Protokoll der Landratssitzung vom 21. März 2002

Nr. 1565

28 2002/019
Verfahrenspostulat der SVP-Fraktion vom 24. Januar 2002: Einsetzung einer PUK zur Untersuchung der Evaluation, Implementierung und Finanzierung von EDV-Projekten der Kantonsverwaltung, insbesondere des Projekts Neues Rechnungswesen (NRW) und der Software für die Personal- und Lohnadministration

Ernst Thöni teilt vorab die Überzeugung des Büros mit, dass dieselbe Vorgehensweise wie bei der GPK-PUK KSL gewählt werden sollte. Dies bedeutet, dass im Falle einer Überweisung des Verfahrenspostulates an das Büro, wiederum gemäss § 64 Absatz 1 des Landratsgesetzes die Stellungnahmen des Regierungsrates und der Geschäftsprüfungskommission eingeholt werden und dem Landrat innert drei Monaten eine beschlussreife Vorlage unterbreitet werden soll.

Dieter Völlmin klärt einleitend, dass er auch zum folgenden, vom Antrag für ein Verfahrenspostulat nicht zu trennenden Traktandum 29, Motion der FDP-Fraktion Wie steht es mit der EDV im Kanton wirklich? sprechen wird.
Nun geht es, so Dieter Völlmin, um die Schaffung von Transparenz, die vielleicht bei den EDV-Projektleitungen oder in der Regierung vorhanden ist, hier im Landrat und in der Öffentlichkeit aber fehlt. Bisherige Versuche zum Schaffen von Transparenz schlugen fehl.
Betrachtet Dieter Völlmin die EDV-Situation im Kanton Basel-Landschaft, so wird er an einen Ozean mit heimtückischen Eisbergen gemahnt, die mal leicht an der Oberfläche sichtbar werden, zwischendurch ganz abtauchen und irgendwo unerwartet wieder hochschnellen. Was bisher an die Oberfläche kam, wurde schnell wieder zum Verschwinden gebracht, in der Hoffnung, die Klimaerwärming werde das Eis schliesslich zum Schmelzen bringen. Die eben zur Interpellation von Urs Wüthrich durch den Regierungsrat abgegebene Erklärung lässt einschränkend immerhin hoffen, dass diese Technik nun aufgegeben wird.
Unglaublich mutet sieben Jahre nach Einführung des neuen Rechnungswesens an, dass die Diskussion geführt werden muss, ob die Rechnung zeitgerecht erstellt werden kann. Letztlich zeigen solche Sachverhalte, dass all die mit den EDV-Vorlagen versprochenen Vorteile nicht eingehalten worden sind.


Folgende Punkte sollten von einer PUK abgeklärt werden:

1. Projektorganisation
In der Frage der Projektorganisation zeigen sich Schwachstellen. Die direktionsübergreifenden EDV-Projekte sind bei der FKD angesiedelt. Die Verantwortung lag beim Finanzverwalter, der diese Projekte so nebenbei noch betreute. Auch heute noch liegen die Dossiers bei der neuen Finanzverwalterin, die nun vor einer Herkulesaufgabe steht.

2. Evaluation

Es kommt der Eindruck auf, dass bei der Evaluation von Anbietern und Produkten nicht aufgrund der angestellten Analysen entschieden wurde.

3. Schnittstellenproblematik

Ein umfassendes Konzept, das die Schnittstellen einbezieht, gibt es nicht, zur Zeit funktionieren nicht einmal alle Module für sich allein fehlerfrei. Das grosse Abenteuer dürfte bei der Zusammenführung der Module erst noch bevorstehen.

4. Kosten

Noch heute wird beispielsweise beim neuen Rechnungswesen behauptet, die Kosten seien eingehalten worden. Obwohl dies formell stimmen mag, wurden die entstandenen Zusatzkosten noch nie beziffert, etwa die Kosten aufgrund mangelnder Kompatibilität mit anderen Systemen, auch die Kosten für den Schulungsaufwand kennt bisher niemand.

5. Nicht realisierte Einsparungen und entgangene Gewinne
In der Vorlage des neuen Rechnungswesens der Kantonsverwaltung vom 4. April 1995 werden mögliche Mehrerträge von mindestens 22 Millionen Franken pro Jahr und Minderaufwendungen von 15 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. In einer Fussnote steht weiter: "Die Schätzungen liegen eher auf der untertreibenden als auf der übertreibenden Seite". Ob nun die Schätzungen völlig daneben gingen oder ob der Kanton schlicht jährlich 37 Millionen Franken verliert, muss nun genauer überprüft werden.

6. Zeitraster

Akzentuiert wird die Sachlage durch den Zeitraster. Die Vorlage 95 prognostizierte, im Jahr 1999 werde das System operationell. In einer Interpellationsantwort vom April 97 redete der Regierungsrat von "isolierten Verzögerungen", im Jahresprogramm 98 musste der Regierungsrat die Einführung der Betriebsbuchhaltung sistieren und im September 2000 versprach die Regierung die Einführung der Betriebsbuchhaltung auf Ende 01, die aktuellen Prognosen lauten auf Ende 02.

7. Auswirkungen auf WoV
Wenn WoV durchaus auch auf Kundenfreundlichkeit und Mentalitätswandel beruht, ist doch klar, dass es ohne Betriebsbuchhaltung und ohne funktionierende Schnittstellen WoV im Sinne des Landrates nicht gibt, weil die Messbarkeit der Leistungen nicht möglich ist.
Es fragt sich auch, ob das System angesichts der Schnelllebigkeit von Informatiksystemen dannzumal, wenn es denn einmal funktionieren sollte, nicht schon hoffnungslos veraltet sein wird.

8. Umgang mit den Problemen

Weitere Problemfelder könnten aufgezählt werden, doch geht es nicht nur um die Menge von Fehlern, sondern um die Frage, wie damit umgegangen wurde. Bisher - sieben Jahre lang - fehlte die Bereitschaft, Transparenz zu schaffen. Sämtliche Gelegenheiten blieben ungenutzt, so dass der Landrat nun mit adäquaten Mitteln das Heft selber in die Hand nehmen muss.

Der Vorwurf, man sollte nicht gerade mit einer PUK dreinschiessen, hält keineswegs Stand, denn schon 1997 wurde eine Interpellation zum Fiasko des neuen Rechnungswesens eingereicht. Eine Motion der GPK und der FIKO brachte nichts ein, es folgten eine Interpellation Wegmüller und die zweimal jährlich eingereichten Berichte an die Finanzkommission. Kein parlamentarisches Mittel reichte aus, um die Verantwortlichen dazu zu bewegen, der Sache auf den Grund zu gehen und Transparenz zu schaffen.
Die nun in der Folge des Verfahrenspostulates als taktischer Schachzug von der FDP eingereichte dringliche Motion ist als schlechter Ansatz zu klassifizieren, denn der Vorstoss beschreitet genau jenen Weg, den das Verfahrenspostulat nun definitiv verlassen möchte. Was der Regierungsrat mit einem Bericht dem Landrat gerne sagen möchte, ist heute nicht mehr von Belang. Der Landrat soll mit einer PUK jene Fragen stellen, die er beantwortet haben will. Will der Landrat heute das Heft selber in die Hand nehmen, so sagt er ja zum Verfahrenspostulat, will er im oben beschriebenen Sinne weiterfahren, so stimmt er der FDP-Motion zu.

Bea Fuchs kommt beim Vergleich der vor Kurzem von der SP-Fraktion geforderten PUK zum Kantonsspital mit der Forderung nach einer PUK zur EDV-Problematik zum Schluss, dass es sich im einen wie im anderen Fall darum handelt, die parlamentarische Verantwortung für zig Millionen Steuerfranken wahrzunehmen und Transparenz zu schaffen.
EDV-Projekte sind mindestens ebenso komplex wie Bauprojekte. Im Kanton läuft kaum ein Informatikprojekt ohne Kinderkrankheiten ab. Diese sollten aber irgendwann einmal überwunden werden, allerdings ist - das ist bittere und teure Realität - keine Besserung in Sicht. Als BeobachterIn wird man den Eindruck nicht los, dass Symptombekämpfung betrieben wird und die Krankheitsherde nicht erklärt werden oder nicht erklärt werden können. Es stellen sich Fragen über Fragen, ob künftig das Budget eingehalten wird, inwieweit die Mitglieder der Finanzkommission wirklich in der Lage sind, die aktuelle Situation zu beurteilen und inwieweit die FraktionskollegInnen über die tatsächliche Lage der Informatik im Kanton informiert werden können. Als Nichtinformatikspezialistin erhält Bea Fuchs beim Nachfragen über die kantonale Informatiksituation von den Mitarbeitenden ständig dieselben niederschmetternden Antworten. Auch bei den Antworten der Regierung beschleicht einen immer wieder das Gefühl, es werde nur das zugegeben, was nicht länger unter dem Deckmantel gehalten werden kann. Wer unter den anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentariern möchte darauf bauen, dass bei der nächsten EDV-Vorlage alles anders, besser sein wird?
Vom Versuch, die GPK mit PUK-Befugnissen auszustatten, rät Bea Fuchs ab. Diese komplexe Spezialaufgabe sollte nicht der GPK zugeschanzt werden. Eine PUK hätte den Vorteil, dass Mitglieder mit spezifischen Kenntnissen ausgewählt werden könnten.
Mit Blick in die Zukunft beantragt die SP-Fraktion, dem Verfahrenspostulat von Dieter Völlmin folgenden Zusatz beizufügen: Die PUK soll insbesondere Empfehlungen abgeben, wie inskünftig das Projektmanagement von EDV-Projekten (Projektdefinition, Evaluation, Implementierung, Controlling) verbessert werden kann und welche Massnahmen dazu geeignet sind.

Paul Schär teilt die Ansicht von Dieter Völlmin, dass viele gefährliche Eisberge lauern, dass nicht alles so läuft, wie es sollte, was auch die FDP-Motion klar zum Ausdruck bringt. Von einem taktischen Schachzug zu reden, entbehre allerdings jeder Grundlage. Vielmehr meint die FDP nach gründlicher Lagebeurteilung, dass sich eine PUK nicht aufdrängt. Ziel der FDP-Fraktion ist es, möglichst rasch alle Facts auf den Tisch zu bringen und die erforderlichen Massnahmen einzuleiten. Die Fraktion drängte ihren Regierungsrat, den Bericht bis Ende Semester zu liefern. Sollte das Resultat dannzumal inhaltlich verheerende Verhältnisse offen legen, würde sich die FDP nicht gegen eine PUK stellen.
Die von Dieter Völlmin als Hauptziel erklärte Transparenz ist auch in der FDP unbestritten, allerdings glauben die Freisinnigen geschlossen, dass dieses Ziel mit einem Bericht realisierbar ist.

Urs Baumann unterstreicht, dass Systemänderungen stets Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeitenden bedingen. Weil dieses Erfordernis offenbar nicht mehr selbstverständlich ist, wächst die Unzufriedenheit bei den Anwendern.
Dass heimtückische Eisberge überall lauern, kann Urs Baumann nicht als besondere Erkenntnis werten. Wer mit mehr als einer Applikation im System arbeitet, weiss, dass immer wieder Anpassungen notwendig werden. Allerdings sollten beim Üben von Kritik die Proportionen nicht verloren gehen. Banken und Versicherungsgesellschaften etwa mussten Hunderte von Millionen an Schäden einstecken, weshalb die gesprochenen Nachtragskredite für die Informatik des Kantons doch noch als vertretbar gelten dürfen.
Selbstverständlich ist auch die CVP/EVP-Fraktion über den Informatikprojektverlauf und die Kostenrechnung im Kanton enttäuscht, doch gestatten Neubesetzungen an wichtigen Positionen einigen Optimismus.
Berechtigt ist die Kritik an der stets suboptimal funktionierenden Projektorganisation, die unprofessionellerweise auf den Beizug externer Spezialisten verzichtet hat. Es fehlte bisher ganz einfach eine für die ganze Verwaltung geltende und durchzusetzende Gesamtstrategie.
Natürlich tritt auch die CVP/EVP-Fraktion für Kostentransparenz ein. Dass nun der EDV-Bereich als einziger diese Transparenz ausweisen sollte, dürfte sich als schwierig erweisen, zumal ja nur externe, nicht aber interne Manpower ausgewiesen werden kann. Zu hoffen bleibt, dass mit der neuen Kostenrechnung dieses Ziel erreicht wird.
Insgesamt glaubt Urs Baumann, dass die Transparenz mit dem Vorstoss der FDP geschaffen werden könnte und insbesondere, dass im Parlament die Kräfte nicht zu finden sein dürften, welche die Aufgaben der geforderten PUK erfüllen können. Ohne externe Spezialisten, die Stundenlöhne zwischen 300 und 700 Franken verlangen, liesse sich nicht viel ausrichten. Die Kosten stiegen somit zweifellos in den siebenstelligen Bereich.
Über die neue Struktur ist das Parlament sowohl in der Finanzkommission wie im WoV-Ausschuss gut informiert worden. Die Leute sollen nun arbeiten können.
Die Einsetzung einer PUK lehnt die CVP/EVP-Fraktion ab, unterstützt den Vorstoss der FDP, sieht darin allerdings eher eine Interpellation denn eine Motion.

Bruno Steiger ist im Sinne von Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser der Meinung, dass der Landrat seine Oberaufsichtsfunktion über die Finanzen wahrnehmen sollte, lehnt die Motion der FDP ab und stimmt im Namen der Schweizer Demokraten dem Verfahrenspostulat von Dieter Völlmin zu.

Urs Wüthrich nimmt wahr, dass vorwiegend von Buchhaltung, Kosten und Schnittstellen geredet wird, ruft aber in Erinnerung, dass es vor allem um Betroffene geht. Die Untersuchung sollte die Verantwortlichkeiten klären. Die betroffenen MitarbeiterInnen müssen sich seit Jahren über die Informatik ärgern, ihre Anliegen werden nicht ernst genommen, weshalb sich nicht wenige in die Resignation abmelden. Resignation wird sich der Kanton aber angesichts der bevorstehenden, anspruchsvollen Umstrukturierungen nicht leisten können.

Olivier Rüegsegger ist der Ansicht, dass komplexe EDV-Projekte nicht schwieriger zu behandeln sind als Bauprojekte. Der Rat sollte lernen, auch in Informatik-Projekten mitzureden, sich zu vertiefen, statt Kostenüberschreitungen einfach zur Kenntnis zu nehmen. Mit dem Einsetzen einer PUK demonstriert der Landrat, dass er EDV-Probleme nicht mehr als Gott gegeben hinzunehmen bereit ist.

Max Ribi outet sich vorab als absoluter Nichtfachfachmann des Informatikbereichs. Beim Verfolgen der Debatte fällt ihm auf, dass sich der Rat vorwiegend auf das Kritisieren verlegt hat und offensichtlich unter "Pukitis" leidet. Wäre er Mitarbeiter bei diesem Betrieb, würde er sich nach einer neuen Stelle umsehen. Jene, die gingen, gehörten wohl nicht zu den Schlechteren.
Der Landrat ist auf Vertrauen zur Verwaltung angewiesen. Gibt er dieses Vertrauen nicht, wird er es auch nicht erhalten. Nun sollte nicht in die Vergangenheit zurückgeschaut werden. Vielmehr sollten die besten verfügbaren Fachleute zur Behebung der Probleme eingestellt werden, statt für eine PUK viel Geld auszugeben.

Dieter Völlmin findet die von der SP angeregte Ergänzung des Verfahrenspostulates gut und ist gerne bereit, dieses prospektive Element in seinen Antrag einzubauen.

Elisabeth Schneider unterstützt Max Ribi. Auch ihr wurde bewusst, wie mühsam es ist, während Jahren Altlasten beseitigen und begründen zu müssen, und keine Energie mehr aufzubringen für die Aufgaben der Zukunft. Das Verfahrenspostulat sollte deshalb abgelehnt werden.

RR Adrian Ballmer erklärt sich bereit, auf die gestellten Fragen und aufgeworfenen Probleme schriftlich Stellung zu nehmen.
Der Regierungsrat zweifelt am Sinn einer PUK, weil die direkt Verantwortlichen nicht mehr im Amt sind und die nach den Erfahrungen notwendigen Schlüsse gezogen sind. Der Antrag, eine PUK einzusetzen, ist als rückwärts statt vorwärts gerichtet zu betrachten. Die neue Finanzverwalterin sollte alle ihre Zeit und Kraft für anderes, Wichtigeres einsetzen können. Eine PUK würde die Verwaltung in hohem Ausmass mit nicht produktiven Tätigkeiten beschäftigen. Wenn schon, dann hätte eine PUK ihre Arbeit viel früher aufnehmen müssen. Neue Erkenntnisse werde diese PUK nicht zu Tage fördern. Persönlich wird der Regierungsrat nun, wie er schon als Landrat vorgeschlagen hat, das Kow-how des Projektmanagements sicher stellen, die Schulung - inklusive Wiederholungskurse - verbessern, die Kommunikation stärken und Massnahmen gegen Veränderungswiderstände einleiten. Bei jeder Anstellung in eine Chefposition ist für den Finanzdirektor neben der Sachkompetenz die Frage der Sozial- und Kommunikationskompetenz ein zentraler Faktor.
Auch der Herstellung eines Gleichgewichtes zwischen Zentralisierungen und Dezentralisierungen, dem Aufbau und der Stärkung eines zentralen Klammersystems im Sinne des Standardisierens und des Harmonisierens misst der Regierungsrat seit Amtsantritt grosse Bedeutung bei.
Wichtig ist auch die Schulung und das Ernstnehmen der
AnwenderInnen sowie die Anpassung an schweizweit gültige Standards.
Der Regierungsrat hält dezidiert fest, nie gemauert, Interpellationen stets offen beantwortet, den WoV-Ausschuss und die Finanzkommission nach bestem Wissen und Gewissen informiert zu haben. Ganz selbstverständlich ist der Finanzdirektor bereit, einen umfassenden Bericht zu liefern, wünscht aber, dass seine wichtigsten Mitarbeitenden ihre Zeit nun nicht mit Vergangenheitsbewältigung verbrauchen müssen.

Ernst Thöni bringt das Verfahrenspostulat mit Einbezug des unten stehenden Ergänzungsantrags der SP zur Abstimmung:

Die PUK soll insbesondere Empfehlungen abgeben, wie inskünftig das Projektmanagement von EDV-Projekten (Projektdefinition, Evaluation, Implementierung, Controlling) verbessert werden kann und welche Massnahmen dazu geeignet sind.


://: Der Landrat überweist das mit dem Antrag der SP ergänzte Verfahrenspostulat 2002/019 von Dieter Völlmin mit 42 gegen 30 Stimmen an das Büro.

Ernst Thöni kündigt die Bürositzung für 13.40 Uhr an, wünscht guten Appetit und schliesst die Vormittagssitzung um 12.00 Uhr.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei





Nr. 1566

Überweisungen des Büros

Landratspräsident Ernst Thöni gibt Kenntnis von folgender Überweisung:

2002/085
Vorlage des Regierungsrates vom 19. März 2002 betreffend Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes; Steuergesetzrevision 2002; an die Finanzkommission

Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei





Begründung der persönlichen Vorstösse

Ernst Thöni gibt zu den eingereichten Vorstössen das Wort frei.

Nr. 1567
2002/086
Motion der FDP-Fraktion vom 21. März 2002: Ausbau der Hafenbahn

Nr. 1568
2002/087
Postulat von Bruno Steiger vom 21. März 2002: Genereller Landesverweis für ausländische Drogendealer

Nr. 1569
2002/088
Postulat von Agathe Schuler vom 21. März 2002: Jugendliche rauchen immer früher

Bruno Steiger entschuldigt sich für die beiden Orthographiefehler in seinem Vorstoss.

Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei





Nr. 1570

29 2002/029
Motion der FDP-Fraktion vom 7. Februar 2002: Wie steht es mit der EDV im Kanton wirklich?

Ernst Thöni gibt bekannt, dass sich der Regierungsrat bereit erklärt, die Motion entgegen zu nehmen.

://: Der Landrat überweist die Motion 2002/029 diskus-
sionslos.

Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei





Nr. 1571

30 2001/267
Motion von Eva Chappuis vom 8. November 2001: Gerechte Erziehungszulage für alle - unabhängig von der gewählten Lebensform

Ernst Thöni teilt mit, dass der Regierungsrat die Motion ablehnt und bittet Regierungsrat Adrian Ballmer die Ablehnung zu begründen.

Regierungsrat Adrian Ballmer schickt voraus, dass mit dem Personaldekret vom 8. Juni 2000, dessen Inkraftsetzung am 1.1.2001 erfolgte, der Landrat beschloss, dass die vor Jahrzehnten eingeführte Haushaltzulage neu als Erziehungszulage ausgerichtet werden soll. Dies erwies sich in der Kommission als sehr umstritten. Ein Teil der Kommission wollte die Erziehungszulage für Mitarbeitende ohne Anspruch auf Kinderzulage abschaffen, der andere Teil wollte die Erziehungszulage bereits ab einem Teilpensum von 80 Stunden/Monat in vollem Umfang gewähren.
Schlussendlich hat sich eine Uebergangslösung mit Wahrung des Besitzstandes bis 31.12.2005 durchgesetzt.

Der Antrag von Eva Chappuis für eine volle Erziehungszulage bei einem Teilzeitpensum ab 80 Std./Monat wurde am 8. Juni 2000 vom Landrat grossmehrheitlich abgelehnt.
Der Regierungsrat bittet den Rat, seine Meinung beizubehalten und die gleichlautende Motion ebenfalls abzulehnen.

Die Regierung unterstütze eine gerechte Lösung, es frage sich allerdings, was man unter gerecht verstehe.
Das Gleichheitsgebot fordere nicht nur Gleichbehandlung, es fordere auch Ungleichbehandlung. Gemäss der Bundesverfassung sei Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.
Das Kinderzulagegesetz, welchem sämtliche Baselbieter ArbeitnehmerInnen unterstehen, gilt für die Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung nicht tel quel.
Der Kanton hat die Regelung, wonach bei einem Pensum von 80 Std./Monat eine volle Kinderzulage ausgerichtet wird, in sein Personaldekret übernommen. 80 Stunden pro Monat entsprechen einem Beschäftigungsgrad von 45,7%.
Es ist sinnvoll, Kinderzulagen zu harmonisieren.

Für private Arbeitgeber existiert kein Erziehungszulagegesetz. Erziehungszulagen sind keineswegs allgemein üblich.
Es ist möglich, sofern der Wille und die Finanzen vorhanden sind, die freiwilligen Sozialzulagen zu erhöhen.
Die Erziehungszulage ist allerdings völlig anders konzipiert als die Kinderzulage, zudem ist sie rund doppelt so hoch. Nur wer Anspruch auf eine Kinderzulage geltend machen kann hat auch ein Recht auf Erziehungszulage.
Die Höhe der Erziehungszulage steht in keinem Zusammenhang zur Kinderzulage. Sie richtet sich nach dem Lohn und ist degressiv gestaltet.
Die Kinderzulage ist fix und beträgt pro Kind monatlich Fr. 169.45.
Die Erziehungszulage beläuft sich bei einem Einkommen von bis zu Fr. 5'439.50 auf Fr. 400.45, bei einem Einkommen von über Fr. 8052.80 beträgt sie noch Fr. 307.95.
Nach geltendem Recht wird die Erziehungszulage im Verhältnis zum Beschäftigungsgrad ausgerichtet, dies bedeutet, dass zwei Fünfzigprozentpensen nicht höhere Kosten verursachen als ein Hunterprozentpensum.

Mit der Motion Chappuis würden die Teilzeitstellen teurer.
Die Regierung rechnet mit einem jährlichen Mehraufwand von knapp 3,4 Mio. Franken. Eine derartige Mehrbelastung ist unter den gegebenen finanzpolitischen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

Im interkantonalen Vergleich hat der Kanton Basel-Landschaft mit der Erziehungs- wie der Kinderzulage eine grosszügige Lösung. Ein dringender Handlungsbedarf besteht nicht, im Gegenteil, die Schere zwischen den Angestellten der Kantonalen Verwaltung und denjenigen der Privatwirtschaft würde sich noch mehr öffnen.
Nebenbei bemerkt Regierungsrat Adrian Ballmer, wäre es Sache der Sozialpartner, eine entsprechende Forderung im Rahmen ihrer Verhandlungspakete zu stellen.

Eva
Chappuis stellt fest, dass solange die Erziehungszulage als Sozialzulage helfen soll, die Kosten für die Kinder mit zu tragen, deren Abhängigkeit vom Arbeitspensum nicht sinnvoll erscheint. Ihre Argumentation in diesem Punkt sei hieb- und stichfest und hier werde nicht Gleiches mit Ungleichem verglichen.
Ansonsten wäre die Erziehungszulage ein Lohnbestandteil, wie zu Zeiten als sie noch unter dem Namen Haushaltzulage lief.

Ausserdem hat der Kanton seit dem Einreichen der Motion seine Praxis geändert.
Bisher haben Ehegatten, welche beide in der kantonalen Verwaltung tätig waren, im Rahmen des Pensums eines der beiden Partner die Erziehungszulage erhalten, der andere ging leer aus.
Neu wird die Zulage beiden Mitarbeitenden im Umfang ihres jeweiligen Pensums ausgerichtet, im Maximum jedoch zu 100%. Damit besteht eine Ungleichbehandlung gegenüber Paaren, bei denen der eine Partner teilzeitlich für den Kanton und der andere teilzeitlich in der Privatwirtschaft arbeitet.

Wenn der Kanton einerseits unterstreicht, er wolle die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie fördern, andererseits aber an seiner Praxis festhält, gibt er damit nach aussen und gegenüber privaten Arbeitgebern kein gutes Bild ab.

Abschliessend betont die Landrätin, dass sie zwar für den Kanton arbeite, aber weder eine Kinder- noch eine Erziehungszulage beziehe und auch nicht mehr in den Genuss einer solchen gelangen werde.

Dölf Brodbeck
lehnt namens der FDP die Motion einstimmig ab, sowohl als Motion als auch als Postulat.
Was verlangt die Motion? Wie erwähnt hat, wer beim Kanton Anspruch auf eine Kinderzulage geniesst auch Anspruch auf eine Erziehungszulage. Demzufolge müssen die Auswirkungen beider Zulagen gesamthaft betrachtet werden, denn sie dienen demselben Ziel.
Dass bei einer Teilzeitstelle von 50% lediglich eine Erziehungszulage von 50% entrichtet wird, entspricht daher nur der halben Wahrheit.

Die Motion verlangt im Vergleich zur heutigen Lösung eine massive Verbesserung.
Bei einem Haushalt mit zwei Kindern würde bei einer 75%-igen Teilzeitstelle eine Verbesserung von 16% resultieren; bei einer solchen von 50% wären es gar 37%; eine Arbeitszeit zwischen 20-33% des vollen Pensums würde zu einer Steigerung von zwischen 40-44% führen.

Mit der heutigen Lösung sähe das Ganze folgendermassen aus:
Wer mit 2 Kindern beim Kanton ein Vollpensum erfüllt, erhält, bei einem Monatslohn bis zu Fr. 5'400.-- , rund Fr. 8'800.-- pro Jahr an Kinder- und Erziehungszulagen. Mit einem Arbeitspensum von 75% sind es noch 86%, bei 50% knapp 75% und bei rund 33% schliesslich noch 52%.

Das Thema ist nicht neu. Bereits im Rahmen der Besoldungsrevision wurde darüber ausgiebig diskutiert. Ein Vergleich mit zwölf anderen Kantonen und dem Bund führten dabei zu folgendem Ergebnis:
Wiederum ausgehend von zwei Kindern liegt der Durchschnitt der 12 Kantone bei Fr. 5'800.-. Damit lag der Kanton Baselland mit seinen Fr. 8'800.-- bereits vor zwei Jahren rund 37% über dem Durchschnitt der 12 Kantone und belegt damit gesamtschweizerisch Rang 2. An dieser Ausgangslage hat sich bis heute nicht viel geändert.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wer beim Kanton Baselland heute 50% arbeitet, gesamthaft mehr Zulagen erhält, als in den verglichenen Kantonen bei einem Pensum von 100%.
Bereits die heutige Lösung ist vergleichweise sehr grosszügig und erfüllt hohe Gerechtigkeitsansprüche, auch bei mittleren Teilzeitpensen.
Das Gefälle zur Wirtschaft ist massiv und die von der Motion verlangte Lösung ist ungerecht, weil nicht ausgewogen.
Der Lösungsvorschlag Eva Chappuis' ergibt bei einem Pensum von mehr als 44% eine hundertprozentige Kinder- und Erziehungszulage, darunter fällt die Kurve jedoch massiv ab.

Die Ueberweisung der Motion würde zu unverhältnismässig überrissenen Verbesserungen führen.
Die FDP sieht nicht ein, weshalb der Kanton Baselland bei der Erziehungszulage die Nummer eins sein muss.

Uwe Klein unterschreibt die von seinem Vorredner genannten Zahlen.

Die ehemalige Haushaltzulage, später als Familienzulage bezeichnet, wurde mit dem Personaldekret vom 8. Juni 2000 am 1.1.2001 in Kraft gesetzt und in die Erziehungszulage umgewandelt.
Bis zum 31.12.2005 gilt eine Uebergangslösung, die von der Personalkommission beschlossen und vom Landrat abgesegnet wurde. Bereits anlässlich der Behandlung des Dekrets am 8. Juni 2000 hat der Landrat den Antrag Eva Chappuis abgelehnt, da er keinen Grund sah, nach knapp zwei Jahren auf den Beschluss zurückzukommen.

Für die Staatsangestellten sollten möglichst mit den KMU vergleichbare Sozialleistungen gelten. Es darf nicht sein, dass die Differenz immer weiter auseinanderklafft.
In der Privatwirtschaft wird eine Erziehungszulage nur ausgerichtet, wenn auch ein Anspruch auf Kinderzulage besteht.

Die CVP Fraktion plädiert für Nichteintreten.

Hanspeter Wullschleger erklärt vorab, dass die SVP Fraktion die Meinung vertritt, dass die Erziehungszulage im Kanton Baselland recht grosszügig geregelt ist. Die SVP sieht aus diesem Grund momentan keinen Handlungsbedarf.
Da in der Privatwirtschaft, vor allem bei den KMU's solche Zulagen nicht üblich sind, entstünde eine Benachteiligung.
Er frage sich, was Eva Chappuis unter ihrem Appell "gerechte Erziehungszulage für alle" verstehe, denn die Privatwirtschaft sei davon ja ausgeschlossen.

Die SVP lehnt die Motion aus den genannten Gründen ab.

Esther Maag hat zwar keine Hochrechnungen gemacht, sich aber mit ein paar grundsätzlichen Ueberlegungen zum Vorstoss auseinander gesetzt.
Die Schweiz sei, sowohl was die Teilzeitarbeit, den Mutterschaftsschutz, die Kinder- und Erziehungszulage, also generell was die Familienpolitik anbelange, im Hintertreffen. Der Vorstoss diene lediglich dazu, einen minimen Ausgleich zu schaffen. Auch ihr erscheine die Abhängigkeit der Zulage von einer Person nicht sinnvoll, denn diese gehe ursprünglich auf das traditionelle Rollenteilungsprinzip zurück. Die Bemerkung Regierungsrat Adrian Ballmers, dass der Vorstoss nicht kostenneutral sei, leuchte ihr nicht ein, da die Zulagen 100% in keinem Fall übersteigen.
Im übrigen frage sie sich, was dagegen spreche, dass der Kanton Baselland die Spitzenposition übernehme.

Esther Maag spricht sich im Namen der Fraktion der Grünen für Ueberweisung der Motion aus.

Bruno Steiger lehnt namens der Schweizer Demokraten die Ueberweisung der Motion ab.

Peter Tobler fühlt sich von Eva Chappuis provoziert, da sie sich zum einzigen wichtigen Punkt, nämlich zur Sozialpartnerschaft, nicht "geoutet" hat.
In der neuen Verfassung wurde die Sozialpartnerschaft verankert und es wurde alles unternommen, um sie zum Tragen zu bringen.
Nachdem Eva Chappuis die Gewerkschaftsbewegung nicht völlig fremd sein dürfte, interessiere ihn, wie sie es mit der Sozialpartnerschaft halte.
Er könne einem Vorstoss unter den gegebenen Umständen keinesfalls Fall zustimmen.

Eva Chappuis hofft, dass das Anliegen Peter Toblers bis zu den Sozialpartnern durchgedrungen ist.

Korrigierend meint sie an die Adresse Uwe Kleins, dass sie nicht gefordert habe, das jemand, der keine Kinderzulage erhalte, eine Erziehungszulage erhalten soll. Darum gehe es ihr nicht. Dass der Besitzstand auslaufe, sei völlig rechtens.
Sie beziehe sich in ihrer Motion ausschliesslich auf erziehungspflichtige Personen, denen es zustehe ihre Rollenteilung ohne pekuniäre Nachteile so frei wie möglich zu gestalten.

Zu Handen der Regierung bemerkt die Motionärin, dass die Motion zwar nicht kostenneutral umzusetzen sei, aber auch nicht zwingend zum von Regierungsrat Adrian Ballmer berechneten Preis. Beispielsweise könnte geprüft werden, ob mit einer entsprechend abgeänderten Skalierung der bestehenden Regelung Einsparungen erzielt werden könnten.
Sie bittet um Ueberweisung der Motion, ansonsten es allenfalls die Sozialpartner richten werden.

://: Der Landrat lehnt die Ueberweisung der Motion 2001/267 von Eva Chappuis grossmehrheitlich ab.

Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei



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