Protokoll der Landratssitzung vom 14. Oktober 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 14. Oktober 2004 |
Nr. 794
12 2004/192
Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission zur Untersuchung der Evaluation, Implementierung und Finanzierung von EDV-Projekten in der Kantonsverwaltung, insbesondere des Projekts Neues Rechnungswesen (NRW) und der Software für die Personal- und Lohnadministration vom 15. Juni 2004
Jörg Krähenbühl gibt eingangs im Namen der SVP eine Fraktionserklärung ab: Der SVP-Vertreter Karl Willimann wird während der Behandlung des PUK-EDV-Berichts in Ausstand treten. (Er hat bereits den Saal verlassen.) Er war langjähriger Mitarbeiter und ist heute noch projektbezogener Teilzeitmitarbeiter der kantonalen Verwaltung mit dem Spezialgebiet EDV-Fragen. Mit dem Ausstand ist nicht ein Schuldzugeständnis verbunden, im Gegenteil, Karl Willimann sei immer ein starker Kritiker gewisser Projekte gewesen. Er wird sich für die Behandlung der Postulate und Motionen wieder einklinken.
Daniela Schneeberger gibt das Vorgehen bezüglich PUK-Bericht bekannt. Der PUK-Präsident wird zuerst seine Ausführungen präsentieren. Anschliessend werden die FraktionssprecherInnen (bei der Eintretensdebatte) angehört. Schliesslich wird der Antrag der PUK, Ziffer für Ziffer, behandelt. Über die integrierten Postulate wird ebenfalls einzeln abgestimmt.
Christoph Rudin , Präsident der GPK-PUK, fasst zusammen: In den vergangenen zehn Jahren hat der Landrat in 13 Vorlagen zum Thema Informatik Verpflichtungskredite in der Höhe von mehr als 70 Mio. Franken bewilligt. In den letzten Jahren wuchsen die laufenden Kosten für Informatikmittel auf rund 40 Mio. Franken pro Jahr an. Der Landrat stand Informatikvorlagen und -ausgaben immer sehr wohlwollend gegenüber und stimmte allen Regierungsvorlagen zu. Kürzungsanträge bei den laufenden Kosten gab es erstmals an der letztjährigen Budgetdebatte.
Erst als vor ein paar Jahren dem Landrat bekannt wurde, dass einige Projekte pannenreich und schleppend vorankommen, tauchten Fragen auf. Damals ergriff die Regierung leider die Chance nicht, welche sich durch diese Fragen bot und gab dem Landrat nur sehr zurückhaltende und beschwichtigende Auskunft. Auch die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission (GPK), welche im Jahre 1998 das Projekt Neues Rechnungswesen (NWR) untersuchte, wurden von der Regierung nicht ernst genommen (siehe Bericht S. 85, Fussnote 230). So war auch der Verfahrensantrag der SVP auf Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) im Landrat umstritten. Die Gegnerschaft, vor allem die FDP, machte Bedenken bezüglich Kosten geltend, befürchtete den Einfluss auf die bevorstehenden Wahlen oder hielt den Auftrag für unerfüllbar.
Bezüglich Kosten musste man sich als Erstes dem Verfassungsgericht stellen und gewann dort. Obwohl die PUK aber unbeschränkte Ausgabenkompetenzen hatte, hielten sich die Ausgaben sehr in Grenzen. Man hat auch den Beweis erbracht, dass die PUK nicht eingesetzt wurde, um einzelne Köpfe respektive Rücktritte zu fordern und einen Einfluss auf die Wahlen geltend zu machen. Ob der Auftrag erfüllt wurde, muss heute vom Landratsplenum bestimmt werden.
Die PUK wurde sehr knapp mit 42 gegen 30 Stimmen eingesetzt. Trotz anfänglicher Bedenken kann der PUK-Präsident rückblickend die in der Kommission geleistete, konstruktive Arbeit loben; es gelang, den Aufwand in Grenzen zu halten und den Auftrag sinnvoll abzugrenzen.
Fokussiert wurden von der PUK die folgenden politischen (nicht technischen) Fragestellungen:
-
|
Sind die Regeln des demokratischen Entscheidungsprozesses eingehalten worden?
|
-
|
Werden die vom Landrat bewilligten und auch die laufenden Projekte nach den geltenden Regeln der Kunst umgesetzt?
|
-
|
Wird mit den Ressourcen, Steuergelder
und
Personal, haushälterisch umgegangen?
|
Im Plenum hat die PUK Übersicht über die laufenden Projekte gewonnen und sich mit allgemeinen Fragen der Informatik beschäftigt. Dabei war man immer wieder bemüht, den Auftrag abzugrenzen. In den drei Subkommissionen a drei Personen wurden spezifisch die Projekte Neues Rechnungswesen NRW , Personal- und Lohnadministrationsprogramm Espresso , Geografisches Informationssystem GIS und Gerichtsadministrationssystem Tribuna untersucht.
Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse
-
|
Der PUK-Bericht zeigt auf, ob und inwiefern die Bedürfnisse des Personals ernst genommen werden und wie von dessen Fachwissen profitiert wird. Immer wieder ist von Kommunikationsproblemen die Rede. So musste man u.a. feststellen, dass eine bewusste Personalpolitik im Bereich der Informationstechnikerinnen und -techniker nicht erkennbar ist und dass der interne Aufwand bei Informatikprojekten nicht erfasst oder zumindest nicht offengelegt wird.
|
-
|
Ein Schlaglicht auf das Hierarchieverständnis leitender Mitarbeiter des Kantons wirft Empfehlung 12 des Berichts (gelbe Seiten, Punkt 12.2.). Die Regierung müsse sich bei einer so banal klingenden Empfehlung, dass ihre Beschlüsse zu vollziehen sind, überlegen, wie diese in Zukunft abzufassen sind, damit ihnen auch die gebührende Geltung über den Tag des Beschlusses hinaus zukommt.
|
-
|
Ein weiteres Schlaglicht wird auf das Projektmanagement geworfen. Der Untersuchungsbericht kommt zu der Erkenntnis, dass eigentlich kein Informatik- sondern ein Managementproblem bestanden hat. Als Beispiel führt Christoph Rudin das hohe Tempo - "High Risk and Prototyping" (S. 71) - mit welchem das Projekt vorangetrieben wurde an, welches aus Sicht der PUK als Projektansatz nicht genügt. Zudem können die im Informatikbereich gewonnenen Erkenntnisse durchaus auch auf andere Verwaltungsbereiche angewendet werden. Christoph Rudin verweist dabei auf einen heute von der FDP eingereichten Vorstoss, welcher verlangt, dass die von der PUK gewonnenen Erkenntnisse nicht nur bei Informatikprojekten, sondern bei sämtlichen Projekten des Kantons zur Anwendung kommen; eine durchaus logische und begrüssenswerte Folgerung, findet der PUK-Präsident.
|
-
|
Stichwort haushälterischer Umgang mit Geld: Interne Kosten wurden schon gar nicht erhoben und Budgets immer wieder überschritten. Bei Landratsvorlagen wurden etwa Kosten vernebelt, nur um die Vorlagen durchzubringen, sprich Kostenwahrheit bei Landratsvorlagen war immer wieder ein Thema.
|
-
|
Schliesslich dokumentiert der Bericht den Umgang der Regierung mit dem Parlament. Wenn Risiken nur in Fussnoten erwähnt oder ganz verschwiegen werden, damit Gelder bewilligt werden, wenn Schwierigkeiten bei ausdrücklichen Nachfragen verschwiegen werden, so stelle sich die Frage, wie ernst die Regierung das Parlament überhaupt nimmt.
|
-
|
Schliesslich zeigt der Bericht auch grundsätzliche strukturelle Mängel auf. Man kann sich fragen, ob die Dezentralisierung der Informatik dazu führte, dass der Kanton keine Vision mehr hat, dass keine Leitbilder mehr vorhanden sind und eine gemeinsame Strategie fehlt. Die Koordination ist mangelhaft. Es gibt nur noch Strategien der einzelnen Direktionen, aber keine gesamtkantonale mehr.
|
Empfehlungen
Die gewonnenen Erkenntnisse fanden ihren Niederschlag in 25 Empfehlungen sowie sieben Postulaten, welche allesamt einstimmig beschlossen werden konnten. Dies wertet der Kommissionspräsident als durchaus zu würdigende Leistung der PUK, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass gegen die PUK grosse Widerstände bestanden haben. Dabei betont er, dass gewisse Empfehlungen alles andere als schmeichelhaft sind, auch wenn sie zum Teil banal erscheinen mögen. Gerade in dieser Banalität aber liegt seines Erachtens eine grosse Bitterkeit. Ein einziges Verfahrenspostulat (siehe S. 20, Fussnote 42) mit dem Ziel der Schaffung einer Informatikkommission, erlangte keine Mehrheit.
Man ist überzeugt, dass Projekte bei Befolgung der Empfehlungen nicht nur besser, sondern auch kostengünstiger durchgeführt werden können. Dass die Regierung alle Empfehlungen entgegen nimmt und keine grösseren Einwände gegen das Vorgehen und die Empfehlungen der PUK macht, spreche allein schon für sich, erklärt Christoph Rudin. Der Bericht sei mehr oder weniger widerstandslos, fast schon einsichtig, entgegen genommen worden. Alarmiert war der PUK-Präsident einzig bei der Vorstellung des Berichts, als Regierungsrat Adrian Ballmer in der Presse äusserte, 'er habe alles schon gewusst.' Dafür müsse der Regierungsrat dem Parlament noch Rechenschaft ablegen, insbesondere darüber, was er denn genau gewusst habe und warum er nicht gehandelt habe. Für Verharmlosungen sei nun nicht mehr die Zeit. Man müsse sich im Gegenteil um die Zurückgewinnung verlorenen Vertrauens bemühen, so dass der Landrat künftigen Informatikvorlagen zwar kritisch aber trotzdem wieder wohlwollend gegenüber stehen könne. Er erinnert daran, dass doch immerhin noch einige Informatikvorlagen anstehen. Beispielsweise ist die Frage nach der Weiterführung des E-Government noch nicht gelöst. Dafür sei die Regierung aber auf das Vertrauen des Parlaments angewiesen.
Abschliessend bedankt sich Christoph Rudin vor allem bei allen Kolleginnen und Kollegen für die nicht alltägliche grosse Leistung, welche sie in der Kommission erbracht haben. Ein spezieller Dank geht an Dieter Völlmin, welcher einen beachtenswerten Vorstoss formuliert habe, der ihm anschliessend auch eine schöne Zeitungsschlagzeile einbrachte. Die Folgen habe er dann am eigenen Leib erfahren und letztlich ganz tüchtig für diese Arbeit in die Hosen steigen müssen. Ebenfalls bedankt der Kommissionspräsident sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landeskanzlei, allen voran bei Seline Keiser, welche speziell für die Protokollführung der PUK eingestellt wurde. Ein weiterer Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit. Bei all den Befragungen und Unterlagenbeschaffungen sei man sehr kompetent beraten worden. Ein letzter Dank ergeht an Regierungsrat Adrian Ballmer und seinen Generalsekretär Mike Bammatter für die verständnisvolle Aufnahme der Empfehlungen sowie für die Begleitung der PUK im Stadium der Untersuchung, bis Ende letzten Jahres, was nicht zuletzt eine effiziente Arbeitsgestaltung ermöglicht habe. Bei der Umsetzung der Untersuchung in Empfehlungen und Postulate war die PUK dann unter sich.
Abschliessend gibt Christoph Rudin seiner Hoffnung Ausdruck, dass das verloren gegangene Vertrauen durch die Untersuchung der PUK, aber auch mit der Umsetzung der Empfehlungen wieder aufgebaut werden kann.
Landratspräsidentin Daniela Schneeberger begrüsst bei dieser Gelegenheit Alt-Landrat und -PUK-Mitglied Roger Moll auf der Zuschauertribüne und gibt das Wort weiter an
Bea Fuchs, welche davon ausgeht, dass alle den PUK-Bericht, oder zumindest den Auszug, gelesen haben. Sie möchte deshalb nicht allzu viel aus dem Bericht wiederholen, sondern auf die eine oder andere persönliche Erfahrung als PUK-Mitglied eingehen:
Da setzt das Parlament eine PUK-EDV ein, bestehend aus 9 Personen, welche Hunderte Seiten von Akten und Dossiers gewälzt haben, um sich einigermassen ein erstes Bild zum schwierigen Sachverhalt zu machen. Dann lassen sie sich in unzähligen Stunden die Sachlage von verschiedenster Seite erklären, bilden sich in den relevanten Fragen weiter und kommen teilweise aus dem Aha-Effekt und ungläubigen Staunen nicht mehr heraus.
Sie decken Sachverhalte auf, interviewen zig Personen zu den älteren und neueren EDV-Projekten in unserem Kanton und müssen dann vom zuständigen Regierungsrat Ballmer hören bzw. lesen (Zitat): „Nichts Neues, ich war nicht überrascht und unter dem Strich hat es nichts gebracht"!
Aber so sei es nicht, betont die Landrätin, bei weitem nicht. - Oder sind die Ohren der Regierungsmitglieder so taub und weit entfernt vom Befinden von unzähligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dieser Baselbieter Kantonsverwaltung? Sie hat sich manchmal gefragt, ob man es vielleicht nicht hören wollte. In ihrer persönlichen fast 2-jährigen Mitarbeit in der PUK ist ihr immer wieder das gleiche widerfahren, und immer wieder dachte sie: Das darf doch alles nicht wahr sein!
Während dieser Zeit - nebst all der EDV-Problematik, zu welcher der Bericht ausführlich Stellung nimmt - hat sie auch vieles erfahren über die Personalführung und Personalpolitik in unserem Kanton. Ein Beispiel:
Bei der Befragung einer noch heute tätigen Kantonsangestellten lautete deren erste Frage: 'Wird mein Chef irgend etwas darüber erfahren, was ich hier und heute sage, muss ich ihm rapportieren, was ich heute bei der Befragung zu Protokoll gebe?' - Falls dem so sei, könne sie sich nicht frei äussern.
Eine andere gab zu Protokoll, dass sie bei der Einführung des NRW gerne die interne Weiterausbildung zur Rechnungsführerin gemacht hätte. Ihr Chef habe es ihr aber nicht erlaubt. Man hätte so schon zu wenig Zeit für die Arbeit. Aus diesem Grund liess sie es bleiben. Sie brachte sich dann das Programm selber bei - so gut es eben ging.
Ein Rechnungsführer überraschte mit Folgendem: Von Anfang an waren Soll- und Haben-Fenster auf dem Bildschirm vertauscht. Also habe er nachgefragt, ob der Softwarehersteller dies nicht korrigieren könnte. Er bekam folgende Antwort: Er solle doch den Monitor auf dem Schreibtisch um 180 Grad drehen, dann befinde sich das Buchungs-Soll an der Türseite, und er solle sich keine weiteren Gedanken mehr um die Vertauschung der "Soll und Haben"-Fenster machen. Auch dass alles in D-Mark anstatt in Franken ausgezeichnet sei, sei bloss ein Schönheitsfehler, ebenso wie die Tatsache, dass man 7 Jahre nach Implementierung der Software immer noch keinen Bericht, sprich Kontoauszug, ausdrucken könne. Es wurde ihm geraten, alles ins Excel rüberzukopieren. Alle würden das so machen.
Und dann haben die Verantwortlichen immer wieder von der Inkompetenz der Mitarbeitenden sprich Rechnungsführerinnen gesprochen. Die Wahrheit ist: Die betroffenen Mitarbeitenden müssen sich seit Jahren über die Informatik ärgern, ihre Anliegen werden nicht ernst genommen und deshalb haben sich nicht wenige in die Resignation abgemeldet, wen wundert's.
Allein um diesen Mitarbeitenden Gehör zu verleihen, ist die PUK wichtig. Bea Fuchs hat es immer wieder sehr beelendet zu sehen, wie mit Angestellten unseres Kantons umgegangen wird. Dieser ungute Umgang habe einen Namen; unter anderen sei der damalige - und jetzt pensionierte - Projektleiter Dr. Martin Thomann zu nennen und damit verbunden auch Alt-Regierungsrat Hans Fünfschilling.
Umso befremdender war es für die Landrätin, dass gerade Martin Thomann nach seiner Pensionierung von der Regierung betraut wurde, der PUK- EDV das Material für ihre Recherchen bereit zu stellen. Erst auf ihre direkte Nachfrage bei Martin Thomann hin, was denn nun seine Aufgabe sei, erfuhr sie, dass er zu 50% erneut angestellt worden sei, um eben u.a. diese Arbeit zu verrichten. Die Mitglieder oder der PUK-Präsident wurden darüber nie von Regierungsrat Adrian Ballmer unterrichtet.
Die Subkommission Neues Rechnungswesen, in welcher u.a. Dieter Völlmin mitarbeitete, fand einen Aktenschrank mit Dossiers, Ordnern und losen Blättern vor. Die völlige Unstrukturiertheit der Akten verunmöglichte eine Arbeit damit. Auf Anfrage erhielt man eine dazu gehörende Liste. Zuständig war der pensionierte Projektleiter. Was nach der Inkraftsetzung der EDV-PUK durch den Neu- bzw. Altverantwortlichen in Bezug auf Akten gemacht und geordnet worden ist, entzieht sich der Kenntnis der Landrätin. Aber eine richtige Dokumentation zu diesem Projekt hat es nie gegeben. Mehrfach bekam sie von Verwaltungsangestellten zu hören, was denn eine PUK solle, wenn der Neu- bzw. Altverantwortliche die Akten herausgebe.
Bea Fuchs fragt sich in der Tat, wie ernst die PUK eigentlich genommen wurde. Die Direktions-Arroganz, wie sie Mitarbeitende immer wieder ausgedrückt haben, habe auch sie persönlich zu spüren bekommen, und sie dauere bis heute an.
Wenn Regierungsrat Adrian Ballmer sagt, es seien vor allem in der Projektorganisation Fehler gemacht worden, so fragt sie sich, wieso er dann eben diesen ehemaligen Projektverantwortlichen wieder zurück geholt hat. Warum hat er ihm die „Schlüssel" wieder in die Hand gegeben und ihn mit der Zuständigkeit der Zusammenstellung der für die Untersuchung relevanten Akten beauftragt? Wo sind denn die Lehren gezogen worden? fragt sie.
Sie persönlich hatte nie das Gefühl, dass - wie damals in der Landratsdebatte pro oder kontra PUK im Jahre 2002 von einigen Landräte befürchtet - die PUK die Mitarbeitenden mit Altlasten belasten würde und es gescheiter wäre, dass sie alle ihre Zeit und Kraft für anderes, nämlich Wichtigeres einsetzten. Im Gegenteil, sie hörte Voten wie das folgende: „Ich bin froh darüber, dass uns endlich jemand ernst nimmt, und endlich kann ich meine Anliegen deponieren." Wenn diese Aussage auch nicht allzu PUK-brisant sei - als Landrätin erschrak sie über solche Äusserungen mehr als einmal und auch darüber, dass sich Mitarbeitende bei einer PUK für die Anhörung bedankten.
Die Direktverantwortlichen seien zwar nicht mehr im Amt, aber unzählige Mitarbeitende sind es noch immer und diese gelte es, ernst zu nehmen, betont Bea Fuchs. Sie ist der Meinung, es sei ziemlich billig, wenn die Regierung nun der PUK-EDV und auch den Mitarbeitenden zu verstehen gebe: Im Westen nichts Neues. - Ihr hättet Euch Eure Arbeit sparen können.
Wenn immer wieder behauptet wird, das Projekt NRW sei unter anderem am fehlenden buchhalterischen Wissen der Mitarbeitenden gescheitert, so muss auch gesagt werden, dass die Rechnungsführer und Rechnungsführerinnen quasi über Nacht dazu erkoren wurden - ohne spezifische buchhalterische Ausbildung oder gar Weiterbildung! - Mitarbeitende, die bis zu diesem Zeitpunkt einfache Tabellen ausgefüllt haben, um sie dann der Buchhaltung weiter zu geben, wurden mit einem bedienerunfreundlichen System, welches alle paar Stunden absackte, konfrontiert. Teilweise wurden sogar über längere Zeit Schattenbuchhaltungen weitergeführt, nur um den Vorgesetzten einigermassen die Kontostände schriftlich vermitteln und in Finanzfragen a jour bleiben zu können.
Es sei der PUK zum Teil gelungen, Transparenz zu schaffen in Bezug auf die Projektführungen und -leitungen, stellt Bea Fuchs fest. Es gebe auch Projekte, die durchaus gut laufen und den Anforderungen entsprechen. Auch das werde im Bericht gewürdigt. Bei den Projekten Neues Rechnungswesen und Espresso gelte dies bis zum heutigen Tag nicht.
Bei der Arbeit der PUK war es für die Landrätin mehr als befremdend zu erfahren, wie mühsam sich die Beschaffung relevanter Akten gestaltete. Eine strukturierte Dokumentation fehlte und Basisdokumente waren nur schwer oder gar nicht mehr auffindbar. Beispielsweise wurde die Frage nach einem Vertrag zwischen Kanton und dem Softwarehersteller Wilken wie folgt beantwortet: 'Natürlich gibt es einen Vertrag, haben Sie den denn noch nicht? Selbstverständlich sind Verträge ausgearbeitet worden.' - Alles, was man hingegen finden konnte, war ein Letter of Intent, sprich die uneingeschränkte Übernahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Softwarehersteller, und das bei einer Landratsvorlage von rund 9 Mio. Franken anno 1995 . Der Abschluss eines Vertrags scheint nach Ablauf der Testphase schlichtweg vergessen worden zu sein. Dazu bleibt zu bemerken, dass nicht nur die PUK-Mitglieder sondern fast alle Befragten darüber erstaunt waren, inklusive Alt-Regierungsrat Hans Fünfschilling.
Bei den beiden grossen Projekten NRW und Espresso, welche von der PUK genauer unter die Lupe genommen wurden, habe man sich unglaublicherweise immer wieder über Regierungs- und Landratsbeschlüsse hinweggesetzt.
Der Regierungsrat hat das Projekt NRW schon früh als komplexes Organisationsprojekt erkannt und legte deshalb Wert auf eine Abwicklung nach dem Projektmanagementpass IFA. Wie ist es nun möglich, fragt Bea Fuchs, dass gefasste Regierungsratsbeschlüsse, zum Beispiel die Anwendung des Projektmanagementpasses IFA, einfach ignoriert werden konnten?
Höre man dann Aussagen wie: 'Natürlich habe ich das gewusst, aber mit diesem Beschluss kann man ja nicht arbeiten...', so frage man sich, wenn dem auch tatsächlich so gewesen sei, wieso der damals verantwortliche Regierungsrat nicht einen neuen Beschluss in der Regierung beantragt oder aber seinen Mitarbeitenden klare Direktiven erteilt habe.
Nach Wissen der Landrätin ist dieser Beschluss heute noch gültig. Ein Projektleiter eines grossen EDV-Projekts habe klipp und klar gesagt, "natürlich habe ich das gewusst- aber es ist für mich nicht in Frage gekommen". Dasselbe gilt für die Landratsbeschlüsse sprich die Landratsvorlagen. Da seien den Volksvertreterinnen optimistische Zusicherungen und Prognosen gemacht worden, welche bereits im Zeitpunkt der Evaluation über Bord geschmissen wurden. Dazu zwei Beispiele aus dem NRW-Projekt mit u.a. fatalen finanziellen Auswirkungen:
Es gibt einen Regierungsratsbeschluss, der von Anfang an ausdrücklich verlangte, dass eine konzernmässig einsetzbare, in öffentlichen Verwaltungen erprobte Standardsoftware für das Rechnungswesen, basierend auf einer Client Server Systemarchitektur, auszuschreiben und anzuschaffen sei. Und was ist passiert? Man blieb trotzdem bei der Hostlösung und setzte den Mitarbeitenden eine Pseudo-Windows-Maske vor, welche das ganze System instabilisierte, nur um nicht zugeben zu müssen, dass man auf dem alten System geblieben ist und gar keine Windows-Applikation hat. Das sei reiner Investitionsschutz gewesen - und das bei einem bewilligten Kredit in der Höhe von 9 Mio. Franken. Zum damaligen Zeitpunkt hätte es keine Standardsoftware gegeben, hiess es dann bei den Befragungen. Warum hat man folglich nicht zugewartet?
In der LR-Vorlage von 1995 kam klar zum Ausdruck, dass die Spitäler mit einbezogen werden sollen. Zu keinem Zeitpunkt wurde dieses Unterfangen jedoch wirklich verfolgt. Das sind klare Missachtungen der Vorgaben in der Landratsvorlage sowie des dafür gesprochenen Kredits und des Pflichenhefts.
Wie ist es denn heute, liebe Kolleginnen und Kollegen? fragt Bea Fuchs. Müssen wir als Parlamentarierinnen davon ausgehen, dass Regierungsratsbeschlüsse gerade so lange Gültigkeit haben, wie es dem einen oder anderen passt? Wie ist es mit dem Einhalten von Landratsvorlagen und Landratsbeschlüssen? Diese Frage müsse man sich in der Tat stellen. Was nützen Kommissionssitzungen, Aktenstudien und Voten zu Landratsvorlagen, wenn sie dann praktisch nicht umgesetzt werden oder umgesetzt werden können? - Zumindest hat das Parlament dann das Recht und die Regierung die Pflicht, darüber informiert zu werden bzw. zu informieren.
Dass die projektierten Finanzen nicht eingehalten werden konnten, sei eine Sache, dass bewusst am Parlament vorbei projektiert wurde, eine ganz andere und politisch nicht tragbar. Auch die Behauptung in der NRW-Vorlage, es könnten 15 Mio. Franken eingespart werden, habe sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil, der Personalaufwand sei heute deutlich höher als damals.
Von den Bürgern und Bürgerinnen erwarte man auch, dass sie sich z.B . beim Ausfüllen und Einreichen der Steuererklärung an die Gesetze, Beschlüsse und Vorgaben halten. In der Verwaltung ist das scheinbar nicht immer so, stellt sie fest.
Die Landrätin fügt noch ein weiteres Beispiel an, welches aufzeigt, wie es auf keinen Fall hätte laufen dürfen: Als Erstes suchte man in der NRW-Subko das Gespräch mit dem Chef der Finanzkontrolle, um einen unabhängigen und distanzierten Einblick von aussen zu bekommen - so dachte man zumindest. Man war dann aber ehrlich überrascht, wie gut der Vorsteher der Finanzkontrolle nach so vielen Jahren orientiert und dokumentiert war. Damals begann das Zusammensetzen des Puzzles. - Kurze Zeit später, nach intensivem Aktenstudium, musste man zur Kenntnis nehmen, dass der Leiter von Anfang an in der Teil-Projekt-Gruppe Einsitz hatte und mit zu den Entscheidungsträgern gehört hatte. Er hatte die PUK-Mitglieder im ersten Gespräch in keiner Weise darüber informiert.
Spätestens im Zeitpunkt der Evaluation, als es nicht mehr nach Drehbuch verlief und die Spielregeln geändert wurden, hätte er seine Pflicht, beispielsweise zu warnen, wahrnehmen und sich seiner Doppelrolle bewusst werden müssen. - Gerade zum Zeitpunkt der Evaluation und der Änderung der Spielregeln wäre ein Turnaround noch möglich gewesen, meint Bea Fuchs, aber ein Telefonanruf in der Eidg. Finanzverwaltung, bei welcher das Programm nicht einmal angeschaut worden sei, habe anscheinend genügt, um den Auftrag an einen bis anhin unbekannten Softwarehersteller zu erteilen.
Die Spielregeln wurden geändert, und die Projektleitung machte sich zum Weihnachts- und Neujahrsanfang das WILKEN-Geschenklein, entgegen dem gültigen Regierungsbeschluss und der Landratsvorlage.
HohesTempo, High Risk-Prototyping - dies seien immer wieder die Schlagworte der Verantwortlichen gegenüber den PUK-Mitgliedern gewesen, und so sei auch vorgegangen worden. Die heutige Aussage, man hätte sonst gar nichts gehabt und sicherlich noch 2-3 Jahre auf ein anderes System warten müssen, sei in der Zwischenzeit sowieso überholt.
Anwender und Anwenderinnen konnten sich bei einer NRW-Umfrage der FKD im Jahr 2002 zu folgendem Punkt äussern „Ich werde viel zufriedener sein, wenn folgende Punkte gelöst sind: ..." - Die Hitliste der Antworten führte so etwas Lapidares wie "einen Bericht sprich Kontoauszug ausdrucken" an, und das 7 Jahre nach Implementierung des Produktes.
Weitere Problemfelder könnten aufgezählt werden, doch geht es nicht nur um die Menge der Fehler, sondern um die Frage, wie damit umgegangen worden ist und wird. Die
Bereitschaft, Transparenz zu schaffen, hat zu jedem Zeitpunkt gefehlt, muss Bea Fuchs abschliessend fest stellen.
Ihres Wissens ist die Betriebsbuchhaltung bis heute noch nicht in Betrieb, und wie lange es die Software Espresso noch schafft, stehe in den Sternen.
Positiv müsse aber gesagt werden , dass mit der neuen Finanzverwalterin vieles in Gang gebracht worden ist und die Mitarbeitenden auch Gehör finden. Man ist gespannt, wie die Stellungnahme des Regierungsrates bis Mai 2005 ausfallen wird.
Als sehr wichtig stuft Bea Fuchs die 25 Empfehlungen und 7 Postulate ein, und wenn in Zukunft nur schon diese eingehalten werden, so lapidar sie teilweise klingen mögen, sei ein Erfolg erreicht. Die Landrätin bedankt sich an dieser Stelle bei allen Mitarbeitenden des Kantons. Sie hofft, dass zumindest die PUK ihnen etwas Gehör verschaffen konnte. Die Frage an die Regierung aber bleibt: Könnte so etwas wieder passieren? Und was hätte es denn heute für Konsequenzen, wenn in Zukunft wieder gleich oder ähnlich Regierungsratsbeschlüsse einfach nicht eingehalten werden? - Die SP Fraktion bittet das Landratskollegium, alle Anträge der PUK zu unterstützen (Applaus).
Daniela Schneeberger bemerkt, die Mittagspause komme wohl gerade richtig, um dieses Votum zu verdauen. Sie gibt bekannt, dass sich die Büro- und Ratskonferenzmitglieder im Restaurant Stadtmühle treffen. Es findet keine Bürositzung statt. Die Nachmittagssitzung beginnt erst um 14.15 Uhr.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Nr. 800
(Fortsetzung)
Dieter Völlmin bezieht sich auf § 64 des Landratsgesetzes, wonach eine PUK für die Abklärung spezieller Vorkommnisse eingesetzt werden kann. Das Ergebnis der Arbeit der PUK Informatik zeigt nun, dass tatsächlich spezielle Vorkommnisse zu verzeichnen waren, teilweise sogar speziellere als erwartet. Der Bericht der PUK legt die krass mangelhafte Durchführung vom Regierungsrat als strategisch bezeichneter, direktionsübergreifender und wichtiger Schlüsselprojekte offen. Dazu gehören falsche Informationen gegenüber dem Parlament, um den benötigten Kredit möglichst problemlos zu erhalten, schwere Mängel in der Organisation der Projektleitung, Nichtbeachtung von Regierungsratsbeschlüssen, enorme Verspätungen sowie zusätzliche Kosten in Millionenhöhe und nicht zuletzt frustrierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Der Bericht der PUK habe zum Ziel zu verhindern, dass derartige Vorkommnisse zumindest innerhalb der aktuellen Politikergeneration wieder vorkommen und es gehe keinesfalls um eine Kopfjagd. Die oben erwähnten Mängel müssen aufgedeckt werden und als besonders negativ hebt Dieter Völlmin hervor, dass der Regierungsrat im hier diskutierten Fall auf parlamentarische Anfragen und Nachfragen die tatsächlichen Begebenheiten nicht offenlegte, somit keine Transparenz schuf und letztlich auch die GPK leerlaufen liess.
Es wurde kritisiert, im Rahmen der Präsentation des PUK-Berichts seien die verantwortlichen Personen nicht beim Namen genannt worden. Dieter Völlmin widerspricht dieser Ansicht, denn die für das Projekt verantwortlichen Personen wurden klar bezeichnet.
Es handelt sich dabei in erster Linie um den Projektleiter NRW und seinen damaligen direkten Vorgesetzten, Regierungsrat Hans Fünfschilling.
Zu den auf verschiedenen Ebenen aufgedeckten Mängeln:
Ebene Projektleitung: Zumindest dasjenige Projekt, welches Dieter Völlmin gut kennt, wurde sehr sorgfältig angegangen und damit eine gute Ausgangslage geschaffen. Im Herbst 1994, nach dem Dazukommen des Projektleiters Martin Thomann, kam es jedoch zu einem Bruch. Eine Projektleitung dürfe keine derartige Eigendynamik entwickeln, dass sämtliche weiteren Schritte einem aggressiven Zeitplan zum Opfer fallen. Es fehlte damals nicht an warnenden Stimmen durch externe Berater der Firma IFA, der vorgesehene Zeitplan sei zu ambitiös. Weiter wurden vom Regierungsrat abgesegnete Vergabekriterien über den Haufen geworfen, was dem heutigen Submissionsgesetz ohnehin widerspreche, und im Verlaufe des Projekts wurden die verschiedenen Direktionen immer häufiger übergangen. Zwar wurde beispielsweise der Ausbildungsbedarf der Anwender erkannt, eine entsprechende Ausbildung jedoch nicht organisiert. Es wurden weiter ungetestete Versionen einer Software, welche nicht dem entsprachen, was man eingekauft zu haben behauptete, in Betrieb genommen, ohne die immer wieder laut gewordene Kritik zu beachten.
Anstelle der Schaffung von Goodwill und Verständnis bei den Anwendern und Direktionen, eine Aufgabe der Projektleitung, wurde die Motivation zerstört. Damit machte sich die Projektleitung das Leben selber schwer. Angesichts dieser Tatsache gehöre dem Projektteam, einer verschworenen Gemeinschaft, alle Achtung und Bewunderung für das Durchziehen des Projekts trotz aller von ihm selbst geschaffenen widrigen Umstände. Bezüglich Sozialkompetenz und Kommunikation müsse die Leistung des Projektteams als katastrophal bezeichnet werden. Dieter Völlmin selbst seien Aussagen von Betroffenen während und ausserhalb der Befragungen nahe gegangen, welche zu erkennen gaben, wie gross die Belastung durch die verschiedenen EDV-Projekte für sie war.
Das Projektteam zeigte sich als enorm leistungsbereit und stürmte beinahe wie ein Stosstrupp vor nach dem Motto: "Mir nach, marsch!". Dabei wurde allerdings nicht beachtet, in welches Gelände man vorstiess. Der Weg war nicht das Ziel, sondern neben dem Ziel sah man nichts anderes mehr. Dieses Vorgehen führte schliesslich zu erhöhten Kosten, mangelnder Motivation der Anwender und einer PUK.
Ebene Regierungsrat: Der Gesamtregierungsrat spielte eine passive Rolle, wobei er sich von der Übungsanlage her auch nicht jede Woche mit den EDV-Projekten befassen musste. Trotzdem waren sämtliche Regierungsräte eben auch Direktionsvorsteher und in jeder Direktion musste man erkennen (und tat dies teilweise auch), dass echte Probleme vorhanden waren. Wahrscheinlich setzten sich die Direktionsvorsteher diesbezüglich ein, zu einer wirklichen Standortbestimmung und Massnahmen, um dem Übel auf den Grund zu gehen, kam es letztlich aber nicht. Es geschah immer wieder, dass ein Regierungsrat in seiner Funktion als Direktionsvorsteher die Notbremse zog, was zeigt, dass der Regierung die Probleme bezüglich der EDV-Projekte bekannt waren.
Der zuständige Regierungsrat, welcher gemeinsam mit einem Stellvertreter (hier war niemandem mehr ganz klar, wer dies eigentlich war) dem Leitungsausschuss angehörte, gibt offen zu, verschiedene Problem erkannt zu haben. Von Anfang an erwiesen sich die Projekte bezüglich Organisation, Kapazität und Evaluationsentscheid als problematisch. Letztlich war er jedoch mit dem Vorgehen der Projektleitung einverstanden. Er meinte dazu wörtlich: "Es war Teil meiner Aufgabe, die Verwundeten zu pflegen." Regierungsrat Hans Fünfschilling wollte das Projekt trotz aller Nachteile durchbringen.
Als besonders bedenklich bezeichnet Dieter Völlmin die Tatsache, dass der Regierungsrat das Nichtbeachten seiner Beschlüsse akzeptierte. Im Weiteren verletzte er seine eigene, seit 1997 geltende Weisung, dass bei Grossprojekten über Fr. 200'000.- auch die internen Kosten (Personalkosten) erhoben werden müssen. Der Regierungsrat liess unzählige Mitarbeitende im Regen stehen, womit diese dem Projekt und der Projektleitung ausgesetzt blieben. Als erschwerend wirkte sich zudem aus, dass bei der Beantwortung parlamentarischer Vorstösse die Schuld an gewissen Schwierigkeiten genau diesen Mitarbeitenden zugeschoben wurde.
Dem Landrat sollte vor allem ein Punkt zu denken geben: Nicht nur die Projektleitung, sondern mindestens auch ein Regierungsrat wusste, dass der Kreditantrag an den Landrat in wichtigen Punkten falsch war. Das Schlüsselzitat von Hans Fünfschilling zur Charakterisierung des Projekts NRW "High Risk, Prototyping, hohes Tempo" erkläre letztlich alles. Hans Fünfschilling gab auch unumwunden zu, dass dieser Aspekt in der Landratsvorlage nirgends zu finden sei. Damit wurde ein riesiges Missverständnis geschaffen, da der Landrat an den Wortlaut der Vorlage glaubte. Der Regierungsrat dürfe sich in einer solchen Situation nicht wundern, wenn der Landrat weiterfrage und es schliesslich zu einer PUK komme.
Mit dem heutigen Wissen komme die Lektüre des Protokolls der Beratungen zum NRW im Landratsplenum und diejenige des Kommissionsberichts einer Realsatire gleich, da von jährlichen Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe gesprochen und eine Refinanzierung des Projekts innerhalb von drei Jahren versprochen werde. Die Aussage einer Landrätin, mit der Genehmigung des Projekts NRW könne man sich möglicherweise ein Sparpaket ersparen, mute dabei schon beinahe rührend an.
Die oben beschriebene Kommunikationskultur müsse sich unbedingt ändern, denn es sei mehr Respekt vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch vor dem Landrat notwendig. Die überbetont selbstbewusste und selbstgerechte Art, in welcher das Projekt NRW abgewickelt wurde, dürfe keinesfalls einreissen. Als bezeichnend erachtet Dieter Völlmin einen kurzen Abschnitt in einer Vorstudie zum diskutierten Projekt. Dieser befasst sich mit den Risiken - wobei keine der tatsächlich eingetroffenen erwähnt wurden - und betont, das grösste Risiko für das Projekt NRW liege beim "zu Fehlentscheiden neigenden demokratischen System".
Bei der Umsetzung des Projekts NRW kam es, wie bereits mehrmals erwähnt, zu enormen Verzögerungen. Jedoch ist NRW nicht allein Ursache aller heute bestehenden Probleme. Beispielsweise die Betriebsbuchhaltung wurde als Schlüsselelement und Grundlage für WoV dargestellt. Nach gewissen Verzögerungen ist die Betriebsbuchhaltung nun praktisch überall eingeführt, jedoch fehlen noch immer die Parameter, welche Daten überhaupt erfasst und gemessen werden sollen. Derartige Entscheide müssen unbedingt auf Kantonsebene gefällt werden. Dieses Beispiel zeigt ein weiteres Risiko eines schlechten Projekts: Projektunabhängige Fehler werden nicht mehr erkannt.
Die Empfehlungen der PUK Informatik seien simpel und nichts anderes als ein Spiegelbild der getroffenen Feststellungen. Die SVP-Fraktion bringt einem Postulat (2004/198) und einer Empfehlung betreffend Informatikorganisation gewisse Vorbehalte entgegen. Mit einer Überprüfung der heutigen dezentralen Organisation der Informatik kann sich die SVP einverstanden erklären. Das Ergebnis der Untersuchung zeige jedoch, dass nicht die dezentralen Stellen versagt haben, sondern die zentrale Projektleitung, welche den Ansprüchen nicht genügte. Die Koordination mit den Informatikabteilungen der verschiedenen Direktionen sollte aber auf jeden Fall verbessert werden.
Schon vor dem Einsatz der PUK bestanden aber Projekte, welche positiv verliefen, beispielsweise GIS oder die gemeinsam mit der neuen Finanzverwalterin getroffenen Massnahmen im Zusammenhang mit NRW.
Zur Frage, ob der Bericht der PUK etwas nütze oder etwas ändern könne, bedauert Dieter Völlmin die Haltung von Regierungsrat Adrian Ballmer, welcher bei jeder Gelegenheit betone, die PUK sei absolut unnötig. Dies sei nicht verständlich, da sich die Untersuchung nicht gegen Regierungsrat Ballmer, sondern gegen Ereignisse richte, welche vor seiner Zeit stattfanden. Ausserdem werde das Ergebnis der Untersuchung Adrian Ballmer eher unterstützen als behindern. Mühe zeigt Dieter Völlmin auch damit, dass ausgerechnet der Projektleiter als interner Koordinator für die PUK-Untersuchungen eingesetzt wurde und damit bestimmte, welche Unterlagen der PUK zur Verfügung gestellt wurden. Dies beweise mangelndes Fingerspitzengefühl seitens des Finanzdirektors und trage nicht zu mehr Glaubwürdigkeit bei. Es handle sich dabei um Bestandteile genau derjenigen Kultur, welche in Zukunft nicht mehr erwünscht sei. Auch fehle es an Verständnis für Aussagen wie diejenige, dass die internen Kosten für NRW sich nach wie vor auf 9 Mio. Franken belaufen, obwohl diese nie konkret erfasst wurden und bereits 1996 auf rund 12 Mio. geschätzt wurden. Dieter Völlmin hofft daher, die Diskussion um den PUK-Bericht werde nicht in eine Debatte der Rechthaberei münden.
Die Fraktion der SVP steht hinter dem PUK-Bericht und unterstützt sämtliche Empfehlungen und Postulate mit der oben angeführten kleinen Einschränkung. Sie gibt damit der Hoffnung Ausdruck, die Arbeit der PUK sei nicht vergebens gewesen und werde sich in den nächsten Jahren positiv auswirken.
Daniela Schneeberger begrüsst an dieser Stelle auf der Tribüne alt Landrat Olivier Rüegsegger, welcher Mitglied der PUK-Informatik war.
Paul Schär zeigt sich ausserordentlich erfreut über Dieter Völlmins konstruktives Votum, denn damit könne die Diskussion auf einer sachlichen Ebene weitergeführt werden. Die FDP wehrte sich damals gegen eine PUK, denn sie erachtete eine PUK als allerletztes Mittel zur Untersuchung von Tatbeständen. Man war jedoch überzeugt, dass strafrechtlich nichts vorlag und daher ein Bericht des Regierungsrates ausgereicht hätte. Ein solcher Bericht wurde auch sofort zugesichert und der Landrat hätte so einen Zeitgewinn erreicht. Selbstverständlich liege es der FDP daran, aus den Vorfällen der Vergangenheit Lehren zu ziehen.
Es könne festgestellt werden, dass bereits vor der Einsetzung der PUK neue Projekte nach den neuen Projektmethoden aufgegleist wurden, was erfreulich sei und zeige, dass Lehren aus den vergangenen Fehlern gezogen wurden.
Der Bericht der PUK stelle auf Seite 42 fest, die Akten seien dieser Kommission nicht umgehend ausgehändigt worden. Man müsse sich aber auch fragen, ob die Kommission diesbezüglich die Spielregeln klar genug dargelegt habe. Wenn sich danach jemand nicht an die Abmachungen hält, müsse selbstverständlich eingegriffen werden. Die FDP-Fraktion wehre sich gegen den Eindruck, eine ganze Direktion habe sich gegen die Aushändigung von Akten gesperrt. Laut Adrian Ballmer war es immer selbstverständlich, dass der PUK die verlangten Akten zur Verfügung gestellt werden.
Die FDP-Fraktion wird den Anträgen der PUK zustimmen, ausser dem Postulat 2004/195 zum Datenschutz, welches, wie vom Regierungsrat vorgeschlagen, abgeschrieben werden sollte. Zudem gehe der Vorstoss der FDP-Fraktion, über welchen im Anschluss befunden werde, in die selbe Richtung.
Die Äusserungen von Bea Fuchs bezeichnet Paul Schär als Stimmungsmache und gegenüber dem Personal als gefährlich. Es sollen keine zusätzlichen Ängste geschürt, sondern sachlich diskutiert werden. Er gibt Bea Fuchs jedoch in einem Punkt, welcher auch von Dieter Völlmin angeführt wurde, Recht. Kommunikationsprobleme seien schon seit Jahren immer wieder offenkundig geworden, allerdings dürfe man festhalten, dass die Ära Thomann nun von der Ära Reichlin abgelöst wurde und dass sich die beiden Stile enorm stark unterscheiden. Das Thema Kommunikation werde nun ernst genommen, worüber sich die FDP-Fraktion sehr glücklich zeigt. Bei der Ernennung von Projektleitern müsse die Sozialkompetenz stark gewichtet werden. Es sei Aufgabe eines Projektleiters, einen Auftrag zu erfüllen, und nicht eine eigene Politik zu betreiben.
Im Namen der FDP-Fraktion dankt Paul Schär dem Kommissionspräsidenten Christoph Rudin und allen Kommissionsmitgliedern für ihre Arbeit und den daraus resultierenden wertvollen Bericht. Er ist überzeugt, dass das Schiff mit der Umsetzung der Empfehlungen wieder auf eine gerade Bahn gebracht werden könne.
Matthias Zoller zitiert wie folgt aus dem Bericht der GPK-PUK zum Spital Liestal: "Bei Bauprojekten sind von Anfang an und in jedem Fall angemessene Reserven vorzusehen." Eine damals als lapidar bezeichnete Aussage. Im aktuellen Bericht heisst es: "Interne und externe Risiken sind offenzulegen. Eigenleistungen müssen erfasst werden. Regierungsratsbeschlüsse sind durchzusetzen." Auch hier könne man bemerken, es handle sich um lapidare, einfache Aussagen, um eigentliche Selbstverständlichkeiten. Dies sei keine Kritik an der PUK, denn es stellen sich ganz andere Fragen.
Allgemeines:
Matthias Zoller war während eines Jahres Mitglied der PUK und es war für ihn von Anfang an klar, dass er die Aussensicht einbringen werde, da er die meisten Dinge nicht direkt, sondern aus Protokollen erfahren habe. Die von Bea Fuchs geschilderte Blumenwiese habe er selbst in dieser Form nicht gesehen, jedoch seien tatsächlich mehr Blumen als erwartet gesprossen. Das Vorgehen der PUK war sehr gut und die Konzentration auf einzelne EDV-Projekte sinnvoll. Der Ablauf (Gespräche und erst später Anhörungen, Einzelberichte, Schlussbericht) war richtig und mit den Empfehlungen richte sich der Blick nach vorne. Der Landrat sei kein Gericht und müsse keine strafrechtlichen Fragen klären, trotzdem sei der PUK-Bericht kein abschliessender Persilschein. Die PUK müsse auf jeden Fall noch weiterbestehen, denn nur deren Mitglieder können den erwarteten Bericht des Regierungsrates zu diesem Thema analysieren und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen.
Rechtfertigung der Einsetzung einer PUK:
Die CVP/EVP war einer PUK gegenüber eher kritisch eingestellt, und auch wenn sie nun kostengünstiger als ursprünglich geplant gearbeitet habe, müsse die Frage nach der Rechtfertigung trotzdem gestellt werden. Die Empfehlungen und Postulate der PUK enthalten zwar immer die Worte "EDV" und "Informatik", diese Worte könnten aber oftmals gestrichen werden und die Aussagen wären trotzdem sinnvoll, da sie sich auf allgemeine Führungstätigkeiten beziehen und auf das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung. Die aufgezeigten Missstände aus dem Bereich EDV wären in ähnlicher Form wohl auch in anderen Bereichen vorhanden gewesen und Matthias Zoller hofft, dass diese nun behoben seien.
Eine PUK allein für den Bereich EDV wäre nicht unbedingt notwendig gewesen, jedoch war eine PUK zur Untersuchung der damaligen Regierungstätigkeit dringend notwendig und der Entscheid, die PUK Informatik einzusetzen, daher gerechtfertigt.
Wertung der Vorkommnisse:
Die Vorkommnisse können in zwei Teilbereiche unterteilt werden: Einerseits in den Teilbereich Führung / Führungsschwäche, aus welchem heute schon viele Beispiele genannt wurden. Wenn eine leitende Person aussage, sie sei eben ein Workaholic und darauf auch stolz sei und als Konsequenz von ihrem Vorgesetzten noch mehr Arbeit erhalte, so habe die Führung in diesem Fall klar falsch entschieden. Solche Führungsfehler seien nicht nur peinlich und können nicht einfach mit dem Besuch eines Kurses behoben werden, sie zeigen auch unsere Systemschwäche auf. Einige Probleme ergeben sich aus dem Spannungsfeld Milizparlament und Verwaltung, aber auch aus der Tatsache, dass ein Vorgesetzter per Volkswahl bestimmt werde. Zudem könne die Politik von beiden Seiten hintergangen werden. Dieser Problemkreis sei systemimmanent, müsse aber angegangen werden, auch wenn hier keine einfachen Lösungen auf der Hand liegen.
Der zweite Teilbereich bezüglich der im Bericht festgehaltenen Vorkommnisse bezieht sich auf die Kontrolle sowie die parlamentarische Oberaufsicht. Weshalb ist eine PUK notwendig, um die im Bericht aufgezeigten Probleme überhaupt zu erkennen? Weshalb führten die vielen Interpellationen und Nachfragen in den zuständigen Kommissionen zu keinem Resultat? Das Parlament wurde teilweise geblendet oder direkt angelogen, weil die Kontrollmechanismen versagten. Das Parlament müsse derart schwerwiegende Fehler, wie sie der aktuelle Bericht aufzeige, erkennen können, ohne in Zukunft direkt zum schärfsten Mittel greifen zu müssen.
Konsequenzen:
Die Frage nach einem Köpferollen habe sich nicht direkt gestellt, da die verantwortlichen Personen nicht mehr die gleichen Ämter und Würden bekleiden. Gerechtfertigt wäre eine solche Konsequenz allerdings gewesen. Das Parlament müsse aber auch einen Blick auf sich selbst werfen. Der alte Spruch, ein Volk besitze diejenige Regierung, welche es verdiene, bedeute für die Mitglieder des Landrates, welche alle auch Mitglieder einer Partei seien, dass sie sich ihrer Verantwortung bezüglich Vorschlag und Wahl von Personen in verschiedene Ämter bewusst sein müssen. Der Landrat müsse seine Arbeit professionalisieren und das Politsystem grundsätzlich überdacht werden. Matthias Zoller schwebt dabei kein System von Berufspolitikerinnen und -politikern vor, jedoch brauche man Möglichkeiten, sich vertieft und unabhängiger mit Problemen auseinanderzusetzen, was letztlich auch eine Frage der Finanzen sei.
Das Parlament müsse die Arbeit der aktuellen Spezialkommission Parlament und Verwaltung begleiten und dafür sorgen, dass in Zukunft Mittel zur Verfügung stehen, Missstände frühzeitig zu erkennen, so dass dem Landrat nicht mehr so leicht etwas vorgegaukelt werden kann.
Empfehlungen und Postulate der PUK Informatik:
Matthias Zoller bezeichnet sämtliche Empfehlungen und Postulate als wichtig und hebt zwei Beispiele hervor.
Postulat 2004/196 (Datenzugang/Gebühren): GIS sei das Musterbeispiel eines Projekts, welches gut funktionierte. Die Resultate können jedoch nur im Intranet betrachtet werden, es liegen also Millionen brach, welche nicht genutzt werden können.
Postulat 2004/194 (Erfahrungsgruppen): Im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Projekts Espresso unterhielt sich Matthias Zoller mit dem Personalchef des Kantons Zürich. Dabei stellte er fest, dass dort an den gleichen Projekten gearbeitet wurde und die gleichen Probleme auftauchten. Es sei sehr schade, dass dies erst von einem Mitglied der PUK herausgefunden wurde, da ansonsten die Kräfte hätten gebündelt und gewisse Schritte gemeinsam unternommen werden können.
Die CVP/EVP-Fraktion stellt sich klar hinter den Bericht der PUK Informatik sowie hinter die einzelnen Postulate und Empfehlungen. Sie sei nicht bereit, das zur Abschreibung empfohlene Postulat betreffend Datenschutz abzuschreiben.
Etienne Morel stellt fest, die zweijährige Arbeit der PUK Informatik habe erstaunliche und teilweise undenkbare Verfehlungen an den Tag gebracht. Der Verwaltung fehlen offenbar absolute Basics des Projektmanagements, dies nicht nur im Bezug auf die Informatik. Die Verwaltung setzte sich über Regierungsratsbeschlüsse sowie über GPK-Empfehlungen hinweg und es zeigte sich, dass die Regierung unehrlicherweise einige allzu optimistische Prognosen machte, um ihre Projekte dem Landrat zu verkaufen. Der Bericht zeigt auch auf, dass das Parlament der Regierung teilweise ein allzu grosses Vertrauen entgegenbringt.
Es zeigt sich aber bereits heute, dass aus den Fehlern gelernt wurde. Beispielsweise das Projekt Tribuna laufe wunderbar, ebenso das Projekt GIS. Auch die Bereitwilligkeit der Regierung, die Postulate der PUK entgegenzunehmen, verweise auf deren Lernfähigkeit. Das Parlament müsse lernen (und gelernt haben), dass man der Regierung nicht blindlings vertrauen dürfe, nur weil man denke, in einem bestimmten Bereich über ein gewisses Know-how nicht zu verfügen. Sachverhalte, welche nicht verstanden werden, müssen hinterfragt werden, um sinnvolle Entscheide treffen zu können.
Etienne Morel wertet die Arbeit der PUK Informatik hauptsächlich als Mahnmahl an den Landrat, sich selbst ernster zu nehmen und die notwendigen Fragen zu stellen. Die Grüne Fraktion erklärt sich mit dem Bericht der PUK einverstanden.
Rudolf Keller bezeichnet es ironisch als eindrücklich, wie dick der Bericht der PUK ausgefallen sei und welche Empfehlungen verabschiedet wurden. Vom Umfang her scheine es sich um ein wichtiges Thema zu handeln. In unserem Kanton lasse es sich gut leben, regieren und verwalten, denn für Fehler sei nie jemand verantwortlich. Auf diese Art und Weise habe man in den letzten Jahren viele Millionen verbraten und verlocht (Kantonsspital Liestal, Tunnelbau in Sissach, EDV), und so werde es auch in Zukunft noch weitergehen. Diese Millionen werden dem Kanton fehlen und man hätte das Geld auch an Basel-Stadt spenden können, denn dort wäre vielleicht mehr daraus gemacht worden.
Laut Bericht der PUK liessen die Kooperationsbereitschaft der FKD sowie die Aktenedition zu wünschen übrig. Basisdokumente waren offenbar nur mit Mühe oder überhaupt nicht mehr auffindbar. Als neutraler Beobachter stellt sich Rudolf Keller daher die Frage, ob eine oder mehrere Personen ein Interesse daran gehabt haben, Unterlagen verschwinden zu lassen, da sie sonst vielleicht zur Rechenschaft gezogen worden wären. Da im Baselbiet jedoch, wie bereits erwähnt, immer alle ungeschoren davonkommen, hätten sie diesbezüglich nichts zu befürchten gehabt.
Im Bericht heisst es weiter, das Vergabeverfahren habe sich vom eigenen Drehbuch gelöst und plötzlich sei alles sehr rasch gegangen. Offenbar ging es also zu und her wie im alten Moskau und man müsste eigentlich wissen, dass Vorgesetzte nicht einfach von ihrem Arbeitsplatz abgezogen werden können und trotzdem im Projekt und am Arbeitsplatz alles rund läuft. Zudem servierte die Regierung dem Landrat im Juni 2001 eine Vorlage, welche offenbar praktisch niemand verstand, trotzdem aber verabschiedet wurde. Der Landrat erwarte von der Regierung Vorlagen, welche zumindest von den meisten Ratsmitgliedern verstanden werden können.
Die Schweizer Demokraten stimmen dem PUK-Bericht zu und sprechen sich damit auch für die Überweisung aller Vorstösse aus. Rudolf Keller betont jedoch, dass ein derartiges Desaster in der Privatwirtschaft mit Sicherheit zu einem Köpferollen geführt hätte. Er kritisiert zudem, dass der PUK-Bericht erst nach den kantonalen und eidgenössischen Wahlen erschien, denn damit kamen alle ungeschoren davon. Normalerweise müssten schuldige Personen zur Rechenschaft gezogen werden und Rudolf Keller fände nach der Lektüre des Berichts und vor allem nach den zusätzlichen Aussagen anlässlich der heutigen Debatte eine Strafklage gegen die Verantwortlichen am Platze.
Die aufgedeckten Vorfälle dürfen vom Regierungsrat nicht heruntergespielt werden, jedoch sei nach den Aussagen der SP-Sprecherin für Rudolf Keller nun klar, weshalb sich die FDP ursprünglich gegen die Einsetzung einer PUK wehrte. Er bedankt sich an dieser Stelle bei der SP-Sprecherin für ihr offenes, sachliches und informatives Votum, welches tiefe Einblicke in die Verwaltung ermöglichte. Dieses spräche für ganz andere Konsequenzen als die im Bericht vorgeschlagenen.
Regierungspräsident Adrian Ballmer bezeichnet die Arbeit der PUK Informatik als beachtlich, wobei sie im Wesentlichen auf die gleichen Schwachstellen stiess, wie sie bereits vom Regierungsrat dargelegt wurden. Er zeigt sich vom Ergebnis des Berichts sehr befriedigt, insbesondere da keine Disziplinartatbestände genannt wurden. Es liegen schriftliche Stellungnahmen zum Bericht vor, welche Adrian Ballmer hier nicht wiederholen möchte. Der Regierungsrat könne den 25 Empfehlungen weitgehend zustimmen, ebenso den meisten Feststellungen.
Er selbst sei im Laufe der heutigen Debatte mehrfach aus den Medien zitiert worden, jedoch wäre es wichtig gewesen, hier den ungekürzten Originaltext zu hören. Wie allgemein bekannt sei, hielt Adrian Ballmer damals eine PUK für nicht notwendig, jedoch hatte er nichts dagegen einzuwenden, dass eine landrätliche Kommission sich mit der Evaluation, Implementierung und Finanzierung von EDV-Projekten in der Kantonsverwaltung befasste und dazu einen Bericht verfasste. Die Bezeichnung dieser Kommission als PUK habe eine semantische und emotionale Bedeutung und er sei überzeugt, dass die besonderen Untersuchungskompetenzen für diese Kommission nicht notwendig waren, da der Regierungsrat offen informieren wollte.
Adrian Ballmer verstand die Arbeit der PUK nicht als gegen ihn gerichtet, sondern - wie von Dieter Völlmin angetönt - als Unterstützung seiner eigenen Intentionen. Dies zeigt sich auch darin, dass er mit seinen Mitarbeitenden immer anwesend war, wenn eine Einladung der PUK vorlag. Man habe offen und kooperativ mitgearbeitet und versucht, sämtliche Frage nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.
Einzig die Feststellung, die Kooperationsbereitschaft der FKD sowie die Aktenedition durch die FKD beim NRW habe zu wünschen übrig gelassen, habe ihn sehr getroffen und er wolle sich dagegen nachdrücklich verwahren. Seine Weisung an die Verwaltung lautete klar, alle gewünschten Akten seien ohne Verzug herauszugeben. Der Landrat könne sicher sein, dass er einer Aktenreinigung nicht zugestimmt hätte. Der ehemalige Projektleiter, gegen welchen im Übrigen kein Disziplinarvorwurf erhoben werde, besass als Einziger den Überblick über den Aktenberg und war zudem zeitlich verfügbar. Auch lagen keine Gründe für einen Ausstand des Projektleiters vor und Adrian Ballmer glaubt auf keinen Fall daran, dass dieser Akten hätte verschwinden lassen. Als Alternative hätte die landrätliche Kommission eine aussenstehende Person mit der Sichtung und Auswahl der Akten beauftragen müssen.
Als Adrian Ballmer zum ersten Mal Klagen betreffend der Aktenherausgabe aus der Kommission zu Ohren kamen, wurden die Subkommissionsmitglieder unaufgefordert und unverzüglich zu einer Einsichtnahme in die Akten eingeladen. Selbstverständlich hätten diese damals auch beschlagnahmt werden können.
Die von der PUK be- und verurteilten Projekte Espresso und NRW bilden die heutige Realität der Informatikprojekte nicht ab. Man habe Massnahmen ergriffen, was sich beispielsweise daran zeige, dass das Projekt Zensus bisher mustergültig laufe und dass das kantonale Datennetz hervorragend organisiert wurde. Weitere erfolgreiche Projekte sind: e-Government (Arbeitsbewilligungen für Ausländer), EDV-Lösung KSA, etc.
Bei den Projekten Espresso und NRW wurden tatsächlich grobe Fehler gemacht, was vom Regierungsrat bedauert werde. Allerdings könne man diese im Nachhinein nicht mehr beseitigen. Selbstverständlich werde aber versucht, solche Fehler in Zukunft nicht zu wiederholen.
Zur Ehrenrettung der damals Verantwortlichen merkt Adrian Ballmer an, diese hätten mit sehr viel Engagement auch sehr viel geleistet und es seien nicht nur Fehler gemacht worden. Gerade die beiden Projekte NRW und Espresso waren zudem ausgesprochen komplex und sehr anforderungsreich. Aus den Fehlern habe man Lehren gezogen und diese soweit umgesetzt. Die mittelfristige Ablösung der Software für die Lohnadministration und das Rechnungswesen werde frühzeitig geplant. Der Regierungsrat verfüge über einen Masterplan der Grossprojekte (nicht nur für den Bereich Informatik) mit den wichtigsten Angaben wie Projektinhalt, Auftraggeber, Projektleitung, Projektstart, voraussichtliches Projektende sowie Datum und Inhalt des nächsten Meilensteins.
Bea Fuchs benutzte relativ starke Worte bei ihrer Schilderung der Situation in der Vergangenheit. Heute liegt dem Landrat jedoch ein Bericht der GPK über die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit vor, welcher über eine Visitation der Subkommission 1 beim Generalsekretariat der FKD berichtet. Beim Generalsekretariat FKD sei bekanntlich die Informatik beheimatet und die Subkommission berichte: "Die Organisation der Überwachung der Geschäfte macht einen effizienten, unkomplizierten und zweckmässigen Eindruck. Die Subko konnte sich bei ihrem Besuch davon überzeugen, dass das Generalsekretariat gute und effiziente Arbeit leistet. Sie gewann den Eindruck, dass die zu leistenden Arbeiten mit möglichst geringem finanziellen Aufwand erledigt werden. Der Gesamteindruck des Generalsekretariats ist aus Sicht der GPK Subko 1 gut." Diese Aussage kontrastiere zu gewissen Bemerkungen im Zusammenhang mit dem PUK-Bericht, was darauf hinweise, dass Korrekturen vorgenommen wurden.
Die heutige Regierung versuche, Landratsbeschlüsse und Regierungsratsbeschlüsse zu beachten. Nun wolle man sich aber mit der Zukunft befassen, was Adrian Ballmer zu einigen Bemerkungen zu den nachfolgend traktandierten Postulaten der PUK veranlasst. Der Regierungsrat sei bereit, diese entgegenzunehmen.
Zu Traktandum 13: Adrian Ballmer würde das Verfahrenspostulat nicht auf Informatikprojekte beschränken. Es gebe auch kleine Informatikprojekte oder aber Grossprojekte aus anderen Bereichen, bei welchen große Geldbeträge involviert und welche sehr komplex sind.
Zu Traktandum 14: Teilweise bestehen bereits Erfahrungsgruppen (insbesondere für die neueste Anwendung NEST) für den Austausch über Applikationen, welche von mehreren Kantonen gemeinsam genutzt werden.
Zu Traktandum 15: Der Regierungsrat beantragt, dieses Postulat entgegenzunehmen und gleichzeitig abzuschreiben, da der Datenschutz im Datenschutzgesetz und in der Datenschutzverordnung geregelt sei. Sämtliche Projektmanagementmethoden schreiben die Beachtung des Datenschutzes vor und der Datenschutz sei für jede Informatikapplikation spezifisch zu konzipieren. Mit dem IFA PASS bzw. neu HERMES bestehe zudem ein Leitfaden für das Vorgehen bezüglich Datenschutz.
Zu Traktandum 16: Das Thema wurde bereits im Rahmen von GIS aufgenommen, gegen eine Überweisung spreche jedoch nichts.
Zu Traktandum 17: Ein Informatikleitbild ist in Teilbereichen vorhanden und ein integrierendes Dach in Arbeit.
Zu Traktandum 18: Im Rahmen von GAP befasst man sich bereits mit diesem Thema.
Zu Traktandum 19: Damit werde ein echter Schwachpunkt angesprochen. Es besteht zwar eine schweizerische Informatikkonferenz, welche sich mit dem Thema befasse, offenbar sei der Leidensdruck bei den Kantonen jedoch noch nicht gross genug, als dass in einem breiteren Rahmen gemeinsame Applikationen genutzt würden. Entsprechender Druck in diesem Bereich wäre auch für den Investitionsschutz von Applikationen von grossem Vorteil.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 801
(Fortsetzung)
Ruedi Brassel dankt der PUK für ihre grosse Arbeit. Sie hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass das Vertrauen in die Abläufe und die Arbeit der Verwaltung wiederhergestellt werden kann, nachdem in Angesicht der Lektüre des Berichtes einige Zweifel aufgekommen sind.
Vor einem Jahr gab es einen Untersuchungsbericht, welcher nicht zuletzt durch Vertrauensschadensforderungen von Seiten des Kantons ausgelöst wurde; heute besteht ebenfalls ein Vertrauensschaden. In solchen Fällen braucht es offenbar parlamentarische Untersuchungskommissionen, um Fehler klar zu benennen. Ob Köpfe rollen müssen, ist eine andere Frage und ist wohl auch vom Gesetz her nicht unbedingt in der Kompetenz einer PUK.
Wenn im Bericht gelesen wird, wie die Beschlüsse von Regierung und Landrat missachtet worden sind und wie selbstherrlich die Projektleitung agiert hat, kann man nur staunen. Wie etwa in den Jahren 1994/95 das Projekt Neues Rechnungswesen (NRW) aufgegleist, wie Ausschreibungs- und Organisationsrichtlinien übergangen und wie die Sorgfalt und Kompetenzordnung bei der Vertragsunterzeichnung missachtet worden sind - das übertrifft das Vorstellbare bei weitem.
Angesichts der merkwürdigen Entscheidungskriterien, die zur Wahl des Lieferanten W. aus Ulm geführt haben, muss man sich wirklich fragen, was wohl an Weihnachten 1994 beim Baselbieter Besuch in Ulm und um Ulm herum alles passiert sei. Das wird man nicht mehr ausfindig machen können.
So wichtig es ist, solche Probleme zu benennen, so wichtig ist es auch, nach vorne zu schauen. Wenn der Finanzdirektor in der Presse zitiert wird, dass der PUK-Bericht wenig Neues zu Tage gebracht habe, fragt man sich, warum die Regierung nicht damals schon alles offen auf den Tisch legte, als es um die Einsetzung einer PUK ging. Wenn es zutreffen sollte, dass für den Regierungsrat nichts Neues ans Licht gekommen ist, muss man sich die Frage stellen, was denn sonst noch alles irgendwo im Dunkeln schlummert und vom Regierungsrat schlummern gelassen wird, weil keine Untersuchung läuft...
Die Haltung, zuerst gegen eine Untersuchung zu votieren und danach zu behaupten, es sei nichts Neues aufgetaucht, ist der Kern eines möglichen neuen Misstrauens und eines nachhaltigen Vertrauensschadens. Es ist deshalb zu begrüssen, dass heute auf der Regierungsbank bereits eine etwas andere Tonlage angestimmt worden ist. Hoffentlich folgen den Worten und Ankündigungen nun Taten.
Gelassenheit zu markieren, ist das Eine. Wenn aber diese Gelassenheit bedeutet, die wertvolle Arbeit und die Befunde der PUK einfach abzutun, wird die Gelassenheit rasch zur Überheblichkeit. Das Parlament und die Verwaltung verdienen die Achtung, welche der Bericht nachhaltig fordert.
Massive Fehler sind passiert. Die Verantwortlichen sind zum grössten Teil nicht mehr in ihren damaligen Funktionen und kommen insofern glimpflich davon. Trotzdem stellt sich in diesem Fall eine kleine Nebenfrage:
Der ehemalige Projektleiter für die Projekte NRW und Espresso, Dr. Martin Thomann, sitzt noch heute als Vertreter des Kantons Basel-Landschaft im Kinderspitalrat des UKBB und ist dort für den Bereich Informatik zuständig. Die SP wird deshalb in einer zusätzlichen Empfehlung die Regierung bitten zu prüfen, ob diese Vertretung mit dieser Zuständigkeit angesichts der Ergebnisse des PUK-Berichts immer noch gerechtfertigt erscheint.
Die Empfehlungen und Vorstösse der PUK helfen bestimmt, in Zukunft solche Fehler zu vermeiden. Aber die Debatte muss darüber hinaus genutzt werden, der Regierung drei Fragen zu stellen:
1.
|
Was erwartet der Regierungsrat heute von einem Projektverantwortlichen oder ganz allgemein von Mitarbeiter(inne)n in der Verwaltung, wenn diese zum Schluss kommen, die geltenden Regierungsratsbeschlüsse seien keine taugliche Grundlage für ihre Arbeit?
|
2.
|
Wie verhält sich der Regierungsrat künftig, wenn ihm bekannt wird, dass sich Projektverantwortliche über Regierungsratsbeschlüsse hinwegsetzen?
|
3.
|
Im Bericht ist nachlesbar, dass dem Altfinanzdirektor und Immernochständerat von Anfang an klar war, dass für das Projekt NRW zu wenig Geld und zu wenige Ressourcen eingesetzt waren. Wie würde der heutige Finanzdirektor reagieren, wenn ihm bewusst würde, dass einem Projekt von Anfang an zu wenige Mittel zur Verfügung stehen?
|
Agathe Schuler hat den ganzen umfangreichen PUK-Bericht bis zur letzten Seite gelesen. Dass sie das geschafft hat, zeigt, dass sie den Inhalt informativ und spannend und die Schilderungen phasenweise erschütternd gefunden hat. Dass die PUK keine Köpfe fordert, erstaunt. Wie moderat und wie nett werden doch die Umstände und Vorkommnisse rund um die EDV-Projekte des Kantons von vielen Seiten dargestellt!
Erstaunlich ist auch der zarte, sanfte, zahme Umgang der Medien mit dem Bericht. Es ist sehr ruhig geblieben nach der Medienkonferenz, an welcher der PUK-Bericht vorgestellt worden ist.
Tatsache ist: Rund um die EDV-Projekte unseres Kantons gab es gravierende Mängel und Fehler. Deshalb müssen an dieser Stelle zwei Feststellungen gemacht werden:
1.
|
Es entsteht der Eindruck, dass die Arbeit von Frauen in unserer Gesellschaft nach wie vor mit anderen Ellen gemessen wird als jene von Männer.
|
2.
|
EDV-Flops gehören in unserer Zeit offenbar zum guten Ton. Jedem ist schon einmal der Computer abgestürzt...
|
Regierungspräsident Adrian Ballmer nimmt Stellung zum Votum Ruedi Brassels. Zur Ehrenrettung von Martin Thomann ist zu sagen, dass dieser nicht nur Schwächen hat - wie alle anderen Menschen auch -, sondern auch ganz grosse Stärken. Die Frage ist jeweils, ob jemand so eingesetzt werden kann, dass seine Stärken zum Tragen kommen und seine Schwächen möglichst nicht. Heute ist er nicht mehr in operativer Verantwortung. Damit soll nicht Stellung genommen werden zur Frage, ob Martin Thomann nicht einen sehr guten Job macht in seiner Funktion im Kinderspitalrat.
Wenn in der Verwaltung Leute sich nicht an Beschlüsse des Land- oder Regierungsrates halten, kommt es - sofern es sich nicht um Gewählte, sondern um Angestellte handelt - beim ersten Mal zu einer Abmahnung, und bei einem nächsten Mal kommt dann der grössere Hammer zur Anwendung, was in gravierenden Fällen die sofortige Trennung bedeuten kann. Das steht dann aber nicht unbedingt in der Zeitung.
Wenn für ein Projekt zu wenige Mittel zur Verfügung stehen, dann kommt es darauf an, ob der Projektkredit bereits bewilligt worden ist oder nicht. Wird nach der Bewilligung erst festgestellt, dass es nicht reicht, wird die Finanzkommission sehr offen und sofort informiert - das wissen alle, die den Finanzdirektor kennen. Wird der zusätzliche Geldbedarf schon vor der Kreditbewilligung festgestellt, darf das Projekt so nicht laufen gelassen werden.
[Die Landratspräsidentin lässt dem Regierungspräsidenten, nachdem sich dieser mehrmals geräuspert hat, ein Glas Wasser reichen, wofür er sich bedankt. - Heiterkeit]
Im Budget und in Projektkredite sollten nicht zu grosse Reserven eingebaut werden. Aber mit gezinkten Karten darf auch nicht gespielt werden, sondern die Finankommission bzw. der Landrat müssen informiert sein, dass ganz bewusst keine Reserven vorgesehen sind, und die Mittel müssen wirklich bewusst so knapp gehalten werden, dass die Beteiligten sich tatsächlich bemühen, die Limiten einzuhalten. Werden von Anfang an Reserven eingebaut, kann man sicher sein, dass das Geld am Schluss auch ausgegeben wird. Daher ist es besser und kein Beinbruch, wenn es hin und wieder einmal zu einem Nachtragskredit - und im Ausnahmefall auch zu einem zweiten - kommt. Würde so etwas nie passieren, wäre es nämlich ein Zeichen dafür, dass sich die Leute beim Budgetieren zu warm angezogen haben. Solange die Überschreitungen wirklich begründbar sind und in einem gewissen Rahmen bleiben und gleichzeitig andere Projektkredite unterschritten werden, ist alles in Ordnung.
Empfehlungen der PUK Informatik
Juliana Nufer betont, die FDP-Fraktion möchte vollumfänglich, klar und den Tatsachen entsprechend über Projekte, von der Evaluation bis zur definitiven Abrechnung informiert sein und wissen, ob die Steuergelder optimal verwendet werden. Für das Hinterfragen komplexer Vorlagen muss das Parlament mehr Zeit haben.
Richtlinien müssen befolgt und durchgesetzt und Kompetenzen klar geregelt sein. Wichtige Informationen gehören nicht ins Kleingedruckte. Etienne Morel hat das Vorgehen als «nicht ehrlich» bezeichnet. Im Fall von Espresso wurde zwar schon ehrlich informiert, aber eben nur im Kleingedruckten, das man nicht so genau beachtet.
Die Verwaltung und die Regierung müssen die speziellen Herausforderungen bei Grossprojekten erkennen, kommunizieren und dem Parlament entsprechende Lösungen präsentieren. Es geht nicht an, dass der Landrat die Lösungen bringen muss. In der Verwaltung ist ein entsprechendes Know-how intern aufzubauen, ebenso wie eine strategische Informatikpolitik.
Die im Bericht aufgeführten Empfehlungen sind allesamt legitim. Trotzdem stellen sich noch einige Fragen:
-
|
Muss der Kanton Basel-Landschaft bei neuen Projekten stets Vorreiter sein? Es ist bekannt, dass die Ersten wegen der auftretenden Kinderkrankheiten immer Lehrgeld zahlen müssen, und Lehrgeld ist nun einmal Steuergeld.
|
-
|
Muss der Kanton Basel-Landschaft alles im Alleingang durchziehen? Es gibt 26 Kantone in der Schweiz, also viele Gelegenheiten für Kooperationen und Erfahrungsaustausch.
|
-
|
Sollte bei zukünftigen Grossprojekten, welche vom Bund kommen, nicht mehr Widerstand von den Kantonen bestehen, so dass der Bund ihnen Unterstützung in der Form einheitlicher Richtlinien bietet?
|
-
|
Sollten die einzelnen Kantonsregierungen anlässlich der Direktionskonferenzen nicht vermehrt auf harmonisierte Lösungen hinarbeiten? Aus FDP-Sicht ist die Steuerharmonisierung ein gelungenes Projekt, wo die einzelnen Finanzdirektoren den
Puck
gesehen und die Softwareanbieter evaluiert haben, so dass letztlich eine Poollösung entstanden ist (Projekt Census).
|
-
|
Wie reagiert die Regierung bei einem Evaluationsentscheid in irgend einem Bereich, z.B. Bau oder Bildung, wenn es heisst, es sei bereits wieder eine Gesetzesrevision auf Bundesebene am Laufen, die einen wesentlichen Einfluss auf Sachthemen, Organisation oder Informatikanwendungen haben werde?
|
-
|
Was tut die Regierung, wenn es heisst, die Software könne mehr, als das Gesetz erlaube? Es macht keinen Sinn, Geld zu zahlen für etwas, das man gar nicht nutzen kann.
|
Ein Lösungsansatz wäre die Einführung eines durchgreifenden Projekt- und Risikomanagements für die strategisch wichtigsten Projekte. Einen entsprechenden Vorstoss hat die FDP eingereicht. Eine solche Funktion muss direkt bei der Regierung angesiedelt werden und die übergeordneten Probleme erkennen, so dass der Regierungsrat rechtzeitig agieren kann.
Es ist zu hoffen, dass die Regierung diesen Vorschlag prüft und aufnimmt und die nötigen Massnahmen künftig in allen Direktionen durchsetzt.
Empfehlungen 1 - 25 keine Wortbegehren
Ruedi Brassel präsentiert die von der SP-Fraktion beantragte neue Empfehlung 26 mit folgendem Wortlaut:
«Der Regierungsrat wird aufgefordert zu prüfen, ob es angesichts der Ergebnisse der PUK Informatik angebracht ist, wenn der ehemalige Projektleiter der Projekte Neues Rechnungswesen und Espresso, Dr. Martin Thomann, weiterhin als Vertreter des Kantons Baselland im Kinderspitalrat (UKBB) Einsitz hat und dort für den Bereich Informatik zuständig ist.»
Es ist nicht das erste Mal, dass der Landrat sich zur Zusammensetzung des Kinderspitalrats äussert. Auf Antrag der FDP-Fraktion ist vor nicht allzu langer Zeit sogar die Auswechslung der ganzen Crew verlangt worden. So weit will die SP-Fraktion gar nicht gehen; sie bittet die Regierung lediglich zu prüfen, ob die Einsitznahme Martin Thomanns als Vertreter des Kantons angesichts der Ergebnisse des PUK-Berichts noch vertretbar und angebracht sei.
://: Der Landrat stimmt der neuen Empfehlung Nr. 26 mit deutlichem Mehr zu.
Schlussabstimmung
://: Vom Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission Informatik vom 15. Juni 2004 wird einstimmig Kenntnis genommen.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
Back to Top