Protokoll der Landratssitzung vom 17. Oktober 2002

Nr. 1719

35 2002/246
Dringliche Interpellation der SP-Fraktion vom 17. Oktober 2002: Finanzausgleichsgesetz: Scherbenhaufen

36 2002/245
Dringliche Motion von Eugen Tanner vom 17. Oktober 2002: Finanzausgleichsgesetz mit den Gemeinden


RR Adrian Ballmer nimmt gerne zu beiden Vorstössen Stellung. In Abwandlung eines Kästner-Zitats meint er vorab: "Die Menschen sind gut, bloss die Nerven sind schlecht". Gemäss allen Erfahrungen beim Bund und bei anderen Kantonen seien Finanzausgleiche ein äusserst komplexes und schwieriges Geschäft. Er habe gedacht, im Baselbiet sei es einfacher, denn beim Verfahren sei speziell darauf geachtet worden. Man habe sich ein 2-stufiges Verfahren vorgenommen, bei dem als Erstes der "Mecchano" angepasst respektive geändert werde. Es habe hier gewisse Mängel, bei denen die Gemeinden reklamierten. Als Zweites folge dann die Anpassung an das Bildungsgesetz. Durch den Trägerschaftswechsel Realschule habe man die Chance erhalten im Rahmen von etwa 33 Mio. Fr. die Gemeinden zu entlasten und den Kanton zu belasten. Der Trägerschaftswechsel tritt mit dem Inkrafttreten des Bildungsgesetzes per 01.08.2003 in Kraft, weshalb zu diesem Zeitpunkt auch der "Mecchano" angepasst sein muss. Man könne nicht den "Mecchano" verändern, ohne dass sich für Einzelne auch etwas verändert. Schaue jeder nur für sich, sei zwar für alle geschaut, aber eine Lösung erhalte man es nur, wenn eine Mehrheit auch auf das Ganze schaue. Das Thema der eingesetzten Arbeitsgruppe, welche sich mehrheitlich aus Gemeindevertretern zusammensetzt, konkret waren es sechs, wovon drei sehr renommierte Gemeindepräsidenten seien, war die Änderung des "Mecchano". Es wurde eingehend darüber diskutiert und er hat in der Arbeitsgruppe immer darauf hingewiesen, dass Kostenneutralität für den Kanton und die Gemeinden insgesamt eine Vorgabe sei. Man könne den "Mecchano" verändern, aber der Saldo sollte, wie es auch beim NFA Vorgabe war, gleich bleiben. Für ihn sei selbstverständlich gewesen, dass das Postulat der Kostenneutralität nicht am Projektanfang, sondern am Projektende, wenn der "Mecchano" eingeführt wird, gelten müsse. Der neue "Mecchano" sei unter starkem Einbezug der Gemeinden einvernehmlich erarbeitet und vom Regierungsrat nicht verändert worden. Es ist Teil dieses "Mecchanos", dass man das System justieren kann aufgrund des EL-Schlüssels. So sei die Kostenneutralität hergestellt worden, allerdings sei dadurch nicht der "Mecchano" verändert worden. Adrian Ballmer war sehr über das Vorgehen der Gemeindevertreter überrascht, denn niemand hat ihm etwas gesagt und vom Brief hat er aus der BaZ erfahren. Er gesteht zu, dass es ein bedauerliches Versäumnis war, dass die notwendigen Anpassungen, die für ihn selbstverständlich gewesen seien, nicht noch einmal mit der Arbeitsgruppe erörtert wurden.
Der Regierungsrat lehnt die Motion ab, zumal er eine an den Landrat überwiesene Vorlage gar nicht zurücknehmen kann. Im Übrigen müsste der Landrat die Vorlage traktandieren und dann Rückweisung beschliessen. Adrian Ballmer führt aus, dass die Nicht-Rücknahme nicht der Weg des Regierungsrates sei, sondern man wolle beliebt machen, dass die Gemeindevertreter in der Finanzkommission angehört würden. Es könne dann immer noch beschlossen werden, ob es mehr brauche.
Im Sinne einiger Nachbemerkungen fügt Adrian Ballmer an, er habe in der Zeitung gelesen, der Kanton wolle das Problem betreffend die Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Kosten der Gemeinden lösen. Er führt dazu aus, dass die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen nicht aufgrund einer Regierungsratsinitiative, sondern aufgrund einer Volksinitiative erfolgt ist. Das Volk von Kanton und Gemeinden habe die Initiative mit 82,9% angenommen, die - denn so sei bis anhin die Kostenverteilung gewesen - zu 3/4 ein Verlust für den Kanton und zu 1/4 ein Verlust für die Gemeinden sei. Des Weiteren gelte es zu beachten, dass im Kanton Baselland die Steuerbelastung der Gemeinden mit durchschnittlich 57% wesentlich tiefer sei, als die des Kantons. Betrachte man die anderen Kantone, stelle man fest, das dieses Verhältnis normalerweise umgekehrt sei. Im Kanton Baselland müsse darauf geachtet werden, dass nicht andauernd in dieselbe Richtung - nämlich in Richtung Kanton und dieser übernimmt die zusätzlichen Lasten - verschoben werde, zumal der Kanton ohnehin schon ein zentralistischer sei. Die Gemeindefinanzen würden sich wesentlich besser präsentieren als die Staatsfinanzen, was mit der Entlastung auf der Gemeindeseite und Belastungen auf der Seite Kanton zusammenhänge. Schliesslich fügt Adrian Ballmer an, dass sich die Daten seit 1999/2000, als sie während des Projekts zugrunde gelegt wurden, geändert haben, da vor allem die Beiträge an die AHV und IV gestiegen sind und es bei den Steuer insbesondere infolge der Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen einen Rückgang gab.

Zu Frage 1 der Interpellation: RR Adrian Ballmer erklärt, die Gemeinden würden drei Veränderungen an der Vorlage monieren, nämlich die Veränderung des Verteilungsschlüssels EL, dass es keine Kriterien mehr zur Ausrichtung von Ausgleichsfondsgeldern gebe und dass der Gesetzesauftrag nur noch auf Gesetzesüberprüfung und nicht mehr auf Gesetzesanpassung laute. Der EL-Schlüssel sei wie ausgeführt zur Einhaltung der unbestrittenen Kostenneutralität durch Verwendung der aktuellsten Zahlen angepasst worden. Unbestritten heisse hier, dass die Gemeindevertreter zwar gerne auf die Anpassung verzichtet hätten, aber auch niemand von ihnen vehement gegen diese Vorgabe opponiert habe. Sie hätten zur Kenntnis genommen, dass es kostenneutral erfolgen soll, was er von Anfang an in dieser Kommission klar gesagt habe. Soweit es die beiden anderen monierten Anpassungen anbelangt, habe man das so verstanden, dass diese im Einverständnis mit der Arbeitsgruppe anlässlich der Kommissionssitzung vom 22.05.2002, als die Vernehmlassungsergebnisse zur Kenntnis genommen wurden, gemacht worden seien. Auf jeden Fall habe es aus der Arbeitsgruppe keinen Widerspruch gegeben, als mitgeteilt wurde, die Regierung wolle diese Anpassungen so vornehmen. Dadurch sei der "Mecchano" nicht verändert worden.

Zu Frage 2: RR Adrian Ballmer erklärt, die Arbeitsgruppe mit den Gemeindevertretern sei in die Verarbeitung der Vernehmlassungsergebnisse einbezogen worden, nämlich an der Sitzung vom 22.05.2002. Es seien dabei zwei marginale Anpassungen vorgenommen worden. Die Anpassung des EL-Verteilungsschlüssels sei erst vorgenommen worden, als die aktuellen Zahlen vorlagen, d.h. ab Juli 2002.

Zu Frage 3: Adrian Ballmer meint, dass das Inkrafttreten per 01.01.2003 infolge der Opposition der Gemeinden zur Zeit unwahrscheinlich ist. Er möchte zwar nicht ausschliessen, dass die Vernunft Einzug hält und das Verfahren doch noch zügig durchgezogen werden kann, geht aber davon aus, dass es per 01.08.2003 in Kraft treten wird. Dies sei mit allseitig gutem Willen möglich und überdies auch notwendig.

Zu Frage 4: Adrian Ballmer wiederholt, dass mit dem Bildungsgesetz die Trägerschaften der Realschule wechseln und Kosten in der Höhe von ca. 33 Mio. Fr. zu Lasten des Kantons gehen. Bereits in den Abstimmungsvorlagen sei klar gestellt worden, dass diese Kostenverschiebung von den Gemeinden auf den Kanton im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes zu korrigieren sei. Es könne nicht die Meinung sein, dass die Gemeinden einfach entlastet würden und der Kanton die 33 Mio. Fr. übernehme.

Urs Wüthrich dankt für die Stellungnahme. Er führt aus, dass der politische Absender der grossen Mehrheit derjenigen Gemeindevertreter, die Eingaben gemacht hätten, den Verdacht eines wahltaktischen Manövers als Strafaktion gegen den Finanzdirektor beseitige, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass von der Sache her sowie an der Kritik am Vorgehen etwas dran sei. Für ihn sei nicht verständlich, wieso der Einbezug in diesem sensiblen Bereich nicht so gelaufen sei, wie das der Fall hätte sein sollen, ein Umstand, den auch der Finanzdirektor eben bestätigt habe. Schliesslich sei bekannt, wie hoch sensibel und problematisch das Umschichten in einem Bereich sei, wo zum Teil Annahmen getroffen werden müssten, wo der Saldo zwischen dem Kanton auf der einen und der Gesamtheit der Gemeinden auf der anderen Seite zwar aufgehen könne, es aber je nach Struktur der Gemeinde klare Verschiebungen geben könne, so dass einzelne Gemeinden Verliererinnen und andere Gewinnerinnen seien. Daher scheint es Urs Wüthrich unverzichtbar, dies, sofern es noch heilbar ist, nachzuholen und auch in der Finanzkommission konkret ausgeführt zu bekommen, welches die Verschiebungen - nicht von der Systematik oder dem Konzept her sondern als Folge von veränderten Zahlen - sind. Seines Erachtens besteht hier noch eine Chance, nachdem nun zu Recht laut darüber gesprochen worden sei, sofern man fragt, wann ein Modell, das in seiner Grundkonstruktion überzeugen kann, eine Basis für eine zukünftige Aufgaben- respektive Kostenteilung zwischen Kanton und Gemeinden ist.

Eugen Tanner führt aus, Zielsetzung Nummer 1 seines Vorstosses sei, dass das Parlament und vorgelagert die Finanzkommission, die diese Vorlage zur Beratung überwiesen bekommen habe, eine Vorlage beraten könne, die mit dem in der Vorlage angesprochenen Hauptpartner abgestimmt sei, und die von diesem Hauptpartner - in casu die Gemeinden - mitgetragen werde, was momentan nicht der Fall sei. Zielsetzung Nummer 2 sei, dass im Sommer 2003, wenn das Bildungsgesetz in Kraft tritt und damit von diesem Zeitpunkt an der Kanton für die Besoldung der Reallehrer (nach heutiger Terminologie) zuständig ist, der Finanzausgleich sauber geregelt sei. Er wolle also Zusatzschlaufen verhindern. Seines Erachtens hat die Finanzkommission genügend andere Geschäfte, nicht zuletzt das Budget, zu beraten, als dass sie Zeit hätte, hier nachzuholen, was versäumt wurde. Das Anliegen der Motion sei, dass nicht unnötig Zeit verloren werde in der Beratung. Er persönlich glaubt nicht, dass das Inkrafttreten möglich sein wird auf den 01.01.2003 und weist darauf hin, dass es um ein Gesetz geht und daher noch die Möglichkeit eines Referendums besteht, sofern nicht bereits im Landrat das nötige Quorum nicht erreicht wird. Er erklärt, er habe überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass die Vorlage zur Vorprüfung an die FiKo weitergeleitet werde, wenn die Motion formaljuristisch oder aufgrund der Gepflogenheiten nicht möglich sei. Der Kessel müsse einfach mit den Gemeinden geflickt werden. Erst diese geflickte und von den Gemeinden mitgetragene Vorlage solle in der FiKo und im Landrat beraten werden. Im Sommer 2003 müsse man den Finanzausgleich alleine schon im Interesse des Kantons haben. Er bedauert es ausserordentlich, dass man es nicht geschafft hat, diese Korrekturen mit der Arbeitsgruppe, die sich wirklich einsetzte, vorgängig zu besprechen und den Konsens zu finden. Man habe es geschafft, bezüglich der Ergänzungsleistungen andere Zahlen in die Vorlage zu bringen, gleichzeitig habe man es aber nicht geschafft, Auswirkungen des Bildungsgesetzes, welche auch schon seit längerem bekannt seien - Entschädigung der Lehrer in der Musikschule, Sonderschulen - in diese Vorlage einzuarbeiten. Diesbezüglich heisse es, die nötigen Unterlagen würden in der beratenden Kommission zur Verfügung gestellt. Zu guter Letzt habe man auch den Anhang nicht fertiggebracht, die Auswirkungen auf die Gemeinden. Es sei ihm bewusst, dass es hier sowohl Verlierer als auch Gewinner gebe, aber die Daten, welche sich im Anhang finden, seien nicht mehr kongruent mit denjenigen, welche die Vorlage enthalte. Diese Auswirkungen hätten aufgezeigt werden müssen.

Peter Meschberger erklärt, es werde nicht versucht, durch ein Hintertürchen für verschiedene Gemeinden Vorteile herauszuholen, obwohl man dies aus der Antwort von RR Adrian Ballmer hätte schliessen können. Es habe nichts mit dem Vorgehen der Gemeinde Aesch zu tun, sondern einzig mit der Arbeit der Arbeitsgruppe. Die sieben Gemeindevertreter haben es grossartig gefunden, dass sie in dieser Arbeitsgruppe von Beginn weg mitarbeiten konnten. Die Arbeit war langwierig und umfangreich und mit immer wieder neuen Zahlen. Zuletzt habe man sich auf den Kompromiss einigen können, hinter dem die Arbeitsgruppe gestanden sei, auch innerhalb der Vernehmlassung. Zum ersten Mal habe sich der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden, VBLG, entschieden, nicht zusätzlich eine Extra-Vernehmlassung durchzuführen, sondern den Vorschlag der Arbeitsgruppe, bei welcher "eigene" Leute mitarbeiteten, zu übernehmen. Es stelle sich nun die Frage, ob man künftig überhaupt noch Leute zu solchen vorbereitenden Arbeiten delegieren solle, welche sich dann dahinter stellen müssten. Peter Meschberger führt aus, dass die Gemeinden jetzt egoistisch sein und warten könnten, die Schulen währenddessen an den Kanton gehen und dieser zahlen müsse. Dies wolle die Arbeitsgruppe aber auch nicht. Die Gemeinden derjenigen Gemeindevertreter, welche Mitglieder der Arbeitsgruppe sind, seien gemäss den Modellrechnungen alle negativ betroffen. Dennoch seien sie zum Entwurf der Revisionsvorlage gestanden und nun komme diese Vorlage und sehe anders aus. Hebe man den Verteilschlüssel von 68% auf 88% an, werde es um fast einen Drittel teurer; bei den Gemeinderechnungen müsse geschaut werden, was das ausmache. Es stimme wohl schon, dass dadurch etwas korrigiert werde, wie RR Adrian Ballmer dies ausführte, allerdings wäre es gut gewesen, dies auch der Arbeitsgruppe zu unterbreiten, die dann wohl auch zugestimmt hätte. Peter Meschberger berichtet, dass der Verband einige Telefonanrufe erhalten hat von entsetzten Gemeinderäten, die erklärten, sie hätten sich einer positiven Vernehmlassung angeschlossen, weil es hiess, es sei gut, und nun sei dies das Resultat. Er erklärt, dies müsse richtig gestellt werden. Im Namen der Gemeindevertreter, welche unterschrieben haben und im Namen des Vorstands des Gemeindeverbandes wiederholt er, dass es nicht darum gehe, sich durch ein Hintertürchen irgendwelche Vorteile zu verschaffen. Allerdings sei man unter einem politischen Druck und falls das nicht korrigiert werden könne, brauche es wenig und das Referendum komme. Dies wolle man verhindern, weshalb er hoffe, dass man eine gemeinsame Lösung finde.

Max Ribi geht davon aus, dass die meisten Landrätinnen und Landräte nicht genügend Kenntnis darüber haben, um was es materiell geht. Sie wüssten lediglich, dass Aussage gegen Aussage steht. Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass die Vorlage wieder der Finanzkommission angeboten werden kann. Nachdem die FiKo die Mitglieder der Arbeitsgruppe angehört und ihre Bedenken eingebracht habe, wüssten diese Bescheid und könnten entscheiden. Zuerst müsse das Vertrauensverhältnis wieder hergestellt werden und dann könne man weiterarbeiten. Er persönlich müsse sagen, er habe im Landrat beim Bildungsgesetz gekämpft. Man habe es aufgeteilt in das Bildungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz und die Übernahme der Sekundar- und Realschulbauten. Nun zeige sich, dass, obwohl man dies formell auseinander genommen habe, alles zusammenhänge und man etwas unter Zeitdruck komme um es in Kraft zu setzen. Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass der Antrag für die Motion Überweisung zur Vorprüfung an die FiKo lauten sollte. Die FiKo müsse nicht zwingend eine Zusatzschlaufe machen; sofern sie effektiv und effizient arbeite, könne sie selber Ordnung schaffen.

Hildy Haas erklärt, die SVP-Fraktion wisse, dass es ohne die Gemeinden nicht möglich sei, den Finanzausgleich in Gang zu setzen und dass es nötig sei, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der vom Finanzdirektor vorgeschlagene Weg, dass die Vorlage an die FiKo überwiesen wird, diese die Leute noch einmal einlädt, abklärt, wo die Probleme liegen, und versucht zu "flicken", wird befürwortet - im Übrigen wäre es nicht das erste Mal, dass eine Kommission solche Flickarbeit verrichten würde . Die SVP-Fraktion verlangt Ablehnung der Motion und keine Gewährung der Dringlichkeit.

Roland Plattner spricht sich namens der SP-Fraktion für eine Ablehnung der Motion aus. Man befinde sich im Landrat momentan in einem mehrfachen Informationsdefizit und könne gar nicht schlau darüber entscheiden. Zudem bestünden materiell und formell Bedenken bezüglich des gewählten Vorgehens. Zur Komplexität der Vorlage äussert er sich nicht mehr, da dies bereits der Finanzdirektor getan hat. Das Geschäft sei heute unwidersprochen an die FiKo überwiesen worden und das sei gut so. Die Geschäftsordnung zeige klar, wie man das Geschäft behandeln sollte. Das Geschäft ist für die Sitzung der FiKo vom 23. Oktober 2002 traktandiert mit drei Zielsetzungen: 1. Vorstellung der Vorlage durch die kompetenten Personen der Finanzdirektion; 2. Erörterung der Vorlage; 3. Fahrplan für die weitere Behandlung. Aufgrund der aktuellen Ereignisse mit den Briefen, welche alle erhalten haben, hat Roland Plattner päsidialiter entschieden, dass der VBLG mit einer Delegation eingeladen ist, an der nächsten Sitzung der FiKo seine Kritikpunkte in Wort und vorgängig auch in Schrift zu äussern. Der diesbezügliche Brief hat er bereits unterschrieben und trifft morgen beim Adressaten ein. Das Fazit sei, dass Normalität angesagt sei in diesem Verfahren. Die Motion sei in der konkreten Situation das falsche Mittel. Die Dringlichkeit wäre ein unangemessener Modus gewesen, um dieses falsche Mittel zur Anwendung zu bringen. Die FiKo werde mit der gebührenden Beharrlichkeit das Dafür und Dawider der Vorlage aufdecken und würdigen und werde am Ende das Ergebnis formal korrekt und materiell begründet dem Landrat zur Verfügung stellen. Roland Plattner ist der Meinung, die Motion könne heute auch gerade so behandelt werden, dass sie keine Weiterexistenz mehr habe, denn er sehe den Sinn nicht, wenn heute die Dringlichkeit abgelehnt worden sei, dass diese Motion noch in der Geschäftsliste des Landrats figuriert.

Eugen Tanner gibt bekannt, dass er mit der Überweisung an die Finanzkommission zur Vorprüfung einverstanden ist. Damit Verbunden bestehe aber immer noch das Anliegen, dass man eine Lösung erhalte, welche von den Gemeinden mitgetragen sei, und dass diese Lösung auf den Sommer 2003 vorliege.

RR Adrian Ballmer richtet sich an VBLG-Präsident und Arbeitsgruppenmitglied Peter Meschberger und erklärt, der "Mecchano" sei einvernehmlich beschlossen und von den Gemeinden mitgetragen worden. Die Regierung habe diesen nicht verändert. Dass eine Justierung über den EL-Schlüssel vorgenommen wird, sei immer klar gewesen. Die Frage, die sich stelle - und bei dieser lägen auch die Differenzen - laute, ob man bereit sei, weiterhin zum Grundsatz der Kostenneutralität zu stehen oder nicht. Gelte der Grundsatz der Kostenneutralität, müsse neu einjustiert werden, damit man wieder in etwa auf null komme - wobei man so gut gerechnet habe, dass es beim Kanton noch etwa bei 4 Mio. minus und bei den Gemeinden 4 Mio. im Plus ist.

://: Die dringliche Interpellation 2002/246 ist damit beantwortet.

Ursula Jäggi möchte darüber abstimmen lassen, ob die dringliche Motion 2002/245 überwiesen wird.

Ruedi Brassel führt aus, Max Ribi habe vorgeschlagen und Eugen Tanner habe dies aufgegriffen, dass diese Motion zur Vorprüfung an die FiKo überwiesen werden soll. Er erklärt, dass Motionen der Regierung zu überweisen sind und es etwas anderes nicht gibt. Er bittet zu klären, an wen, wenn überhaupt, diese Motion zu überweisen ist.

Ursula Jäggi ist davon ausgegangen, dass diese Motion an die Regierung überwiesen wird.

Dieter Völlmin erklärt, dass, wenn man nun diese Motion an die Regierung überweise, die Regierung eine Vorlage an den Landrat ausarbeiten müsste mit dem Inhalt, der Landrat solle die bestehende Vorlage zurückziehen. Dies sei absurd. Er fragt sich, ob es, nachdem nun alles protokolliert sei und alle eingeladen seien, nicht besser wäre, die Motion zurückzuziehen. Entweder man mache es korrekt, dann gebe es ein absurdes Theater oder man mache es anders als vorgesehen, aber dann werde es künftig auch anders als vorgesehen gemacht und man halte sich nicht an die Vorschriften.

Max Ribi führt aus, dass schon früher Vorstösse zur Vorprüfung an die Kommission überwiesen worden sind. Er wollte eine Brücke bauen, damit eine Lösung gefunden werden kann. Es sei ihm klar, dass die Motion nicht an die Regierung überwiesen werden könne, aber eine Vorprüfung über den Inhalt, eine Rückweisung zu machen, könne die Kommission vornehmen.

Eric Nussbaumer erklärt, dass die Motion zur Vorprüfung oder Vorberatung überwiesen werden kann, aber schlussendlich vom Landrat an die Regierung geht. Eugen Tanner wolle somit die Kommission fragen, ob sie eine Motion unterstützen wolle, die beinhalte, dass man einen Antrag auf Rückweisung stellen möchte. Die vorliegende Formulierung sei dem Motionsgedanken sehr fremd, denn im Prinzip sage sie lediglich, man müsse, wenn die Vorlage komme, einen Rückweisungsantrag stellen. Ob dies nötig ist, könne geklärt werden, wenn die Vorlage vorliege. Für den Moment bittet Eric Nussbaumer im Sinne Dieter Völlmins allerdings um Rückzug der Motion und dass alles, was hier gesagt wurde, in die Kommissionsberatung aufgenommen werden kann.

Eugen Tanner zieht seine Motion zurück. Er erklärt, er habe seine Meinung deponiert und hoffe einfach, dass man zeitgerecht fertig werde.

://: Die Motion 2002/245 wird zurückgezogen.

RR Adrian Ballmer dankt Eugen Tanner für den Rückzug und versichert diesem, dass sein Anliegen auch das der Regierung ist. Selbstverständlich werde man mit dem Gemeindeverband und der Arbeitsgruppe zusammensitzen, seines Wissens sei bereits ein Termin vorgesehen. Man möchte mit dieser Arbeitsgruppe weiterarbeiten und selbstverständlich mache man das gerne im Konsens mit den Gemeinden, allerdings muss er als Finanzdirektor bei der Kostenneutralität sagen: Nicht um jeden Preis.

Für das Protokoll:
Seline Keiser, Landeskanzlei



Nr. 1720

37 2002/247
Dringliche Interpellation von Sabine Pegoraro vom 17. Oktober 2002: SBB-Entscheid gegen Standort Pratteln

38 2002/253
Interpellation von Urs Wüthrich vom 17. Oktober 2002: Beschaffungsentscheid für die zukünftigen Zugskompositionen für den Regionalverkehr. Regierung muss handeln und für die Zukunft Weichen stellen


Ursula Jäggi führt aus, dass die Interpellation von Sabine Pegoraro am Morgen für dringlich erklärt wurde. Urs Wüthrich hat am Morgen ebenfalls eine Interpellation zum gleichen Thema mit praktisch denselben Fragen eingereicht, allerdings nicht dringlich. RR Erich Straumann ist nun bereit, beide Interpellationen gemeinsam zu beantworten, was jedoch eine Änderung der Traktandenliste darstellt, für die es eine 2/3-Mehrheit braucht.

://: Der Landrat ist einstimmig mit der Beantwortung beider Interpellationen und damit verbunden mit der Änderung der Traktandenliste einverstanden.

RR Erich Straumann nimmt zuerst zur dringlichen Interpellation von Sabine Pegoraro Stellung. Er erklärt, dass die Regierung ebenfalls enttäuscht war, als sie hörte, dass der Auftrag nicht nach Pratteln kommt. Im Jahre 1999 sind mittels einer Taskforce grosse Anstrengungen unternommen worden um das einheimische, leistungsfähige Rollmaterialindustriegebiet in Pratteln zu erhalten und man konnte es retten. Der jetzige Entscheid sei eine bittere Pille, die geschluckt werden müsse, denn auch die Regierung könne nichts anderes machen, als diese Vergabe zur Kenntnis zu nehmen. Es hätten die Gesetze des freien Marktes gespielt. Es habe ein faires Submissionsverfahren stattgefunden und das Konkurrenzprodukt der Firma Stadler AG sei offensichtlich besser gewesen und habe besser überzeugt. Die Firma Bombardier habe auf Nachfrage bestätigt, dass dieser Entscheid für sie keine Katastrophe sei, denn Pratteln hat kürzlich zwei andere interessante Aufträge erhalten, nämlich 20 Trambestellungen aus Genf und 40 Cargolokomotiven, die sie neu machen sollen. Daher müsse man nicht Angst haben, der SBB-Entscheid führe zu Stellenabbau am Standort Pratteln.

Zu Frage 1: RR Erich Straumann erklärt, die Regierung habe regelmässig Kontakt mit der Firma Bombardier, letztmals die VSD im April dieses Jahres. Es wurde ein Gespräch mit der Spitze der Firma geführt, anlässlich dessen die Regierung erfuhr, dass die Bombardier eine Offerte für die Regionalzüge eingereicht hat und die Details darüber. Die Firma habe in der Folge die Regierung, wie diese es angeboten hatte, um Hilfe gebeten. Es habe ein politisches Lobbying stattgefunden. Auf verschiedenen Ebenen sei dies versucht worden, auch mit den Nationalräten und -rätinnen, indem man diese bat über die verschiedenen, ihnen bekannten Kanäle beim Bund dafür zu sensibilisieren, dass etwas Vergeben werden soll. Er persönlich habe ein Gespräch mit Bundesrat Pascal Couchepin geführt. Dieser sagte, er wolle schauen, aber er könne auch nicht gross einwirken und er wolle es noch dem Kollegen weitergeben und versuchen dort etwas zu erreichen. Des Weiteren hätten die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft Benedikt Weibel, Vorsitzender der SBB-Geschäftsleitung, einen gemeinsamen Brief geschrieben und darin auf die regionalpolitische Bedeutung dieses Geschäfts hingewiesen. Eine Kopie dieses Briefes sei an Thierry Lalive d'Epinay, Verwaltungsratspräsident der SBB, geschickt worden. Die Regierung habe im Vorfeld alles gemacht, was möglich gewesen sei.

Zu Frage 2: RR Erich Straumann führt aus, die gemeinsamen Massnahmen hätten, wie bereits ausgeführt, darin bestanden, dass sowohl Ralph Lewin als auch er diesen Brief unterzeichneten und weiterleiteten, womit klar ersichtlich war, dass es sich um etwas Wichtiges handelt.

Zu Frage 3: Erich Straumann erklärt, der Regierungsrat habe keine direkte Einflussmöglichkeit auf künftige Entscheide, dies sei auch nicht Aufgabe einer Regierung. Die Regierung könne jedoch insgesamt bei der Standortpolitik, d.h. bei den Rahmenbedingungen helfen, dass in der Region weiterhin konkurrenzfähige Produkte entwickelt und hergestellt werden können, damit diese Firmen sich im grossen Wettbewerb bewähren und durchsetzen könnten. Diese Aufgabe werde die Regierung auch in Zukunft haben.

Zur Interpellation von Urs Wüthrich erklärt Erich Straumann, dass die Fragen 1 und 2 mit dem Gesagten beantwortet sind und er daher lediglich noch zu Frage 3 Stellung nimmt. Er weist dazu darauf hin, dass in der Sammelvorlage 2002/020 im Rahmen des Postulats über den Bearbeitungsstand berichtet wurde. Die wesentlichen Punkte seien dort die Bildung einer regierungsrätlichen Wirtschaftsdelegation, die Schaffung einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe Raum/Wirtschaft, Aufstockung der Leitungsstelle der Wirtschaftsförderung beider Basel von 20% auf 100% sowie die Einsetzung eines kantonalen Wirtschaftsdelegierten auf der VSD - Herr Simon Schmid hat diese Stelle am 1. Oktober 2002 angetreten - gewesen. Die damals geforderten Punkte seien erfüllt. Die Massnahmen hätten bereits positive Wirkungen gezeigt und das Thema Früherkennung sei besser abgefedert. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass am 5. November 2002 in Muttenz eine Tagung stattfindet, zu der auch die Mitglieder des Landrats eingeladen sind, wo die BAK-Studie vorgestellt wird und wo die Wirtschaftsstrukturen der Region erstmals von der gesamtschweizerischen und der kantonalen Ebene auf die Ebene der Gemeinden und Bezirke heruntergebrochen wird. Man sehe dort auch die detaillierten Kennzahlen und könne daraus wirtschaftliche Stärken und Schwächen in den Teilräumen des Kantons erkennen und wo wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf angesagt sei. Ein solches Instrument könne als Früherkennung gesehen werden. Der Kanton habe das Ganze mit der Wirtschaftskammer und der Raiffeisenbank finanziert und dieses Modul eingekauft.

Im Übrigen teilt Erich Straumann die Meinung von Urs Wüthrich, es sehe ganz schlecht aus, nicht ganz. Gestern habe man die neuen Prognosen, welche ebenfalls aus der BAK-Studie abgeleitet worden seien, lesen können. Für die Region Basel wird mit 1,7% das stärkste Wirtschaftswachstum der ganzen Schweiz vorausgesagt. Die Wirtschaftslage sei gesamtschweizerisch und weltweit angespannt und die Regierung gebe sich Mühe dran zu bleiben, aber es bestehe kein Grund zur Panik.

://: Die Diskussion wird Sabine Pegoraro bewilligt.

Sabine Pegoraro dankt für die Beantwortung der Fragen und die Bewilligung der Diskussion. Sie erklärt dass die FDP-Fraktion sehr enttäuscht war, als sie erfahren hat, dass dieser Auftrag der SBB nicht an Pratteln vergeben wurde. Man habe die Turbulenzen rund um die ADtranz noch nicht vergessen und man habe Befürchtungen, dass die Arbeitsplätze in Pratteln wieder gefährdet seien. Es wäre ein willkommener Auftrag für Bombardier gewesen. Vom Unternehmen selber habe man erfahren, das der Auftrag sehr arbeitswirksam gewesen wäre, es hätte dadurch eine Grundauslastung über einen langen Zeitraum gegeben. Sie bittet die Regierung, das politische Lobbying, welches sie offenbar betrieben habe, bei den weiteren zur Vergabe anstehenden Aufträgen mit den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten weiterzuführen. Es gehe wirklich auch um den Standort Pratteln und es lohne sich, sich da einzusetzen.

Remo Franz äussert seine Verwunderung einerseits über die gestellten Fragen und andererseits über die Antwort des Regierungsrates. Seines Wissens habe man seit etwa zwei oder drei Jahren ein Beschaffungsgesetz und daher sei klar, dass, sofern sich der Kanton oder die öffentliche Hand danach richte, dementsprechend dem günstigsten und dem besten Anbieter der Auftrag erteilt werden müsse. Er habe das jetzt aber so verstanden, dass es offenbar noch andere Kanäle gebe, um an einen Auftrag zu kommen, nämlich auf dem politischen Weg. Für ihn stellt sich damit die Frage, ob man sich grundsätzlich an das Beschaffungsgesetz halten will oder ob man künftig ganz andere Wege geht, was letztlich nichts anderes als Willkür bedeuten würde.
Er bittet um eine Antwort darauf, wie man das Beschaffungsgesetz künftig handhaben will.

Ursula Jäggi fragt der Form halber auch noch Urs Wüthrich, ob er mit der Beantwortung der Fragen durch RR Erich Straumann zufrieden ist, ob er noch eine Zusatzerklärung möchte oder ob er auch die Diskussion wünscht.

Urs Wüthrich meint, falls er nicht eingeschlossen gewesen sei, wolle er auch die Diskussion beantragen.

://: Die Diskussion wird auch Urs Wüthrich bewilligt.

Urs Wüthrich dankt für die Bewilligung der Diskussion. Er finde es wichtig, dass man an den Anfang dieser Diskussion etwas Gutes stelle, nämlich die Tatsache, dass Bombardier Schweiz gut dasteht; einerseits von der Auftragslage her, wie das Werk Pratteln bestätigt habe, aber auch, dass einzelne Kompetenzzentren des Gesamtkonzerns in die Schweiz verlegt worden seien. Diese Kompetenzzentren seien im Bereich Entwicklung tätig, was bedeute, dass diese Bereiche in die Zukunft wiesen. Man könne sagen, das Unternehmen habe offenbar eine Perspektive, ein Hinweis darauf, dass der Industriestandort Schweiz tatsächlich Chancen hat.
Zur Interpellation führt Urs Wüthrich aus, es sei für die SP wichtig gewesen, nicht einfach in den Chor der Enttäuschten einzustimmen und zu fragen, was die Regierung gemacht habe, sondern die Fragen der SP seien weiter gegangen. Aus seiner Sicht ist daher die Frage 2 nicht beantwortet. Diese sei eigentlich nur eine Einstiegsfrage, nämlich ob die Regierung bereit sei, systematisch zu analysieren, was die anderen besser gemacht haben, ob es tatsächlich am Preis/am Produkt liege, denn dann sei der Entscheid in Ordnung, oder ob die Lobbyingarbeit des Thurgaus wirkungsvoller und erfolgreicher gewesen ist, was wiederum hiesse, dass man nicht zu deklarieren habe, ob man es weiterhin so mache und dran bleibe, sondern dass man sich fragen müsse, was bei einem anderen Mal besser zu machen sei. Den Zwischenbericht zu Frage 3 hat Urs Wüthrich so zur Kenntnis genommen. Er habe ihn nicht das erste Mal gehört, denn Remo Franz frage immer wieder in diese Richtung nach. Ihm scheint es allerdings wichtig, dass es nicht ausschliesslich um eine generelle Wirtschaftsförderung geht, sondern dass speziell auch im Bereich Industriepolitik im Interesse einer gesunden Mischung der Wirtschaft in der Region weiter Anstrengungen unternommen werden sollten. In diesem Sinne hofft er, dass man speziell über das Ergebnis der Bereitschaft der Regierung im Sinne der Frage 2 diese Abklärungen zu treffen, orientiert wird, sei es durch Schlussfolgerungen oder idealerweise durch einen Beschaffungsentscheid.

Dieter Schenk fragt die Regierung, ob der Entscheid etwas mit der Art der Züge, d.h. Doppelstockzüge oder einfache Züge, zu tun hat.

Sabine Pegoraro bezieht sich auf das Votum von Remo Franz und erklärt, man habe im Landrat schon über die kantonale Wirtschaftsförderung Diskussionen geführt. In diesem Zusammenhang habe sie auch gesagt, man sei froh, wenn diesbezüglich etwas gemacht werde. Sofern sie RR Erich Straumann nun richtig verstanden habe, habe die Regierung genau dies gemacht, indem sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für ein Unternehmen im Kanton eingesetzt hat. Sabine Pegoraro sieht nicht, was da dagegen spricht. Wolle man eine starke kantonale Wirtschaftsförderung, dann sei es richtig, dass die Regierung so vorgehe.

Isaac Reber führt aus, dass auch die Grüne Fraktion enttäuscht war darüber, dass der Auftrag nicht in die Region vergeben wurde. Mit Blick auf die Interpellationen äussert er sein Erstaunen darüber, dass man offenbar Auftragsvergaben steuern wolle und dass dieser Vorschlag von der FDP komme, die eigentlich für Markt und Wettbewerb sei. Man habe schliesslich ein Submissionsgesetz und, da stimme er Remo Franz zu, wenn man anders vorgehen wolle, müsse man die Bedingungen im eigenen Submissionsgesetz ändern. Unter der geltenden Philosophie könne es jedoch nicht angehen, dass die Regierung versuche Auftragsvergaben so zu steuern. Die Regierung sei nicht der Unternehmer, weshalb hier zwei Dinge vermischt würden, die nicht zusammengehörten. Die Grüne Fraktion fände es schade, wenn derart in Auftragsvergaben eingegriffen würde, da dies ein unkorrekter Weg wäre.

Remo Franz erklärt, er habe tatsächlich, wie Urs Wüthrich dies erwähnte, in den letzten Jahren die Regierung immer wieder kritisiert wegen ihrer Wirtschaftspolitik und er habe auch die Wirtschaftsförderung kritisiert. Wenn die Regierung etwas machen solle, dann solle sie darauf schauen, dass die Rahmenbedingung für die Wirtschaft stimme. Für ihn besteht ein wesentlicher Unterschied. In casu sei der Auftrag bereits vergeben, es sei nun zu spät und es müsse nicht mehr gefragt werden, was die Regierung gemacht habe. Seine Kritik sei grundsätzlich immer im Vorfeld und betreffe die Frage, was die Regierung mache, damit die Standortqualität im Kanton stimme.

RR Erich Straumann möchte noch ein paar Punkte klar stellen. Der Auftrag ist von der SBB erteilt und ausgeschrieben worden und hat daher grundsätzlich nichts mit dem Kanton zu tun, auch wenn es sich um Regionalfahrzeuge handelt. Mit dem kantonalen Submissionsgesetz habe das gar nichts zu tun. Bezugnehmend auf das Votum von Remo Franz führt er aus, dass die Rahmenbedingungen allenfalls einen Einfluss auf den Preis haben könnten, die Rahmenbedingung jedoch einzig sei, dass die Firma sich so entwickeln könne, dass es ihr möglich sei konkurrenzfähig zu sein und da könne man sicher helfen. Neben dem Preis hat es aber auch andere Faktoren in diesem Ausschreibungsverfahren, z.B. die Lieferfristen und der Service. Erich Straumann ist sicher, dass, wenn er heute gesagt hätte, die Regierung habe zwar davon gehört, sich aber rausgehalten, wieder der Vorwurf aufgekommen wäre, die Regierung habe nichts gemacht. Was die Regierung unternommen habe, sei völlig legal. Man habe einfach darum gebeten zu deponieren, dass Bombardier auch Ideen habe und es da vielleicht etwas gebe. Es habe niemand gesagt, nur weil die Regierung komme, bekomme die Firma nun den Auftrag. Die Regierung habe eigentlich das Gefühl gehabt, etwas Gutes gemacht zu haben.

Zum Votum von Urs Wüthrich und der Frage 2 erklärt Erich Straumann, dass die Firmen der Regierung niemals die Eingaben zeigen würden, wo die Differenzen waren bei den Eingaben und weshalb der Entscheid so ausgefallen ist. Dieses Ergebnis sei Sache der Firma und die Regierung könne nicht einfach das Warum feststellen und dann im Landrat darüber berichten. Man dürfe nicht nur den Einzelfall sehen, denn früher habe auch schon Pratteln profitiert. Ihm erscheint dieser Ablauf fair. Vielleicht habe die Stadler AG beim ersten Mal verloren und nun andere Bedingungen gestellt und den Zuschlag erhalten. Betreffend die Frage, ob es Doppelstockzüge oder einfache Züge sind, erklärt Erich Straumann, dass hier ein Paket bestellt wird und die Firmen sagen, ob sie es anbieten können. Im Gespräch im April hat die Regierung von Herrn Ruckstuhl gehört, dass man da gut drin sei und man alles schon entwickelt habe, während die Stadler AG es neu entwickeln müsse. Offenbar habe nun die Stadler AG dieses Know-how eingekauft. Erich Straumann meint, es bestehe eine gewisse Grauzone zwischen dem freien Markt und den Aufträgen für die Regionen, die man nicht so genau steuern könne, aber man dürfe legal zu jemandem gehen und sagen, er solle sich das ansehen.

Dieter Völlmin erklärt, dass die Lobbyingarbeit, würde man das Gesetz wörtlich nehmen und so naiv wäre zu glauben, es geschehe alles nur so, wie es im Gesetz steht, nutzlos wäre und gar nicht stattfinden dürfte. Aber alle wüssten, dass sie stattfindet und das Problem sei, dass die Ostschweizer dies besser könnten als die Nordwestschweizer. Dies stamme nicht von ihm, sondern kürzlich sei in einem nationalen Heft die Frage aufgeworfen worden, wie die Nordwestschweizer in Sachen Lobbbying etwas fertigbringen sollen, wenn sie es nicht einmal zustande bringen, in Sachen Vollkanton mit einer Stimme zu sprechen. Vor ziemlich genau 3 Jahren war die "ADtranz-Geschichte". Damals hiess es, man sehe jetzt, wo das amerikanisch-deutsche Unternehmen DaimlerChrysler ein schweizerisches Unternehmen kaufe, was in diesen ausländischen Konzernen passiere, nämlich dass der Betrieb geschlossen und in Brandenburg ein Werk gegründet werde. In dieser Zeit ist am Himmel der schweizerischen Industrielandschaft zum Zeichen, dass die Schweiz im Fahrzeugbau/Schienenverkehr auch etwas zu bieten hat, wie ein Stern der Name Stadler, Bussnang, aufgetaucht. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte kein Laie diese Firma. Alle schwärmten von dieser Firma und sagten, dies sei schweizerisches Know-how. Nun nach 3 Jahren sind es nicht mehr das böse Amerika und das böse Deutschland, sondern die böse Ostschweiz, die einem die Aufträge wegnimmt. Dieter Völlmin hat etwas Mühe damit, die Empörung darüber ernst zu nehmen und vermutet andere Hintergründe für diese.

://: Die Interpellationen 2002/247 und 2002/253 sind damit beantwortet.

Für das Protokoll:
Seline Keiser, Landeskanzlei


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