heutigen Lebensumstände nur noch teilweise abbildet. Insbesondere nach Inkrafttreten der Mehrwertsteuer ist die Billettsteuer - soweit sie die Charakterzüge einer Konsumsteuer und nicht einer Aufwandsteuer trägt - rechtlich in eine prekäre Lage geraten. Die Abschaffung der Billettsteuer ist damit von der Finanzkommission im Endeffekt grossmehrheitlich unbestritten geblieben.


Wie auch ein Blick auf das aktuelle Legislatur-Programm zeigt, korrespondiert die Abschaffung der Billettsteuer mit dem schwerpunktmässigen Grundsatz eines Ausbaus der Standortgunst und dem wichtigen Teilbereichsziel, ein modernes, konkurrenzfähiges und optimiertes Steuersystem zu unterhalten.


Für die Finanzkommission hat sich bei der Behandlung des Geschäftes eine viel entscheidendere Frage als diejenige nach der grundsätzlichen Berechtigung einer Abschaffung der Billettsteuer gestellt. Die Frage nämlich, inwiefern die Handlungsfreiheit des kantonalen Gesetzgebers bei der Abschaffung der gesetzlichen Grundlage für eine Steuer, welche sich im Endeffekt aufgrund ihrer Ausgestaltung als Gemeindesteuer ausschliesslich auf die kommunalen Finanzhaushalte auswirkt, limitiert ist. Diese Fragestellung ist im Lichte vom den Gemeinden verfassungsmässig garantierten Recht auf Gemeindeautonomie zu beleuchten.


Im konkreten Fall ist beispielsweise die Gemeinde Münchenstein als Sonderfall - um nicht zu sagen als "Sonderopfer" - im Prozentbereich auf der Ertragsseite von ihrer laufenden Rechnung betroffen.


Nach der Baselbieter Konzeption räumt der Kanton der Gemeindeautonomie einen hohen Stellenwert ein. Gemeindeautonomie kann sich nur entfalten, wenn die Gemeinden über einen ausreichenden finanziellen Handlungsspielraum verfügen. Damit trägt der kantonale Gesetzgeber eine beachtliche Mitverantwortung für die Gemeinden, woraus folgt, dass er bei für die Gemeinden finanzrelevanten Entscheidungen eine entsprechend umsichtige Beurteilung vorzunehmen hat.


Letztlich dürfte wohl auch eine ersatzlose Abschaffung der Billettsteuer unter dem Titel der Gemeindeautonomie als verfassungskonform zu beurteilen sein. Es wäre dies aber eine Art "Hardliner-Lösung". Im Rahmen der Abschaffung der Billettsteuer hat sich die Finanzkommission aus diesem Grund intensiv mit der folgenden atypischen Diskrepanz auseinandergesetzt:


Akteure (der Kanton BL als Gesetzgeber bzw. in unserem Fall als "Gesetz-nehmer"), Betroffene (die Baselbieter Gemeinden mit Billettsteuererträgen) und Beteiligte bzw. Begünstigte (die VeranstalterInnen, die euregionale Wirtschaft und die Inhaber von Infrastrukturen, in welchen Anlässe zur Durchführung gelangen) klaffen entscheidend auseinander.


Somit liegt im Zusammenhang mit der Abschaffung der Billettsteuer eine in besonderem Mass asymmetrische Ausgangslage vor, welche "ungedämpft" dazu führen müsste, dass eine "win and lose"-Situation eintreten würde.


Auf der Gewinner-Strasse: BetreiberInnen von bisher billettsteuerpflichtigen Anlässen, Inhaber von entsprechenden Infrastrukturen (bspw. der Kanton Basel-Stadt als Eigentümer der Sporthalle St. Jakob) sowie die EUREGIO als Wirtschaftsstandort.


Auf der Verlierer-Strasse: diejenigen Gemeinden, die insbesondere wie die Gemeinde Münchenstein mit ihrer ganz spezifischen Stellung vis-a-vis der Nachbargemeinde, der Stadt Basel, bzw. dem Kanton Basel-Stadt vom Recht auf Erhebung von Billettsteuern Gebrauch gemacht haben. Details zu diesem besonderen Verhältnis werden zweifellos im Rahmen der Debatte noch zu hören sein.


Nach Auffassung von einer - wenn auch der knappestmöglichen (7:6) - Mehrheit der Finanzkommission erheischt die geschilderte Asymmetrie eine harmonisierende Lösung. Eine solche wird im von der Regierung nachgelieferten Vorschlag betreffend integraler oder partieller Abtretung des Staatsanteils an der Quellensteuer an die Standortgemeinden angeboten.


Dieser Vorschlag - er wird von der Regierung aus nicht näher begründeten Überlegungen abgelehnt - besticht . Er ist gleichzeitig


- einfach


- flexibel


- begrenzbar


- wirtschaftlich tragbar


- partnerschaftlich


- fair und


- vernünftig.


Der Vorschlag ermöglicht es dem Landrat, mit einer umsichtigen flankierenden Massnahme zur gebotenen Abschaffung der Billettsteuer aus einer unkomfortablen "win and lose" eine staatspolitisch verantwortbare "win-win" -Situation zu machen.


Die Finanzkommission empfiehlt, wie eingangs erwähnt, Eintreten und Beschlussfassung gemäss Antrag.


Peter Meschberger erachtet Eingriffe in die Gemeindeautonomie, wie die Abschaffung der Billettsteuer, grundsätzlich als fragwürdig. Mag sie ein Relikt sein, so wird sie doch noch von zwei Gemeinden sinnvoll angewendet. An sich bestünde auch für andere Gemeinden die Möglichkeit, diese Steuer wider einzuführen, beispielsweise an Orten, wo ein Grosskino gebaut wird oder Grossanlässe durchgeführt werden. Trotzdem, die Tage der Billettsteuer scheinen gezählt, gegen Windmühlen anzurennen, trägt nichts ein.


Störend aber ist, dass einmal mehr einer Gemeinde obrigkeitlich - mit der Begründung eines höherliegenden Interesses - eine Einnahmequelle weggenommen wird. Verhandlungen mit der Gemeinde Münchenstein hat der Kanton verpasst.


Die Idee für einen Ersatz, die aus der Gemeinde Münchenstein selber kommt, kompensiert zwar nicht alles, was die Gemeinde verliert, doch erachtet Peter Meschberger die Idee als gut, gerecht und auch für andere Gemeinden anwendbar.


Im Namen der grossmehrheitlichen SP-Fraktion macht der Fraktionssprecher beliebt, dem Antrag der Finanzkommission zuzustimmen.


Juliana Nufer erklärt die Zustimmung der FDP-Fraktion zur Abschaffung der Billettsteuer. Den Kompensationsentwurf, einen zusätzlichen prozentualen Anteil der Quellensteuer an die betroffenen Gemeinden zu bezahlen, lehnt die FDP-Fraktion ab.


Die Billettsteuer wird als unzeitgemäss und als unzulässige Konkurrenz zur Mehrwertsteuer betrachtet. Zudem entsteht keine direkte finanzielle Betroffenheit für den Kanton, da die Steuer ja der Gemeinde abzuliefern ist.


Zur Ablehnung einer Kompensation mit der Quellensteuer: Die Einnahmen der Quellensteuer für KünstlerInnen und SportlerInnen belaufen sich auf 420'000 bis 470'000 Franken in den Jahren 98/99. Davon gehen etwa 35 Prozent an die Gemeinden. Um diese Steuereinnahmen in der Wirtschaft zu erzielen, müsste eine Unternehmung einen Unternehmensgewinn von etwa 10 Millionen erwirtschaften.


Nach Abschaffung der Billettsteuer würden wieder vermehrt Grossanlässe im Kanton organisiert und damit auch wieder höhere Beträge an Quellensteuern eintreffen.


Zieht man die Wettbewerbsrelevanz mit anderen Kantonen bei, so kommt Baselland nicht umhin, sich vom alten Zopf der Billettsteuer zu trennen. Mit der Abschaffung der Billettsteuer würde der Kanton zudem im Sinne eines partnerschaftlichen Zusammenarbeitens und des regionalen Gedankens ein deutliches Zeichen setzen.


Urs Baumann spricht sich im Namen der CVP/EVP-Fraktion ebenfalls für die Abschaffung der Billettsteuer aus. Bezüglich Münchenstein herrscht die Auffassung, dass eine Kompensation gewährt werden sollte, weil ja effektiv Einnahmen für die Gemeinde wegfallen.


Hildy Haas kann sich den Argumenten der Vorrednerinnen und Vorredner anschliessen, auch die SVP erachtet die Billettsteuer als eine überholte Steuer. Im Falle der St.Jakobshalle führe sie dazu, dass wichtige Ereignisse nicht in der Region durchgeführt werden, zudem finde mit der Mehrwertsteuer ja bereits eine Konsumbesteuerung statt. Die Abschaffung der Billettsteuer stelle tatsächlich einen unschönen Eingriff in die Gemeindeautonomie dar, dürfe im Interesse der Region aber vertreten werden. Die Ausfälle für die Gemeinde Münchenstein mit einem Anteil der Quellensteuer gemäss Antrag der Finanzkommission aufzufangen, unterstützt die Fraktion der SVP.


Heinz Mattmüller begründet den Wandel der SD-Meinung zugunsten der Abschaffung mit den in der Finanzkommission neu eingebrachten Argumenten. Als stichhaltiges Argument betrachten die Schweizer Demokraten beispielsweise, dass der Veranstalter nicht Steuern auf den Ertrag der Veranstaltung bezahlt, sondern für jedes Billett.


Als Gegenargument hält Heinz Mattmüller nach wie vor an der Tatsache fest, dass die Polizei bei Grossveranstaltungen vermehrt zum Einsatz kommen muss, was viel Geld kostet. Diese Aufwendungen sollten vom Verursacher abgegolten werden.


Alfred Zimmermann ist - gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Grüne Fraktion - der Auffassung, dass die Billettsteuer nicht mehr zeitgemäss, sondern ein Standortnachteil ist.


Mit der Kompensation zeigt die Fraktion Mühe. Wenn etwas abgeschafft wird, so sollten auch die Konsequenzen getragen werden, auch von der nicht eben armen Gemeinde Münchenstein.


Nicht ausser Acht sollte gelassen werden, dass die grossen Kosten von Basel übernommen werden, etwa die Verkehrsregelung, die Polizeieinsätze und die Sanität.


Toni Fritschi hat grundsätzlich gegen die Abschaffung der Billettsteuer nichts einzuwenden. Trotzdem stellt er den Antrag auf Nichteintreten. Sein Antrag beruht auf einer Lex Münchenstein. Der Abschaffung der Billettsteuer als reine Gemeindesteuer gelte es die besondere Betroffenheit von Münchenstein entgegen zu halten. Münchenstein leiste einen erheblichen Beitrag an die Zentrumsfunktion der Brügglinger Ebene, mit 80 Hektaren etwa 11 Prozent des Gemeindebannes.


Die vorgesehene, zeitlich befristete Kompensationszahlung geht nach Ansicht von Toni Fritschi zwar in die richtige Richtung, gleicht den Ausfall nach einer möglichen Abschaffung der Billettsteuer aber bei weitem nicht aus.


Bruno Krähenbühl erinnert daran, dass die Gemeindevertreter von Münchenstein von einem Exponenten Basels im Zusammenhang mit der Billettesteuer vor Kurzem als moderne Raubritter verunglimpft wurden.


Wer die Geschichte der Brügglinger Ebene kennt, wird die Frage nach der Richtigkeit dieser Aussage entschieden verneinen. Die Situation der Grossstadt Basel zeigt sich von Grenzen umgeben, ohne Expansionsmöglichkeiten und mit einer moderne Ansprüche reklamierenden Einwohnerschaft. Die Brügglinger Ebene liegt als attraktives Gelände vor der Stadtgrenze. Trotz der Grenzen verstanden Münchenstein und Basel schon frühzeitig, im beiderseitigen Interesse zu handeln. So ermöglichte Münchenstein der Stadt, aus ihrer Enge auszubrechen und zahlreiche, viel Platz beanspruchende Institutionen auf Münchensteiner Boden zu installieren. Es handelt sich dabei um viel mehr als bloss - wie im Bericht der Finanzkommission erwähnt - um eine Grün- und Naherholungszone. Bei allen Ausmarchungen zwischen den beiden Partnern war die Billettsteuer schon immer Verhandlungsgegenstand. Die Billettsteuer betrachtete Münchenstein stets als Entgelt für entgangene andere Steuern. Mit dem gegenseitigen Geben und Nehmen entstand, wie der Kommissionspräsident richtig sagte, eine echte "win-win"-Situation, beide Partner profitierten von den getroffenen Lösungen.


Nachdem die Regierung diese Steuer nun ersatzlos streichen will, fragt sich Bruno Krähenbühl, ob eine Regierung nicht verpflichtet wäre, sich für das Wohl der eigenen Bevölkerung einzusetzen und Schaden von ihr abzuwenden.


Von der Abschaffung würde weder der Kanton Basel-Landschaft noch das Gewerbe noch die 12'000 Einwohnerinnen und Einwohner Münchensteins profitieren. Vielmehr hätten die Münchensteiner mit einer Steuererhöhung zu rechnen, die im Regierungsprogramm geforderte Attraktivität dieser grossen Gemeinde würde sinken. Profitieren würde folglich Basel-Stadt, die Beizen und das Gewerbe Basels, die Veranstalter der Grossanlässe und eventuell die Besucher dieser Grossanläse.


Für das Argument der Regierung, die Billettsteuer aus regionalpolitischen Gründen abzuschaffen, könnte auch Münchenstein Verständnis aufbringen.


Als Finanzdirektor Hans Fünfschilling die Münchensteiner aufrief, ihm alternative, kreative Lösungen vorzuschlagen, wurde ihm die jetzt eingebrachte Lösung mit Anteilen aus der Quellensteuer vorgeschlagen. Mit dem gewählten Kompromiss würde der Landrat mithelfen, zwischen den Nachbarn Münchenstein und Basel weiterhin eine fruchtbare Zusammenarbeit zu ermöglichen.


Dölf Brodbeck ist der Ansicht, es gehe hier doch um etwas mehr als bloss um die Abschaffung der Billettsteuer und eine allfällige kompensatorische Ersatzlösung. Die in Brügglingen und im Gebiet des Dreispitz eng mit der Stadt verzahnte Gemeinde Münchenstein hatte bis anhin mit der Billettsteuer einen kleinen Trumpf in der Hand, den sie mit der Abschaffung auf einen Schlag verlöre. Dölf Brodbeck fragt sich, ob den Landratsmitgliedern bewusst ist, dass die grossen Sportanlagen ausschliesslich von Basel-Stadt genutzt werden und dass an Sonntagen die Parkplätze grossmehrheitlich von Fahrzeugen mit BS-Kennzeichen belegt sind.


Die Gemeinde Münchenstein wird nie daran denken können, auch nur einen kleinen Teil dieser Fläche als Gewerbezone nutzen zu können. Somit wird es nie möglich sein, auf diesem Gebiet Steuereinnahmen zu erzielen. Der Kostenaufwand der Gemeinde Münchenstein beträgt jährlich zudem etwa 100'000 Franken.


Werden die umliegenden Gemeinden zum Vergleich herangezogen, so muss festgestellt werden, dass Münchenstein ein etwa 20 bis 60 Prozent tiefer liegendes Steueraufkommen hat. Auch wenn eine Kompensation zustande kommen sollte, so wird die Steuerattraktivität der Gemeinde sinken. Im Wesentlichen würde die Stadt profitieren, einerseits mit den in der Sporthalle stattfindenden Anlässen und durch die Zentrumsfunktion, die Münchenstein leistet.


Dölf Brodbeck stellt abschliessend die rhetorische Frage, ob es denn in Ordnung gehe, wenn die Frage der Standortattraktivität ausgerechnet auf dem Buckel jener Gemeinde ausgetragen wird, welche die Zentrumsbeiträge erbringt.


Bruno Steiger will den von den Schweizer Demokraten in der Vernehmlassung geäusserten Haltung treu bleiben. Seines Erachtens glauben viele Leute, dass die Eintrittspreise bei Abschaffung der Billettsteuer sinken würden. Richtig aber sei doch, dass die Veranstalter in die eigene Tasche arbeiten würden.


Das Argument, die Billettsteuer würde gewisse Veranstalter von Basel fernhalten, lässt er nicht gelten. Vor den kommerziellen Begehrlichkeiten des Stadtkantons sollte nicht wieder der Kniefall geprobt werden.


Die Polizeipräsenz müsse - im Gegensatz zu den Ansichten von Fredi Zimmermann - auch vom Landkanton mitfinanziert werden, weshalb eine nicht mal so kleine Minderheit der Fraktion die Schweizer Demokraten den Nichteintretensantrag von Toni Fritschi klar unterstützen.


Helen Wegmüller bittet der Vorlage zuzustimmen und weist darauf hin, dass Münchenstein einen erheblichen Anteil seines Gemeindebannes als Naherholungszone, die vor allem der Stadt Basel zugute kommt, ausgeschieden hat. Das nicht gewerblich oder industriell genutzte Land wirft keine Steuererträge ab. Das zur-Verfügung-stellen des Landes für die Allgemeinheit sollte der Gemeinde angerechnet werden. Münchenstein hat die Billettsteuer in ihrem Budget eingeplant und kann einen derart namhaften Betrag nicht einfach zu Gunsten der regionalen Standortattraktivität opfern. Der kantonale Gesetzgeber ist verpflichtet, den Gemeinden die höchstmögliche Handlungsfreiheit zu gewähren. Die kantonalen Organe sind aufgefordert, die Selbständigkeit der Gemeinden zu achten und zu schützen. Die Abschaffung der Billettsteuer würde nicht nur einen Eingriff in die Gemeindeautonomie bedeuten, sondern auch einen Eingriff in den Finanzhaushalt der Gemeinde. Dieser Ausfall müsste von der Allgemeinheit übernommen werden. Die Ausgaben für die Gemeinde werden zudem auch nach einer Abschaffung der Billettsteuer weiterhin anfallen.


Remo Franz bezeichnet die Abschaffung der Billettsteuer, ehemals Luxussteuer, nicht als Luxus. Einen Dank spricht er der Regierung aus, die das Geschäft so zügig an die Hand genommen und in der Vorlage sehr treffend dargelegt hat.


Der Steuer fehlt die eigentliche Grundlage. Den Hinweis auf den Eingriff in die Gemeindeautonomie betrachtet er als Schlagwort zum falschen Moment.


Mühe bereitet Remo Franz, dass Kompensation für die wegfallende Steuer geschaffen werden soll. Würde man nun damit beginnen, eine Gemeinde für entgangene Steuern zu entschädigen, so würde man ein Präjudiz schaffen. Warum sollte die Gemeinde Muttenz nicht für den grossen Rangierbahnhof auf ihrem Gemeindegebiet entschädigt werden, oder Pratteln mit seinem ständig steigenden Einkaufsverkehr bei geringeren Steuereinnahmen, oder jene Gemeinden, die im Interesse des ganzen Kantons Gewerbeflächen frei halten müssen und beispielsweise auch Waldenburg, das zu Gunsten aller seine grossen Waldgebiete als Sauerstoffmaschine unterhält?


Da die Quellensteuer nach Ansicht von Remo Franz nicht manipuliert werden sollte, schlägt er im Sinne eines Kompromisses eine befristete Übergangslösung vor.


Esther Aeschlimann möchte vom Regierungsrat wissen, ob die Polizeieinsätze bei Grossanlässen den Veranstaltern in Rechnung gestellt werden.


Peter Zwick meint an die Adresse von Remo Franz, es gehe hier um einen Erholungspark, den Münchenstein Basel-Stadt zur Verfügung stelle. Die Billettsteuer sei bis heute gesetzeskonform von Münchenstein erhoben worden.


Gegenüber den Münchensteinern, die ehemals dem Abkommen zugestimmt haben, bedeute es einen Akt von Treu und Glauben, die Billettsteuer weiterhin erheben zu dürfen - und zwar als Abgeltung für das Bereithalten des wunderbaren Geländes. Der schon mal von Peter Zwick eingebrachte Vorschlag, die Grün 80 gegen das Dreispitzareal abzutauschen, wurde von der Stadt abgelehnt.


Mit dem nun schon vielfach besprochenen Quellensteuerkompromiss sei die Gemeinde Münchenstein einverstanden.


RR Adrian Ballmer bedankt sich für die - zumindest grossmehrheitlich - gute Aufnahme der Vorlage und führt an, wer das Amt des Regierungsrates antrete, werde für nicht erbrachte Leistungen ebenso gelobt wie für nicht selber vorbereitete Geschäfte geprügelt.


Wenn die im Regierungsprogramm als Leitgedanken formulierte Standortattraktivität der Region und somit auch die Sporthalle St.Jakob mit ihren vielfältigen Kultur- und Sportangeboten gesteigert werden soll, dann müsse die Billettsteuer abgeschafft werden. Davon könnte dann die ganze Region, nicht nur Basel, profitieren.


Nicht unbedingt dafür bekannt, in der Frage des Lastenausgleichs die Interessen der Stadt zu wahren, ist der Regierungsrat doch der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der Stadt und der Agglomeration gestärkt werden muss. Dabei soll der Lastenausgleich nicht, wie in Basel häufig zu beobachten, nur unter monetären Gesichtspunkten betrachtet werden.


Nachdem Zürich im Jahre 1991 die Billettsteuer abgeschafft hat, muss die St. Jakobshalle mit einem klaren, belegbaren Wettbewerbsnachteil leben.


Die Billettsteuer, 15 Prozent des Eintrittspreises, muss als ganz bedeutender Kostenfaktor gesehen werden. Das Problem der damit verbundenen Steuerausfälle der Gemeinde Münchenstein mit einem Nichteintretensantrag anzugehen, betrachtet der Finanzdirektor als taktisches Manöver.


Wenn sich Grossveranstalter zunehmend von der St.Jakobshalle distanzieren, muss Münchenstein ohnehin mit Mindereinnahmen rechnen. Klar ist, dass sich der Veranstalter den Billettpreis überlegt. Die 15 Prozent Billettsteuer kann er nicht einfach dem Zuschauer überbinden.


Mit den Anlagen von Brügglingen leistet Münchenstein eine grossen Beitrag an die regionale Attraktivität, aber auch an die Attraktivität von Münchenstein selbst. Die Kosten der Infrastrukturen trägt Basel, Münchenstein entstehen wegen den Veranstaltungen keine direkten Kosten. Mit steigender Attraktivität wird Münchenstein zudem von den steigenden Einnahmen bei der Quellen-steuer profitieren können.


Die Kompensation mit der Quellensteuer würde eine Übergangslösung darstellen, um die Härte etwas abzufedern. Weil er nicht auf die Einnahmen verzichten und kein Präjudiz schaffen möchte, hat sich der Regierungsrat als Kollegialbehörde gegen die Kompensation ausgesprochen.


Im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen Kanton und Gemeinden wäre Regierungsrat Adrian Ballmer auch bereit, über die Benachteiligung einer Region genauer nachzudenken.


Zur Kostentragung der Polizeieinsätze bei Grosseinsätzen antwortet der Finanzdirektor, es bestehe eine gesetzliche Grundlage, die es dem Kanton gestattet, die Veranstalter nach dem Verursacherprinzip zu belangen. Allerdings findet er es nicht besonders sinnvoll, einen Anlass zu sponsern und dann wieder zu besteuern.


Bezüglich der Rechtmässigkeit des Kompensationsvorschlages geht der Regierungsrat davon aus, dass die bearbeitenden Juristen der Steuerverwaltung und der Regierung ihre Überlegungen angestellt haben.


://: Der Landrat lehnt den Nichteintertensantrag von Toni Fritschi ab.



Landratsbeschluss
Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern und den Finanzausgleich (Steuer- und Finanzgesetz)


Änderung vom


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:


I.


Das Gesetz vom 7. Februar 1974 über die Staats- und Gemeindesteuern und den Finanzausgleich (Steuer- und Finanzgesetz) wird wie folgt geändert:


§ 68s   10. Abrechnung mit den Gemeinden und dem Bund


1 Die kantonale Steuerverwaltung rechnet vierteljährlich mit Bund und Gemeinden über die an der Quelle erhobenen Steuern ab.


2 Einen prozentualen Anteil des Staats an den Quellensteuern gemäss § 68l erhält diejenige Gemeinde, in deren Gebiet die betreffenden Auftritte stattgefunden haben. Der Landrat legt den Prozentsatz des Anteils fest.


§ 188


aufgehoben


§ 189


aufgehoben


§ 190


aufgehoben


§ 191


aufgehoben


§ 192


aufgehoben


II.


Diese Änderung tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.


://: Den Antrag von Alfred Zimmermann, § 68s zu streichen, lehnt der Landrat ab.



Rückkommen


Alfred Zimmermann ist der Meinung, dem Rat sei der Streichungsantrag von § 68s nicht plausibel gewesen. Seine Fraktion - und andere auch - hätten sich gegen die Kompensation ausgesprochen. Falls sie nicht mehrheitsfähig sein sollte, müsste konsequenterweise § 68s gestrichen werden. Aus diesem Grunde bittet Alfred Zimmermann, die Abstimmung zu wiederholen.


://: Der Landrat stimmt dem Rückkommensantrag von Fredi Zimmermann zu.


://: Der Landrat lehnt die Streichung von § 68s ein zweites Mal ab.


Damit ist die erste Lesung beendet.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung >>>
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