Protokoll der Landratssitzung vom 9. Januar 2003

Nr. 1931

15 2002/100
Postulat von Thomas Friedli vom 18. April 2002: Einheitliche Verwaltungs- und Verantwortungsstrukturen für den Bevölkerungsschutz und die Feuerwehren

Der Regierungsrat ist nicht bereit, das Postulat entgegenzunehmen.

Regierungsrat Adrian Ballmer rekapituliert: Das Postulat verlangt Prüfung, inwieweit Zivilschutz, Öl- und Chemiewehr, Orts- und Stützpunktfeuerwehren unter einer Direktion und in einer Verwaltungsstruktur wahrgenommen werden sollen. Die Fragen seien schon x-fach überprüft worden, und der Regierungsrat lehnt das Postulat ab. 99 Prozent der Fälle werden durch die Feuerwehr in bewährter Koordination mit Polizei und Sanität bewältigt. Daher sei es auch sinnvoll, dass die Feuerwehr im Regelfall die Ereignisdienste koordiniert, und nicht der Bevölkerungsschutz. Im sehr seltenen Katastrophenfall werden bereits alle Ereignisdienste dem Bevölkerungsschutz unterstellt, führt Adrian Ballmer weiter aus, also Polizei, Feuerwehr, Sanität, technische Betriebe, Zivilschutz und Militär. Die Zusammenarbeit zwischen den Ereignisdiensten funktioniere in der Regel gut. Es laufen auch Projekte, um mögliche Synergien zu vertiefen. Die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der verschiedenen Ereignisdienste erfolge in der laufenden Revision des Gesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz im Kanton Basel-Landschaft. Am 9. Dezember 2002 hat der Regierungsrat die Vernehmlassungsvorlage verabschiedet. Die Vernehmlassung läuft noch bis zum 31. März 2003. Die Feuerwehr sei eine kommunale Aufgabe und soll auch eine kommunale Aufgabe bleiben. Die Gemeinden beweisen mit Feuerwehrverbünden und Stützpunktfeuerwehr - eine davon sei die Berufsfeuerwehr in Basel - dass sie durchaus in der Lage sind, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Feuerwehr wird in den Bereichen Ausbildung, Material und Projekte durch die Gebäudeversicherung unterstützt, was die Gemeinden erheblich entlastet - übrigens zu Lasten der Liegenschaftseigentümer. Die BGV ist eine selbstständige öffentlich-rechtliche Institution ohne Staatshaftung. Sie versichert sämtliche Gebäude gegen Feuer und Elementarschäden und finanziert sich über die Versicherungsprämien der Hauseigentümer. Sie ist also nicht Teil einer Direktion. Gestützt auf das Sachversicherungsgesetz leistete die BGV gemäss ihrem Grundsatz Sichern und Versichern in den letzten 10 Jahren ungefähr 100 Mio Franken an Brandverhütung und an die Feuerwehren. Zirka ein Drittel eines Prämien-Frankens fliesst in den Brandschutz. Damit die Gebäudeversicherung ihre anerkannt guten Resultate erzielen kann, muss das bewährte System von Sichern und Versichern erhalten bleiben. Das heisst, um günstige Prämien zu erhalten, muss die BGV den Schadenverlauf beeinflussen können. Sie kann dies, indem sie Einfluss auf Prävention und Brandbekämpfung nimmt. Unter anderem betreibt sie das interkantonale Feuerwehr-Ausbildungszentrum IFA in Balsthal. Es hat sich bewährt, dass die Gebäudeversicherung verantwortlich ist für Prävention und Unterstützung der Feuerwehr punkto Ausbildung und Material für die Brandbekämpfung. Daher lehnt der Regierungsrat das Postulat ab. Es könne ja wohl nicht sein, dass die BGV über den Prämien-Franken den Aufwand bezahlt, dabei aber nicht direkt Einfluss auf die Feuerwehr nehmen könne.

Bruno Steiger bedankt sich für die Ausführungen von Regierungsrat Adrian Ballmer. Man sehe anhand dieser Ausführungen ein, dass es keinen Sinn mache, das Postulat aufrechtzuerhalten. Die SD zieht das Postulat zurück.

://: Das Postulat 2002/100 von Thomas Friedli ist zurückgezogen.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei




Nr. 1932

16 2002/104
Interpellation der CVP/EVP-Fraktion vom 18. April 2002: Verwendung der ausserordentlichen jährlichen Beiträge aus den überschüssigen Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank. Schriftliche Antwort vom 5. November 2002

Uwe Klein bedankt sich beim Regierungsrat für die schriftliche Beantwortung der Fragen. Der Ausgang der Volksabstimmung habe einen anderen Weg genommen, als man es sich im April vorgestellt hat. Die CVP/EVP-Fraktion verzichtet auf eine Diskussion, da sie nach geschlagener Schlacht auf das Modell ein Drittel Bund, zwei Drittel Kantone eingeschwenkt ist.

://: Die Interpellation 2002/104 ist damit erledigt.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei




Nr. 1933

17 2002/248
Motion der FDP-Fraktion vom 17. Oktober 2002: Standesinitiative betreffend Aufteilung des überschüssigen Nationalbank-Golds (ein Drittel Bund, zwei Drittel Kanton)

Der Regierungsrat ist bereit, die Motion entgegenzunehmen.

Urs Wüthrich lehnt im Namen der SP-Fraktion die Standesinitiative ab. Richtig sei, dass die Solidaritätsstiftung seit der Volksabstimmung vom 22. September 'vom Tisch' ist. Hingegen sei für die SP-Fraktion nicht so eindeutig klar, dass kein Nationalbankgeld für die AHV eingesetzt werden soll. Die Ablehnung der Vorlagen sei ja zumindest in einem Fall ein Nein zur SVP-Initiative und nicht unbedingt ein Nein zu Beiträgen an die AHV gewesen. Mit der Standesinitiative soll faktisch verhindert werden, dass weiter über die Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank nachgedacht und diskutiert wird, beanstandet Urs Wüthrich. Für die SP ist aber die Debatte nicht, wie es im Vorstoss heisst, ein Brainstorming, sondern ein nötiger parlamentarischer Prozess, welcher je nachdem auch durchaus zu Verfassungsänderungen führen kann. Dies beispielsweise, wenn man zu der Einsicht gelange, einen Teil des Geldes für Bildung, vor allem Hochschulförderung, einzusetzen. In der Hochschulförderung müssen nach Urs Wüthrichs Meinung Entwicklungsschritte finanziert werden, die ganz klar über das hinausgehen, was der Bundesrat etwa vorgesehen hat. Der finanzielle Handlungsspielraum in diesem Bereich sei so eng, dass man eigentlich kaum mehr im internationalen Wettbewerb mithalten könne. Die SP-Fraktion möchte diese Debatte nicht verhindern und lehnt daher die Initiative ab.

Hans Schäublin begründet kurz, warum die SVP die Initiative ablehnt: Er glaubt nicht, dass der Landrat die
"richtige Ebene des Kantons" ist, um über die Geldverteilung in diesem Fall zu bestimmen. Der Kanton müsse in erster Linie mit den eigenen Geldern vorsichtig umgehen d.h. gut wirtschaften, und nicht einfach irgendwo ein solches "Kässeli" anzapfen wollen. Die SVP ist gegen eine Überweisung der Standesinitiative. Hans Schäublin ist der Meinung, dass das Bundesparlament den ersten Verteiler machen muss. Seiner Meinung nach gibt es nach wie vor wichtige Institutionen, die Unterstützungsbedarf haben. Man könne das Geld aus den Goldreserven nicht einfach an die Kantone zurückgeben, denn das würde wiederum zur Streichung anderer Beiträge durch den Kanton führen, so dass man letztendlich wieder gleich weit sei. Er möchte daher beliebt machen, die Standesinitiative nicht zu unterstützen.

Sabine Pegoraro verdeutlicht, dass laut Text des Vorstosses eigentlich klar sein sollte, was man damit will: Die überschüssigen Goldreserven sollen so verteilt werden, wie es in der Bundesverfassung vorgesehen ist, nämlich ein Drittel an den Bund und zwei Drittel an den Kanton. Im Dezember habe man an der Budgetsitzung zwei Tage lang über das Budget und über die Kantonsfinanzen diskutiert, und von verschiedenen Parlamentariern seien diverse Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Situation gekommen. Hier habe man eine Gelegenheit, um gratis und franko etwas für die Finanzen zu tun. Bei einer Verteilung von Beträgen kämen jährlich zirka 12 Mio Franken dazu, "ohne dass man jemandem weh tut". Niemand muss etwas einsparen, und es gibt keine Steuererhöhung. Sabine Pegoraro appelliert an all diejenigen, welche stets an vorderster Front stehen mit der Forderung, man müsse in Bezug auf die Finanzen etwas tun. Sie müssten jetzt in die Pflicht genommen werden und zustimmen, denn alles andere sei nicht logisch.

Zur Abstimmung vom 22. September 2002: Für die FDP-Fraktion hat das Abstimmungsergebnis zwei Dinge aufgezeigt. Erstens will das Volk keine Sonderverwendung des Goldreserve-Geldes in ein "Sonderkässeli". Das Volk wolle also nicht etwa einen Bildungsfonds oder etwas Ähnliches. Es habe klar die Solidaritätsstiftung abgelehnt. Zweitens sieht die Bundesverfassung vor, dass zwei Drittel des Geldes an den Kanton und ein Drittel an den Bund gehen, eine vernünftige Lösung, meint Sabine Pegoraro. Bestimmt hätte jede Parlamentarierin und jeder Parlamentarier beim Bund oder im Kanton noch eine Idee, wie das Geld verwendet werden könnte. Man müsse sich aber im Klaren sein, dass diese Ideen nicht mehrheitsfähig sind. Im Gegenteil, es würde zu einer zweiten Volksabstimmung über die Idee AHV , zu einer dritten über die Idee Bildung usw. führen. Damit komme man einfach nicht weiter. Es gelte nun, nach Durchführung der ersten Volksabstimmung und mit der Einsicht, dass man mit Diskussionen auf keinen gemeinsamen Nenner kommt, das zu machen, was bereits in der Bundesverfassung vorgesehen ist und somit der Motion zuzustimmen. Auch die Kantone, bestehend aus Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, repräsentieren das Volk, betont Sabine Pegoraro. Man wolle nichts anderes als den Kantonen das geben, was ihnen laut Verfassung auch zusteht. Die Kantone brauchen viel Geld. Mit schöner Regelmässigkeit bekommen die Kantone vom Bund Aufgaben auferlegt, welche diese viel Geld kosten. Der Bund kümmert sich aber nicht darum, wie die Kantone dies finanzieren, sondern die Kantone sind auf sich selbst gestellt. Es sei nichts als richtig, die aus den überschüssigen Goldreserven entstehenden Gelder auch den Kantonen zufliessen zu lassen.

Zur Diskussion in Bezug auf die AHV führt Sabine Pegoraro aus, dass laut Bundesverfassung der Bund einen Drittel und der Kanton zwei Drittel bekommen soll. Wolle der Bund nun seinen Drittel in die AHV geben, so habe man nichts dagegen einzuwenden. Der FDP-Fraktion gehe es in erster Linie darum, dass der Kanton seine zwei Drittel bekommt. Die Finanzdirektoren haben bereits zugestimmt; man solle also schlau sein und es ebenso tun.

Bruno Steiger findet den im Titel des Vorstosses genannten Ausdruck überschüssige Goldreserven despektierlich, da es sich um Vermögen des Schweizer Volkes handle. Zudem sei es sehr eigenartig und bedenklich, dass man hier versuche, "wie unter Geiern das Tafelsilber zu verscherbeln". Man kenne ja die Ausgabenmentalität im eigenen Kanton. Beim Bildungsgesetz sei sinnlos Geld "verlocht" worden. Bruno Steiger verwahrt sich gegen eine Ausgabenmentalität im Sinne von: Je mehr man bekommt, umso mehr gibt man aus. Die SD ist dagegen, dass der Kanton jetzt auf dieses Geld zugreifen möchte. Man solle mit dem vorhandenen Geld richtig umgehen und erst beweisen, dass man aus den roten Zahlen herauskommt. Bruno Steiger findet es schade, dass heute unsere Goldreserven die Währung nicht mehr decken. Es handle sich hier offenbar um eine globale Einstellung; das (Papier-) Geld sei im Grunde nicht mehr das wert, wofür es ausgegeben werde. Er hält dies für eine "ungesunde Sache"; man rase immer mehr einer weltweiten Inflation entgegen. Auch absolut glaubwürdige Finanzfachleute würden dies bedauern. Bruno Steiger ist der Meinung, das Gold sei dort, wo es ist, am besten aufgehoben, dort könne es auch niemand verschleudern. Letztlich sehe er es immer noch lieber, wenn das Geld in die AHV fliesse, als wenn es an die Kantone verteilt werde und dann innerhalb eines Jahres aufgebraucht sei. Die SD lehnt die Standesinitiative ab.

Isaac Reber beanstandet, dass die Motion der FDP dieselbe Krux wie die Goldinitiative habe, denn sie lasse es offen, ob das Vermögen oder der Ertrag verwendet werden soll -- seiner Meinung nach ein gravierender Mangel. Dabei handle es sich für ihn um zwei ganz unterschiedliche Dinge. Er würde es beispielsweise kategorisch ablehnen, wenn das Vermögen nicht zweckgebunden verteilt werden sollte. Hingegen wäre eine zweckgebundene Verteilung desselben zur Schuldentilgung möglich. Man hinterlasse der kommenden Generation einen Schuldenberg, und wenn es nun eine Möglichkeit gebe, an Vermögen zu kommen, so müsse dieses zur Tilgung der Schulden eingesetzt werden. Den Vorschlag von Sabine Pegoraro, das Geld zu nehmen und zur kurzfristigen Aufpolierung des Budgets einzusetzen, hält er für nicht nachhaltig und daher nicht gut. Die Grüne Fraktion lehnt die Motion ab.

Max Ribi möchte trotz der vielen Vorwürfe, die die FDP bereits "eingesackt" habe, noch andere Überlegungen ins Spiel bringen: Es gibt einen Volksentscheid. Das Volk hat zweimal abgelehnt. Dies bedeutet, dass weiterhin Artikel 99, Absatz 4 der jetzigen Bundesverfassung gilt, welcher lautet: Der Reingewinn der Schweizerischen Nationalbank geht zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone. Zudem sei das hiesige Parlament ja vom Baselbieter Volk gewählt und repräsentiere dieses auch. Demzufolge vertrete Max Ribi in erster Linie auch die Interessen des Kantons. Er sei darauf bedacht, dass möglichst viel Geld 'hereinkommt', da der National- oder Bundesrat in dieser Hinsicht relativ wenig helfen. Auch an die Adresse der SVP richtet er sein Anliegen, man möge doch darauf achten, in diesem Sinne die Interessen des Kantons zu vertreten, so dass man nicht gezwungen werde, fallweise nach Bern "betteln" gehen zu müssen. Bruno Steiger müsse sich zudem nach der 'Schimpferei' über die FDP überlegen, für wen man hier im Parlament gewählt ist.

Sabine Pegoraro weist nochmals auf die Wichtigkeit der in ihrem ersten Votum gemachten Aussagen hin und bittet den Landrat um Überweisung der Motion.

Keine weiteren Wortmeldungen.

://: Der Landrat lehnt mit 39:29 Stimmen die Überweisung der Motion 2002/248 der FDP-Fraktion ab.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei




Nr. 1934

18 2002/119
Interpellation von Max Ribi vom 2. Mai 2002: Zahlungsmoral?. Schriftliche Antwort vom 5. November 2002

Der Landrat bewilligt die Diskussion.

Max Ribi äussert sich erschrocken über die Antwort der Regierung auf Frage 1 seiner Interpellation, die darlegt, wie viele Millionen Franken Staatssteuern nicht bezahlt werden. Und zwei Minuten zuvor, moniert er, habe man auf Millionen verzichtet, die dem Staat zugute kommen sollten. Seine Stellungnahme zur Frage 1 sei als Alarmglocke zu deuten. Zudem erschien erst kürzlich, am 6. Januar diesen Jahres, ein Presseartikel, in dem der Binninger Betreibungsamtsleiter René Hagmann sagte, die Politik müsse auf diesem Gebiet aktiv werden. Max Ribi stellt sich die Frage, ob unsere Gesellschaft so weit sei, dass eine Quellensteuer - zumindest bei den bekanntermassen Zahlungsunwilligen - eingeführt werden müsse. Man komme in arge Bedrängnis, wenn dieser Zustand anhalte. Er wiederholt daher seine Frage an den Regierungsrat, wie dieses Problem am besten angegangen werden könnte. Des weiteren nimmt er Bezug auf die in der regierungsrätlichen Antwort zu Frage 1 erwähnte Aufhebung der Steuerbefreiung von Ergänzungsleistungs-Beziehenden sowie der Rentenfreibeträge bei der AHV, welche wiederum dazu führt, dass manche Menschen nicht einmal mehr das Existenzminimum erreichen und somit auf anderem Weg entlastet werden müssen. Seiner Meinung nach habe alles in Zusammenhang mit dem Steuerharmonisierungsgesetz nur Unglück gebracht. Man habe ein gutes, soziales, ausgewogenes Steuergesetz gehabt und hätte damit alles, was nun geschehen sei - auch die Hauseigentümerdiskussion - vermeiden können. Aufgrund des Steuerharmonisierungsgesetzes sei alles abgeändert worden, und nun müsse man wieder alles, was kaputtgegangen sei, reparieren.

Zur regierungsrätlichen Antwort auf Frage 2 bemerkt Max Ribi, dass die Qualität der selbstdeklarierten Steuern nicht besonders gut sei. Hier stützt er sich auf eine Aussage von Martin Zweifel aus Zürich - "Steuerrechtler mit Haut und Haaren" - der sagt, korrekt eingereichte Steuererklärungen müssten als definitive Steuererklärungen betrachtet werden. Heute könne man eine Steuererklärung absichtlich falsch ausfüllen, und das Steueramt korrigiere "ohne Murren", es passiere nichts; dieses Risiko gehe man ein. In dieser Hinsicht müsste vielleicht etwas unternommen werden, meint Max Ribi. Das würde auf dem Steueramt auch weniger Arbeit verursachen.

Als Letztes möchte Max Ribi nochmals die Frage 4 seiner Interpellation an den Regierungsrat präzisieren: Bestehen Ideen, um den Missstand zu beheben, bevor es noch schlimmer wird?

Regierungsrat Adrian Ballmer macht darauf aufmerksam, dass die Regierung natürlich nicht die Welt ändern könne. Gewisse Entwicklungen seien zwar zu beklagen, aber schwer zu ändern. Früher sei es mit Sicherheit noch viel eher Ehrensache gewesen, seinen Verpflichtungen auch nachzukommen. Dieses Verhalten nehme offensichtlich ab, und die Regierung korrigiere dies nicht per Gesetze. Bei näherer Betrachtung der Zahlen stelle man fest, dass sich die Ausfälle nicht auf ein Jahr beziehen. Im Jahr 2002 waren Abschreibungen in der Grössenordnung von 8 Mio Franken budgetiert, dieser Betrag wurde auf 13 Mio erhöht. Falle dieser Betrag nun weg, so sei man beim Saldo der laufenden Rechnung zwar noch nicht auf null, aber selbstverständlich kämen die 10 bis 13 Mio Franken nicht ungelegen. In Bezug auf die Steuerharmonisierung sei nicht alles schlecht. Beispielsweise habe man - auch mit Blick auf diese Entwicklung - von der zweijährigen Vergangenheitsbemessung auf die einjährige Gegenwartsbemessung umgestellt. Dies in der Meinung, dass die zweijährige Bemessung ein Problem sein könnte, wenn Leute in Zeiten der wirtschaftlichen Rezession plötzlich zum Teil deutlich weniger verdienen, aber noch Steuern auf deutlich höhere Einkommen bezahlen müssen. Dieses Problem hält Adrian Ballmer nach Einführung der einjährigen Gegenwartsbesteuerung für wesentlich weniger gross. Selbstverständlich gebe es aber diejenigen, welche versuchen, bei den Steuern zu 'sparen'. Eine zunehmende Anzahl von Leuten glaube, gewisse Schulden erst in letzter Linie bezahlen zu müssen oder auch nicht. Auf den ersten Plätzen der "Hitparade" bei den Betreibungsämtern seien die Staatssteuern sowie die Krankenkassenprämien. Zudem sei Folgendes festzustellen: Je weiter das Gemeinwesen vom Einwohner entfernt ist, desto weniger werden die Steuern bezahlt, wenn Probleme auftauchen. In diesen Fällen gelte man eher noch die Gemeindesteuern ab als die Staatssteuern. Im Übrigen versuche man, das Inkasso möglichst straff zu vollziehen und nicht lange zuzuwarten. Je länger man abwarte, desto grössere Schwierigkeiten gebe es erfahrungsgemäss beim Inkasso. Insgesamt bereitet diese Entwicklung dem Regierungsrat Sorge. Aber es gibt glücklicherweise immer noch vielmehr Leute, die ihrer Verpflichtung freiwillig und ohne irgend welche Zwangsmittel nachkommen, betont Adrian Ballmer abschliessend.

Keine weitere Wortmeldung.

://: Die Interpellation 2002/119 von Max Ribi ist damit erledigt.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei




Nr. 1935

19 2002/128
Motion von Daniel Münger vom 23. Mai 2002: Für eine antizyklische Wirtschafts- und Finanzpolitik

Ursula Jäggi-Baumann gibt bekannt, dass der Regierungsrat nicht bereit ist, die Motion entgegenzunehmen.

Regierungsrat Adrian Ballmer erklärt, warum: Im Kanton Basel-Landschaft besteht kein Anlass, eine antizyklische Wirtschafts- und Finanzpolitik zu betreiben. Man darf feststellen, dass die bisherige Wirtschafts- und Finanzpolitik des Kantons dazu geführt hat, dass sich seine wirtschaftliche Entwicklung positiv vom schweizerischen Trend abhebt: Produktivität und Einkommen liegen deutlich über dem gesamtschweizerischen Mittel und wachsen auch rascher. Die Arbeitslosigkeit ist vergleichsweise tief und die öffentlichen Haushalte weisen keine gravierenden Ungleichgewichte auf.

Ein vergleichsweise kleiner Kanton wie Basel-Landschaft kann die eigene wirtschaftliche Entwicklung im heutigen Umfeld der Globalisierung und Restrukturierung nur in sehr begrenztem Ausmass beeinflussen. Deshalb ist die kantonale Wirtschaftspolitik weiterhin darauf auszurichten, Strukturen und Rahmenverbindungen zu schaffen bzw. zu verbessern, die es ermöglichen, die vorhandenen Standortvorteile zu sichern und zu verstärken.

Solide Staatsfinanzen sind ein wichtiger Standortvorteil. Eine antizyklische Stop-and-Go - Politik hat von daher äusserst ungewisse Erfolgsaussichten. Die Finanzpolitik muss aber für die Wirtschaft und die Einwohner des Kantons auch in Zukunft berechenbar bleiben. Deshalb zielt die Finanzpolitik der Regierung weiterhin auf den Ausgleich der Laufenden Rechnung, auf eine vollständige Selbstfinanzierung der Investitionen und auf eine Verstetigung der Investitionen auf vergleichsweise hohem Niveau. Eine Verstetigung der Investitionen ist auch für eine gleichmässige Auslastung der eigenen personellen Ressourcen sinnvoll. Deshalb lehnt der Regierungsrat die Motion ab.

Die jetzige Wirtschaftspolitik hält der Regierungsrat für eine vernünftige, und man wolle nicht im jetzigen Zeitpunkt mehr Geld 'rauspumpen' als notwendig.

Daniel Münger betont, antizyklische Wirtschafts- und Finanzpolitik bedeute Konjunkturpolitik, stelle aber auch den Versuch dar, Einfluss zu nehmen und Kosten zu vermindern, speziell bei der ALV. Antizyklische Finanz- und Wirtschaftspolitik schliesse aber auch vorausschauendes Handeln mit ein. Heute wäre man froh, man könnte zusätzliche Investitionen auslösen oder auch etwas dazu beitragen, dass sich die Beschäftigungssituation im Kanton verbessert. Es wäre hilfreich, wenn man auf die Wirtschaftslage, speziell in unserer Region, Einfluss nehmen könnte. Für die Wirtschaft bedeutet antizyklische Politik nicht nur Impulsgebung, sondern vor allem Binnenkonjunktur und bessere Unterstützung der Konjunktur in der Region. In diesem Sinne bittet Daniel Münger den Landrat, die Motion anzunehmen und den Regierungsrat zu beauftragen, die Grundlagen zu erarbeiten, dass in Zukunft in ähnlichen wirtschaftlichen Situationen wie heute eventuell Investitionen ausgelöst werden können.

Romy Anderegg ist der Ansicht, antizyklisches Verhalten bedeute nichts anderes als "Spare in Zeit, so hast du in der Not". Sie führt weiter aus: In den neunziger Jahren fing die finanzielle Lage der öffentlichen Hand an, sich drastisch zu verschlechtern. Die Staatseinnahmen wuchsen deutlich langsamer als die Staatsausgaben. Zudem wurden sehr grosszügige Ausgaben getätigt. Fachleute unterscheiden zwischen konjunkturellen und strukturellen Defiziten. Problematisch sind die strukturellen Defizite. Diese müssen durch Ausgabensenkungen angegangen werden. Das konjunkturelle Defizit wird bei steigendem Einkommen im nächsten Aufschwung von selber wieder verschwinden. Es besteht die Gefahr, dass sich eine antizyklische Finanzpolitik prozyklisch auswirkt. Der Kanton müsste sich im Ausmass der Defizite verschulden, wodurch der Zinsaufwand steigen oder weniger rasch fallen würde. Noch mehr Schulden anhäufen sei aber verantwortungslos gegenüber der Zukunft und der nächsten Generation. Antizyklisches Verhalten sei zwar wünschbar, praktisch aber nicht machbar, da der Staat keine geeigneten Reserven zur Verfügung hat oder haben darf. Im Übrigen sei die Verstetigung der Investitionen auf zirka 150 Mio Franken pro Jahr ein zu praktizierendes gutes Mittel zur Förderung von antizyklischem Verhalten. Es sei selten möglich, staatliche Bedürfnisse auf Zeiten konjunktureller Einbrüche zu verschieben. Zeitgerechtes Handeln sei viel wichtiger. Die FDP-Fraktion lehnt die Motion aus diesen Gründen ab.

Urs Baumann macht klar, dass die Volkswirtschaft Baselland nicht abgeschottet arbeiten könne. Es gebe auch keine Förderung des Binnenmarktes Baselland. Wolle man Investitionen fördern, dann gehe es um Grossinvestitionen, um Projekte, die das öffentliche Submissionsverfahren durchlaufen müssen. Die Abhängigkeit vom Ausland, von den Globalisierungsbemühungen sowie von unvorhergesehenen Aktionen wie z.B. dem momentanen "Säbelrasseln der Amerikaner", aber auch die Annahme, dass wir es möglicherweise nicht mit einer Rezession zu tun haben, sondern ganz einfach auf zu hohem Niveau leben, also strukturelle Probleme haben - all diese Faktoren lassen Urs Baumann zum Schluss kommen, dass eine Definition der Wirtschaftszyklen, wie man sie dereinst hatte, heute nicht mehr möglich ist. Seit ein paar Jahren rede man beispielsweise von einer Rezession, obwohl es immer noch einigermassen gut ging. Den Hebel ansetzen hätte man aber bereits vor zwei drei Jahren müssen. Die alte Volkswirtschaftslehre könne man heute nicht mehr anwenden. Es gehe nicht an, einfach weitere Schulden zu machen und diese Schulden der künftigen Generation zu überlassen. Denn man wisse nicht, wer diese Schulden dann letztlich abdecke. Urs Baumann bittet den Landrat "inständig", die Motion abzulehnen.

Keine weiteren Wortmeldungen.

Ursula Jäggi-Baumann lässt abstimmen.

://: Der Landrat lehnt die Überweisung der Motion 2002/128 von Daniel Münger ab.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Landratspräsidentin Ursula Jäggi-Baumann schliesst die Sitzung um 17.10 Uhr.


Die nächste Landratssitzung findet statt am 23. Januar 2003



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