Protokoll der Landratssitzung vom 5. September 2002

Nr. 1649

14 2002/063
Bericht der Petitionskommission vom 21. März 2002: Petition "Aufwertung der Freiwilligenarbeit im Kanton Basel-Landschaft"

Nr. 1650

15 2001/270
Postulat von Agathe Schuler vom 8. November 2001: Eine Anerkennung für Freiwilligenarbeit Leistende im Kanton Basel-Landschaft

Nr. 1651

16 2001/284
Postulat von Romy Anderegg vom 22. November 2001: Förderung und Anerkennung der freiwilligen und ehrenamtlichen Tätigkeit im Kanton Basel-Landschaft

Diese drei Traktanden betreffen das gleiche Thema und sollen laut Ursula Jäggi gemeinsam behandelt werden, es wird dann jedoch einzeln darüber abgestimmt.

Kommissionspräsident Heinz Mattmüller berichtet, die vorliegende Petition zur Aufwertung der Freiwilligenarbeit im Kanton Basel-Landschaft sei unter der Federführung der Elternbildung Basel-Landschaft lanciert worden. Die Petentinnen und Petenten machen darauf aufmerksam, dass die Allgemeinheit auf Leute angewiesen sei, welche Freiwilligenarbeit leisten. Im Hinblick auf die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung wird diese Arbeit sogar immer wichtiger, denn in zunehmendem Masse fehlen in unserer Gesellschaft soziale Kontakte, was zu Vereinsamung und Hilflosigkeit führen kann. Einige dieser Probleme können durch Freiwillige, welche soziale Aufgaben leisten, aufgefangen werden, wodurch oftmals Folgekosten zu Lasten der Allgemeinheit vermieden werden.

Die Petition mach nun aber darauf aufmerksam, dass die Freiwilligenarbeit aufgewertet werden müsse, damit auch in Zukunft Menschen bereit seien, sich zu engagieren. Es sollen daher alle Unternehmungen sowie die Verwaltungen auf Gemeinde- und Kantonsebene dazu eingeladen werden, den Sozialzeit-Ausweis, welcher in anderen Kantonen und grösseren Firmen teilweise bereits bekannt ist, einzuführen und anzuerkennen. Die im Sozialzeit-Ausweis aufgeführte, freiwillig geleistete Arbeit soll dann bei der Steuerberechnung berücksichtigt werden und ausserdem sollen Weiterbildungs- resp. Fortbildungskosten für den Bereich Freiwilligenarbeit übernommen werden.

Neben der Anhörung einer Delegation der Petenten holte die Petitionskommission eine Stellungnahme der Finanz- und Kirchendirektion ein und lud auch von dieser Seite eine Delegation zu einer Anhörung ein. Einzelheiten dazu können dem Kommissionsbericht entnommen werden. Die Kommission kam nach ihrer Beratung zu folgenden Schlüssen: Punkt 1 der Petition, die Einführung und Anerkennung des Sozialzeit-Ausweises, stiess sowohl bei der Regierung als auch bei der Petitionskommission auf Verständnis. Auf der kantonalen Verwaltung werden bereits sämtliche Tätigkeiten, welche sich in irgendeiner Weise positiv auf die Berufsausübung auswirken könnten, bei Stellenbewerbungen berücksichtigt.

Das Anliegen, dass die Freiwilligenarbeit bei der Steuerberechnung berücksichtigt werden müsse (Punkt 2), stiess auf Skepsis bis Ablehnung, denn es dürfte schwierig sein, die sehr unterschiedlichen, freiwillig geleisteten Arbeiten in einen Geldbetrag umzurechnen, welcher als gerecht empfunden würde. Bisher können Steuerabzüge nur dann vorgenommen werden, wenn Geld an anerkannte Institutionen gespendet wird. Freiwillig geleistete Arbeit stelle keine finanzielle Belastung dar und berechtige daher aus Sicht der Finanzverwaltung auch nicht zu Steuerabzügen. Ein Steuerabzug könnte sogar dem guten Image der freiwillig und ehrenamtlich geleisteten Arbeit schaden.

Auch was die Abgeltung der Weiterbildungskosten betrifft (Punkt 3), geht die Petitionskommission mit der Stellungnahme der FKD einig, dass das Bildungsgesetz diese Frage regle. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass soziale Institutionen auch aus dem Lotteriefonds unterstützt werden. Als problematisch würde man die Würdigung einzelner Personen für derartige Einsätze erachten, dies wäre allenfalls die Aufgabe der kommunalen Behörden.

Die Petitionskommission beantragt dem Landrat also, Punkt 1 der Petition als Postulat an die Regierung zu überweisen und auf die Punkte 2 und 3 nicht einzutreten.

Aus den bereits erwähnten Gründen werden die beiden Postulate 2001/270 und 2001/284 von der Kommission nicht unterstützt und dem Plenum zur Ablehnung empfohlen.

Agathe Schuler verlangt in ihrem Postulat 2001/270, dass der Regierungsrat die jährliche Durchführung eines Anlasses als Anerkennung von in der Freiwilligenarbeit tätigen Personen prüfe. Das Postulat wurde im letzten Herbst eingereicht, nachdem Adrian Ballmer bei der Beantwortung einer mündlichen Anfrage eingestehen musste, dass die Regierung des Kantons Basel-Landschaft im UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit keinen besonderen Effort unternommen habe, um die Leistung der Freiwilligen zu würdigen. Ihr Postulat sei bereits im Juni traktandiert gewesen, als auch ein aktueller Bericht des kantonalen Sportamtes vorlag. Dieser äussert sich zur Freiwilligenarbeit wie folgt:

Auch im Jahr der Freiwilligkeit war höchst beeindruckend, welche grossartige und unbezahlbare Arbeit durch die Leiterinnen und Leiter, Vereins- und Verbandsvorstände und unzählige weitere ehrenamtliche Personen im Hintergrund geleistet wird. Im Jahr der Freiwilligkeit blieb aber auch nicht verborgen, dass es immer schwieriger wird, ehrenamtlich tätige Funktionäre zu gewinnen.

Agathe Schulers Postulat stelle eine Möglichkeit dar, denjenigen Menschen Anerkennung zu zollen, welche Freiwilligenarbeit leisten. Es gäbe viele Varianten, das Anliegen zu verwirklichen, beispielsweise könnte eine Veranstaltung pro Bezirk stattfinden. Auch die Kosten würden sich in Grenzen halten. Solche Anlässe bestehen bereits, beispielsweise im Kanton Basel-Stadt oder in der Stadt Bern. Agathe Schuler unterstützt auch die Forderungen der hier diskutierten Petition, falls diese jedoch abgelehnt würden, sollte zumindest ihr Postulat zur Prüfung an den Regierungsrat überwiesen werden. Auch wenn das UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit schon längst vorbei sei, müsse man zeigen, dass diese ernst genommen und anerkannt werde.

Romy Anderegg geht zuerst auf die Petition ein, bevor sie auf ihr Postulat 2001/284 zu sprechen kommt. Wer sich für eine neue Stelle bewirbt, müsse seine Fähigkeiten, Kompetenzen und persönlichen Erfahrungen darlegen. Viele Personen, insbesondere Frauen, geben dabei nur ihre offiziellen Abschlüsse und Lohnarbeiten an. Der schweizerische Sozialzeit-Ausweis erleichtert es nun, Kompetenzen und Qualifikationen aus allen Lebensbereichen zusammen zu weben. Als ebenso wichtige Zeugnisse werden Leistungen gewichtet, welche in der Familienarbeit, in freiwilligen, gemeinnützigen und politischen Bereichen erbracht werden. Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Organisationsfähigkeit, Eigeninitiative, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit und Flexibilität sind für die Familien- und Freiwilligenarbeit unerlässlich. Diese Qualifikationen werden auch in der Wirtschaft und in der Verwaltung gefordert, weshalb der Sozialzeit-Ausweis vor allem bei der Stellensuche und bei einem beruflichen Wiedereinstieg nützlich ist.

Romy Anderegg liess den Landratsmitgliedern an der heutigen Sitzung eine Kopie eines Sozialzeit-Ausweises verteilen. Mit diesem Ausweis steht allen Freiwilligenarbeit Leistenden ein Papier zur Verfügung, welches die Fähigkeiten und Leistungen ausweist und somit die Freiwilligenarbeit aufwertet. Es sei wichtig, dass der Regierungsrat die Einführung des schweizerischen Sozialzeit-Ausweises unterstütze.

Zu den Punkten 2 und 3 der Petition: Freiwilligenarbeit soll sichtbar gemacht und anerkannt werden, Geld in Form von Steuererleichterungen oder Beiträge des Staats an die Weiterbildungskosten hingegen lehnt Romy Anderegg entschieden ab. Man soll nicht aus allem eine Ware machen. Menschliche Anteilnahme, spontane Hilfsbereitschaft und zwischenmenschliche Wärme können nicht verrechnet werden, sie müssen aber gewürdigt werden. Indem man etwas für andere tue, tue man auch etwas für sich selbst. Wertvolle Freiwilligenarbeit muss moralisch anerkannt werden, darf jedoch niemals professionelle Arbeit konkurrenzieren.

Zu ihrem Postulat meint Romy Anderegg, die in unserer Gesellschaft unbezahlt und ehrenamtlich geleistete Arbeit stelle für die Allgemeinheit einen immensen moralischen Wert dar und mache das Zusammenleben in einer Gemeinschaft erst menschlich. Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in welcher jede Person nur noch diejenige Arbeit erbringt, welche mit Geld verrechnet wird! Trotzdem werde den unbezahlten und ehrenamtlich erbrachten Einsätzen oftmals nicht die Wertschätzung entgegengebracht, welche sie in höchstem Masse verdienen. Über die Freiwilligenarbeit werde kaum gesprochen, auch wenn eine Thematisierung heute nötiger denn je wäre. In der unbezahlten Arbeit liege enorm viel wertschaffende Produktion, es werde unbezahlt ebensoviel Arbeit geleistet wie im Lohnsektor. Es gebe aber auch unbezahlbare bezahlte Einsätze, beispielsweise durch Katastrophenhilfekorps im In- und Ausland.

Die Freiwilligenarbeit stecke in einem Dilemma. Einerseits werde es immer schwieriger, Leute für den ehrenamtlichen Einsatz im karitativen oder sozialen Bereich zu begeistern, andererseits bestehe ein grosses Reservoir pensionierter Mitmenschen mit Lebenserfahrung und Wissen, welche frei über ihre Zeit verfügen und oft auf keinerlei Erwerb mehr angewiesen seien. Trotzdem entscheiden sich viele dieser Menschen nicht für die Freiwilligenarbeit, da sie dafür weder Anerkennung noch Wertschätzung erwarten können.

Ein jährlicher Gedenktag, welcher die unbezahlte Arbeit sichtbar macht, könne sich nur positiv und niemals negativ auswirken. Zu danken koste nichts, bewirke jedoch viel und motiviere. Diese Überlegungen brachten Romy Anderegg zur Überzeugung, ein Postulat einzureichen, da die Freiwilligenarbeit unseren Respekt und eine ständige Würdigung verdiene.

Adrian Ballmer unterstreicht, bereits am 20. September 2001 habe der Regierungsrat dem Landrat im Rahmen der Behandlung des Postulats 2001/046 von Esther Maag und anlässlich der Fragestunde vom 25. Oktober 2001 deutlich gemacht, dass Staat, Gesellschaft und Familie nur funktionieren, wenn unzählige freiwillige Helferinnen und Helfer in erheblichem Ausmass unbezahlte oder finanziell geringfügig abgegoltene Dienstleistungen für die Solidargemeinschaft oder ihre Familiengemeinschaft leisten. Der Regierungsrat wolle diese unverzichtbare Solidarität durch die Arbeit unzähliger Freiwilliger selbstverständlich stärken.
Hier stelle sich aber die Frage, wie dies geschehen soll.

Nicht erst seit dem UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit unterstützt der Regierungsrat zahlreiche gemeinnützige Institutionen mit Hilfe des Lotteriefonds jährlich mit namhaften Beiträgen. Er achtet, anerkennt und fördert damit die Freiwilligenarbeit und drückt den Personen, welche diese leisten, damit seine grosse Wertschätzung aus. Die Mitglieder des Regierungsrates nehmen im Verlaufe eines Jahres an unzähligen Anlässen gemeinnütziger Institutionen teil und drückt damit auch sein Interesse an ihrer Arbeit aus. Adrian Ballmer betrachtet es für jeden Menschen als selbstverständlich, irgendwann in seinem Leben auch gemeinnützige Arbeit zu erbringen. Er hält es für pädagogisch nicht sinnvoll, Menschen dazu zu erziehen, für gemeinnützige Arbeit eine Belohnung zu erwarten. Dies käme einem negativen Anreiz gleich.

Der Regierungsrat beantragt dem Landrat gemeinsam mit der einstimmigen Petitionskommission, Punkt 1 der Petition als Postulat zu überweisen. Der Kanton als Arbeitgeber erfülle diesen Punkt bereits. Punkt 2 der Petition (Steuererleichterungen) lehnt der Regierungsrat ab, denn diese Idee sei so nicht umsetzbar. Die ausführliche Begründung dazu könne im Protokoll der Landratssitzung vom 20. September 2002 nachgelesen werden. Auch Punkt 3 der Petition (Beiträge an die Weiterbildungskosten) soll nicht überwiesen werden, denn diese Frage sei im Bildungsgesetz geregelt.

Der Regierungsrat wehrt sich gegen die Überweisung des Postulats 2001/270, da alle EinwohnerInnen des Baselbiets in irgendeiner Form gemeinnützige Arbeit leisten, so dass eine Auswahl von Personen, welche zu einem Anlass eingeladen würden, willkürlich und ungerecht wäre. Er glaubt nicht, dass für die einzelne Person, welche Freiwilligenarbeit leistet, an einem solchen Anlass eine grosse Wertschätzung spürbar würde. Ein solcher Anlass wäre zudem sehr teuer und es sei sinnvoller, mit diesem Geld gemeinnützige Institutionen direkt zu unterstützen. Im Übrigen wäre es richtig, wenn ein derartiger Anlass von der Gemeinde organisiert würde, denn diese stehe der Bevölkerung näher als der Kanton. Auch in Basel-Stadt werde der erwähnte Anlass durch die Stadt ausgerichtet.

Der Regierungsrat spricht sich auch gegen die Überweisung des Postulats 2001/284 aus, in welchem gefordert wird, den UNO-Welttag der Freiwilligen vom 5. Dezember als offiziellen Gedenktag zu begehen. Gedenktage seien ein ausgezeichnetes Marketing-Instrument der Religionen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten), und diese wurden später durch Nationalfeiertage und weitere, zusätzliche Gedenktage angereichert. Diese Inflation an Gedenktagen führe zu einer Abwertung und ausserdem seien Gedenktage nie kantonale Angelegenheiten, sondern zumindest auf eidgenössischer oder noch höherer Ebene angesiedelt. Die Regierung hält einen Baselbieter Freiwilligentag also für nicht opportun. Im Übrigen fanden im letzten Jahr viele Anlässe für unzählige Helferinnen und Helfer statt, so das unvergessliche Fest von Basel. Mit dem Eidgenössischen Turnfest in diesem Jahr fand wiederum ein Grossanlass mit und für unzählige Helferinnen und Helfer statt.

Elsbeth Schmied wird zu den drei Forderungen der Petition sprechen, während Simone Abt sich später noch zur Meinung der SP-Fraktion betreffend die beiden Postulate äussern wird.

Das UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit brachte ein sonst wenig beachtetes Thema an die Öffentlichkeit. Die Freiwilligenarbeit stellt einen grossen Beitrag an die Mitmenschen und die Umwelt dar und wird unentgeltlich sowie zeitlich befristet geleistet. Sie ergänzt und unterstützt die bezahlte Arbeit, steht zu dieser aber nicht in Konkurrenz. Ohne die vielen Menschen, welche Freiwilligenarbeit leisten, könnten wir gar nicht existieren. Die Petition bringt daher drei Anliegen vor, mit welchen die unentgeltliche Arbeit aufgewertet werden soll.

Der Sozialzeit-Ausweis, welcher bei Stellenbewerbungen vorgelegt werden kann, gibt Auskunft über die folgenden drei Punkte: Der Zeitaufwand, welcher für eine bestimmte Arbeit aufgewendet wurde, eine Bestätigung der Organisation, für welche die Arbeit erbracht wurde sowie eine Auflistung der Kompetenzen, welche sich jemand im Rahmen einer bestimmten Arbeit erworben hat. Elsbeth Schmied plädiert dafür, dass der Sozialzeit-Ausweis möglichst breit gestreut wird und dass sich der Regierungsrat dafür einsetze.

Anlässlich der Beratungen zum Thema der Steuererleichterungen wurde die Kommission von Adrian Ballmer informiert, dass derartige Erleichterungen zum heutigen Zeitpunkt nicht vorgenommen werden können, da das Steuerharmonisierungsgesetz die möglichen Abzüge endgültig regle. Die Petitionskommission nahm dies zur Kenntnis und trat daher nicht auf Punkt 2 der Petition ein, trotzdem dürfe man in diesem Bereich nicht untätig bleiben.

Die Grossrätinnen und Grossräte im Kanton Bern haben beispielsweise im letzten Jahr eine Motion als Postulat an den Regierungsrat überwiesen, welche verlangt, dass die im Sozialzeit-Ausweis aufgeführten Stunden an gemeinnützig geleisteter Arbeit in einen Geldbetrag umgewandelt werden können und dieser in der Steuererklärung zum Abzug gebracht würde. Elsbeth Schmied denkt, ein solcher Steuerabzug wäre nicht allzu schwierig handhabbar, jedoch müsste er flächendeckend für die ganze Schweiz gelten und zwischen den verschiedenen Arbeiten dürften keine Unterschiede gemacht oder Niveaus gebildet werden.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats reichte im letzten Herbst ein Postulat ein, welches verlangt, die Frage des Steuerabzugs für freiwillig geleistete Arbeit einer vertieften Prüfung zu unterziehen. Dieses Postulat wurde mit 61 zu 56 Stimmen überwiesen. Auch der Landrat sei aufgerufen, offen zu bleiben und diesen Gedanken weiter zu entwickeln.

Bezüglich der Übernahme von Weiterbildungskosten im Zusammenhang mit Freiwilligenarbeit erklärt Elsbeth Schmied, dieses Thema werde im neuen Bildungsgesetz geregelt. Es bestehe für alle Organisationen und Institutionen, welche Erwachsenenbildung anbieten, die Möglichkeit, mit dem Kanton Leistungsverträge abzuschliessen und subventioniert zu werden.

Elsbeth Schmied empfiehlt dem Landrat, den Anträgen der Petitionskommission zu folgen.

Anton Fritschi nimmt im Namen der FDP-Fraktion zu allen drei Geschäften Stellung. Die Grundidee, der Freiwilligenarbeit mehr Anerkennung zu verschaffen, sei unbestritten und werde von der FDP-Fraktion vollumfänglich geteilt. Die Freiwilligenarbeit sei notwendig und in unserem Land stark verwurzelt, jedoch sei sie auch sehr vielfältig, worin die Crux bezüglich der Forderung nach Steuerabzügen liege. Ein Entgelt für Freiwilligenarbeit verkenne gerade den Sinn und Zweck dieser Arbeit. Auch stelle sich die Frage, welche Arbeiten zu Steuerabzügen berechtigen würden. Eine Umsetzung einzelner der vorgebrachten Anliegen könnte noch am ehesten auf Gemeindeebene stattfinden, da die Bürgernähe auf Kantonsebene fehlt, um erfolgreich irgendwelche Anlässe zur Anerkennung der Personen, welche Freiwilligenarbeit leisten, durchzuführen. Die FDP bittet den Landrat daher, den Anträgen der Petitionskommission zu folgen.

Rita Bachmann wird sich als Fraktionssprecherin der CVP/EVP und als Mitinitiantin zur Petition äussern. Es sei offenbar unbestritten, dass der ehrenamtlich geleisteten Arbeit eine extrem hohe Bedeutung zukomme, weshalb diese grosse Anerkennung verdiene. Rita Bachmann jedoch wird den Eindruck nicht los, diese Anerkennung gehe nur so weit, wie sie nichts koste. Es sei positiv, dass der Regierungsrat sich für die Verbreitung des Sozialzeit-Ausweises einsetzen wolle, jedoch stelle dies nur einen ersten Schritt in Richtung einer besseren Anerkennung der Freiwilligenarbeit dar. Sie erinnert an das im Landrat diskutierte Geschäft über den Ausbau des Fahrdienstes für Behinderte und daran, dass das Schweizerische Rote Kreuz kurzfristig seinen Fahrdienst aufheben musste, weil zu wenig Freiwillige für diese Arbeit gefunden werden konnten. Ein Zeichen, welches die ehrenamtliche Arbeit attraktiver machen würde, sei daher unerlässlich. Dass nun fünf unterschiedliche Vorschläge auf dem Tisch liegen zeige aber, dass keine einfachen Lösungen bestehen.

Jede Art der ehrenamtlich geleisteten Arbeit sei wichtig, da viele Institutionen wie Sportclubs oder die Kirchen ohne die Beiträge von Freiwilligen nicht existieren könnten. Bis ins Jahr 2020 wird zudem die Überalterung der Bevölkerung stark zunehmen und die Betreuung der Hochbetagten kann allein mit bezahlter Arbeit nicht mehr geleistet werden.

Rita Bachmann empfindet es als extrem ungerecht, dass eine Person, die es sich leisten kann, Spenden an Organisationen vom Steuerbetrag absetzen kann, während ehrenamtlich erbrachte Leistungen nicht im gleichen Sinne anerkannt seien. Unter ehrenamtlicher Arbeit versteht Rita Bachmann nach der Definition der Benevol Schweiz Folgendes:


Freiwilligenarbeit ist ein gesellschaftlicher Beitrag an Mitmenschen und Umwelt. Sie wird unentgeltlich und zeitlich befristet geleistet, aber auch mit einer gewissen Konstanz. Freiwilligenarbeit ergänzt und unterstützt die bezahlte Arbeit, tritt zu ihr aber nicht in Konkurrenz. Freiwilligenarbeit soll in der Regel nicht mehr als 4 bis 6 Stunden pro Woche in Anspruch nehmen.

Obwohl es heute nach Steuerharmonisierungsgesetz noch nicht möglich ist, möchte Rita Bachmann einen Modus finden, welcher gesamtschweizerisch in Anwendung kommen müsste und welcher es erlaubt, eine gewisse Arbeitszeit in einen Betrag umzumünzen und von den Steuern abzuziehen. Die Bereitschaft des Regierungsrates im Kanton Bern, dieses Anliegen zu prüfen, zeige, dass Lösungen gefunden werden können. Auch der Regierungsrat Basel-Landschaft anerkenne nach seinen eigenen Aussagen die ehrenamtlich geleistete Arbeit, dies allein reiche jedoch nicht und der Regierungsrat sei gefordert, diesbezüglich den Beweis anzutreten und gewisse Schwerpunkte zu setzen.

Gemäss neuester Statistik des Bundesamtes für Sozialversicherungen liegt der Wert der freiwillig geleisteten Arbeit heute bei 260 Mia. Franken, was ungefähr einem Anteil von 60 % des Bruttosozialprodukts entspricht.

René Rudin stellt fest, die Freiwilligenarbeit sei ein Beitrag von grossem Wert zum Wohle vieler Menschen. Aus diesem Grund gehören unsere Wertschätzung und unser Dank all jenen Menschen, welche sich engagieren. Wer Freiwilligenarbeit leistet, sammelt Lebenserfahrung und vergrössert seine Sozialkompetenz. Die SVP-Fraktion unterstützt daher die Abgabe und Förderung des Sozialzeit-Ausweises, lehnt die Punkte 2 und 3 jedoch ab. Neben der Machbarkeit, welche bezweifelt wird, ist die SVP der Meinung, Freiwilligenarbeit solle auch tatsächlich freiwillig erbracht und nicht materialisiert werden. Die Motivation zur Freiwilligenarbeit ergebe sich nicht durch die direkte finanzielle Unterstützung, sondern durch den inneren Gehalt der Arbeit.

Madeleine Göschke vertritt dieses Traktandum an Stelle der abwesenden Esther Maag, welche genau zu den hier diskutierten Themen ein Postulat einreichte (2001/046: Viel Arbeit, viel Ehr(?) - wenig Qualifikation), welches vom Landrat mit 33 zu 31 Stimmen überwiesen wurde. Sie nimmt an, dass der Landrat vom Regierungsrat dazu gelegentlich eine Antwort erhalten werde. Auch sie betont, dass viele Bereiche unseres Alltags ohne Freiwilligenarbeit nicht mehr funktionieren würden, dass man es sich aber auch leisten können müsse, freiwillige Arbeit zu leisten. Aus eigener Erfahrung weiss sie, dass das berufliche und familiäre Umfeld mitbestimme, ob und in welchem Ausmass es einer Person möglich ist, freiwillige Arbeit zu leisten.

Den Sozialzeit-Ausweis bezeichnet Madeleine Göschke als wichtig, sie selbst hätte jedoch nie an einer Feier zur Ehrung von Personen, welche ehrenamtlich tätig sind, teilgenommen.Dienlich wäre hingegen neben dem Sozialzeit-Ausweis ein Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten.

Bruno Steiger betont, sobald für die Freiwilligkeit ein Anreiz geschaffen werde, werde eine Arbeit nicht mehr wirklich freiwillig erbracht. Allein der Idealismus zähle und er selbst kenne viele Menschen, welche Freiwilligenarbeit leisten. Seiner Meinung nach sei dazu auch kein Sozialzeit-Ausweis notwendig. Die Schweizer Demokraten stimmen den Anträgen der Petitionskommission zur Petition zu und lehnen gleichzeitig die beiden Postulate ab.

Simone Abt bezieht sich in ihren Äusserungen auf die beiden Postulate und erklärt, die SP-Fraktion spreche sich im Gegensatz zur Meinung des Regierungsrates und der Petitionskommission dafür aus, das Postulat von Agathe Schuler (2001/270) zu überweisen, denn neben dem Sozialzeit-Ausweis setze ein Anlass für Personen, welche Freiwilligenarbeit leisten, ein positives Zeichen. Der Regierungsrat soll seine Fantasie walten lassen, wie ein solcher Anlass begangen werden könnte, ohne dass es sich dabei um ein teures Gelage handeln müsse. Ein solcher Anlass würde wahrscheinlich in den Medienerwähnt, wodurch seine positive Signalwirkung verstärkt würde.

Die SP-Fraktion ist der Ansicht, das Postulat 2001/284 von Romy Anderegg müsse nicht unbedingt überwiesen werden, denn der wesentliche Punkt, die Einführung des Sozialzeit-Ausweises, sei unbestritten und der Gedanke eines Anerkennungsanlasses werde durch das Postulat Schuler abgedeckt.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und Ursula Jäggi lässt somit über die Petition "zur Aufwertung der Freiwilligenarbeit im Kanton Basel-Landschaft" abstimmen.

://: Der Landrat folgt einstimmig dem Antrag der Petitionskommission, wonach Punkt 1 der Petition als Postulat an den Regierungsrat überwiesen wird, auf die Punkte 2 und 3 hingegen tritt der Landrat nicht ein.

Zu den Postulaten 2001/270 und 2001/284:

://: Die Überweisung des Postulats 2001/270 wird abgelehnt.

://: Auch Postulat 2001/284 wird abgelehnt.

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1652


22 2001/285
Interpellation von Max Ribi vom 22. November 2001: Wer entzieht sich der Justiz? Schriftliche Antwort vom 4. Juni 2002

://: Die von Max Ribi beantragte Diskussion zu diesem Traktandum wird bewilligt.

Max Ribi dankt dem Regierungsrat für die ausführliche Beantwortung seiner Interpellation. Mit der Antwort sei er sehr zufrieden, hingegen müsse der darin beschriebene Zustand als unbefriedigend bezeichnet werden. Er gehe mit dem Regierungsrat einig, welcher in seiner Antwort (Seite 3) feststellt:

Die Situation, dass sich einzelne Verurteilte der Strafe entziehen können, wird als sehr unbefriedigend empfunden.

Offenbar können sich 3 bis 5 % der Verurteilten einer Freiheitsstrafe entziehen, bei den Bussen sind es rund 5 %. Dass zudem recht hohe Beträge als uneinbringlich abgeschrieben werden müssen (wobei der Anteil der Verfahrenskosten dabei wesentlich höher ist als derjenige der Bussen), stimme nachdenklich, denn es bestehe die Gefahr, dass das Unterlaufen des Rechtsstaates in Zukunft zunehmen werde. Die verantwortlichen Behörden seien dazu verpflichtet, dies zu vermeiden. Max Ribi will daher wissen, ob Verbesserungen in der Organisation oder im Gesetz zu einer Verbesserung der Gesamtsituation beitragen könnten.

Regierungsrat Andreas Koellreuter informiert über verschiedene Projekte, welche in der nächsten Zeit umgesetzt werden sollen. Seit diesem Jahr sind bilaterale Verträge mit Frankreich und Deutschland in Kraft, Österreich und Italien werden folgen. Es geht dabei um die intensivere polizeiliche Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den genannten Ländern. Mit Frankreich und Deutschland findet bereits heute eine intensive Zusammenarbeit statt und gerade neulich haben Gespräche über die Verbesserung der Zusammenarbeit in Strafbefehlsverfahren stattgefunden.

Im Landesinneren wird am Projekt USIS (Überprüfung System innere Sicherheit) gearbeitet, welches das Verhältnis zwischen den Kantonen sowie zwischen Kanton und Bund betreffend polizeiliche und gerichtliche Zusammenarbeit regeln soll. Zwischen der Schweiz und der EU laufen auch die Verhandlungen zu den bilateralen Verträgen an (betr. Abkommen von Schengen und Dublin), hier zeichne sich jedoch ein noch sehr weiter und steiniger Weg ab. Andreas Koellreuter sieht keine Möglichkeiten, durch Änderungen unserer kantonalen Gesetzgebung Verbesserungen zu erreichen.

://: Die Interpellation ist damit erledigt.

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei



Nr. 1653

23 2002/055
Interpellation von Margrit Blatter vom 28. Februar 2002: Polizeianlass als Pflicht zur Freiwilligenarbeit. Schriftliche Antwort vom 7. Mai 2002

Margrit Blatter bedankt sich für die Antwort und stellt fest, es habe sich inzwischen alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt.

://: Damit ist die Interpellation erledigt.

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1654


Mitteilungen

Ursula Jäggi erinnert ihre Kolleginnen und Kollegen an die Information über die FHBB, welche anschliessend an die nächste Landratssitzung vom 12. September 2002 stattfinden wird.

Sie dankt für die konzentrierte Mitarbeit und schliesst damit die heutige Sitzung.

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei


Nächste Landratssitzung findet statt am 12. September 2002



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