Protokoll der Landratssitzung vom 23. Mai 2002
Protokoll der Landratssitzung vom 23. Mai 2002 |
Nr. 1547
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2002/027
Berichte des Regierungsrates vom 5. Februar 2002 und der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission vom 6. Mai 2002: Änderung des Einführungsgesetzes vom 25. März 1996 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG). 1. Lesung
Kommissionspräsidentin
Rita Bachmann
berichtet, die Subventionierung der leider stark steigenden Krankenkassenprämien werde seit 1996 im EG KVG geregelt. Innerhalb von sehr kurzer Zeit habe jeder Kanton seine eigene Umsetzung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung verabschiedet. Nach intensiver Kommissionsberatung habe man sich dazu entschieden, bei der hier diskutierten Änderung des EG KVG an den bisherigen Steuerungsmitteln festzuhalten.
Wie bisher bestimmt der Regierungsrat die Richtprämien für Erwachsene, Kinder und (neu ab 2003) Jugendliche jährlich neu. Für Jugendliche wurde bisher jeweils der gleiche Ansatz wie derjenige für die Erwachsenen angewendet. Der Ansatz für Jugendliche war beim Verfassen des Kommissionsberichts noch nicht bekannt, inzwischen wurde dieser auf 155 Franken für das Jahr 2003 festgelegt.
Gemäss § 8a Absatz 2 sollen die Richtprämien weiterhin mindestens 20 Prozent unter der kantonalen Durchschnit-tsprämie liegen. Man wolle sich nicht an den Minimalprämien orientieren, damit die einzelnen Personen selbst entscheiden können, zu einer billigeren Kasse zu wechseln. Die laufende Teuerung wurde mit einem Heraufsetzen der Richtprämien aufgefangen. Diese betrugen 1996 Fr. 110.- für Erwachsene und Fr. 30.- für Kinder. 2001 lagen sie bei Fr. 140.- für Erwachsene und Fr. 45.- für Kinder. Für das Jahr 2003 werden sie von heute Fr. 155.- auf Fr. 175.- und für Kinder von Fr. 50.- auf Fr. 70.- erhöht. Die massive Erhöhung der Richtprämien für Kinder wurde explizit als gezielte Unterstützung der Familien vorgenommen.
Ein zentrales Anliegen einer Kommissionsminderheit war es, dass die Richtprämie sich an der Minimalprämie oder an der Durchschnittsprämie orientiere und nicht - wie im Gesetz definiert - "mindestens 20 % unter dem kantonalen Prämiendurchschnitt" liegen soll. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Regierungsrat bereit ist, sich näher an der Minimalprämie zu orientieren, kommt doch der Richtprämie eine zentrale Rolle für die Entlastungswirkung der Prämienverbilligung zu.
Das Festsetzen des in § 8a geregelten Prozentanteils stellt ein zweites Steuerungsmittel dar. Diese Kompetenz liegt beim Landrat und wird im Dekret geregelt. Der Prozentanteil machte seit 1996 wesentlich kleinere Veränderungen durch als die Richtprämien. 1996 und 1997 betrug er 4,5 %, seither lag er bei 4,25 %. Ab 2003 erfolgt eine massive Steigerung auf 6,25 % des massgebenden Jahreseinkommens. Gekoppelt mit der Erhöhung der Richtprämien wird es so möglich, dass die Prämienverbilligung verstärkt Personen und Familien mit niedrigen Einkommen begünstigt. Der Kreis von Anspruchsberechtigten kann zu Lasten von Familien mit grösserem Einkommen reduziert werden, was grundsätzlich dem Ziel der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission entspricht. Bereits bei der Beratung der Vorlage 1999/196 wurde darauf hingewiesen, dass der Verbilligungsmechanismus überdacht werden müsse.
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission studierte anlässlich mehrerer Sitzungen verschiedene Modelle der Prämienverbilligung intensiv, kam aber doch wieder auf das bestehende Modell zurück. Diskutiert wurde beispielsweise ein Modell, welches eine degressive Variante mit einem Einkommenssockel vorsah. Dieses jedoch hätte bewirkt, dass 31 % der bisherigen Anspruchberechtigten keine Subventionen mehr erhalten hätten. Für eine Familie von vier Kinder hätte mit diesem Modell die Grenze bei einem massgebenden Einkommen von 70'000 Franken gelegen. Mit der jetzigen Lösung hingegen könne ein Stück weit Familienförderung betrieben und gleichzeitig eine verstärkte Entlastung nach unten vorgenommen werden (Beilage 2 Tabelle 4 der Vorlage).
Weiter wurde angestrebt, dass die Verbesserungen kostenneutral sind und die Prämienverbilligung direkt an die Versicherten ausbezahlt wird. 20 % des steuerbaren Vermögens sollen dem Einkommen angerechnet werden können, eine klare Verbesserung gegenüber der heutigen Situation.
Verschiedene Faktoren machten eine Revision des EG KVG notwendig, beispielsweise die Revision des kantonalen Steuer- und Finanzgesetzes, die Anpassung an das Steuerharmonisierungsgesetz und die Ergänzung zum Sozialhilfegesetz betreffend Zahlungsverzug bei den Prämien. Mit § 9 wird die Anpassung an die inskünftige Rückkehr des pauschalen Kinderabzugs ermöglicht.
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission schätzte es sehr, dass sie zur zweiten Lesung von der Verordnung Kenntnis nehmen konnte. Die aktuelle Vorlage entspreche weitgehend den Vorstellungen der Kommission und man werde, gemeinsam mit der Regierung, die künftige Entwicklung aufmerksam im Auge behalten müssen. Insbesondere der Kreis der Anspruchsberechtigten sollte nicht stärker ausgebaut werden. 50 % der Bevölkerung sei hier die allerhöchste Grenze.
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission empfiehlt dem Landrat mit 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Vorlage zuzustimmen und den Prozentsatz bei 6,25 % festzulegen.
Eric Nussbaumer
gibt bekannt, die SP-Fraktion wolle auf die vorgeschlagene Gesetzesrevision eintreten. Bei allen Debatten müsse die Hauptzielsetzung des Gesetzes, die Entlastung von Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, im Auge behalten werden. Bei der Betrachtung der Entwicklung und der Anwendung des Gesetzes über die letzten Jahre stelle sich die Hauptfrage, ob sich das bisherige Modell bewährt habe. Aus Sicht der SP handle es sich um ein akzeptables Modell, es könne jedoch noch optimiert werden.
Im Kanton Basel-Landschaft sei nun eine Belastungsgrenze von 6,25 % vorgesehen, während auf eidgenössischer Ebene 8 % diskutiert werden. Die Richtprämie sei heute zu tief angesetzt und sollte optimiert werden. In den vergangenen Jahren wurden die kantonalen und die Bundesmittel zur Prämienverbilligung nie voll ausgeschöpft, was ebenfalls auf die noch nicht optimale Gestaltung des kantonalen Gesetzes hinweise.
Rita Bachmann habe in ihren Ausführungen von zwei Steuerungsmitteln gesprochen, in den Augen der SP seien es jedoch drei. Auch das massgebende Jahreseinkommen spiele im EG KVG eine Rolle und die SP habe bereits früher darauf hingewiesen, dass dieses relativ willkürlich festgelegt werde. Die Richtprämie müsse laut Gesetz mindestens 20 % unter der Durchschnittsprämie liegen, was dem Regierungsrat einen gewissen Spielraum zugestehe. Allerdings seien die Ansätze heute zu tief, so dass die Entlastung der unteren Einkommen nicht im gewünschten Mass erfolge.
Der Vorschlag, die Subventionsgrenze bei 6,25 % festzulegen, gehe in die richtige Richtung.
Die SP zeigt sich grundsätzlich mit dem heutigen Modell der Prämienverbilligung einverstanden, dass die Zuständigkeit jedoch zwischen Landrat und Regierungsrat aufgeteilt werde, erachte man als nicht optimal. Aus diesem Grund werde die SP einen Antrag zu § 8a stellen. Es bestehe grundsätzlich noch Handlungsspielraum, um die untersten Einkommen zu entlasten. Dazu müsse jedoch die Datenlage verbessert werden, denn die heutigen Unterlagen seien ungenügend.
Judith van der Merwe
erklärt, auch die FDP-Fraktion wolle auf die aktuelle Vorlage eintreten. Die Kommission habe in intensiver Arbeit die momentan beste Lösung aus dem bestehenden Modell herausgeholt und auch Alternativmodelle diskutiert. Es wurde ein guter sozialpolitischer Kompromiss gefunden, auch wenn die Arbeit am Dossier Krankenversicherung noch nicht beendet sei.
Das revidierte Gesetz trägt den veränderten Rahmenbedingungen (Steuerveranlagungen, Einbezug der Grenzgänger) sehr gut Rechnung. Leider bestehen noch gewisse Unsicherheiten über die effektiven finanziellen Auswirkungen des Einbezugs der Grenzgänger. Bekanntlich fordert die FDP mit ihren Vorstössen zum Thema "Stopp der Kostenexplosion" die Kontrolle der Entwicklung der Finanzen in unserem Kanton und die Ausweitung der Prämienverbilligung in den letzten Jahren wird daher auch mit einem weinenden Auge betrachtet.
Trotz der oben erwähnten Bedenken steht die FDP der Vorlage positiv gegenüber, weil das revidierte Gesetz die Hauptforderungen der FDP berücksichtigt: die Besserstellung der Familien, den Einbezug des Vermögens in die Berechnung und die Möglichkeit, dass auch der Mittelstand von den Prämienverbilligungen profitieren kann. Um die Ausgaben einzuschränken, hätte die FDP die Subventionsgrenze gerne noch etwas angehoben. Leider wären aber nicht nur die oberen, sondern auch die untersten Einkommen Leidtragende dieser Idee gewesen, so dass die FDP sich mit dem vorliegenden Vorschlag nun einverstanden erklären kann. Weitergehende Anträge, wie sie von der SP bereits angekündigt wurden, könnten hingegen nicht unterstützt werden.
Die Kommission hat sich dafür stark gemacht, dass die sozialpolitische Diskussion jedes Jahr geführt wird, denn die steigenden Prämien und das wechselnde Umfeld führen dazu, dass laufend Anpassungen vorgenommen werden müssen. Im Gegensatz zur SP begrüsst die FDP das zweistufige Modell, wonach dem Regierungsrat die Freiheit zukommt, Richtprämien vorzulegen. Der Landrat hat immer noch die Möglichkeit, auf den Entscheid Einfluss zu nehmen.
Die FDP will eine Mengenausweitung nicht tatenlos hinnehmen, sondern auf eine Verbesserung der Prämienverbilligung hinarbeiten. Trotz aller Bedenken zeigt sich die FDP überzeugt, dass im Zusammenhang mit den Vorlagen zur gemeinsamen Spitalplanung, welche ab Juni 2002 auf den Landrat zukommen werden, echte Kosteneinsparungen möglich sein werden. Als Ziel soll der Bevölkerung in den beiden Basel auch in Zukunft eine bezahlbare und doch hochstehende Medizin zur Verfügung stehen.
Judith van der Merwe dankt der Finanzdirektion für die gute Vorlage, welche die komplizierte Materie klar darzustellen vermag.
Paul Rohrbach
spricht sich seitens CVP/EVP-Fraktion für Eintreten auf die Vorlage aus. Die Stossrichtung sei sinnvoll und berücksichtige verschiedene Interessen. Die Höhe der Ausschöpfung der Bundessubventionen sei immer wieder Thema und die CVP/EVP spreche sich dafür aus, an den heutigen rund 77 % festzuhalten. Es sollen nicht mehr als 50 % der Bevölkerung in den Genuss der Prämienverbilligung kommen, auch wenn es positiv sei, dass Mittelschichtfamilien von den Verbilligungen profitieren können.
Jörg Krähenbühl
erklärt, auch die SVP-Fraktion wolle auf die Vorlage eintreten und unterstütze die Revision des EG KVG. Die neuen Vorgaben seien tragbar und konsensfähig. Es mache Sinn, nicht den vollen Betrag der Bundesbeiträge auszuschöpfen, denn dies lasse der Regierung den nötigen Spielraum, um auf die spätere Prämienentwicklung zu reagieren. Anträge, wie sie bereits von der SP angekündigt wurden, können von der SVP nicht unterstützt werden.
Die SVP dankt ebenfalls allen Personen der Verwaltung, welche an der Ausarbeitung der sehr guten und informativen Vorlage beteiligt waren.
Thomas Haegler
gibt bekannt, die Schweizer Demokraten begrüssten die aktuelle Vorlage. Mit der vorgesehenen Revision werden die niedrigen Einkommen bezüglich Prämienverbilligung gegenüber den höheren Einkommen stärker unterstützt. Trotzdem sei keine volle Ausschöpfung der KVG-Bundessubventionen anzustreben. Für eine mögliche finanzielle Entlastung der Kantonsfinanzen würden die Schweizer Demokraten es als sinnvoll erachten, in den nächsten Jahren den Kantonsanteil an den Spitalkosten zu senken, andererseits die KVG-Subventionen jedoch auf 100 % der Bundessubventionen zu erhöhen.
Madeleine Göschke
stellt fest, auch die Grünen unterstützen ein Eintreten auf die Vorlage, welche als Ziel Personen mit kleineren Einkommen entlasten soll. Der Ständerat habe als Sozialziel bereits festgelegt, dass niemand mehr als 8 % des steuerbaren Einkommens für Krankenkassenprämien bezahlen müsse. Auch der Regierungsrat habe diese 8 % in seine Überlegungen einbezogen. Nach der Einführung des vorliegenden Gesetzes jedoch müssten die unteren Einkommen mehr als 8 % bezahlen, und zwar nach Abzug der Prämienverbilligung. Um die 8 % doch noch zu erreichen, erteilt der Regierungsrat den Betroffenen folgende Ratschläge:
-
Wechsel zur billigsten Krankenkasse:
Dies würde eine Prämienerhöhung über die Durchschnittsprämie hinaus für die betroffenen Krankenkassen notwendig machen, da die Angehörigen unterer Einkommensklassen häufiger krank und invalid werden. Sie stellen für die Krankenkassen so genannt schlechte Risiken dar.
-
Abschluss einer höheren Franchise:
Für niedrige Einkommen sei genau dies im Krankheitsfall eine grosse Belastung. Als Folge werden Arztbesuche zu lange hinausgeschoben, was zu höheren Behandlungskosten und geringeren Heilungschancen führt.
-
Wahl eines HMO- oder Hausarztmodells:
Derartige Arztpraxen stehen in unserem Kanton für weniger als 10 % der Bevölkerung zur Verfügung und gerade neulich war zu lesen, dass grosse Krankenkassen sich aus den Hausarztmodellen zurückgezogen haben.
Einerseits wird also das Ziel der 8 % nicht erreicht, während andererseits Personen bis zu einem Einkommen von 120'000 Franken Subventionen erhalten. Dieses System gleiche einem Giesskannenprinzip. Es sei auch falsch, dass über 40 % der Bevölkerung subventioniert werden, denn so viele Bedürftige gebe es in unserem Kanton zum Glück nicht. Als Möglichkeit, um die hier geschilderte Problematik zu umgehen, böte sich ein Stufenmodell an (Subventionsgrenze mit degressivem Prozentsatz). Die Grünen finden es richtig, dass die Krankenkassenprämie für niemanden gratis ist, allerdings sei das Prinzip der Kostenneutralität beim rasanten Anstieg der Prämien nur schwer einzuhalten. Falls die höheren Einkommen nicht mehr subventioniert würden, könnte der Anstieg der Subventionskosten gemildert werden.
Adrian Ballmer
dankt dem Landrat für die gute Aufnahme der aktuellen Vorlage sowie der Kommission und insbesondere deren Präsidentin für ihre grosse Arbeit. Bei der Behandlung des ganzen Geschäfts müsse der Landrat immer auch die Kantonsfinanzen bedenken, denn Geld könne nur einmal ausgegeben werden und der Kanton habe viele wichtige Aufgaben. Die Gesundheit sei nur ein Teil dieser Aufgaben und Adrian Ballmer selbst gibt lieber Geld für die Bildung aus, soweit dieses effizient eingesetzt wird. Er sei nicht überzeugt davon, dass die Gesundheit der Bevölkerung dank der eingesetzten finanziellen Mittel auch wirklich zunehme.
Der Landrat dürfe bei den Ausgaben keine Automatismen installieren und die Anträge, welche im Verlauf der ersten Lesung noch gestellt werden, hätten diese Wirkung. Mit der heute diskutierten Vorlage soll das seit 1996 bewährte Modell der Krankenkassen-Prämienverbilligung mit punktuellen Verbesserungen weitergeführt werden, denn ein ideales Modell existiere nicht und man müsse immer gewisse Kompromisse finden.
Die Arbeitsteilung zwischen Landrat und Regierungsrat mache Sinn. So setzt der Landrat die Subventionsgrenze fest, welche nicht jedes Jahr geändert werden sollte, und der Regierungsrat legt jährlich die Richtlinien fest, welche vom Landrat via Budget beeinflusst werden können. Trotz des engen Zeitfensters im Vollzug zeigt sich Adrian Ballmer bereit, sich jeweils mit der Kommission auseinander zu setzen und die Absichten des Regierungsrates zu diskutieren.
Anspruch auf die Prämienverbilligung haben Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen und es wäre absurd zu behaupten, in einem der reichsten Länder der Welt lebten 50 % der Bewohner in bescheidenen Verhältnissen. Die geplante Einschränkung des Kreises der subventionsberechtigten Personen stelle daher einen Schritt in die richtige Richtung dar, denn diese Mittel können für tiefere Einkommen zur Verfügung gestellt werden.
Die Gesamtkosten der Prämienverbilligung haben sich als Folge der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen seit 1996 von 60 auf 94 Mio. Franken entwickelt und es könne nicht Ziel sein, 100 % der Bundessubventionen auszuschöpfen.
Der Bundesrat gab in seiner Botschaft zur KVG-Revision ein Sozialziel vor und sprach dabei von 8 % des Einkommens gemäss der direkten Bundessteuer. Die Finanzdirektorenkonferenz und sogar die Sozialdirektorenkonferenz wehrte sich gegen diesen Vorschlag, denn ein einheitlicher Selbstbehaltssatz von 8 % für die ganze Schweiz sei sachlich falsch, da er die unterschiedlichen Kosten des Gesundheitswesens nicht beachtet und heutige, kostenbremsende Elemente aus dem System herausnimmt. Es käme zu sprunghaften Kostensteigerungen und schliesslich würden die Prämienverbilligungen für die Kantone unbezahlbar.
Obwohl bemerkt wurde, man wolle nicht, dass gewisse Leute gar nichts für ihre Prämien bezahlen, zielen die Anträge der SP und der Grünen doch genau in diese Richtung. Der Kanton subventioniere schliesslich auch die Nahrung und das Wohnen nicht, wenn die Kosten einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens übersteigen. Würde dies getan, könnte die wirtschaftliche Situation der Schweiz wohl schon bald mit anderen, eher südlich und östlich gelegenen Ländern verglichen werden.
Die Zahlen zur Einkommenbelastung durch die Krankenversicherungsprämien seien mit Vorsicht zu interpretieren, denn die verfügbaren Einkommen vieler Haushalte liegen deutlich über dem massgeblichen steuerbaren Einkommen und es bestehen auch individuelle Möglichkeiten zur Prämienreduktion.
Adrian Ballmer bittet den Landrat, der Vorlage in ihrer aktuellen Form zuzustimmen und Abänderungsanträge abzulehnen. Er selbst unterstütze einzig das Postulat von Eric Nussbaumer, welches eine bessere Datenlage fordert.
Ernst Thöni
stellt unbestrittenes Eintreten auf die Vorlage fest und geht damit zur Detailberatung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) über.
Titel und Ingress
keine Wortbegehren
I.
keine Wortbegehren
§ 1 Absatz 2
keine Wortbegehren
§ 5
keine Wortbegehren
§ 6
keine Wortbegehren
§ 8
keine Wortbegehren
§ 8a
Eric Nussbaumer
beantragt folgende Änderung in § 8a Absatz 2, letzter Satz:
2
(...) Diejenige für Erwachsene legt er
mindestens 20 %
maximal 5 %
unter
dem kantonalen Prämiendurchschnitt
der kantonalen Minimalprämie
für die obligatorische Krankenpflegeversicherung fest.
Beim in der Kommissionsfassung vorgesehenen kantonalen Prämiendurchschnitt handelt es sich um ein gewichtetes Mittel aller Versicherter und aller Krankenkassen in unserem Kanton und dieses legt recht gut dar, wie die EinwohnerInnen wirklich versichert sind (es handelt sich also nicht um ein arithmetisches Mittel). Da 60 % aller Personen im Kanton bei den fünf grössten Krankenkassen versichert sind, wird der Prämiendurchschnitt also auch von diesen definiert.
Die Richtprämie wird bekanntlich vom Regierungsrat festgelegt, und diese hat für das Jahr 2003 bereits einen Wert erreicht, welcher 30 % unter dem heutigen Prämiendurchschnitt liegt, mit dem erwarteten Anstieg der Prämien läge der Wert sogar rund 40 % unter dem Prämiendurchschnitt. Damit wird die Wirkung der Prämienverbilligung auf die bescheidenen Einkommen abgeschwächt.
Die SP beantragt dem Landrat daher, an Stelle der Durchschnittsprämie eine kantonale Minimalprämie als Massstab zu nehmen und die Richtprämie maximal 5 % unter dieser Minimalprämie festzulegen.
Madeleine Göschke
nimmt zuerst zu Adrian Ballmers Aussage Stellung, man könnte auch das Essen subventionieren. Es gebe allerdings kein Gesetz welches vorschreibe, dass man Essen müsse, während eine Krankenversicherung obligatorisch sei.
Die Prämienverbilligung werde durch zwei Instrumente definiert, die Festlegung des Prozentsatzes (Subventionsgrenze), welche in den Händen des Landrates liege, und die Festlegung der Richtprämien, welche in der Kompetenz des Regierungsrates liegt. Es könnte vorkommen, dass der Regierungsrat und der Landrat sich gegenseitig blockieren, weshalb Madeleine Göschke anlässlich der Kommissionsberatung provokativ vorschlug, dem Regierungsrat das Instrument der Richtprämienfestlegung wegzunehmen.
Sie stellt folgenden Antrag zu Absatz 2:
2
Der Regierungsrat legt die Jahresrichtprämie für jede bundesrechtliche Prämienkategorie fest. Diejenige für Erwachsene legt er
mindestens
höchstens
20 % unter dem kantonalen Prämiendurchschnitt für die obligatorische Krankenpflegeversicherung fest.
Er berücksichtigt dabei, dass das Sozialziel von 8 % erreicht werden muss.
Adrian Ballmer
nimmt an, dass Eric Nussbaumer Vertrauen in das Departement Dreifuss habe und dieses einmal einen Vorschlag bringen werde, wie die Gesundheitskosten wirksam eingedämmt werden können. Ein wirksames Instrument bezüglich Prämienverbilligung stelle die Subventionsgrenze dar, welche sich in der Hand des Landrates befinde. Das vorgeschlagene System habe sich bewährt und Adrian Ballmer bittet den Landrat, daran festzuhalten. Mit der Festlegung einer Richtprämie von beispielsweise maximal 20 % unter dem Prämiendurchschnitt würde ein Ausgabenmechanismus installiert, wonach jede Kostensteigerung durch die öffentliche Hand bezahlt würde. Der Kanton könnte sich dies schlicht nicht leisten.
Zu Madeleine Göschke meint Adrian Ballmer, es gebe ein Naturgesetz, welches den Menschen das Essen vorschreibe, und dieses sei viel höher anzusiedeln als das KVG.
Rita Bachmann
erklärt, die Kommission habe sich intensivst mit den Richtprämien auseinander gesetzt und ihrer Meinung nach eine gute Konsenslösung gefunden. Die finanziellen Konsequenzen einer Änderung der Richtprämienregelung könnten auf die Schnelle gar nicht abgeschätzt werden.
Ernst Thöni
stellt die beiden Anträge der SP und der Grünen einander gegenüber.
://: Der Landrat spricht sich vorerst für den Antrag der SP zu § 8a aus.
Der obsiegende SP-Antrag wird nun der Kommissionsfassung gegenüber gestellt.
://: Die Kommissionsfassung obsiegt gegenüber dem SP-Antrag, § 8a bleibt somit unverändert.
Madeleine Göschke
beantragt, § 8a Absatz 1 wie folgt zu ergänzen:
1
(...), dass nicht mehr als die Hälfte der Bevölkerung anspruchsberechtigt wird
und das Sozialziel von 8 % erreicht wird. Dies bedeutet, dass kein Haushalt mehr als 8 % des steuerbaren Einkommens für die obligatorische Krankenpflegeversicherung ausgeben muss.
Ihr wäre zwar eine Degression des Prozentsatzes lieber, dieser Antrag unterlag in der Kommission jedoch massiv und sie entschloss sich daher, den oben genannten Antrag zu stellen.
Adrian Ballmer
bittet den Landrat, diesen Antrag abzulehnen.
://: Der Antrag zu § 8a Absatz 1 wird abgelehnt.
Der guten Ordnung halber lässt
Ernst Thöni
noch über den zweiten Teil des Antrags der Grünen zu Absatz 2 abstimmen (siehe oben).
://: Auch diesem Antrag wird vom Landrat nicht stattgegeben.
§§ 9 und 9a
Hier muss eine redaktionelle Änderung vorgenommen werden.
://: § 9 Absatz 4: "Absatz 2" wird durch "Absatz 3" ersetzt. Das Gleiche gilt für Absatz 5.
://: § 9a Absatz 1: "§ 9 Absatz 2" wird durch "§ 9 Absatz 3" ersetzt.
§ 9b
keine Wortbegehren
§ 10
keine Wortbegehren
§ 11
keine Wortbegehren
§ 11a
keine Wortbegehren
§ 11b
keine Wortbegehren
§ 13 Absatz 2
keine Wortbegehren
§ 14
keine Wortbegehren
§ 15 Absätze 2 und 3
keine Wortbegehren
§ 17a
keine Wortbegehren
II.
keine Wortbegehren
://: Die erste Lesung der Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) ist damit abgeschlossen.
Anschliessend wird auch die erste Lesung des Dekrets über den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen für die Prämienverbilligung durchgeführt.
Titel und Ingress
keine Wortbegehren
§ 1
keine Wortbegehren
§ 2
keine Wortbegehren
://: Die erste Lesung des Dekrets ist ebenfalls abgeschlossen.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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