Protokoll der Landratssitzung vom 14. November 2002
Protokoll der Landratssitzung vom 14. November 2002 |
Nr. 1778
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2002/033
Motion von Urs Baumann vom 7. Februar 2002: Vermeidung von unliebsamen Überraschungen bei Institutionen mit Globalbudget
Adrian Ballmer
erklärt sich bereit, die Motion als Postulat entgegen zu nehmen. Inhaltlich gehe die Regierung mit Urs Baumann einig und sie beabsichtige, im Rahmen der Verordnung zum Finanzhaushaltsgesetz (FHG) Konzernrichtlinien zu erlassen. Man werde auch prüfen und berichten, ob sich eine Änderung des FHG aufdränge. Beim hier diskutierten Vorstoss handle es sich um ein klassisches Postulat, da kein Auftrag zur Änderung des FHG nötig sei.
Urs Baumann
ist mit der Umwandlung seines Vorstosses in ein Postulat einverstanden, bittet jedoch darum, sein Anliegen ernst zu nehmen und bereits jetzt umzusetzen, unabhängig von allfälligen Gesetzesänderungen.
://: Der Landrat überweist die Motion 2002/033 als Postulat an den Regierungsrat.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1779
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2002/035
Postulat der Justiz- und Polizeikommission vom 7. Februar 2002: Persönliche Haftung von Behördemitgliedern
Adrian Ballmer
beantragt dem Landrat, das Postulat entgegen zu nehmen und gleichzeitig abzuschreiben. Die Sach- und Haftpflichtrisiken des Kantons seien bereits umfassend analysiert worden, wobei man die Frage nach behördlichen Tätigkeiten mit relevantem Risiko für eine persönliche Haftbarkeit der Behördemitglieder eingehend geprüft habe. Aufgrund der Abklärungen unabhängiger Versicherungsexperten wurde 1999 eine Haftpflichtversicherung für den Kanton abgeschlossen, welche auch die persönliche Haftung von Behördemitgliedern angemessen abdecke.
Eine kurze Übersicht über den Inhalt bestehender Haftpflichtversicherungen zeigt, dass diese sich auf alle Aufgaben erstrecken, welche dem Kanton obliegen. Versichert sei die Haftpflicht, welche auf gesetzlichen Bestimmungen beruhe, die Haftpflicht versicherter Personen und versicherter Institutionen und Betriebe. Abgedeckt werden Anlage-, Betriebs-, Umwelt- und Produktionsrisiken, Personen-, Vermögens- und Sachschäden sowie Schadenverhütungskosten. Als gesetzliche Haftpflichtbestimmungen gelten sowohl privatrechtliche als auch öffentlichrechtliche Bestimmungen.
Die persönliche Haftung von Personen, welche mit Leitungs- oder Beaufsichtigungsaufgaben betraut sind, von Arbeitnehmern und Hilfspersonen ist versichert. Versichert ist zudem folgender Personenkreis: Regierungsmitglieder, Kommissionsmitglieder, Behördemitglieder, Beamte, Funktionäre, Aufsichts-, Verwaltungs- oder Stiftungsräte, Zivilstandsbeamte, Amtsvormünder, Beiräte, Beistände sowie Angehörige von Wehr-, Polizei- und Sanitätsdiensten. In der Haftpflichtpolice wurde vereinbart, dass der Versicherer im Schadensfall grundsätzlich auf die Geltendmachung von grober Fahrlässigkeit gemäss Artikel 14 des Versicherungs- und Vertragsgesetzes gegenüber den versicherten Personen verzichtet.
Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf Regierungsräte und übrige Arbeitnehmer in ihrer Tätigkeit als nicht-geschäftsführende Mitglieder in der Verwaltung von Aktiengesellschaften, Genossenschaften oder Stiftungen. Die Höchstentschädigung für Sach- und Personenschäden beträgt 50 Mio. Franken, eingeschlossen reine Vermögensschäden mit einer Sublimite von 10 Mio. Franken.
Das Postulat wurde also überprüft, könne nun aber abgeschrieben werden. Selbstverständlich werde die oben erwähnte Limite immer wieder den aktuellen Gegebenheiten angepasst.
Elisabeth Schneider
nimmt an Stelle des heute abwesenden Präsidenten der Justiz- und Polizeikommission zu Adrian Ballmers Äusserungen Stellung. Sie erklärt, der Justiz- und Polizeikommission sei es in ihrem Postulat in erster Linie um die Gemeindebehörden gegangen. Artikel 426 ZGB lege fest, dass der Vormund und die Mitglieder der vormundschaftlichen Behörden bei der Ausübung ihres Amtes die Regeln einer sorgfältigen Verwaltung zu beobachten haben und dass diese persönlich für Schäden, welche sie absichtlich oder fahrlässig verschuldet haben, haften.
Sie kann sich nicht vorstellen, dass sämtliche Mitglieder der Vormundschaftsbehörden sich bewusst seien, dass sie in dieser Funktion mit ihrem persönlichen Vermögen haften. Es stelle sich daher die Frage, ob die einzelnen Behördemitglieder selbst von ihrer Versicherung her genügend abgedeckt seien oder ob die Gemeinden über einen ausreichenden Versicherungsschutz verfügen.
Adrian Ballmer habe nicht erwähnt, dass die Revision des Gemeindegesetzes eine Änderung des EG ZGB anstrebe, um genau dieses Problem abzudecken. Elisabeth Schneider ging davon aus, dass der Regierungsrat aus diesem Grund die Abschreibung des vorliegenden Postulats beantrage. Es sei positiv, dass das Haftungsproblem im Bezug auf die vormundschaftlichen Tätigkeiten in der Revision des Gemeindegesetzes abgedeckt werde, jedoch befinde sich diese erst in Vernehmlassung und Elisabeth Schneider ist daher der Ansicht, das JPK-Postulat könne noch nicht abgeschrieben werden. Auch liegen Abklärungen zur Versicherungssituation in den Gemeinden, wie sie von der Justiz- und Polizeikommission verlangt wurden, nicht vor.
Nach Absprache mit den Mitgliedern der Justiz- und Polizeikommission beantragt Elisabeth Schneider, das Postulat an den Regierungsrat zu überweisen und aufrecht zu erhalten.
Adrian Ballmer
betont, im Postulatstext werde von Behördemitgliedern gesprochen und der Regierungsrat gehe selbstverständlich davon aus, dass damit die kantonalen Behörden gemeint seien, für welche er auch zuständig sei. Für die Versicherung von Gemeinden sei der Kanton auf keinen Fall zuständig. Er sei jedoch ohne Weiteres bereit, an der nächsten Sitzung mit dem Vorstand des Gemeindeverbandes über das Thema zu sprechen und abzuklären, ob die Versicherungsbedürfnisse der Gemeinden gepoolt werden sollen.
Ruedi Brassel
bestätigt, dass im Schlussabschnitt des Postulats nur allgemein von Behördemitgliedern gesprochen werde. Beim Lesen des gesamten Textes hingegen müsse anhand der Beispiele eindeutig klar werden, dass in erster Linie Gemeindebehörden angesprochen seien. In diesem Bereich bestehe ein erheblicher Nachholbedarf was die Deckung der Risiken betreffe. Das Risiko für Personen, welche beispielsweise ein Amt in der Vormundschaftsbehörde übernehmen, sei sehr gross und Ruedi Brassel bezweifelt, dass die Bereitschaft zur Übernahme eines Amtes steigen würde, wenn dieses Risiko besser bekannt wäre. Es sei unabdingbar, dass ein Versicherungsschutz auch für Behördemitglieder auf Gemeindeebene bestehe.
Es bestehen zwar Versicherungen, welche in der Regel aber nur Haftungen bis Fr. 500'000.- abdecken. Dies sei eindeutig zu wenig, insbesondere da eine Erhöhung der Deckung nicht mit grossen Kosten verbunden sei. Zwar bestehe die Absicht, im EG ZGB eine entsprechende Änderung vorzunehmen, diese Absichtserklärung könne aber keinesfalls die Grundlage bieten, das Postulat abzuschreiben.
Die SP-Fraktion spricht sich klar für die Überweisung des vorliegenden Postulats aus, ohne dieses gleichzeitig abzuschreiben.
Elisabeth Schneider
gibt ihrer Enttäuschung über die Behandlung des Postulats der Justiz- und Polizeikommission Ausdruck. Sie habe vorgängig beim Regierungsrat abklären lassen, weshalb er das Postulat abschreiben wolle, und die Antwort erhalten, dass die Vernehmlassung für die Revision des Gemeindegesetzes der Grund sei. In Adrian Ballmers Stellungnahme war davon jedoch keine Rede und sie frage sich, ob er davon gar keine Kenntnis habe. Offensichtlich habe Adrian Ballmer auch das Postulat nicht richtig gelesen, denn sonst wäre ihm klar geworden, dass es sich nicht nur um kantonale Behörden handle. Wenn eine landrätliche Kommission einen Vorstoss einreiche, erwartet Elisabeth Schneider, dass man diesen ernst nehme.
Bruno Steiger
ist mit einer gewissen Absicherung in bestimmten Ämtern einverstanden, das Postulat gehe ihm jedoch zu weit, denn offensichtlich wolle heutzutage niemand mehr etwas davon wissen, Eigenverantwortung zu übernehmen. Wenn jemand grobfahrlässig handle, so stelle dies in seinen Augen einen Straftatbestand dar, welcher nicht beschönigt werden dürfe. In einem solchen Fall mache die persönliche Haftung Sinn. Die Idee, dass Behördemitglieder für jede Schandtat versichert sein sollen, kann Bruno Steiger nicht mittragen. Er spricht sich daher für die Abschreibung des Postulats aus.
Für
Esther Maag
ist klar, dass der Kanton nicht die Versicherungskosten für die Gemeinden übernehme. Gleichzeitig sei aber offensichtlich, dass im Postulat auch die Gemeindebehörden angesprochen seien. Es sei grundsätzlich nicht nachvollziehbar, weshalb jemand, welcher ein Vormundschaftsamt übernommen habe, persönlich hafte. In der Regel könne man nämlich davon ausgehen, dass diese Personen nicht grobfahrlässig handeln. Abklärungen von Esther Maag haben ergeben, dass es schon vorgekommen sei, dass ein Behördemitglied haftbar gemacht wurde. Oftmals sei die persönliche Haftung den Behördemitgliedern gar nicht bekannt.
Esther Maag kann nicht nachvollziehen, weshalb die Haftungsfrage nicht sorgfältig und detailliert abgeklärt werde, und zwar für Behördemitglieder aus den Bereichen Gemeinde, Kanton und Bund, soweit dies möglich ist. Sie spricht sich auf jeden Fall dafür aus, das Postulat stehen zu lassen.
Roger Moll
möchte darauf hinweisen, dass es sich beim Vorstoss der Justiz- und Polizeikommission um ein Postulat handle. Aus den Ausführungen aller Sprecher ging hervor, dass gewisse Fragen noch abgeklärt werden sollen. Er empfiehlt daher, das Postulat stehen zu lassen, zumindest bis die Revision des Gemeindegesetzes abgeschlossen sei.
Adrian Ballmer
kann die Aufregung zu diesem Thema nicht ganz verstehen. Eine Haftpflichtversicherung stelle eine sinnvolle Einrichtung dar, jedoch sei der Kanton nicht für die Versicherungsdeckung der Gemeinden zuständig. Selbstverständlich werde er den Gemeinden die guten Dienste des Kantons anbieten und versuchen, für die Gemeinden günstige Lösungen zu finden.
://: Der Landrat beschliesst, das Postulat 2002/035 an den Regierungsrat zu überweisen und stehen zu lassen.
Ursula Jäggi-Baumann
macht darauf aufmerksam, dass Judith Hilber auf der Tribüne von weiteren Söhnen und Töchtern Gesellschaft erhalten hat, welche ihre Eltern zur Arbeit in der kantonalen Verwaltung begleitet haben.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1780
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2002/038
Interpellation von Urs Baumann vom 7. Februar 2002: Veranlagung von selbständig Erwerbenden. Schriftliche Antwort vom 24. September 2002
Urs Baumann
dankt dem Regierungsrat für die Beantwortung seiner Interpellation und stellt fest, er habe sein Ziel, die Verwaltung und die Steuerbehörde für sein Anliegen zu sensibilisieren, erreicht.
://: Damit ist die Interpellation erledigt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1781
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2002/102
Interpellation von Urs Wüthrich vom 18. April 2002: Briefpostzentrum aufs Land - nach Baselland? Antwort des Regierungsrates
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2002/268
Postulat von Urs Wüthrich vom 31. Oktober 2002: Briefpostzentrum muss in der Region bleiben!
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2002/139
Interpellation von Urs Wüthrich vom 6. Juni 2002: Poststellen werden geschlossen - handelt die Regierung entschlossen? Antwort des Regierungsrates
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2002/279
Resolution vom 14. November 2002: Projekt REMA der Schweizerischen Post ist nicht akzeptabel!
Erich Straumann
nimmt gleich zu allen vier Traktanden, welche die Post betreffen, Stellung.
Zur Interpellation 2002/102:
Die Regierung war sehr aktiv und Erich Straumann hat sich im Juni dieses Jahres zusammen mit seinem Amtskollegen Ralph Lewin mit dem Konzernleiter der Post, Ulrich Gygi, getroffen. Man habe dem Konzernleiter verschiedene Standorte für ein Briefpostzentrum im Raum Basel vorgeschlagen, beispielsweise im Gebiet des Adlertunnels, in Pratteln Nord (zwei mögliche Areale), in Münchenstein (ehemaliges ABB-Areal) oder beim Bahnhof in der Stadt Basel. Zu den Standortvorschlägen wurden dem Konzernleiter auch die entsprechenden Pläne mitgegeben. Dies alles habe aber offenbar nichts genützt.
Am 22. August 2002 untermauerten die Regierungen Basel-Stadt und Basel-Landschaft ihre Position noch einmal mit einem Schreiben an Ulrich Gygi. Anlässlich der gemeinsamen Regierungssitzung vom 3. September 2002 wurde daraufhin das Thema von beiden Regierungen diskutiert. Am 17. September 2002 ging ein Antwortschreiben von Ulrich Gygi ein, in welchem er informierte, die Post werde den Entscheid über die Briefpostzentren im Frühjahr 2003 fällen. Bereits am 31. Oktober 2002 jedoch erfolgte die Mitteilung über den Vorentscheid der Post, die Briefpostverarbeitung auf drei Standorte zu konzentrieren.
Am 31. Oktober 2002 fand ein Treffen der Volkswirtschaftsdirektoren der ganzen Schweiz im Raum Basel statt, auch dort habe man das Thema diskutiert. Ebenfalls diskutiert wurde es anlässlich eines Treffens mit den Baselbieter Nationalräten und dem Ständerat am 5. November 2002. Man unterhielt sich über Massnahmen, um den Druck gegenüber Bern zu erhöhen. Am 8. November fand ein neuerliches Treffen mit Ralph Lewin statt, an welchem der Anlass vom 13. November 2002 mit der neu ins Leben gerufenen Koordinationsgruppe, welche Erich Straumann bereits zu Beginn dieser Sitzung in seiner Erklärung erwähnte, geplant wurde.
Ebenfalls erwähnt hat Erich Straumann, dass sich Ralph Lewin heute mit einer Delegation aus beiden Kantonen zu einem Treffen mit den Bundesräten Leuenberger und Couchepin begeben habe. Zudem wird eine 3er-Delegation der Regierung BS und eine 2er-Delegation der Regierung BL sich am 10. Dezember 2002 erneut mit Ulrich Gygi treffen. Der Führungsspitze der Post sollen bis dahin weitere Alternativen vorgeschlagen werden.
Urs Wüthrich schlägt in seiner Interpellation und auch im
Postulat 2002/268
die Einsetzung einer Task-Force vor. Der Regierungsrat sei bereit, das Postulat mit einer Erklärung entgegen zu nehmen. Ausgedeutscht bedeute der Begriff der Task-Force eine Gruppe von Fachpersonen. Bei der bereits gebildeten Koordinationsgruppe jedoch handle es sich nicht um Fachpersonen, sondern um eine in der Politik, der Wirtschaft und bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgestützte Gruppe. Korrekterweise müsste diese als Arbeitsgruppe bezeichnet werden. Basel-Stadt und Basel-Landschaft seien gemeinsam auf der Suche nach einem Experten, welcher in Zusammenarbeit mit der Koordinationsgruppe neue und seriöse Vorschläge an die Post ausarbeiten soll.
Zur Interpellation 2002/139 betreffend die Poststellen:
Auch hier habe sich die Regierung in Zusammenarbeit mit dem Verband der Gemeinden stark eingesetzt, rechtlich habe die Regierung jedoch keine Handhabe, um den Beschluss betreffend Schliessung von Poststellen aufzuheben. Die Regierung werde nicht separat informiert und entnehme ihre Informationen zur Schliessung von Poststellen jeweils der Presse. Gespräche mit der Post im Januar 2001 haben gezeigt, dass die Post Regionen bilden wolle, mit verschiedenen Modellen jedoch den Service Public aufrecht erhalte. Laut Post wolle man gezielt auf die verschiedenen Gemeinden zugehen und die Pläne mit den Gemeinderäten diskutieren.
In der Frage der Poststellen gelangte der Regierungsrat an Bundesrat Moritz Leuenberger, welcher erklärte, die Poststellenschliessungen entsprächen einem Auftrag des Parlamentes, welcher umgesetzt werden müsse.
Erich Straumann
hofft, dass mit der Verabschiedung der heute traktandierten Resolution bei den Verantwortlichen der Post noch einmal entsprechender Druck ausgeübt werden könne und es sei vorgesehen, dass sich die Koordinationsgruppe zumindest einmal monatlich treffen werde.
Ursula Jäggi-Baumann
fragt Urs Wüthrich an, ob er von den Antworten zu seinen Interpellationen befriedigt sei.
://: Die vom Interpellanten beantragte Diskussion wird bewilligt.
Urs Wüthrich
stellt fest, die Befürchtungen, welche die SP-Fraktion in ihrer Interpellation bereits im Frühjahr 2002 ausdrückte, drohten nun bittere Realität zu werden. Direkte Opfer der geplanten Radikalkur bezüglich der Briefpostzentren sind in unserer Region rund 1'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, viele mit schlechten Chancen auf einem immer schwierigeren Arbeitsmarkt. Indirekt betroffen seien aber auch Wohnbaugenossenschaften, der Detailhandel sowie Kanton und Gemeinden, welche anstatt mit Steuereinnahmen mit Sozialkosten konfrontiert werden.
Urs Wüthrich drückt der Regierung seinen Dank aus für das, was sie bereits unternommen habe. Es sei positiv, dass die Aktivitäten koordiniert und gemeinsam mit Basel-Stadt oder im Zusammenhang mit den Poststellenschliessungen gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden unternommen wurden. Seit gestern bestehe mit der bereits mehrfach erwähnten Arbeitsgruppe zudem ein wichtiges Koordinationsinstrument um zu verhindern, dass unsere Region zur postalischen Provinz degradiert werde.
Das Beispiel Adtranz lehre, dass drei Faktoren für einen erfolgreichen Widerstand gegen den Arbeitsplatzabbau und für den Erhalt von Arbeitsplätzen wichtig seien: Die Bündelung der Kräfte und das koordinierte Vorgehen über Kantons- und Parteigrenzen hinweg. Mit der von allen Fraktionen unterzeichneten Resolution könne man heute einen ersten Schritt in diese Richtung unternehmen. Für Urs Wüthrich ist es ermutigend, wie inzwischen alle Fraktionen ihr Herz für den Service Public entdeckt haben, ein vor wenigen Jahren noch exklusiv von den Linken und Gewerkschaften verwendeter Begriff. Es sei nun jedoch wichtig, dass auf die Worte auch Taten folgen. Die Resolution sei unter anderem für die betroffene Belegschaft sehr wichtig, welche heute nach 16 Uhr eine Protestversammlung abhalten werde. Sie werde den Betroffenen sicherlich den Rücken stärken und Mut machen.
Ein zweiter, wichtiger Punkt im Kampf um Arbeitsplätze seien Know-how und Sachverstand. Es sei nicht Aufgabe des Landrates, den logistischen Experten der Post die Arbeit abzunehmen und Konzepte zu entwickeln, jedoch ist genügend Sachverstand nötig, um die Lösungsvorschläge der Post kritisch zu beurteilen und allfällige ergänzende Varianten zu entwickeln. Urs Wüthrich zeigt sich daher sehr froh, dass das Anliegen der SP, die Koordinationsgruppe mit Sachverstand zu verstärken, von den Regierungen aufgenommen wurde.
Schliesslich genügen Argumente alleine nicht, es brauche klaren politischen und gewerkschaftlichen Druck. Mit ihrer spontanen Kundgebung am 22. Oktober 2002 haben die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Widerstand bereits mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht und sie werden auch heute klar machen, dass sie nicht bereit sind, die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze kampflos hinzunehmen.
Es gehe heute nicht darum, Schuldzuweisungen vorzunehmen, sonder darum, als Region geschlossen und entschlossen aufzutreten. Man müsse sich jedoch auch die Tatsache in Erinnerung rufen, dass im Grunde genommen die Politik für die heutige Situation verantwortlich zeichne, denn sie sei für die Rahmenbedingungen des Service Public zuständig. Liberalisierung sei kein Naturgesetz und Privatisierung kein Schicksal. Es handle sich dabei um Entwicklungen, welche von einer Mehrheit der Parlamente unterstützt wurden. Als Beispiel nennt er eine Motion von Andrea Hämmerle, welche eine flächendeckende Versorgung mit Poststellen verlangt. Diese Motion wurde im Nationalrat mit 81:77 Stimmen knapp abgelehnt. Unter anderem stimmten Paul Kurrus, Hans Rudolf Gysin und Caspar Baader dagegen.
Zusammenfassend erklärt Urs Wüthrich, es gehe heute darum, sich für ein koordiniertes Vorgehen einzusetzen und er hoffe daher, dass die Resolution einstimmig verabschiedet werde. Weiter müssen konkrete Lösungsvorschläge ausgearbeitet werden. Wichtig sei dabei die Kontinuität und eine laute Stimme für die Anliegen unserer Region.
Paul Schär
wird sich etwas ausführlicher als üblich zu dieser Thematik äussern, denn man diskutiere hier ein Kernproblem. Er wolle sich zu folgenden Themen äussern:
- "Die Nordwestschweiz"
- "Mit vereinten Kräften sind wir stärker"
- "Die Post geht ab"
- "Was wollen wir?"
- "Die Nordwestschweiz"
Paul Schär zeigt die Titelseite einer Sonntagszeitung, auf welcher eine Kartendarstellung der Schweiz zu sehen ist. Erfreulicherweise werde die Nordwestecke der Schweiz darauf nicht als Randgebiet bezeichnet, sondern dem Mitteland zugeteilt. Von diesem ist unsere Region jedoch durch den Jura und das Nadelöhr Belchen abgetrennt. Trotzdem stellt die Region Basel den zweitwichtigsten Wirtschaftsraum der Schweiz, das grösste Logistikzentrum der Schweiz und eine Drehscheibe zu Deutschland und Frankreich dar. Im Rahmen des Finanzausgleichs fliessen erhebliche Mittel an die übrige Schweiz. Um dem Gewicht unserer Region mehr Gehör zu verschaffen, habe man sich daher dafür eingesetzt, dass die beiden Basel je zwei Ständeräte erhalten. Diese Forderung konnte leider nicht durchgesetzt werden.
- "Mit vereinten Kräften sind wir stärker"
Paul Schär zeigt sich erstaunt über die enorm starke Lobby für das Wallis, das Tessin und das Bündnerland. Eine derartige Lobby in gutem Sinne sollte auch Ziel für unsere Region sein. Die Nordwestschweiz müsse vereint auftreten. Es sei notwendig, überparteilich vorzugehen und effektives Risk Management zu betreiben, dies in Verbindung mit der Einführung eines Frühwarnsystems und einer rollenden Lagebeurteilung. Dies gelte nicht nur für den Themenbereich Post, sondern auch für die Universität, die Fachhochschulen oder Verkehrsfragen.
- "Die Post geht ab"
Es sei logisch, dass sich der Markt ständig verändere und dass die Post damit beauftragt sei, sich neu auszurichten und sich betriebswirtschaftlich zu optimieren, um in Zukunft bestehen zu können. Paul Schär steht im Übrigen hinter dem Service Public-Auftrag, jedoch sei es sehr schwierig, all diese Anliegen unter einen Hut zu bringen. Schon heute sei klar, dass die Liberalisierung des Postmarktes weiter fortschreiten werde.
Welche Strategie soll nun aber die Post verfolgen? Beim Modell Mittelland werden die Schwerpunkte in den Räumen Genf, Bern und Zürich gesetzt. Fraglich sei, ob dies betriebswirtschaftlich, ökologisch und volkswirtschaftlich verantwortet werden könne. Diesen Weitschuss von Ulrich Gygi bezeichnet Paul Schär als mit der Brechstange erzwungen und unverantwortlich. Die Variante Mittelland bedeutet für unsere Region: kein Briefpostzentrum in Basel, Verlust von 900 Arbeitsstellen, Verdrängen der Region als Randgebiet.
Unter massivem Druck von allen Seiten schlug die Post daraufhin das Modell Mittelland Plus vor. Dieses sieht je ein zusätzliches Zentrum in Lausanne und 20 Kilometer östlich von Zürich vor. Diese Idee bezeichnet Paul Schär als unverantwortlich und absolut unseriös, denn es handle sich dabei einzig und allein um Augenwischerei.
Da der Druck auf die Post aufrechterhalten blieb, wurde das Modell Drei Plus vorgeschlagen. Man hält damit an Genf, Bern und Zürich fest, daneben ergeben sich verschiedene Zusatzvarianten. Eine Zusatzvariante Basel wurde allerdings nicht aufgeführt. Hier müsse man einhaken und hier habe die Regierung bisher auch sehr geschickt gehandelt. In die Variante Drei Plus müsse die Nordwestschweiz mit der Drehscheibe Dreiländereck einbezogen werden.
Die Fraktionspräsidien mussten feststellen, dass die Post eine unakzeptable Kommunikationspolitik betreibe.
- "Was wollen wir?"
Der mit dem gestrigen Treffen der Kontaktgruppe gemachte Auftakt muss genutzt werden, um den Verantwortlichen zu zeigen, dass Basel nun in die Championsleague aufgestiegen sei und auch darin bleiben wolle. Von jetzt an gelte es, als Region vorwärts zu gehen, die vorgeschlagene Resolution zu überweisen und die Regierung für das weitere Vorgehen zu stärken. Es sei sehr wichtig, dass die Kontaktgruppe ihre Arbeit weiterführe, denn diese Plattform könne dazu genutzt werden, unsere Region zu positionieren und weitere Standortentscheide zu präparieren.
Abschliessend betont Paul Schär, die Region rücke zusammen und man müsse diese Chance nutzen. Selbstverständlich unterstütze die FDP- Fraktion sowohl das Postulat als auch die Resolution.
Ursula Jäggi-Baumann
unterbricht die Beratung an dieser Stelle und wird diese am Nachmittag wieder aufnehmen.
Fortsetzung der Beratung
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Begründung der persönlichen Vorstösse
Nr. 1782
2002/280
Motion der SP-Fraktion vom 14. November 2002: Standesinitiative Einheitskrankenkasse für die Grundversicherung
Nr. 1783
2002/281
Motion von Fredy Gerber vom 14. November 2002: Konzept zur Einführung von Schnellrichterinnen und Schnellrichtern gegen die Massenkriminalität, insbesondere gegen den Drogenhandel
Nr. 1784
2002/282
Motion der CVP/EVP-Fraktion vom 14. November 2002: Fremdplatzierung von Kindern in Gastfamilien
Nr. 1785
2002/283
Postulat der SP-Fraktion vom 14. November 2002: Finanzierung von stationären Platzierungen von Kindern und Jugendlichen sowie pädagogischen Familienbegleitungen
Nr. 1786
2002/284
Postulat von Hans Jermann vom 14. November 2002: Verkehrsampeln mit Zeitanzeige
Nr. 1787
2002/285
Postulat von Peter Zwick vom 14. November 2002: "Raum der Stille" in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Liestal
Nr. 1788
2002/286
Interpellation der SP-Fraktion vom 14. November 2002: Herausforderung Alter
Nr. 1789
2002/287
Interpellation von Eugen Tanner vom 14. November 2002: Welche Fachhochschule braucht unsere Region
Nr. 1790
2002/288
Interpellation von Jörg Krähenbühl vom 14. November 2002: Prävention gegen Cannabiskonsum$ Vorstösse einfügen!
Zu allen Vorstössen keine Wortbegehren.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 1791
Überweisungen des Büros
Landratspräsidentin
Urusla Jäggi
gibt Kenntnis von folgenden Überweisungen:
2002/274
Bericht des Regierungsrates vom 5. November 2002: Jahresrechnung des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB) 1999 und 2000; Beschlüsse des Landrates vom 7. Februar 2002 (LRB Nr. 1481 und Nr. 1482); Bericht über die Umsetzung der insgesamt 4 Empfehlungen;
direkter Beratung
2002/275
Bericht des Regierungsrates vom 5. November 2002: Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) Genehmigung von Globalbeiträgen für die Jahre 2003 und 2004;
an die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
2002/277
Bericht des Regierungsrates vom 5. November 2002: Jahresbericht und Rechnung des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB) für das Betriebsjahr 2001 sowie Abtragung der aufgelaufenen Finanzierungslücken der Jahre 1999 bis 2002;
an die Geschäftsprüfungskommission, die Finanzkommission wird zum Mitbericht zum Teil "Abtragung der aufgelaufenen Finanzierungslücken" eingeladen
2002/278
Bericht des Regierungsrates vom 12. November 2002: Teuerungsausgleich gemäss § 49 des Personaldekretes für das Jahr 2003;
an die Personalkommission
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Weiterführung der "Postdebatte" vom Vormittag.
7 2002/102
Interpellation von Urs Wüthrich vom 18. April 2002: Briefpostzentrum aufs Land - nach Baselland?
8 2002/268
Postulat von Urs Wüthrich vom 31. Oktober 2002: Briefpostzentrum muss in der Region bleiben!
9 2002/139
Interpellation von Urs Wüthrich vom 6. Juni 2002: Poststellen werden geschlossen - handelt die Regierung entschlossen?
9a 2002/279
Resolution der SP-Fraktionen vom 14. November 2002: Projekt REMA der Schweizerischen Post ist nicht akzeptabel!
Uwe Klein
will sich etwas kürzer fassen als die Referenten vom Morgen, Urs Wüthrich und Paul Schär.
Die CVP/EVP- Fraktion beobachtet die Pläne der Postdirektion, die Briefpostzentren auf einen Minimalbestand zu reduzieren, mit grosser Sorge. Zwar hat auch die CVP/EVP-Fraktion Verständnis für die betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Postdirektion, doch sollten nach Meinung der Fraktion auch staatspolitische, moralische und ökologische Faktoren in die Entscheidung mit einbezogen werden. Eine Radikalkur ist deshalb nicht zu rechtfertigen. Die Post soll mit den Kantonen Baselland und Baselstadt und der Unterstützung der Parlamente und der Regierungen eine Regelung treffen. Die CVP/EVP spricht sich für Überweisung des Postulates aus.
Hans Schäublin
ist der Auffassung, dass die Reaktion der beiden Regierungen auf die Aufhebung des Briefpostzentrums richtig ist. Damit das Vorhaben gelingt und in Bern gehandelt wird, ist der Zusammenschluss aller Kräfte gefordert.
Die Qualifizierung der Regierungsrätin und der Regierungsräte durch die SP anlässlich ihrer Wahlveranstaltungen, weist Hans Schäublin zurück. Es stände der SP gut an, in den eigenen Reihen für Ordnung zu sorgen, Stichwort Bundesrat oder Leitung der Post.
Olivier Rüegsegger
unterstützt namens der Grünen die gemeinsame Stossrichtung. In die Diskussion, wer mit wem nun abzurechnen habe, lässt sich Olivier Rüegsegger im Zusammenhang mit der vorliegenden Resolution nicht ein.
Max Ribi
weiss aus der Presseberichterstattung, dass der oberste Postchef, Ulrich Gigy, SP-Mitglied ist. Deshalb möchte Max Ribi von Urs Wüthrich, SP, erfahren, ob er die Kritik auch bei Parteigenosse Gigy angebracht habe und falls ja, welche Wirkung diese Kritik gezeigt habe.
Weiter möchte Max Ribi wissen, ob jemand die viel gelobte Wirtschfaftlichkeit des neuen Konzeptes überprüft habe, oder ob allenfalls bloss gewisse Gepflogenheiten aus der EU nachvollzogen werden sollten.
Heinz Mattmüller
unterstützt als Sprecher der Schweizer Demokraten das Postulat und auch die Resolution. Insbesondere das Hin- und Herfugen in der Meinung, andernorts sei der Verarbeitungsprozess billiger zu haben, wirke störend.
Urs Wüthrich
antwortet Max Ribi, Ulrich Gigy werde heute von zwei Seiten kritisiert: Einerseits von jenen, welche die Pläne schon immer für fraglich hielten, dazu zählt sich Urs Wüthrich selbst, und andererseits von jenen, die kürzlich entdeckt haben, dass man dagegen sein könnte. Ulrich Gigy müsse innerhalb der von der Politik gesetzten Leitplanken handeln, zum Beispiel der Leitplanke, Monopolbetriebe seien abzuschaffen, oder der Leitplanken Rentabilität und Ökologie.
Das Postulat verlange den Zuzug von Sachverstand gerade deshalb, weil geklärt werden soll, ob das vorgeschlagene Konzept tatsächlich wirtschaftlich sei. Erfreulicherweise hätten sich die Regierungen bereit erklärt, diesen Sachverstand beiziehen zu wollen.
RR Erich Straumann
unterstützt den Beizug von Expertinnen oder Experten, um die Wirtschaftlichkeit überprüfen zu können.
://: Damit ist Interpellation 2002/102 von Urs Wüthrich beantwortet.
://: Die Regierung nimmt das Postulat 2002/268 von Urs Wüthrich entgegen.
://: Damit ist die Interpellation 2002/139 von Urs Wüthrich beantwortet.
Ursula Jäggi-Baumann
gibt bekannt, dass zur Weiterleitung der Resolution 60 Stimmen notwendig sind.
://: Der Landrat stimmt der Resolution 2002/279 mit 71 zu 0 Stimmen zu.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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