Protokoll der Landratssitzung vom 24. Januar 2002
Protokoll der Landratssitzung vom 24. Januar 2002 |
Nr. 1443
4 1999/182 1999/182a
Berichte des Regierungsrates vom 14. September 1999 und der Justiz- und Polizeikommission vom 7. Januar 2000 sowie vom 14. Januar 2002: Revision des Gesetzes über die Einführung des Zivilgesetzbuches (EG ZGB) in Sachen Vormundschaftswesen. 1. Lesung
Kommissionspräsident Dieter Völlmin betont, im Gegensatz zum vorhergehenden Geschäft der Justiz- und Polizeikommission handle es sich hier um eine kompliziertere Materie. Zur Verwirrung beigetragen habe die vor rund zwei Wochen vom Regierungsrat dem Landrat unterbreitete Vorlage 2002/001 (Revision des Gesetzes betreffend die Amtsvormundschaften), welche nicht im Zusammenhang mit der heutigen Vorlage stehe. Es gehe heute insbesondere nicht darum, irgendwelche Amtsvormundschaftskreise zu verändern.
Die eigentlichen vormundschaftlichen Fragen sind im Zivilgesetzbuch geregelt und müssen von den Kantonen vollzogen werden. Diese sind autonom in der Gestaltung der Organisation ihres Vormundschaftswesens. Die heute traktandierte Vorlage gehe zeitlich recht weit zurück und beginne mit einem überwiesenen parlamentarischen Vorstoss der GPK aus dem Jahr 1990, mit welchem gefordert wurde, das Vormundschaftswesen auf seine Funktionsfähigkeit genauer zu überprüfen. In den 1990er-Jahren nahm die Verwaltung ihre Arbeit zu einer Revision des Vormundschaftswesens auf und startete erste Umfragen bei Gemeinden und Vormundschaftsbehörden. Nach der Auswertung der Ergebnisse legte der Regierungsrat im Jahr 1999 eine entsprechende Vorlage vor.
Es bestehen vielfältige Möglichkeiten, wie das Vormundschaftswesen organisiert werden könnte. So wäre es beispielsweise möglich gewesen, auch die Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene neu zu organisieren, indem man bezirksweise oder kantonale Vormundschaftsbehörden eingerichtet hätte.
In seiner Vorlage favorisiert der Regierungsrat ein Modell, welches für die Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene keine Änderungen bringt, sondern die Aufsichtsbehörde neu organisiert. Bisher nehmen die Statthalterämter neben ihrer zentralen Aufgabe der Strafverfolgung die Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden wahr. Neu soll nun eine zentrale Aufsichtsbehörde auf kantonaler Ebene geschaffen werden, nämlich das Vormundschaftsamt mit der Vormundschaftskommission.
Die Vorlage zur Revision des Vormundschaftswesens steht auch im Zusammenhang mit der Justizreform, denn eigentlich war es vorgesehen, bereits vor dem Inkrafttreten der Justizreform die Statthalterämter auf ihre Kernaufgabe, die Untersuchungsrichterfunktion zu beschränken. Entsprechend wurde die Vorlage bereits 1999 in der Justiz- und Polizeikommission beraten, wobei sich sehr unterschiedliche Meinungen herauskristallisierten. Gewisse Bestrebungen gingen dahin, das Vormundschaftswesen an sich neu zu organisieren, also auch auf der Ebene der Vormundschaftsbehörden. Einige Kommissionsmitglieder vertraten die Linie des Regierungsrates, während andere Argumentationen dahin gingen, die Aufsicht wie bisher bei den Statthalterämtern zu belassen.
Wie im Zwischenbericht 1999/182 dargelegt, führte die Justiz- und Polizeikommission 1999 Anhörungen durch und beschloss daraufhin, die bereits Mitte der 90er-Jahre durchgeführte Umfrage bei den Gemeinden in Anbetracht des neuen Scheidungsrechts noch einmal durchzuführen.
Nach der Auswertung der neuerlichen Umfrage vor gut einem Jahr nahm die Justiz- und Polizeikommission ihre Beratungen zu diesem Geschäft wieder auf. Zum Resultat der Umfrage verweist Dieter Völlmin auf den Kommissionsbericht vom 14. Januar 2002 (1999/182a). Das Ergebnis der letzten Umfrage sei dabei grundsätzlich bestätigt worden. Die Gemeinden wollen weiterhin die Aufgabe der Vormundschaftsbehörde erfüllen, jedoch sollen sie sich zu Zweckverbänden zusammenschliessen können. Diese Möglichkeit besteht im Übrigen bereits heute und müsste mit der aktuellen Vorlage nicht neu geschaffen werden.
Das Umfrageresultat führte dazu, dass die Kommission auf der Basis des regierungsrätlichen Vorschlags weiter beriet. Ein Rückkommensantrag auf die Eintretensfrage wurde klar abgelehnt. Die Detailberatung brachte keine wesentlichen Änderungen am regierungsrätlichen Vorschlag, längere Diskussionen ergaben sich vor allem darüber, ob auch Ärzte für den vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentzug zuständig sein sollen. Ein Bundesgerichtsurteil zeigte die diesbezüglichen formellen Anforderungen auf und führte dazu, dass die in einem ersten Entscheid beschlossene ärztliche Zuständigkeit - nach Rücksprache mit der Ärzteschaft - wieder gestrichen wurde. Die Zuständigkeit bleibt wie bisher bei der Aufsichtsbehörde, neu also beim Vormundschaftsamt und den Mitgliedern der Vormundschaftskommission.
Die Justiz- und Polizeikommission beantragt dem Landrat mit 10:2 Stimmen, die Revision des EG ZGB gemäss der Beilage zum Kommissionsbericht zu beschliessen und die beiden Motionen 90/204 sowie 90/236 als erfüllt abzuschreiben.
Christoph Rudin erklärt, die SP-Fraktion spreche sich ohne Begeisterung für Eintreten auf die aktuelle Vorlage aus. Die Neustrukturierung der vormundschaftlichen Aufsicht stelle eine Verbesserung dar, auch wenn betont werden müsse, dass die Statthalterämter bisher gute Arbeit leisteten.
Leider seien mit der aktuellen Gesetzesrevision einige Chancen verpasst worden, denn das Hauptproblem lag eigentlich darin, dass die fachliche Kompetenz der Behörden auf Gemeindeebene angezweifelt wurde. Dieses Problem wurde mit der aktuellen Revision nicht angegangen und die SP-Fraktion ist nicht überzeugt davon, dass die von der GPK geforderte Qualitätssicherung bezüglich der Vormundschaftbehörden gewährleistet werden könne. Das Vormundschaftrecht könne sehr tief in den Rechtsbereich jedes Menschen eingreifen und die Handlungsfähigkeit stark beschneiden, weshalb die Garantie einer fachlich kompetenten Behörde vor die Gemeindeautonomie zu stellen sei.
Nach Ansicht der SP stelle es einen weiteren Mangel der aktuellen Vorlage dar, dass das Aufsichtsorgan eine administrative Behörde bleibe, denn die konsequente Umsetzung der Justizreform hätte bedingt, dass eine richterliche Behörde als Aufsichtsinstanz eingesetzt worden wäre, da diese gegenüber der Regierung nicht weisungsgebunden wäre. Mit der vorgeschlagenen Regelung ergibt sich das Problem, dass für die fachliche Aufsicht das Kantonsgericht, für die administrative jedoch der Regierungsrat zuständig sei. Trotz der Unzufriedenheit der SP über diesen Punkt werde sie aber keinen entsprechenden Antrag stellen.
Laut ZGB haften die Behördenmitglieder persönlich, wenn beispielsweise bei der Vermögensverwaltung für die Mündel etwas schief laufe. Abklärungen ergaben, dass die Versicherungsdeckung auf Gemeindeebene diesbezüglich oft völlig ungenügend sei. Der Schutz der Behördemitglieder verlange, dass dieses Problem angegangen werde. Die Kommission sprach sich jedoch dagegen aus, dies im Rahmen der aktuellen Gesetzesrevision zu tun und wählte die zweitbeste Lösung, eine separate Traktandierung der Verantwortlichkeitsfrage in der Justiz- und Polizeikommission.
Die SP stellt fest, dass die Anliegen der GPK nur teilweise erfüllt seien. Es besteht keine Garantie, dass die Mängel der kommunalen Vormundschaftsbehörden inskünftig behoben werden, jedoch wird das Vormundschaftsrecht demnächst auf Bundesebene revidiert, was allenfalls weitere Strukturanpassungen bedingen werde. Die SP spricht sich also trotz der erwähnten Kritikpunkte für Eintreten auf die Vorlage aus.
Sabine Pegoraro gibt bekannt, die FDP-Fraktion wolle auf die Vorlage zur Revision des EG ZGB eintreten. Einmal mehr habe sich bei der Beratung der Vorlage folgendes Sprichwort bewahrheitet: "Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann". Es handle sich bei der Revision des Vormundschaftswesens tatsächlich um ein Thema, bei welchem die Meinungen von Anfang an stark auseinander gingen. In einer derartigen Situation mache daher eine Politik der kleinen Schritte Sinn.
Beim Vormundschaftswesen handle es sich um einen sehr sensiblen und emotionalen Bereich. Nicht zuletzt wegen der sich ändernden gesellschaftlichen Strukturen und wegen der hohen Scheidungsrate handle es sich auch um einen immer wichtiger werdenden Bereich. Aus diesem Grund mache es Sinn, die Fachkompetenz auf der Stufe der ersten Aufsichtsbehörde zu erhöhen.
Ein kantonales Vormundschaftsamt sowie eine Vormundschaftskommission als zentrale erste Aufsichtsbehörde stelle für die FDP von allen diskutierten Möglichkeiten die beste Lösung dar. Sie trägt dazu bei, dass die Praxis der Rechtsanwendung vereinheitlicht wird und schafft eine zentrale Anlaufstelle für Hilfe Suchende. Da die Entscheide in Zukunft von einem mehrköpfigen Gremium gefällt werden, kann auch die Rechtssicherheit erhöht werden.
Für die FDP ist es richtig, dass die Funktion der ersten Aufsichtsbehörde von den Statthalterämtern auf das Vormundschaftsamt übertragen wird, da die Statthalterämter sich künftig auf die Strafverfolgung konzentrieren sollten. In der Kommission wurde darüber diskutiert, mit einer kantonalen Revision noch zu warten, bis die Revision auf Bundesebene in Kraft tritt. Der Zeitpunkt, wann dies der Fall sei werde, ist allerdings noch völlig ungewiss und daher mache es Sinn, gewisse Verbesserungen auf kantonaler Ebene nun umzusetzen.
Sabine Pegoraro bezeichnet die vorgesehene Lösung für die Organisation der ersten Aufsichtsbehörde als sinnvoll und besser, als wenn es sich dabei - wie von der SP vorgeschlagen - um ein Gericht handeln würde. Ein Grossteil der Tätigkeit der Aufsichtsbehörde werde eine Verwaltungstätigkeit darstellen, welche von einem Vormundschaftsamt besser als von einem Gericht wahrgenommen werden könne. Mit der Schaffung einer gerichtlichen Aufsichtbehörde nähme man eine sehr aufwändige Gesetzesrevision in Kauf, welche je nach Bundesgesetz später sogar wieder rückgängig gemacht werden müsste.
Zu Recht sei von Christoph Rudin die Frage der Haftung der Vormundschaftsbehörden angesprochen worden. In der Kommission werde man sich noch darüber unterhalten und es sei wichtig, die Gemeinden dafür zu sensibilisieren.
Elisabeth Schneider bemerkt, die Revision des EG ZGB zum Vormundschaftswesen beinhalte eine Professionalisierung auf der Ebene der Aufsichtsbehörde. Die vom Regierungsrat gewählten Mitglieder der Vormundschaftskommission garantieren eine nach rein fachlichen Kriterien zusammengesetzte Behörde, welche wenn nötig auch von Amtes wegen sehr flexibel einschreiten könne. Eine richterliche Behörde, beispielsweise ein Vormundschaftsgericht, garantiere die fachliche Qualifikation der Mitglieder nicht, da diese wahrscheinlich nach parteipolitischen Kriterien ausgewählt würden. Auch die Flexibilität bezüglich zeitlich dringenden Massnahmen könnte mit einem Gericht weniger gewährleistet werden.
Was die Professionalisierung der Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene anbelangt, sei mit der aktuellen Vorlage sicher kein grosser Wurf gelungen. Zwar haben sich bei der Umfrage zwei Drittel aller Gemeinden für die Beibehaltung der heutigen Organisationsform ausgesprochen, jedoch sei zu bezweifeln, dass die notwendige Professionalität in kleinen Gemeinden mit nur wenigen Vormundschaftsfällen gewährleistet werden könne. Durch die gesellschaftlichen Veränderungen nehme die Komplexität des Vormundschaftswesens zu, weshalb die CVP/EVP-Fraktion ihrer Hoffnung Ausdruck gibt, dass möglichst viele Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, in Bezug auf die Vormundschaftsbehörden Zweckverbände zu gründen.
Die gleiche Problematik herrsche auch bei der Prüfung und Genehmigung der Rechnungsablage. Da viele Gemeinden nicht über die entsprechende Buchführungskompetenz verfügen, wird die CVP/EVP in der ersten Lesung des Gesetzes diesbezüglich einen Antrag stellen.
Im Bezug auf den fürsorgerischen Freiheitsentzug legte das Bundesgericht fest, dass die betroffenen Personen angehört werden müssen und der Entscheid mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung eröffnet werden muss. Es sei einleuchtend, dass die Ärzteschaft nicht bereit sei, die Zuständigkeit für den FFE in diesem komplizierten Verfahren zu übernehmen. Daher sei es sinnvoll, das heutige System für die Anordnung eines FFE beizubehalten.
Für die CVP/EVP ist es nicht zwingen, dass für die neue Aufsichtsbehörde der Standort Liestal gewählt wird. Wichtig erscheint vielmehr, dass die Räumlichkeiten diesem sensiblen Bereich gerecht werden und publikumsfreundlich zu erreichen sind.
Die CVP/EVP-Fraktion spricht sich für Eintreten auf die Vorlage aus und stimmt ihr mit einem kleinen Änderungsantrag zu.
Zuhanden der Presse merkt Elisabeth Schneider an, dieser habe am Vortag der heutigen Sitzung folgender Text entnommen werden können:
"Ebenfalls in erster Lesung wird eine Revision des Vormundschaftswesens beraten. Diese steht im Zusammenhang mit der Änderung des EG ZGB. Neu geregelt werden sollen insbesondere die Finanzierung und die Einteilung der Vormundschaftskreise. Künftig sollen sie den Bezirksschreibereikreisen entsprechen."
Offensichtlich sei die heutige Vorlage mit der anstehenden Revision des Amtsvormundschaftsgesetzes verwechselt worden.
Fredy Gerber stellt seitens SVP-Fraktion den Antrag auf Nichteintreten auf die Vorlage. Drei Gründe sprechen dagegen, auf die Vorlage einzutreten:
Das Vormundschaftsrecht wird zur Zeit auf Bundesebene revidiert. Das es sich beim materiellen Vormundschaftsrecht um eine Bundesangelegenheit handle, sei es unsinnig, zum jetzigen Zeitpunkt das kantonale Vormundschaftswesen neu zu organisieren, denn es bestünde die grosse Wahrscheinlichkeit, dass der Kanton in einigen Jahren wieder eine Revision durchführen müsste. Es sei unvernünftig, bestehende und tragfähige Strukturen zu zerschlagen und neue aufzubauen, wenn damit gerechnet werden müsse, dass diese nur vorübergehend Geltung haben würden. Im Vormundschaftswesen sei heute zudem kein Notstand zu verzeichnen, welcher die Revision unbedingt notwendig machen würde.
Die Statthalterämter haben ihre Aufgabe bisher gut erfüllt, sie stehen den Gemeinden nahe und kennen die örtlichen Verhältnisse. Die SVP spricht sich gegen eine Zentralisierung im Vormundschaftswesen aus und möchte an einer bezirksweisen Organisation festhalten.
Bei den Statthalterämtern werde immer wieder die doppelte Unterstellung (Kantonsgericht und Justizdirektion) kritisiert. Dieser Punkt ändere sich jedoch auch mit der Revisionsvorlage nicht, denn für die neue Aufsichtsbehörde ergäbe sich die gleiche Doppelunterstellung.
Bruno Steiger empfände es als falsch, wenn die Aufsichtsfunktion weiterhin bei den Statthalterämtern läge, denn diese sollen sich vermehrt nur mit ihrem eigentlichen Aufgabengebiet, der Strafverfolgung, befassen. Ausserdem stelle die aktuelle Vorlage einen Baustein der Justizreform dar und es würde keinen Sinn machen, darauf nicht einzutreten. Mit der Neuorganisation der Aufsichtsbehörde seien für die Gemeinden keine Veränderungen und keine Mehrkosten verbunden, weshalb sich die Schweizer Demokraten für Eintreten auf die aktuelle Vorlage aussprechen.
Eduard Gysin stellt seitens der Grünen ebenfalls einen Nichteintretensantrag. Ein Grund dafür sei die Revision auf Bundesebene, welche abgewartet werden soll. Ausserdem sei es bereits heute möglich, dass sich die Gemeinden im Vormundschaftsbereich zu Zweckverbänden zusammenschliessen.
Andreas Koellreuter entschuldigt sich dafür, dass die Revision des Amtsvormundschaftsgesetzes scheinbar zu früh an den Landrat überwiesen wurde und damit zu Verwechslungen führte. Ursprünglich sei jedoch geplant gewesen, das heute traktandierte Vormundschaftsgesetz gleichzeitig mit dem Amtsvormundschaftsgesetz zu behandeln, da beide Vorlagen zusammenhängen. Er dankt dem Landrat auf jeden Fall für die Zustimmung zur aktuellen Vorlage.
Andreas Koellreuter gibt denjenigen Landratsmitgliedern Recht, welche bemängeln, es handle sich bei der vorliegenden Revision nicht um einen grossen Wurf, insbesondere in Anbetracht der langen Zeit, während welcher sich die Verwaltung und die Justiz- und Polizeikommission damit beschäftigten. Dies hänge in erster Linie mit den Gemeinden zusammen, welche ihre Aufgaben im Vormundschaftsbereich unbedingt behalten wollen. Auf diese Tatsache gelte es Rücksicht zu nehmen, denn in den letzten Jahren habe sich die Politik der kleinen Schritte auf jeden Fall gelohnt.
Andreas Koellreuter warnt davor, auf einen Entscheid auf Bundesebene zu warten oder einfach am Alten festzuhalten, denn wenigstens die auf kantonaler Ebene vorgesehenen Reformschritte sollen nun vollzogen werden. Heute beschäftigen sich auf den Statthalterämtern und bei der Justizdirektion rund 20 Mitarbeitende mit Vormundschaftsfragen, obwohl die dadurch beanspruchte Zeit nur rund 250 Stellenprozente ausmacht. Mit der Neuorganisation könne die Effizienz also deutlich gesteigert werden.
Andreas Koellreuter bittet den Landrat, die Nichteintretensanträge der SVP und der Grünen nicht zu unterstützen, sondern auf die Vorlage einzutreten, um auf kantonaler Ebene eine neue Basis für das Vormundschaftswesen schaffen zu können.
Christoph Rudin zeigt sich über die Nichteintretensanträge der Grünen und der SVP erstaunt, da diese während der beiden Lesungen in der Kommission so nie gestellt wurden und er selbst sogar bekämpft worden sei, als er ähnliche Argumente wie die SVP vorbrachte. Er sieht den Sinn von Kommissionsberatungen nicht ein, wenn die Meinungsbildung erst im Nachhinein stattfinde.
Christoph Rudin bittet seine Landratskolleginnen und -kollegen, die Nichteintretensanträge abzulehnen. Zwar mache die Vorlage nur einen kleinen Schritt, jedoch stelle das neue Vormundschaftsamt eine echte Verbesserung dar.
Der von der CVP angekündigte Antrag laufe wohl einmal mehr darauf hinaus, den Treuhändern Arbeit zuzuschaufeln, weshalb sich die SP dagegen ausspreche.
Sabine Pegoraro bittet ebenfalls darum, die Nichteintretensanträge abzulehnen, denn es könne noch sehr lange dauern, bis das Bundesgesetz in Kraft trete. Sie ist überzeugt, dass die vorgesehene kantonale Revision wichtig und sinnvoll sei.
Elisabeth Schneider lehnt die Nichteintretenseinträge aus den bereits genannten Gründen ab. Zu Christoph Rudin meint sie, bei seiner Aussage zum Antrag der CVP handle es sich offensichtlich um ein Missverständnis, denn die Aufgabe der Rechnungsprüfung soll dem Kanton übergeben werden, da die entsprechenden Kapazitäten in den Gemeinden oftmals nicht zur Verfügung stünden. Es sei keinesfalls Ziel, gewisse Treuhänder zu bevorzugen.
Bruno Steiger äussert sich zum CVP-Antrag und hat den Eindruck, dieser sei allein aus Eigeninteresse gestellt worden. Betreffend Nichteintreten meint er, es schade nichts, wenn der Kanton dem Bund für einmal einen Schritt voraus sei.
://: Der Landrat beschliesst, auf die Vorlage 1999/182 einzutreten.
Damit stellt Ernst Thöni den dem Kommissionsbericht 1999/182a angehängten Gesetzesentwurf in erster Lesung zur Diskussion.
4 1999/182 1999/182a
Berichte des Regierungsrates vom 14. September 1999 und der Justiz- und Polizeikommission vom 7. Januar 2000 sowie vom 14. Januar 2002: Revision des Gesetzes über die Einführung des Zivilgesetzbuches (EG ZGB) in Sachen Vormundschaftswesen. 1. Lesung
Kommissionspräsident Dieter Völlmin betont, im Gegensatz zum vorhergehenden Geschäft der Justiz- und Polizeikommission handle es sich hier um eine kompliziertere Materie. Zur Verwirrung beigetragen habe die vor rund zwei Wochen vom Regierungsrat dem Landrat unterbreitete Vorlage 2002/001 (Revision des Gesetzes betreffend die Amtsvormundschaften), welche nicht im Zusammenhang mit der heutigen Vorlage stehe. Es gehe heute insbesondere nicht darum, irgendwelche Amtsvormundschaftskreise zu verändern.
Die eigentlichen vormundschaftlichen Fragen sind im Zivilgesetzbuch geregelt und müssen von den Kantonen vollzogen werden. Diese sind autonom in der Gestaltung der Organisation ihres Vormundschaftswesens. Die heute traktandierte Vorlage gehe zeitlich recht weit zurück und beginne mit einem überwiesenen parlamentarischen Vorstoss der GPK aus dem Jahr 1990, mit welchem gefordert wurde, das Vormundschaftswesen auf seine Funktionsfähigkeit genauer zu überprüfen. In den 1990er-Jahren nahm die Verwaltung ihre Arbeit zu einer Revision des Vormundschaftswesens auf und startete erste Umfragen bei Gemeinden und Vormundschaftsbehörden. Nach der Auswertung der Ergebnisse legte der Regierungsrat im Jahr 1999 eine entsprechende Vorlage vor.
Es bestehen vielfältige Möglichkeiten, wie das Vormundschaftswesen organisiert werden könnte. So wäre es beispielsweise möglich gewesen, auch die Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene neu zu organisieren, indem man bezirksweise oder kantonale Vormundschaftsbehörden eingerichtet hätte.
In seiner Vorlage favorisiert der Regierungsrat ein Modell, welches für die Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene keine Änderungen bringt, sondern die Aufsichtsbehörde neu organisiert. Bisher nehmen die Statthalterämter neben ihrer zentralen Aufgabe der Strafverfolgung die Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden wahr. Neu soll nun eine zentrale Aufsichtsbehörde auf kantonaler Ebene geschaffen werden, nämlich das Vormundschaftsamt mit der Vormundschaftskommission.
Die Vorlage zur Revision des Vormundschaftswesens steht auch im Zusammenhang mit der Justizreform, denn eigentlich war es vorgesehen, bereits vor dem Inkrafttreten der Justizreform die Statthalterämter auf ihre Kernaufgabe, die Untersuchungsrichterfunktion zu beschränken. Entsprechend wurde die Vorlage bereits 1999 in der Justiz- und Polizeikommission beraten, wobei sich sehr unterschiedliche Meinungen herauskristallisierten. Gewisse Bestrebungen gingen dahin, das Vormundschaftswesen an sich neu zu organisieren, also auch auf der Ebene der Vormundschaftsbehörden. Einige Kommissionsmitglieder vertraten die Linie des Regierungsrates, während andere Argumentationen dahin gingen, die Aufsicht wie bisher bei den Statthalterämtern zu belassen.
Wie im Zwischenbericht 1999/182 dargelegt, führte die Justiz- und Polizeikommission 1999 Anhörungen durch und beschloss daraufhin, die bereits Mitte der 90er-Jahre durchgeführte Umfrage bei den Gemeinden in Anbetracht des neuen Scheidungsrechts noch einmal durchzuführen.
Nach der Auswertung der neuerlichen Umfrage vor gut einem Jahr nahm die Justiz- und Polizeikommission ihre Beratungen zu diesem Geschäft wieder auf. Zum Resultat der Umfrage verweist Dieter Völlmin auf den Kommissionsbericht vom 14. Januar 2002 (1999/182a). Das Ergebnis der letzten Umfrage sei dabei grundsätzlich bestätigt worden. Die Gemeinden wollen weiterhin die Aufgabe der Vormundschaftsbehörde erfüllen, jedoch sollen sie sich zu Zweckverbänden zusammenschliessen können. Diese Möglichkeit besteht im Übrigen bereits heute und müsste mit der aktuellen Vorlage nicht neu geschaffen werden.
Das Umfrageresultat führte dazu, dass die Kommission auf der Basis des regierungsrätlichen Vorschlags weiter beriet. Ein Rückkommensantrag auf die Eintretensfrage wurde klar abgelehnt. Die Detailberatung brachte keine wesentlichen Änderungen am regierungsrätlichen Vorschlag, längere Diskussionen ergaben sich vor allem darüber, ob auch Ärzte für den vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentzug zuständig sein sollen. Ein Bundesgerichtsurteil zeigte die diesbezüglichen formellen Anforderungen auf und führte dazu, dass die in einem ersten Entscheid beschlossene ärztliche Zuständigkeit - nach Rücksprache mit der Ärzteschaft - wieder gestrichen wurde. Die Zuständigkeit bleibt wie bisher bei der Aufsichtsbehörde, neu also beim Vormundschaftsamt und den Mitgliedern der Vormundschaftskommission.
Die Justiz- und Polizeikommission beantragt dem Landrat mit 10:2 Stimmen, die Revision des EG ZGB gemäss der Beilage zum Kommissionsbericht zu beschliessen und die beiden Motionen 90/204 sowie 90/236 als erfüllt abzuschreiben.
Christoph Rudin erklärt, die SP-Fraktion spreche sich ohne Begeisterung für Eintreten auf die aktuelle Vorlage aus. Die Neustrukturierung der vormundschaftlichen Aufsicht stelle eine Verbesserung dar, auch wenn betont werden müsse, dass die Statthalterämter bisher gute Arbeit leisteten.
Leider seien mit der aktuellen Gesetzesrevision einige Chancen verpasst worden, denn das Hauptproblem lag eigentlich darin, dass die fachliche Kompetenz der Behörden auf Gemeindeebene angezweifelt wurde. Dieses Problem wurde mit der aktuellen Revision nicht angegangen und die SP-Fraktion ist nicht überzeugt davon, dass die von der GPK geforderte Qualitätssicherung bezüglich der Vormundschaftbehörden gewährleistet werden könne. Das Vormundschaftrecht könne sehr tief in den Rechtsbereich jedes Menschen eingreifen und die Handlungsfähigkeit stark beschneiden, weshalb die Garantie einer fachlich kompetenten Behörde vor die Gemeindeautonomie zu stellen sei.
Nach Ansicht der SP stelle es einen weiteren Mangel der aktuellen Vorlage dar, dass das Aufsichtsorgan eine administrative Behörde bleibe, denn die konsequente Umsetzung der Justizreform hätte bedingt, dass eine richterliche Behörde als Aufsichtsinstanz eingesetzt worden wäre, da diese gegenüber der Regierung nicht weisungsgebunden wäre. Mit der vorgeschlagenen Regelung ergibt sich das Problem, dass für die fachliche Aufsicht das Kantonsgericht, für die administrative jedoch der Regierungsrat zuständig sei. Trotz der Unzufriedenheit der SP über diesen Punkt werde sie aber keinen entsprechenden Antrag stellen.
Laut ZGB haften die Behördenmitglieder persönlich, wenn beispielsweise bei der Vermögensverwaltung für die Mündel etwas schief laufe. Abklärungen ergaben, dass die Versicherungsdeckung auf Gemeindeebene diesbezüglich oft völlig ungenügend sei. Der Schutz der Behördemitglieder verlange, dass dieses Problem angegangen werde. Die Kommission sprach sich jedoch dagegen aus, dies im Rahmen der aktuellen Gesetzesrevision zu tun und wählte die zweitbeste Lösung, eine separate Traktandierung der Verantwortlichkeitsfrage in der Justiz- und Polizeikommission.
Die SP stellt fest, dass die Anliegen der GPK nur teilweise erfüllt seien. Es besteht keine Garantie, dass die Mängel der kommunalen Vormundschaftsbehörden inskünftig behoben werden, jedoch wird das Vormundschaftsrecht demnächst auf Bundesebene revidiert, was allenfalls weitere Strukturanpassungen bedingen werde. Die SP spricht sich also trotz der erwähnten Kritikpunkte für Eintreten auf die Vorlage aus.
Sabine Pegoraro gibt bekannt, die FDP-Fraktion wolle auf die Vorlage zur Revision des EG ZGB eintreten. Einmal mehr habe sich bei der Beratung der Vorlage folgendes Sprichwort bewahrheitet: "Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann". Es handle sich bei der Revision des Vormundschaftswesens tatsächlich um ein Thema, bei welchem die Meinungen von Anfang an stark auseinander gingen. In einer derartigen Situation mache daher eine Politik der kleinen Schritte Sinn.
Beim Vormundschaftswesen handle es sich um einen sehr sensiblen und emotionalen Bereich. Nicht zuletzt wegen der sich ändernden gesellschaftlichen Strukturen und wegen der hohen Scheidungsrate handle es sich auch um einen immer wichtiger werdenden Bereich. Aus diesem Grund mache es Sinn, die Fachkompetenz auf der Stufe der ersten Aufsichtsbehörde zu erhöhen.
Ein kantonales Vormundschaftsamt sowie eine Vormundschaftskommission als zentrale erste Aufsichtsbehörde stelle für die FDP von allen diskutierten Möglichkeiten die beste Lösung dar. Sie trägt dazu bei, dass die Praxis der Rechtsanwendung vereinheitlicht wird und schafft eine zentrale Anlaufstelle für Hilfe Suchende. Da die Entscheide in Zukunft von einem mehrköpfigen Gremium gefällt werden, kann auch die Rechtssicherheit erhöht werden.
Für die FDP ist es richtig, dass die Funktion der ersten Aufsichtsbehörde von den Statthalterämtern auf das Vormundschaftsamt übertragen wird, da die Statthalterämter sich künftig auf die Strafverfolgung konzentrieren sollten. In der Kommission wurde darüber diskutiert, mit einer kantonalen Revision noch zu warten, bis die Revision auf Bundesebene in Kraft tritt. Der Zeitpunkt, wann dies der Fall sei werde, ist allerdings noch völlig ungewiss und daher mache es Sinn, gewisse Verbesserungen auf kantonaler Ebene nun umzusetzen.
Sabine Pegoraro bezeichnet die vorgesehene Lösung für die Organisation der ersten Aufsichtsbehörde als sinnvoll und besser, als wenn es sich dabei - wie von der SP vorgeschlagen - um ein Gericht handeln würde. Ein Grossteil der Tätigkeit der Aufsichtsbehörde werde eine Verwaltungstätigkeit darstellen, welche von einem Vormundschaftsamt besser als von einem Gericht wahrgenommen werden könne. Mit der Schaffung einer gerichtlichen Aufsichtbehörde nähme man eine sehr aufwändige Gesetzesrevision in Kauf, welche je nach Bundesgesetz später sogar wieder rückgängig gemacht werden müsste.
Zu Recht sei von Christoph Rudin die Frage der Haftung der Vormundschaftsbehörden angesprochen worden. In der Kommission werde man sich noch darüber unterhalten und es sei wichtig, die Gemeinden dafür zu sensibilisieren.
Elisabeth Schneider bemerkt, die Revision des EG ZGB zum Vormundschaftswesen beinhalte eine Professionalisierung auf der Ebene der Aufsichtsbehörde. Die vom Regierungsrat gewählten Mitglieder der Vormundschaftskommission garantieren eine nach rein fachlichen Kriterien zusammengesetzte Behörde, welche wenn nötig auch von Amtes wegen sehr flexibel einschreiten könne. Eine richterliche Behörde, beispielsweise ein Vormundschaftsgericht, garantiere die fachliche Qualifikation der Mitglieder nicht, da diese wahrscheinlich nach parteipolitischen Kriterien ausgewählt würden. Auch die Flexibilität bezüglich zeitlich dringenden Massnahmen könnte mit einem Gericht weniger gewährleistet werden.
Was die Professionalisierung der Vormundschaftsbehörden auf Gemeindeebene anbelangt, sei mit der aktuellen Vorlage sicher kein grosser Wurf gelungen. Zwar haben sich bei der Umfrage zwei Drittel aller Gemeinden für die Beibehaltung der heutigen Organisationsform ausgesprochen, jedoch sei zu bezweifeln, dass die notwendige Professionalität in kleinen Gemeinden mit nur wenigen Vormundschaftsfällen gewährleistet werden könne. Durch die gesellschaftlichen Veränderungen nehme die Komplexität des Vormundschaftswesens zu, weshalb die CVP/EVP-Fraktion ihrer Hoffnung Ausdruck gibt, dass möglichst viele Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, in Bezug auf die Vormundschaftsbehörden Zweckverbände zu gründen.
Die gleiche Problematik herrsche auch bei der Prüfung und Genehmigung der Rechnungsablage. Da viele Gemeinden nicht über die entsprechende Buchführungskompetenz verfügen, wird die CVP/EVP in der ersten Lesung des Gesetzes diesbezüglich einen Antrag stellen.
Im Bezug auf den fürsorgerischen Freiheitsentzug legte das Bundesgericht fest, dass die betroffenen Personen angehört werden müssen und der Entscheid mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung eröffnet werden muss. Es sei einleuchtend, dass die Ärzteschaft nicht bereit sei, die Zuständigkeit für den FFE in diesem komplizierten Verfahren zu übernehmen. Daher sei es sinnvoll, das heutige System für die Anordnung eines FFE beizubehalten.
Für die CVP/EVP ist es nicht zwingen, dass für die neue Aufsichtsbehörde der Standort Liestal gewählt wird. Wichtig erscheint vielmehr, dass die Räumlichkeiten diesem sensiblen Bereich gerecht werden und publikumsfreundlich zu erreichen sind.
Die CVP/EVP-Fraktion spricht sich für Eintreten auf die Vorlage aus und stimmt ihr mit einem kleinen Änderungsantrag zu.
Zuhanden der Presse merkt Elisabeth Schneider an, dieser habe am Vortag der heutigen Sitzung folgender Text entnommen werden können:
"Ebenfalls in erster Lesung wird eine Revision des Vormundschaftswesens beraten. Diese steht im Zusammenhang mit der Änderung des EG ZGB. Neu geregelt werden sollen insbesondere die Finanzierung und die Einteilung der Vormundschaftskreise. Künftig sollen sie den Bezirksschreibereikreisen entsprechen."
Offensichtlich sei die heutige Vorlage mit der anstehenden Revision des Amtsvormundschaftsgesetzes verwechselt worden.
Fredy Gerber stellt seitens SVP-Fraktion den Antrag auf Nichteintreten auf die Vorlage. Drei Gründe sprechen dagegen, auf die Vorlage einzutreten:
Das Vormundschaftsrecht wird zur Zeit auf Bundesebene revidiert. Das es sich beim materiellen Vormundschaftsrecht um eine Bundesangelegenheit handle, sei es unsinnig, zum jetzigen Zeitpunkt das kantonale Vormundschaftswesen neu zu organisieren, denn es bestünde die grosse Wahrscheinlichkeit, dass der Kanton in einigen Jahren wieder eine Revision durchführen müsste. Es sei unvernünftig, bestehende und tragfähige Strukturen zu zerschlagen und neue aufzubauen, wenn damit gerechnet werden müsse, dass diese nur vorübergehend Geltung haben würden. Im Vormundschaftswesen sei heute zudem kein Notstand zu verzeichnen, welcher die Revision unbedingt notwendig machen würde.
Die Statthalterämter haben ihre Aufgabe bisher gut erfüllt, sie stehen den Gemeinden nahe und kennen die örtlichen Verhältnisse. Die SVP spricht sich gegen eine Zentralisierung im Vormundschaftswesen aus und möchte an einer bezirksweisen Organisation festhalten.
Bei den Statthalterämtern werde immer wieder die doppelte Unterstellung (Kantonsgericht und Justizdirektion) kritisiert. Dieser Punkt ändere sich jedoch auch mit der Revisionsvorlage nicht, denn für die neue Aufsichtsbehörde ergäbe sich die gleiche Doppelunterstellung.
Bruno Steiger empfände es als falsch, wenn die Aufsichtsfunktion weiterhin bei den Statthalterämtern läge, denn diese sollen sich vermehrt nur mit ihrem eigentlichen Aufgabengebiet, der Strafverfolgung, befassen. Ausserdem stelle die aktuelle Vorlage einen Baustein der Justizreform dar und es würde keinen Sinn machen, darauf nicht einzutreten. Mit der Neuorganisation der Aufsichtsbehörde seien für die Gemeinden keine Veränderungen und keine Mehrkosten verbunden, weshalb sich die Schweizer Demokraten für Eintreten auf die aktuelle Vorlage aussprechen.
Eduard Gysin stellt seitens der Grünen ebenfalls einen Nichteintretensantrag. Ein Grund dafür sei die Revision auf Bundesebene, welche abgewartet werden soll. Ausserdem sei es bereits heute möglich, dass sich die Gemeinden im Vormundschaftsbereich zu Zweckverbänden zusammenschliessen.
Andreas Koellreuter entschuldigt sich dafür, dass die Revision des Amtsvormundschaftsgesetzes scheinbar zu früh an den Landrat überwiesen wurde und damit zu Verwechslungen führte. Ursprünglich sei jedoch geplant gewesen, das heute traktandierte Vormundschaftsgesetz gleichzeitig mit dem Amtsvormundschaftsgesetz zu behandeln, da beide Vorlagen zusammenhängen. Er dankt dem Landrat auf jeden Fall für die Zustimmung zur aktuellen Vorlage.
Andreas Koellreuter gibt denjenigen Landratsmitgliedern Recht, welche bemängeln, es handle sich bei der vorliegenden Revision nicht um einen grossen Wurf, insbesondere in Anbetracht der langen Zeit, während welcher sich die Verwaltung und die Justiz- und Polizeikommission damit beschäftigten. Dies hänge in erster Linie mit den Gemeinden zusammen, welche ihre Aufgaben im Vormundschaftsbereich unbedingt behalten wollen. Auf diese Tatsache gelte es Rücksicht zu nehmen, denn in den letzten Jahren habe sich die Politik der kleinen Schritte auf jeden Fall gelohnt.
Andreas Koellreuter warnt davor, auf einen Entscheid auf Bundesebene zu warten oder einfach am Alten festzuhalten, denn wenigstens die auf kantonaler Ebene vorgesehenen Reformschritte sollen nun vollzogen werden. Heute beschäftigen sich auf den Statthalterämtern und bei der Justizdirektion rund 20 Mitarbeitende mit Vormundschaftsfragen, obwohl die dadurch beanspruchte Zeit nur rund 250 Stellenprozente ausmacht. Mit der Neuorganisation könne die Effizienz also deutlich gesteigert werden.
Andreas Koellreuter bittet den Landrat, die Nichteintretensanträge der SVP und der Grünen nicht zu unterstützen, sondern auf die Vorlage einzutreten, um auf kantonaler Ebene eine neue Basis für das Vormundschaftswesen schaffen zu können.
Christoph Rudin zeigt sich über die Nichteintretensanträge der Grünen und der SVP erstaunt, da diese während der beiden Lesungen in der Kommission so nie gestellt wurden und er selbst sogar bekämpft worden sei, als er ähnliche Argumente wie die SVP vorbrachte. Er sieht den Sinn von Kommissionsberatungen nicht ein, wenn die Meinungsbildung erst im Nachhinein stattfinde.
Christoph Rudin bittet seine Landratskolleginnen und -kollegen, die Nichteintretensanträge abzulehnen. Zwar mache die Vorlage nur einen kleinen Schritt, jedoch stelle das neue Vormundschaftsamt eine echte Verbesserung dar.
Der von der CVP angekündigte Antrag laufe wohl einmal mehr darauf hinaus, den Treuhändern Arbeit zuzuschaufeln, weshalb sich die SP dagegen ausspreche.
Sabine Pegoraro bittet ebenfalls darum, die Nichteintretensanträge abzulehnen, denn es könne noch sehr lange dauern, bis das Bundesgesetz in Kraft trete. Sie ist überzeugt, dass die vorgesehene kantonale Revision wichtig und sinnvoll sei.
Elisabeth Schneider lehnt die Nichteintretenseinträge aus den bereits genannten Gründen ab. Zu Christoph Rudin meint sie, bei seiner Aussage zum Antrag der CVP handle es sich offensichtlich um ein Missverständnis, denn die Aufgabe der Rechnungsprüfung soll dem Kanton übergeben werden, da die entsprechenden Kapazitäten in den Gemeinden oftmals nicht zur Verfügung stünden. Es sei keinesfalls Ziel, gewisse Treuhänder zu bevorzugen.
Bruno Steiger äussert sich zum CVP-Antrag und hat den Eindruck, dieser sei allein aus Eigeninteresse gestellt worden. Betreffend Nichteintreten meint er, es schade nichts, wenn der Kanton dem Bund für einmal einen Schritt voraus sei.
://: Der Landrat beschliesst, auf die Vorlage 1999/182 einzutreten.
Damit stellt Ernst Thöni den dem Kommissionsbericht 1999/182a angehängten Gesetzesentwurf in erster Lesung zur Diskussion.
Titel und Ingress
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keine Wortbegehren
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I.
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keine Wortbegehren
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§ 3
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keine Wortbegehren
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§ 4
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keine Wortbegehren
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§ 12
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keine Wortbegehren
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§ 13
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keine Wortbegehren
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§ 13a
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keine Wortbegehren
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§ 13b
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keine Wortbegehren
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§ 14
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keine Wortbegehren
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§ 15
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keine Wortbegehren
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§ 16 Titel
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keine Wortbegehren
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§ 16 Buchstabe a
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keine Wortbegehren
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§ 16a Titel
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keine Wortbegehren
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§ 16a Absatz 1
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keine Wortbegehren
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§ 26
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keine Wortbegehren
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Dritter Abschnitt: Familienrecht
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keine Wortbegehren
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A.
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Vormundschaftswesenkeine Wortbegehren
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I.
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keine Wortbegehren
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a.
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Zuständigkeitkeine Wortbegehren
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§ 30
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keine Wortbegehren
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b.
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Organisation der ersten Aufsichtsbehörde
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keine Wortbegehren
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§ 30a
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keine Wortbegehren
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c.
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Aufgabenkeine Wortbegehren
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§§ 30b - e
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keine Wortbegehren
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d.
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Verfahrenkeine Wortbegehren
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§§ 30f - h
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keine Wortbegehren
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II.
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keine Wortbegehren
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§ 31
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keine Wortbegehren
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§§ 31a - g
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keine Wortbegehren
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III.
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keine Wortbegehren
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§ 32
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keine Wortbegehren
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IV.
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keine Wortbegehren
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§ 33
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keine Wortbegehren
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§ 34
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keine Wortbegehren
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V.
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keine Wortbegehren
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§ 35
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keine Wortbegehren
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§ 35a
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Urs Baumann
stellt seitens CVP folgenden Änderungsantrag:
2 Das Vormundschaftsamt
Die Vormundschaftsbehörde
prüft die Rechnung und fasst ihren Entscheid über deren Genehmigung bis spätestens Ende Juni.
3 entfällt
Dadurch würde auch eine Änderung von § 35b nötig:
2 Die Prüfung der Rechnung und der Entscheid über deren Genehmigung durch das Vormundschaftsamt
die Vormundschaftsbehörde
erfolgen innert weiterer 3 Monate.
Er selbst sei während 16 Jahren Mitglied der Vormundschaftsbehörde einer grösseren Baselbieter Gemeinde gewesen, einige Jahre davon sogar als Präsident. Er habe als Einziger etwas von Buchhaltung verstanden und gewusst, wie eine Rechnung geprüft werden müsse. Trotzdem war er froh, dass nicht nur er allein diese Prüfung vornehmen musste. Er kennt auch Fälle, in welchen die Rechnung in der Gemeinde geprüft wurde, das Statthalteramt jedoch trotzdem Mängel feststellte.
Meist seien die Vormundschaftbehörden in den Gemeinden mit der Prüfung der teilweise hoch komplexen Rechnungen überfordert. Die Haftung der Behörden wurde heute bereits mehrmahls erwähnt. Gerade im Bereich der Rechnungen spielt diese eine grosse Rolle. Die CVP ist daher der Meinung, dass zumindest bei Vermögenswerten ab einer bestimmten Höhe die Rechnungen zentral vom Vormundschaftsamt - nicht wie fälschlicherweise behauptet von Treuhändern - und nicht von den Gemeindebehörden geprüft werden sollten.
Andreas Koellreuter bittet, diesem Antrag nicht stattzugeben. Während vier Jahren habe man von der Justizdirektion in einer Arbeitsgruppe intensiv mit den Gemeinden zusammengearbeitet. Dabei hat sich klar herauskristallisiert, dass die Rechnungsprüfung auch in Zukunft bei der Vormundschaftsbehörde liegen soll. Der Antrag von Urs Baumann würde zudem bewirken, dass beim Vormundschaftsamt zusätzliches Personal eingestellt werden müsste. Er selbst sei der Meinung, die Vormundschaftsbehörde sei in der Lage, den richtigen Weg zu beschreiten und wenn nötig Hilfe von aussen beizuziehen.
Christoph Rudin bezeichnet den CVP-Antrag als nutzlos, denn in 95 Prozent der Fälle handle es sich um einfache Rechnungen. Er kenne keine Multimillionäre, die sich nicht einen fachkundigen Vormund leisten könnten. Im Weiteren werde eine gute Prüfung auch dadurch gewährleistet, dass die Prüfung der Vormundschaftsbehörde durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsse. Er bittet folglich, den CVP-Antrag abzulehnen.
Sabine Pegoraro kann den Antrag ebenfalls nicht unterstützen, allerdings sollen die Gemeinden auf diese Problematik sensibilisiert werden. Eine Prüfung durch das Vormundschaftsamt würde tatsächlich einen grossen Zusatzaufwand bedeuten.
Urs Baumann wendet ein, mit dem neuen Gesetz werde die Aufsichtsbehörde die Rechnung nicht noch zusätzlich überprüfen. Ausserdem sei er überzeugt, dass die Überprüfung der Rechnungen für den Kanton selbsttragend sein werde und keine zusätzlichen Kosten verursache. Er geht mit Christoph Rudin einig, dass die Rechnungen tatsächlich nur in etwa fünf Prozent aller Fälle kompliziert seien, gerade dann jedoch seien die Behörden überfordert.
Peter Tobler bestätigt, das von Urs Baumann aufgezeigte Problem bestehe durchaus. Er findet eine Lösung jedoch nicht sinnvoll, in welcher die Aufsichtsbehörde die erstinstanzliche Arbeit der Rechnungsprüfung vornehmen muss. Aus diesem Grund plädiert er dafür, die Kommissionsfassung beizubehalten.
Eduard Gysin betont, zu einem vormundschaftlichen Mandat gehöre auch die Rechnungsführung. Die Rechnungsprüfung müsse daher durch diejenige Behörde erfolgen, welche die Vormünder in ihr Amt eingesetzt hat, nicht durch die Aufsichtsbehörde.
://: Urs Baumanns Änderungsantrag wird abgelehnt.
2 Das Vormundschaftsamt
3 entfällt
Dadurch würde auch eine Änderung von § 35b nötig:
2 Die Prüfung der Rechnung und der Entscheid über deren Genehmigung durch das Vormundschaftsamt
Er selbst sei während 16 Jahren Mitglied der Vormundschaftsbehörde einer grösseren Baselbieter Gemeinde gewesen, einige Jahre davon sogar als Präsident. Er habe als Einziger etwas von Buchhaltung verstanden und gewusst, wie eine Rechnung geprüft werden müsse. Trotzdem war er froh, dass nicht nur er allein diese Prüfung vornehmen musste. Er kennt auch Fälle, in welchen die Rechnung in der Gemeinde geprüft wurde, das Statthalteramt jedoch trotzdem Mängel feststellte.
Meist seien die Vormundschaftbehörden in den Gemeinden mit der Prüfung der teilweise hoch komplexen Rechnungen überfordert. Die Haftung der Behörden wurde heute bereits mehrmahls erwähnt. Gerade im Bereich der Rechnungen spielt diese eine grosse Rolle. Die CVP ist daher der Meinung, dass zumindest bei Vermögenswerten ab einer bestimmten Höhe die Rechnungen zentral vom Vormundschaftsamt - nicht wie fälschlicherweise behauptet von Treuhändern - und nicht von den Gemeindebehörden geprüft werden sollten.
Andreas Koellreuter bittet, diesem Antrag nicht stattzugeben. Während vier Jahren habe man von der Justizdirektion in einer Arbeitsgruppe intensiv mit den Gemeinden zusammengearbeitet. Dabei hat sich klar herauskristallisiert, dass die Rechnungsprüfung auch in Zukunft bei der Vormundschaftsbehörde liegen soll. Der Antrag von Urs Baumann würde zudem bewirken, dass beim Vormundschaftsamt zusätzliches Personal eingestellt werden müsste. Er selbst sei der Meinung, die Vormundschaftsbehörde sei in der Lage, den richtigen Weg zu beschreiten und wenn nötig Hilfe von aussen beizuziehen.
Christoph Rudin bezeichnet den CVP-Antrag als nutzlos, denn in 95 Prozent der Fälle handle es sich um einfache Rechnungen. Er kenne keine Multimillionäre, die sich nicht einen fachkundigen Vormund leisten könnten. Im Weiteren werde eine gute Prüfung auch dadurch gewährleistet, dass die Prüfung der Vormundschaftsbehörde durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsse. Er bittet folglich, den CVP-Antrag abzulehnen.
Sabine Pegoraro kann den Antrag ebenfalls nicht unterstützen, allerdings sollen die Gemeinden auf diese Problematik sensibilisiert werden. Eine Prüfung durch das Vormundschaftsamt würde tatsächlich einen grossen Zusatzaufwand bedeuten.
Urs Baumann wendet ein, mit dem neuen Gesetz werde die Aufsichtsbehörde die Rechnung nicht noch zusätzlich überprüfen. Ausserdem sei er überzeugt, dass die Überprüfung der Rechnungen für den Kanton selbsttragend sein werde und keine zusätzlichen Kosten verursache. Er geht mit Christoph Rudin einig, dass die Rechnungen tatsächlich nur in etwa fünf Prozent aller Fälle kompliziert seien, gerade dann jedoch seien die Behörden überfordert.
Peter Tobler bestätigt, das von Urs Baumann aufgezeigte Problem bestehe durchaus. Er findet eine Lösung jedoch nicht sinnvoll, in welcher die Aufsichtsbehörde die erstinstanzliche Arbeit der Rechnungsprüfung vornehmen muss. Aus diesem Grund plädiert er dafür, die Kommissionsfassung beizubehalten.
Eduard Gysin betont, zu einem vormundschaftlichen Mandat gehöre auch die Rechnungsführung. Die Rechnungsprüfung müsse daher durch diejenige Behörde erfolgen, welche die Vormünder in ihr Amt eingesetzt hat, nicht durch die Aufsichtsbehörde.
://: Urs Baumanns Änderungsantrag wird abgelehnt.
§ 35b
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keine Wortbegehren
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§ 35c
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keine Wortbegehren
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VI.
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keine Wortbegehren
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§ 36
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keine Wortbegehren
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VII.
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keine Wortbegehren
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§§ 37 - 41
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keine Wortbegehren
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VIII.
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keine Wortbegehren
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§§ 42 - 54
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keine Wortbegehren
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IX.
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keine Wortbegehren
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§ 58
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keine Wortbegehren
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Untertitel vor § 59
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keine Wortbegehren
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Untertitel vor § 60
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keine Wortbegehren
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§ 60
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keine Wortbegehren
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§ 126 Absatz 2 Buchstabe d
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keine Wortbegehren
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II.
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keine Wortbegehren
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§ 133 Absatz 2
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keine Wortbegehren
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III.
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keine Wortbegehren
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§ 29 Absätze 4 und 5
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keine Wortbegehren
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IV.
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keine Wortbegehren
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§ 10
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keine Wortbegehren
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V.
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keine Wortbegehren
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§ 47 Absatz 1
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keine Wortbegehren
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§ 56 Absatz 2
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keine Wortbegehren
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VI.
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keine Wortbegehren
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§ 12a
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keine Wortbegehren
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VII.
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keine Wortbegehren
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§ 6 Titel
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keine Wortbegehren
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§ 6 Absatz 1
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keine Wortbegehren
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§ 14
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keine Wortbegehren
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VIII.
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keine Wortbegehren
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§ 5
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keine Wortbegehren
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IX.
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keine Wortbegehren
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://: Die erste Lesung ist damit beendet.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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