Protokoll der Landratssitzung vom 31. Mai 2001
Protokoll der Landratssitzung vom 31. Mai 2001 |
Nr. 1073
28 Fragestunde
1. Esther Maag, Ausschreibung der Alkohol-Beratung nach Submissionsgesetz
Der Kanton hat in einer ersten Phase die Eignung der Bewerber für die Ausschreibung der Alkoholberatung nach Submissionsgesetz geprüft.
Fragen:
1. Welche BewerberInnen sind zugelassen worden, an der Ausschreibung teilnehmen zu dürfen?
2. Haben alle BewerberInnen den Nachweis erbracht, für die Alkoholberatung speziell ausgebildet zu sein?
3. Hat der Kanton die Absicht, nur noch eine Alkoholberatungsstelle zuzulassen und somit die Wahlmöglichkeit einzuschränken?
4. Werden primär finanzielle Kriterien den Ausschlag geben?
5. Was wird mit den leer ausgegangenen Stellen/MitarbeiterInnen geschehen?
RR Erich Straumann
führt einleitend aus, der von der Regierung beschrittenen Weg entspreche den Bestimmungen des Submissionsgesetzes.
Zu 1: Auf die selektive Ausschreibung forderten auch die beiden jetzigen StelleninhaberInnen die Unterlagen an. Um die Stellen bemühten sich die Beratungsstelle für Alkohol- und andere Suchtprobleme, Liestal, sowie das Blaue Kreuz Baselland.
Zu 2: Grundvoraussetzungen für die Zulassung waren der Nachweis von Erfahrung in der Suchtberatung, spezifisch im Alkoholbereich, Kenntnisse im Fürsorgewesen und in der Lohnverwaltung, eine Therapieausbildung und Kenntnisse im Qualitätsmanagement.
Zu 3: Der Kanton hat die Möglichkeit auch für Arbeitsgemeinschaften offen gelassen. Die beiden BewerberInnen dürfen aber nicht vermischt werden. Wer die besten Eingaben vorlegt, wird den Leistungsauftrag erhalten.
Zu 4. Zu den ausschlaggebenden Kriterien zählen der Preis mit einer Gewichtung von 45 Prozent, die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 25 Prozent, die geografische Aufteilung mit 25 und die sprachliche Ressource mit 5 Prozent.
Zu 5: Die Einreichefrist läuft am 1. Juni 2001,12.00 Uhr ab. Die Offertöffnung erfolgt am 5. Juni 2001, um 14.00 Uhr. Ob Arbeitsplätze verloren gehen, kann in Unkenntnis der Offerten zum heutigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.
Esther Maag
nimmt Bezug auf Frage 3 und stellt fest, die beiden erwähnten Anbieter repräsentierten eine sehr unterschiedliche Betriebskultur. Falls die Möglichkeit der arbeitsgemeinschaftlichen Eingabe nicht genützt worden sein sollte, wäre folglich die Wahlmöglichkeit eingeschränkt.
RR Erich Straumann
erinnert an die Informationssitzung vom 12. März, als die VSD - wie schon in der Ausschreibung - noch einmal klar bestätigte, dass eine gemeinsame Eingabe möglich sei.
2. Urs Wüthrich-Pelloli: Sondermüllofen an vivendi
Im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Aufgabenbereiche von Novartis Services an die amerikanische
Jonson Controls
und den französischen Multi
vivendi
wird zur Zeit die Übergabe des bisher von Novartis betriebenen Sondermüllofens an vivendi vorbereitet. Nachdem im Zusammenhang mit dem outsourcing-Projekt offenbar sämtliche Immobilien bei Novartis verbleiben, erstaunt es, dass ausgerechnet der Sondermüllofen - eine Anlage, die für Bevölkerung und Umwelt von besonderem Interesse ist - an einen internationalen Konzern verkauft werden soll, dessen Entscheidungszentren ausserhalb unserer Region liegen.
Fragen:
1. War der Kanton Basel-Landschaft bei den Verhandlungen im Hinblick auf die Übergabe des Sondermüllofens an vivendi beteiligt?
2. Wie beurteilt der Regierungsrat die in Aussicht genommene Ausgliederung an den französischen Multi?
3. Welche Mitwirkungs- und Kontrollrechte hat sich der Kanton für den zukünftigen Betrieb des Sondermüllofens gesichert und welche Verpflichtungen wurden gegenüber vivendi eingegangen?
4. Besteht die Absicht, mit besonderen Informationsmassnahmen, allfälligen Fragen in der Öffentlichkeit zu begegnen?
RR Elsbeth Schneider- Kenel
Zu 1: Nein, der Kanton Basel-Landschaft nahm an den Verhandlungen nicht teil. Im Rahmen der RSMVA-Betriebskommission hat die Valorec über in Gang befindliche Verkaufsverhandlungen informiert.
Zu 2: Aufgrund der vertaglichen Abmachungen sind für Basel-Stadt und Basel-Landschaft keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Die Mitsprache bleibt durch den RSMVA-Beirat und durch die Möglichkeit, zu den Importgesuchen für Sonderabfälle Stellung beziehen zu können, gewahrt.
Zu 3: Auch in Zukunft werden drei Gremien die Mitsprache der Kantone und die Überwachung der Auswirkungen der Anlagen ermöglichen. Im RSMVA-Beirat haben das AUE Basel-Stadt, Umweltverbände und Anwohner Einsitz. Die Chemiefirmen sind mit den Betriebskommissionen dabei, dazu kommen AUE Basel-Stadt und Basel-Landschaft, IWB Basel-Stadt und AIB Basel-Landschaft, das Lufthygieneamt und andere.
Aufgrund der Ergänzungsvereinbarung erhält die Betriebskommission Einsicht in die Betriebsrechnung der RSMVA.
Die Kantone gingen gegenüber vivendi keinerlei Verpflichtungen ein.
1992 wurde mit Ciba Geigy ein Grundvertrag abgeschlossen und im Dezember letzten Jahres eine marktwirtschaftlich- und nicht mehr pflichtmengenorientierte Ergänzungsvereinbarung unter den Vertragspartnern. Diese beiden Vertragswerke regeln Rechte und Pflichten beider Kantone und der Betreiber des RSMVA bis zum Vertragsende am 30. September 2005.
Zu 4: Wie nun aufgezeigt, sind weder für die beiden Basel noch für die Region wesentliche Änderungen zu erwarten. Deshalb sind auch keine besonderen Massnahmen notwendig geworden. Die bisherigen Betreiber haben regelmässig und ausführlich im Rahmen der Beiratssitzungen und des Jahresberichtes über die Umweltauswirkungen der Anlagen informiert.
Urs Wüthrich
bittet um stichwortartiges Auflisten der Kompetenzen des Beirates und der Betriebskommission gegenüber den Betreibern.
RR Elsbeth Schneider
bietet Urs Wüthrich an, sich bei der BUD zu melden, sobald er mit irgend einem Sachverhalt oder der Abwicklung eines Geschäftes unzufrieden sein sollte.
3. Mirko Meier: Lehrkräftemangel auch im Baselbiet
In verschiedenen Kantonen zeichnet sich ein akuter Lehrkräftemangel ab, dies insbesondere in der Real- und Sekundarstufe sowie in den Sonder- und Kleinklassen. Die Schule droht vom Ernst- zum Störfall zu werden - wie in einer Zeitung zu lesen war -, weil der Lehrerberuf auf den Ebenen Lohn, Personalführung und Arbeitsbedingungen, aber auch wegen der abbröckelnden öffentlichen Wertschätzung deutlich an Prestige eingebüsst hat.
Fragen:
1. Wie präsentiert sich die Lehrkräftesituation an den Baselbieter Schulen?
2. Mit welchen allfälligen Massnahmen soll und kann eine Personalknappheit vermieden werden?
RR Peter Schmid
Zu 1: Die letzte Erhebung vom 11. Mai ergab, dass in den einzelnen Schulstufen des Kantons noch die folgende Anzahl Lektionen zu besetzen sind:
Primarschule: 235 Lektionen = 8,7 Stelllen
Realschule: 369 Lektionen = 13,6 Stellen
Sekundarschule: 131 Lektionen = 5 Stellen
Berufschule/Gymnasium: Alle Lektionen vergeben!
Diese, auf den ersten Blick nicht alarmierend wirkenden Zahlen verschleiern drei Probleme:
a) Die Anzahl Lektionen lässt sich in der Praxis nicht einfach in (Voll-)Stellen umwandeln.
b) Die Lehrpersonen, welche die offenen Stellen besetzen, verfügen oft nicht über die an sich geforderte Qualifikation.
c) In der Mittellehrerinnen und Mittellehrerausbildung an der Universität Basel fehlt es an Nachwuchs.
Insgesamt hat sich die Situation gegenüber den vorangegangenen Jahren leicht verschlechtert, wenn es auch schon bis anhin nicht üblich war, dass im Mai bereits alle Lektionen vergeben waren.
Zu 2: Die Erziehungsdirektion geht davon aus, dass aktuell kein massives Problem besteht, dass aber ein massives Problem droht, weshalb der Erziehungsdirektor Folgendes geplant hat:
Über Anträge in der Erziehungsdirektorenkonferenz wird genau analysiert, wo welche LehrerInnenkategorien fehlen.
Klammerbemerkung: Wenn die Presse meldet, der Kanton Zürich habe 500 offene Lehrerstellen, so fehlen diesem Kanton nicht 500 LehrerInnen, vielmehr wechseln innerhalb des Kantons eine schöne Anzahl von LehrerInnen ihre Stelle.
Ein zweiter Antrag fordert eine interkantonale Kampagne, die für den LehrerInnenberuf wirbt. In der NWCH ist vorgesehen, mit Lehrkräften, die den Schuldienst verlassen, Austrittsgespräche über die Motivation für diesen Schritt zu organisieren. Ziel ist es, verbindlich zu erfahren, ob die Austritte mit einer unbefriedigenden Schulsituation oder mit attraktiven Angeboten von ausserhalb der Schule zu tun haben.
Die Regierung wir einen, noch mit den Sozialpartnern abzusprechenden Antrag der Erziehungs- und Kulturdirektion debattieren, der eine Verbesserung der Ausbildungssituation für die zukünftigen ReallehrerInnen vorsieht. Möglicherweise soll der Schritt zurück zu einer bezahlten Ausbildung getan werden. Statt Stunden kompensieren zu müssen, soll es zudem wieder möglich werden, Zusatzstunden zu bezahlen und weiter soll bei der Lehrerschaft eine Weiterbildungsoffensive in den Mangelbereichen gestartet werden. Ganz speziell gilt das Augenmerk der Ausbildung in Heilpädagogik. Schliesslich wäre auch die Festanstellung von so genannten SpringerInnen zu prüfen.
All diese Vorschläge sollen ernsthaft diskutiert und auch im Hinblick auf finanzielle und personelle Konsequenzen überprüft werden.
Paul Schär
bittet den Regierungsrat zu klären, ob - analog zum Kanton Aargau - Modelle für NichtmaturandInnen als QuereinsteigerInnen für den Primar- und ReallehrerInnenberuf entwickelt werden.
RR Peter Schmid
führt aus, dass der Kanton Basel-Landschaft als einer der wenigen Kantone - je nach Blickwinkel Schuld oder Verdienst des Erziehungsdirektors selbst - die Kindergarten- und PrimarlehrerInnenausbildung nie ausschliesslich an den Erwerb der Maturität gebunden hat. Längst schon ist dem Erziehungsdirektor klar, dass der Kampf um die Maturandinnen und Maturanden von allen Seiten her tobt: Die Universitäten wollen sie ebenso wie die Fachhochschulen und die pädagogischen Hochschulen. Zudem war das Seminar schon immer zugänglich für Frauen und Männer aus anderen Berufsfeldern, für Berufsmaturandinnen und -maturanden und auch für die DMS- und HMS-Absolventinnen und -absolventen. Im Sommer startet überdies das Seminar für erwerbstätige Frauen und Männer in etwas vorgerückterem Alter einen Lehrgang mit hohem autodidaktischen Anteil und grosszügig ausgebautem Mentoring.
4. Hildy Haas: Lehrplan Berufswahlklassen
Die Berufswahlklasse ist für viele Jugendliche die letzte Station der obligatorischen Schulzeit und soll sie auf das Leben vorbereiten.
Mich interessiert in diesem Zusammenhang, was der Lehrplan der Berufswahlklassen zum Staatsbürgerlichen Unterricht vorsieht, und wie diese Vorgaben in der Praxis umgesetzt werden.
Fragen:
1. Besteht eine Verpflichtung, das Thema zu behandeln und wie lautet der Auftrag?
2. Wird die Umsetzung durch das Schulinspektorat überprüft?
3. Welche Weiterbildung wird den Lehrkräften der Berufswahlklassen zu diesem Thema angeboten?
RR Peter Schmid
zu Frage 1 aus dem Lehrplan:
Der Geschichtsunterricht trägt zur Schaffung eines Menschen- und Weltbildes bei, er fördert die Entwicklung einer Weltanschauung, eines geschichtlichen Bewusstseins und umfasst nicht nur eine fremde Vergangenheit, sondern bezieht auch die eigene Herkunft mit ein. Den Jugendlichen angepasste Inhalte und Unterrichtsformen ermöglichen ein elementares Verständnis für vergangene und gegenwärtige Prozesse und deren Tragweite.
Die letzte der fünf Richtlinien heisst zudem:
Die Jugendlichen setzen sich mit wichtigen politischen Vorgängen in Gemeinde, Kanton und Bund auseinander.
Zum Pflichtstoff der Berufswahlklassen gehört unter dem Titel Staatskunde:
Gemeinde, Kanton, Bund, Institutionen, Behörden, Prozesse des Meinungsbildungsverfahrens sowie Wahl-und Abstimmungsverfahren.
2: Zu den Inspektionsaufgaben und zur ordentlichen Inspektionstätigkeit gehört auch das Überprüfen der Lehrplankonformität. Eine strenge, im systematischen Sinne lückenlose Überprüfung findet indes nicht statt.
3: Zur Zeit finden keine Weiterbildungskurse spezifisch zu diesem Thema statt.
Hildy Haas
bedankt sich für die Antwort und weist darauf hin, dass sie den Berufswahlklassenlehrer ihres Dorfes schon letztes Jahr eingeladen hat, mit der Klasse den Landrat zu besuchen. Nach einem mehr als halbjährigen Schriften- und Telephonverkehr kam der Besuch schliesslich zustande. Leider will der Landrätin nun aber ein weiteres Engagement der nächsten Klasse - trotz des Angebotes kulinarischer Verlockungen - nicht gelingen.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 1074
2001/152
Interpellation der SP-Fraktion vom 31. Mai 2001: Massiver Stellenabbau bei Roche - Konsequenzen für unsere Region
RR Erich Straumann beantwort die sechs Fragen der dringlichen Interpellation von Urs Wüthrich.
1. Wie beurteilt der Regierungsrat die angekündigten Massnahmen und wie werden die Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Beschäftigungssituation im Kanton Basel-Landschaft eingeschätzt?
Die Umorganisation von Roche betrifft innerhalb der Division Pharma folgende Bereiche:
Von den angekündigten 600 Stellen, die abgebaut werden sollen, sind 510 geortet. 80 - 90 weitere Funktionen sind noch zu bezeichnen.
Die 510 Stellen setzen sich wie folgt zusammen:
- 250 Stellen in der Produktion am Standort Basel-Stadt
- 100 Stellen im Bereich Engineering / Support / Qualitätssicherung der Produktion am Standort Basel-Stadt
- 100 Stellen im Bereich Support, allgemeine Dienste, Porte etc. im Stammhaus Basel-Stadt
Von diesen 450 Stellen ist ein grosser Teil durch Grenzgänger besetzt.
- 50 Stellen im Bereich Marketing
- 10 Stellen im Bereich Entwicklung
Der überwiegende Teil dieser 60 Mitarbeitenden sind Engländer, welche für 2-4 Jahre im Rahmen ihrer Karrierelaufbahn hier arbeiten. Sie werden innerhalb des Konzerns an anderen Orten arbeiten.
Der Standort Roche Reinach/BL ist eine reine Verkaufsorganisation (rund 60 Personen). Dieser ist nicht betroffen.
Am Standort Roche Kaiseraugst ist der Bereich Diagnostica/Verpackungsbetriebe angesiedelt. Er ist nicht betroffen.
Auch Roche Sisseln, Bereich Vitamine, ist nicht betroffen.
Sozialplan: Die Eckwerte des Sozialplanes stehen.
Vorruhestands-Regelung: Aus Steuergründen sind viele Mitarbeitende bei Roche interessiert, in den Vorruhestand zu treten. Ein Anteil der 600 vom Abbau betroffenen Stellen sind durch Mitarbeitende besetzt, die die Voraussetzungen für den Vorruhestand erfüllen.
Forschungsstandort Basel
Vor einem Jahr wurde konzernweit der Bereich Forschung umorganisiert. Die Zielsetzung war, weniger Forschungsstandorte zu betreiben und die verbleibenden zu stärken. Basel bleibt. In diesem Zusammenhang wurde das Institut für Immunologie der Uni Basel umgewandelt in ein Roche-Forschungsinstitut für medizinische Genomik. Die bisher rund 60 befristeten Arbeitsstellen wurden umgewandelt in definitive und unbefristete Stellen. Dazu wurden 60 neue, ebenfalls unbefristete und definitive Stellen geschaffen.
Die Wirtschafts- und Beschäftigungssituation im Kanton Basel-Landschaft wird nach Einschätzung von Roche durch die Umorganisation und den Abbau der 600 Stellen nicht betroffen. Roche hat Anfragen von anderen Produktionsbetrieben aus der ganzen Schweiz auf dem Tisch. Der Arbeitsmarkt für industrielle Arbeitskräfte ist völlig ausgetrocknet. Roche wird die 600 Arbeitsverhältnisse kündigen. Es werden also Kündigungen ausgesprochen, man geht aber davon aus, dass daraus keine Entlassungen resultieren. Das heisst, dass Mitarbeitende konzernintern andere Stellen finden werden, bei anderen Firmen Stellen finden werden oder über den Sozialplan/Vorruhestandsregelung aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden werden. Roche stützt sich bei dieser Aussage auf die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Verschiebung von Diagnostica/Kaiseraugst im Rahmen der Uebernahme von Boehringer, Mannheim. Das war 1997. Betroffen waren 500 Stellen. Auch damals wurden Kündigungen ausgesprochen, aber es kam zu keinen Entlassungen. Die Mitarbeitenden wechselten nach Deutschland oder intern oder nahmen die Vorruhestandsregelung in Anspruch.
2. Sieht der Regierungsrat Handlungsbedarf im Hinblick auf den in Aussicht gestellten Stellenabbau?
Aufgrund der Auskünfte von Roche besteht kein Handlungsbedarf im Sinne von Notmassnahmen. Das KIGA BL wird im Bedarfsfalle Unterstützung bei der Stellenvermittlung leisten. Die erforderlichen Strukturen können seitens des KIGA rasch und effizient bereitgestellt werden.
3. War der Regierungsrat frühzeitig über den geplanten Arbeitsplatzabbau (Umfang, betroffener Personenkreis und Zeitplan) orientiert?
Der Regierungsrat wurde gestern Mittwoch von der Konzernleitung informiert. Obwohl kein Betriebsstandort auf Baselbieter Boden betroffen ist, hat sich die Konzernleitung in verdankenswerter Weise entschlossen, auch die Baselbieter Regierung direkt zu informieren.
4. Wurden Kontakte zu den Entscheidungsträgern des Unternehmens aufgebaut und sind Gespräche geplant?
Die Kontaktkanäle zu den Entscheidungsträgern sind offen.
5. Werden allfällige Interventionen des Regierungsrates mit den Aktivitäten der Basler Regierung koordiniert?
Darüber wurde noch nicht entschieden.
6. Wie weit kommen die am 25. November 1999 vom Parlament in Auftrag gegebenen Instrumente und Massnahmen zum Tragen?
Das Parlament hat drei Aufträge erteilt:
- Postulat 1999-248: Schaffung eines ständigen Wirtschaftsausschusses: Es wurde eine regierungsrätliche Wirtschaftskommission gebildet. Dieser trifft sich regelmässig und zusätzlich nach Bedarf.
- Postulat 1999-245: Für eine aktive Industriepolitik: Es wurde zusätzlich zum Wirtschaftsausschuss eine Arbeitsgruppe Raumpolitik/Wirtschaft eingesetzt. Die Leistungen der Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft wurden untersucht, man ist daran, die Erkenntnisse umzusetzen.
- Postulat 1999-247: Einrichtung eines Krisendispositivs: Der Regierungsrat beurteilt jeden Dienstag im Rahmen der ordentlichen Sitzung die Lage. Er hat dafür eine sogenannte "Watch-List" eingeführt.
Abschliessend stellt der Volkswirtschaftsdirektor fest, dass die Umorganisation von Roche mit Adtranz nicht vergleichbar ist.
Urs Wüthrich bedankt sich für die Beantwortung des Fragekantaloges und erwartet zu Handen des Landrates schon bald ausführlichere Informationen zu Frage 6, die sich ja um die genannten parlamentarischen Vorstösse dreht.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 1075
4 2001/065
Motion der FDP-Fraktion vom 22. März 2001: Wirtschaftsförderungsgesetz den neuen Anforderungen anpassen
://: Der Landrat überweist die Motion an die Regierung.
Nr. 1076
5 2001/066
Motion der FDP-Fraktion vom 22. März 2001: Elektrizitätsmarktöffnung: Anpassung der kantonalen Gesetzgebung
://: Der Landrat überweist die Motion an die Regierung.
Nr. 1077
6 2001/117
Postulat von Eric Nussbaumer vom 26. April 2001: Leistungsauftrag für Netzbetreiber gemäss Elektrizitätsmarktgesetz (EMG)
://: Der Landrat überweist das Postulat an die Regierung.
Nr. 1078
7 2001/067
Motion der FDP-Fraktion vom 22. März 2001: Für die Zukunftsicherung des Impulsprogramms "Qualifikation"
://: Der Landrat überweist die Motion an die Regierung.
Nr. 1079
8 2001/133
Motion der SP-Fraktion vom 10. Mai 2001: Der "Chance" eine Chance geben
://: Der Landrat überweist die Motion an die Regierung.
Nr. 1080
9 2001/045
Postulat der FDP-Fraktion vom 22. Februar 2001: Optimierung der Berufsbildung
://: Der Landrat überweist das Postulat an die Regierung.
Nr. 1081
10 2001/069
Postulat der FDP-Fraktion vom 22. März 2001: Behebung des Mangels an Arbeitskräften
RR Erich Straumann spricht sich gegen die Entgegennahme des Postulates aus, weil das verfügbare Kontingent an Arbeitskräften aufgrund nicht vorhandener Arbeitskräfte (Informatiker) gar nicht ausgeschöpft werden kann.
Peter Tobler bittet den Rat, das Postulat zu überweisen und abzuschreiben. Er begründet seinen Vorschlag mit der inzwischen erfolgten Massnahme des Bundes, der auf Druck der Kantone das Kontingent für Jahresaufenthalter gemäss Presseberichten um 5000 und für Kurzaufenthalter um 6000 Personen erhöht hat.
Das Thema dürfe nicht einfach als Novartis-Thema abqualifiziert werden, vielmehr gelte es bei der Neugründung einer innovativen Firma stets, prioritär die Personalplanung an die Hand zu nehmen. Für die Bewilligungen der Aufenthalte der benötigten Personen erwarte die Wirtschaft eine gewisse Sicherheit.
Theo Weller verzichtet auf eine weiter gehende Stellungnahme, wenn sich der Rat bereit erklärt, das Postulat zu überweisen und abzuschreiben.
Heinz Mattmüller ist erfreut, dass Kollege Tobler Einsicht zeigt und macht zur Klärung noch einmal deutlich, dass der Bundesrat auf Drängen der Kantone und der Wirtschaft, das Kontingent für Jahresaufenthalter und Kurzaufenthalter per 23. Mai 2001 aufgestockt hat.
Bruno Krähenbühl kann sich namens der SP-Fraktion, die an sich gegen das Postulat ist, der Abschreibung des Vorstosses anschliessen.
Die Fremdenpolizei verfüge eigentlich bereits heute über vielfältige Möglichkeiten, Arbeitsbewilligungen zu erteilen. Den statistischen Angaben lasse sich entnehmen, dass bisher nicht alle Kontingente ausgeschöpft wurden und der Bundesrat - wie gehört - ein weiteres Kontingent von 11'000 Spezialisten frei gegeben hat. Dass die Wirtschaft diese Spezialisten brauche, sei zwar einsichtig, doch sollte nicht übersehen werden, dass die Wirtschaft und ihre Exponenten im rechten Lager für die dadurch entstehenden innenpolitischen Folgen seit Jahren die politische Linke verantwortlich machen. Bruno Krähenbühl ist sehr gespannt, was die Sozialdemokraten künftig angesichts dieser Schlitzohrigkeit unternehmen werden. Dass die einen fordern und auch erhalten, die andern aber die Verantwortung zu tragen hätten, könne auf Dauer nicht funktionieren. Jene Kräfte, welche die Menschen ins Land holen, sollten auch zu ihnen stehen und gegenüber der Bevölkerung die Verantwortung tragen. Mit Argumenten gegen die Ausländer die Wahlen zu gewinnen und danach noch mehr Ausländer als Arbeitskräfte zu verlangen, gehe nicht mehr an. Gefordert sei endlich eine gemeinsame anständige Lösung.
://: Der Landrat überweist das Postulat 2001/069 der FDP-Fraktion grossmehrheitlich.
://: Der Landrat schreibt das Postulat 2001/069 der FDP-Fraktion grossmehrheitlich ab.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 1082
11 2001/119
Interpellation von Bruno Krähenbühl vom 26. April 2001: Erteilung von Arbeitsbewilligungen an ausländische
Brno Krähenbühl verweist auf seine vorangegangenen Darlegungen und verzichtet auf weitere Ausführungen.
://: Damit ist die Interpellation erledigt.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 1083
12 2001/075
Interpellation der SP-Fraktion vom 22. März 2001: Zukunft der Arbeitsplätze bei Adtranz/Railcor Pratteln. Antwort des Regierungsrates
RR Erich Straumann nimmt vorab Bezug auf einen Wunsch von Urs Wüthrich, heute auch die Vorstösse zu Adtranz zu behandeln. Dies sei allerdings nicht möglich, weil Regierung und Verwaltung, die Anliegen für die Beratung im Landrat seriös aufbereiten wolle.
Fragen:
1. Welche Massnahmen ergreift oder veranlasst der Regierungsrat, um auch für die 129 Mitarbeitenden der Adtranz, denen eine Kündigung droht, eine Lösung auf dem Arbeitsmarkt zu finden?
2. Die Auffanggesellschaft Railcor kann dank eines SBB-Auftrags für 70 Doppelstockwaggons mit einem kleinen Auftragspolster starten. Für die längerfristige Sicherung wäre es aber entscheidend, wenn die SBB die geplante Nachfolgebestellung des Neigezuges ICN mit der Auflage verbindet, dass diese zukunftsträchtige Produktion in der Schweiz erfolgen muss. Ist der Regierungsrat bereit, sich bei der SBB und beim Bundesrat dafür einzusetzen?
3. Welche weiteren Massnahmen zur Unterstützung und Förderung der Auffanggesellschaft Railcor hat der Regierungsrat ins Auge gefasst?
4. Die Adtranz Schweiz hat sich vom Produktions- zum Technologieunternehmen gewandelt, wobei der Schwerpunkt - anders als noch vor wenigen Jahren angestrebt - im Raum Zürich liegt und nicht im Werk Pratteln, wo sich die Opfer und die Risiken zu konzentrieren scheinen. Wie beurteilt der Regierungsrat diese Entwicklung?
Zu 1: Die 79 Kündigungen bei Adtranz sprach die Geschäftsleitung erst per Ende März aus. Darunter sind 40 Personen in der Schweiz wohnhaft und 39 Personen sind Grenzgänger. Der informierte Regierungsrat hat über das KIGA sofort eine Stellenbörse eingerichtet. Am 30. März fanden die ersten Gespräche statt. Inzwischen wurden über 100 Gespräche geführt. 20 Personen haben auf 1. Juli eine neue Stelle gefunden. Von den 79 betroffenen Personen ist seither 1 Person als arbeitslos gemeldet.
Zu 2: Die Auffanggesellschaft Railcor beschäftigt 140 Personen. Sie hat von den SBB den sehr willkommenen Produktionsauftrag für die 70 Doppelstockwaggons erhalten. Damit ist die Firma für eineinhalb Jahre ausgelastet. Selbstverständlich wird sich die Firma auch um andere Aufträge bewerben. Idealerweise möchte Railcor natürlich auch den Neigezug ICN produzieren. Der Regierungsrat meldet das diesbezügliche Interesse bei den SBB immer wieder an.
Zu 3: Die Railcor AG kennt die Einrichtung des Wirtschafts-Förderungsfonds. Es liegt an den Entscheidungsträgern der Firma, entsprechende Anträge zu stellen.
Zu 4: Zum Zeitpunkt der Betriebsschliessung im November 1999 waren 714 Personen betroffen, letztlich waren es am Standort Pratteln noch 410 und effektiv ausgesprochen wurden - wie gesagt - 79 Kündigungen, für alle übrigen Personen konnten Lösungen gefunden werden.
Regierungsrat, Parlament und die nationalen VertreterInnen des Kantons sind in ständigem Kontakt mit den entsprechenden Verantwortungsträgern und setzen sich für die Weiterexistenz der Nachfolgefirma ein.
Der Übergang der Nachfolgefirma an Bombardier hat stattgefunden. Die BL-Regierung hat bereits einen ersten Kontakt zu Berlin geknüpft und wird weiterhin dranbleiben. Die noch ausstehenden parlamentarischen Vorstösse sollen dann beraten werden, wenn das Geschäft mit Bombardier zum Abschluss gekommen sein wird.
://: Der Landrat bewilligt auf Antrag von Ruedi Brassel die Diskussion.
Ruedi Brassel bedankt sich für die Beantwortung des Vorstosses. Dass die Interpellation im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsbericht beantwortet werde , treffe sich gut, weil im Wirtschaftsbericht die Tatsache des wirtschaftlichen Strukturwandels, der sich durch einen Abbau von Industriekapazität und den Ausbau von Dienstleistungskapazitäten kennzeichne, stark vernachlässigt wurde. Wenn auch die Arbeitslosigkeit erfreulich zurückgegangen sei, müsse die Vielfalt des Werkplatzes im Auge behalten werden.
Die von der Regierung leider fast völlig vernachlässigten Zahlen der regio basiliensis belegen statistisch, dass zwischen 1991 und 2000 alleine im zweiten Sektor ein Arbeitsplatzabbau von 29,6 Prozent stattgefunden hat und dass auf die gesamte Region bezogen, fast 7 Prozent aller Arbeitsplätze innerhalb der 90er Jahre verloren gegangen sind.
Die vor anderthalb Jahren gestellten Früherkennungsforderungen sollten nun nicht einfach unter den Tisch gewischt werden, das Parlament sollte von der Regierung über die getroffenen Massnahmen bezüglich des Strukturwandels und der Industriepolitik informiert werden.
Auch die von der Regierung mit den SBB geführten Gespräche über die Auftragslage für Bombardier möchte Ruedi Brassel konkreter erläutert haben.
RR Erich Straumann erneuert sein schon am Morgen dargelegtes Bemühen und prioritäres Ziel, die Standortqualitäten des Kantons immer wieder hervor zu streichen. Trotzdem sei es für die Regierung nicht möglich, auf die Arbeitsplatzverlagerungen vom industriellen zum dienstleistenden Sektor Einfluss zu nehmen. Immer wieder treffe sich aber die Regierung mit den Verbänden der Wirtschaft und lote Möglichkeiten der Hilfestellung aus. Auf die konkreten Massnahmen wird der Regierungsrat im Rahmen der Behandlung der persönlichen Vorstösse eintreten.
://: Damit ist die Interpellation beantwortet.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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