Protokoll der Landratssitzung vom 23. Januar 2003
Protokoll der Landratssitzung vom 23. Januar 2003 |
Nr. 1942
2 2002/181
Berichte des Regierungsrates vom 3. September 2002 und der Justiz- und Polizeikommission vom 3. Dezember 2002: Effilex; Feststellung der Ausser-Kraftsetzung des Gesetzes betreffend den Hausier- Verkehr vom 2. April 1877 (SGS 542), des Gesetzes betreffend teilweise Abänderung beziehungsweise Ergänzung des Hausiergesetzes vom 2. April 1877 vom 15. November 1880 (SGS 542.1) und des Ergänzungsgesetzes ll zum Hausiergesetz vom 2. April 1877 vom 7. März 1932 (SGS 542.2)
Kommissionspräsident
Dieter Völlmin
führt aus: Die Vorlage steht unter dem Titel Effilex. Der Redner möchte dem Rechnung tragen und in keiner Weise zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Er weist darauf hin, dass es in der ursprünglichen Vorlage des Regierungsrates noch einen speziellen Beschluss gibt, der besagt, man müsse davon Kenntnis nehmen, dass ein Gesetz aufgehoben wurde. Im Antrag der Kommission begnügt man sich damit, die 23 Jahre alte Motion von Werner Zahn abzuschreiben. Dies sei im Bewusstsein geschehen, dass kantonale Gesetze, welche aufgrund von Bundesrecht aufgehoben werden, so oder so wegfallen. Dieter Völlmin bittet die Ratskollegen, dem einstimmig erlangten Kommissionsantrag zuzustimmen.
Ruedi Brassel
fasst sich ebenfalls kurz: Es geht um ein Gesetz aus dem vorletzten Jahrhundert, welches keine Gültigkeit mehr hat. Darin findet sich u.a. die Formulierung eines Verbots, ein Gewerbe auszuüben für "Leute mit ekelhaften oder ansteckenden Krankheiten". Solche und ähnliche Formulierungen seien glücklicherweise längst überholt. Das Gesetz müsse nicht mehr für ungültig erklärt werden, sondern die Motion, welche ihrerseits bereits aus dem letzten Jahrhundert stammt, könne einfach abgeschrieben werden. Die SP-Fraktion stimmt der Vorlage geschlossen zu.
Sabine Pegoraro
spricht sich im Namen der einstimmigen FDP-Fraktion für die Vorlage aus.
Elisabeth Schneider
ist ebenfalls namens der CVP/EVP-Fraktion für Abschreibung der über zwanzigjährigen Motion. Als Gemeindevertreterin fügt sie an die Adresse der Direktion an, dass die Gemeinden möglicherweise verunsichert sind, was mit diesen Änderungen auf sie zukommen wird in Bezug auf die Hausiergesetzgebung. Da die Gemeinden in diesem Bereich bisher doch einige Aufgaben übernommen haben, bittet Elisabeth Schneider, dass man sie mit den notwendigen Weisungen versieht.
Bruno Steiger
stellt fest, dass das Hausiergesetz nicht mehr der kantonalen Rechtsprechung untersteht und findet es daher nicht mehr als logisch, dieses Gesetz aufzuheben. In diesem Sinne sind auch die Schweizer Demokraten für Abschreibung.
Eduard Gysin
stimmt im Namen der Grünen Fraktion der Vorlage zu.
Regierungsrat
Andreas Koellreuter
ist der Kommission insofern dankbar, als sie in Zusammenhang mit diesem Geschäft eine grundsätzliche Frage aufgegriffen hat. Es geht um Angelegenheiten, die sich entweder durch Bundesrecht oder dadurch erübrigen, dass sie in einem anderen Gesetz Eingang finden. Er begrüsst daher die Idee, dass in Zukunft der Landrat zusammen mit der Sammelvorlage über das Ausser-Krafttreten kantonaler Bestimmungen periodisch informiert wird. Ebenfalls nimmt er die Idee von Elisabeth Schneider auf, den Gemeinden Hilfestellung zu leisten. Er wird prüfen, ob die Gemeinden allenfalls schriftlich darüber informiert werden sollen, was dies nun für sie im Besonderen bedeutet.
Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.
://: Der Landrat stimmt dem Landratsbeschluss und damit der Abschreibung der Motion Zahn aus dem Jahre 1980 (80/138) mit grossem Mehr ohne Gegenstimme zu.
Landratsbeschluss
betreffend Effilex; Feststellung der Ausser-Kraftsetzung des Gesetzes betreffend den HausierVerkehr vom 2. April 1877 (SGS 542), des Gesetzes betreffend teilweise Abänderung bzw. Ergänzung des Hausiergesetzes vom 2. April 1877 vom 15. November 1880 (SGS 542.1) und des Ergänzungsgesetzes II zum Hausiergesetz vom 2. April 1877 vom 7. März 1932 (SGS 542.2)
Vom 23. Januar 2003
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
In Kenntnis, dass das Gesetz betreffend den Hausier-Verkehr vom 2. April 1877 (SGS 542), das Gesetz betreffend die teilweise Abänderung beziehungsweise Ergänzung des Hausiergesetzes vom 2. April 1877 vom 15. November 1880 (SGS 542.1) und das Ergänzungsgesetz ll zum Hausiergesetz vom 2. April 1877 vom 7. März 1932 (SGS 542.2) mit Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über das Gewerbe der Reisenden beziehungsweise das Umweltschutzgesetz Basel-Landschaft ausser Kraft gesetzt sind, wird die Motion von Werner Zahn und Mitunterzeichnern betreffend Hausiergesetzgebung vom 1. September 1980 (80/138) abgeschrieben.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Nr. 1943
3 2002/179
Berichte des Regierungsrates vom 27. August 2002 und der Justiz- und Polizeikommission vom 30. Dezember 2002: Postulat (2000/064 vom 23. März 2000) von Bruno Krähenbühl und MitunterzeichnerInnen betreffend Einführung von staatlichen (oder staatlich anerkannten, kontrollierten und geförderten) Vorbereitungskursen für einbürgerungswillige ausländische Staatsangehörige; Abschreibung
Dieter Völlmin , Präsident der Justiz- und Polizeikommission, rekapituliert: Im November 2000 wurde ein Postulat betreffend Vorbereitungskurse für einbürgerungswillige ausländische Staatsangehörige überwiesen. Der darin an die Regierung gestellte Auftrag wurde von dieser, seines Erachtens, bestens erfüllt, was ihr auch die Kommission bescheinigte. Es wurde ein Grobkonzept ausgearbeitet. In der Kommission wurden Anhörungen gemacht, einerseits vom Postulanten, andererseits durch den Präsidenten des Forums für Integrationsfragen. Man hat festgestellt, dass beim Forum die Vorschläge des Regierungsrates sehr begrüsst werden. Ausserdem konnte man sich davon überzeugen, dass eine solide Basis für die Weiterarbeit besteht und dass auch auf Regierungsratsebene der Wille besteht, in dieser Richtung weiterzuarbeiten. Die Kommission kam daher zum Schluss, führt Dieter Völlmin aus, dass damit das Postulat erfüllt ist. Sie empfiehlt es aus diesen Gründen einstimmig ohne Enthaltung zur Abschreibung. Allerdings wird vom Regierungsrat erwartet, dass er der Kommission über die weitere Umsetzung des Projektes, welches u.a. die Zusammenarbeit mit den Bürgergemeinden beinhaltet, in zeitlichen Abständen von zwei bis drei Jahren Bericht erstattet.
Ruedi Brassel stellt fest, dass die Einbürgerung im Zuge des heutigen Konzepts am Schluss des Integrationsprozesses steht. Nicht immer sei es so gewesen. Noch vor hundert Jahren habe man mit der Einbürgerung den Integrationsprozess stimulieren wollen, gibt er zu bedenken. Allerdings sei die Ausgangslage heute anders. Daher hält Ruedi Brassel es für richtig, dass Kurse angeboten werden, welche den Schluss dieses Integrationsprozesses begleiten und den Menschen Unterstützung bieten. Genauso wichtig sei es aber, dies habe auch der Präsident des Forums für Integration betont, dass vorgängig eine ganze Reihe von Kursen und Angeboten bestehen müsse, welche diese Integration fördern, begleiten und anregen. Hier leiste der Ausländerdienst - sowie auch private Institutionen - viel Arbeit. Nun komme hinzu, was im Rahmen der Kantonsverfassung gemäss § 108 über den Beitrag von Kanton und Gemeinden zur Eingliederung von Ausländern vorgesehen ist; ein Angebot für den Abschluss des Integrationsprozesses. Gegenüber dem, was der Postulant vorgeschlagen hat, sind zwei Änderungen eingetreten. Erstens will man auf den Deutschunterricht nicht in diesem Kursangebot eingehen, da dort richtigerweise Deutsch bereits vorausgesetzt werde. Zweitens soll der Kurs auch für solche Leute geöffnet werden, die sich nicht unmittelbar einbürgern lassen wollen, aber ein Interesse am Kennenlernen und Funktionieren unserer Gesellschaft und unseres Staates bekunden. Voraussetzung für den Kursbesuch soll also nicht sein, dass man sich im Einbürgerungsprozess befindet. Die Regierung habe hier sehr gut vorgearbeitet, und dies in Zusammenarbeit mit dem Forum für Integrationsfragen, dessen wichtige Hintergrundarbeit der Redner hier auch einmal positiv erwähnen möchte. Für die SP-Fraktion ist es selbstverständlich, dass sie die weitere Arbeit positiv begleiten wird. Ebenso selbstverständlich ist für sie, dass der Auftrag, welchen Bruno Krähenbühl mit seinem Postulat gegeben hat, heute erfüllt ist. Das Konzept liege im groben Umriss vor. Nun gehe es darum, das Ganze zu realisieren. Die SP-Fraktion empfiehlt daher, das Postulat abzuschreiben und den Prozess weiterhin positiv zu begleiten.
Sabine Pegoraro ist im Namen der FDP-Fraktion ebenfalls für Abschreibung des Postulats. Integration müsse vorangetrieben werden. Es handle sich hier um ein wichtiges Anliegen, auch für die FDP, betont sie. Zudem sei heute von der FDP eine Interpellation eingereicht worden, welche eine Bestandesaufnahme und einen Überblick über die Integrationsbemühungen im Kanton fordert. Die im Grobkonzept aufgeführten Kurse hält Sabine Pegoraro für ein taugliches Mittel. Richtig sei auch die Ausklammerung der Deutschkurse. Auch sie vertritt die Auffassung, dass Deutschkenntnisse Voraussetzung zum Besuch der angebotenen Kurse sein sollen. Man ist gespannt, wie es weiter geht und der Meinung, dass es eine gute Sache wird, wenn das Feinkonzept in der vorskizzierten Art und Weise zustande kommt.
Elisabeth Schneider vertritt die Auffassung der CVP/EVP-Fraktion, welche das Postulat ebenfalls als erfüllt abschreiben möchte. Ihre Fraktion ist sehr zufrieden mit der Arbeit der Regierung und mit derjenigen des Forums für Integrationsfragen. Gleichzeitig ist die CVP/EVP einverstanden mit einem weiteren Vorgehen, welches den Integrationsprozess von ausländischen Staatsangehörigen vorantreiben hilft.
Hanspeter Wullschleger nimmt namens der SVP-Fraktion zur Kenntnis, dass in Sachen Vorbereitung für Einbürgerungswillige einiges gemacht wird. Die Fraktion ist für Abschreibung des Postulats.
Bruno Steiger bezeichnet sich und die SD-Fraktion nicht gerade als "Integrationseuphoriker". In erster Linie sei die Sache der Integration das Problem der Betroffenen. Die Idee der Einführung von Vorbereitungskursen für Einbürgerungswillige sei nicht schlecht; wie sich diese ausgestalten werden, das werde sich erst weisen. Man wolle es aber auf keinen Fall so abgeleitet sehen, dass jemand mit dem Kursbesuch automatisch Anspruch auf Einbürgerung habe. Nach wie vor müsse die Integration sprachlich, sozial, beruflich und kulturell erfolgt sein. Die SD sei auf jeden Fall gespannt, wie das Konzept ausgestaltet wird und werde auch bei der Entwicklung dabei sein und alles genau im Auge behalten. In diesem Sinne sind auch die Schweizer Demokraten für Abschreibung.
Eduard Gysin erklärt, das Postulat könne mit gutem Gewissen abgeschrieben werden. Die Regierung habe gute Arbeit geleistet und "lasse" gute Arbeit leisten. Er stellt fest, dass es eine breite Palette von Angeboten im Kanton gibt. Es liege an den bei uns lebenden Leuten aus dem Ausland, diese Angebote zu nutzen. Für die Grünen ist völlig klar, dass Integration ein wichtiges Thema ist, dem auch weiterhin die notwendige Beachtung geschenkt werden muss.
Regierungsrat Andreas Koellreuter dankt dem Landrat, dass er diese Idee unterstützt und äussert sich auch dankbar, dass Bruno Krähenbühl das Thema damals im Landrat einbrachte. Man habe sich nämlich bereits intern verschiedentlich darüber unterhalten, was getan werden könne. Es war bekannt, dass es in Liestal sehr gut läuft. Dank der Diskussion und der guten Zusammenarbeit mit dem Forum sei man nun auf einem guten Weg. Die Ausarbeitung des Feinkonzeptes sei jetzt aber Aufgabe des Forums und werde nicht mehr dem Landrat vorgelegt. Der Regierungsrat wird das Feinkonzept aber selbstverständlich prüfen und anschliessend den Auftrag erteilen. Eine einstweilige Orientierung der Justiz- und Polizeikommission über den Fortgang des Projektes alle zwei bis drei Jahre sei selbstverständlich vorgesehen.
Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.
://: Der Landrat stimmt dem Antrag der Justiz- und Polizeikommission, das Postulat 2000/064 von Bruno Krähenbühl als erfüllt abzuschreiben, zu.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Nr. 1944
4 2002/180
Berichte des Regierungsrates vom 27. August 2002 und der Justiz- und Polizeikommission vom 30. Dezember 2002: Postulat 2001/025 von Peter Zwick betreffend Einsetzung eines Tierschutzanwaltes; Abschreibung
Kommissionspräsident Dieter Völlmin vertritt heute bereits das dritte Geschäft der Justiz- und Polizeidirektion. Bei einer emotionalen Skalierung der Geschäfte liegt seiner Meinung nach das erste, Effilex , im grünen Bereich. Das zweite, bei dem es um Einbürgerungen ging, taxiert er als im orangen Bereich liegend, während man nun langsam zum roten Bereich komme. Vorweg möchte er aber festhalten, dass die Beratungen in der Kommission zu keinem Zeitpunkt emotional waren, sondern man habe sich stets um eine sachliche Sichtweise und Behandlung des Themas bemüht. Er fasst zusammen: Im Postulat von Peter Zwick ging der Auftrag an den Regierungsrat, die Voraussetzungen für einen Tierschutzanwalt nach Zürcher Vorbild zu schaffen. Die regierungsrätliche Vorlage besagt nun kurz zusammengefasst, dass diese Frage zur Zeit nicht entscheidungsreif ist. Die Entwicklung der Gesetzgebung auf Bundesebene müsse abgewartet werden, und aus diesem Grund sei das Postulat als erfüllt abzuschreiben. Die Kommission war ziemlich einhellig mit einem Teil der regierungsrätlichen Beurteilung einverstanden. Sie findet, dass auf kantonaler Ebene momentan kein Handlungsbedarf besteht, sondern die Gesetzgebung auf Bundesebene - das Thema ist zurzeit traktandiert - müsse abgewartet werden. Es könne nun sein, dass der Entscheid Tierschutzanwalt ja oder nein in etwa zwei Jahren gefällt werden muss. Dies sehe man erst, wenn sich "der Nebel in Bern verzogen hat". Das Thema sei auch in Volksinitiativen enthalten, z.B. in der Initiative Tiere sind keine Sachen, in welcher explizit verlangt wird, dass der Bundesgesetzgeber den Kantonen vorschreibt, einen solchen Tierschutzanwalt einzuführen. Dieter Völlmin hält es für möglich, dass über die Revision des Tierschutzgesetzes so etwas vorgeschrieben wird, oder aber es wird den Kantonen ein gewisser Spielraum gelassen. Auf diesem Hintergrund kam man in der Kommission zum Schluss, dass es keinen Sinn macht, in dieser Sache selbst gesetzgeberisch aktiv zu werden. Nicht einig war man sich in der Kommission, was für einen Nutzen der Tierschutzanwalt den Tieren bringt. Die Gleichung, dass diejenigen, welche für einen Tierschutzanwalt sind, ein Herz für Tiere haben, die dagegen sind, aber nicht, gehe für ihn nicht auf. Dies sei aber letztlich nicht die Frage, über die hier abgestimmt wird, sondern es gehe in der Sache darum, ob das Postulat abgeschrieben werden soll oder nicht. Auch in dieser Frage habe man es sich nicht leicht gemacht, betont der Kommissionspräsident. Man konnte sich letztlich nicht darauf einigen, ob aufgrund der jetzigen Ausgangslage das Postulat abzuschreiben sei oder nicht. Einerseits habe der Regierungsrat den konkreten, an ihn gestellten Auftrag erfüllt. Auch in der Kommission war man nicht der Auffassung, es müsse sofort gehandelt werden. Hingegen manifestierte sich ein klares Interesse daran, das Thema nicht ad acta zu legen, sondern man wünschte, dass es aktuell bleibt, d. h. früher oder später wieder im Kanton aufgenommen wird, was für ein Stehenlassen des Postulats sprechen würde. Über diese Frage, Abschreibung oder Nichtabschreibung des Postulats, kam es in der Kommission schliesslich zu einem Patt (5:5).
Dieter Völlmin führt weiter aus, dass im abgelieferten Bericht auch dem Vorwurf von Seiten des Tierschutzes, dessen Anliegen würden von den Behörden nicht genügend ernst genommen, Rechnung getragen wird. Der Vorwurf wurde sehr ernst genommen, indem eine Art round table gebildet wurde, um die Beteiligten miteinander ins Gespräch zu bringen. Man gewann den Eindruck, dass diese Aussprache sinnvoll war und glaubte auch eine Weile lang, das gegenseitige Verständnis habe sich verbessert. Diese Einschätzung sei offenbar ein wenig naiv gewesen, bedauert Dieter Völlmin. Zwei Wochen später seien nämlich in einer Medienorientierung erneut dieselben, ziemlich harschen Vorwürfe über "behördliche Schlamperei" erhoben worden. Was in der Kommission nicht sehr geschätzt wurde, war die Tatsache, dass in den Zeitungsberichten auch gewisse Dinge aus den Kommissionsberatungen zu lesen waren. Man habe sich aber in der Kommission vom ganzen Umfeld und von den Nebengeräuschen nicht beeindrucken lassen und war bemüht, das Thema von hohem Stellenwert ernsthaft zu behandeln. Daraus entstand der vorliegende Antrag, mit welchem die Kommission empfiehlt, das Postulat stehen zu lassen.
Peter Küng möchte den Faden von Dieter Völlmin aufnehmen und kurz die Stellung der SP-Fraktion aufzeigen, welche sich mit grossem Mehr für Nichtabschreiben des Postulats ausspricht. Die Hauptgründe: Die SP erachtet es als sinnvoll, die Änderung des Tierschutzgesetzes respektive die beiden Tierschutzinitiativen Für eine bessere Rechtsstellung der Tiere und Tiere sind keine Sachen auf Bundesebene abzuwarten. Anschliessend könne man nämlich mit einer neuen gesetzlichen Grundlage die Diskussion breiter und abgestützter wieder aufnehmen. Die Einführung eines Tierschutzanwaltes sei für die SP eine gute Lösung. Es gebe aber noch andere Möglichkeiten, wie beispielsweise das Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen im Kanton Bern, welches er für durchaus auch hier diskutierbar hält. Die SP wird sich weiterhin für mehr Rechte für das Tier, für den Ausbau und die Kontrolle des Tierschutzgesetzes einsetzen. Sie hat ein Herz für Tiere, betont Peter Küng.
Peter Tobler fängt seine Rede mit einer sprichwörtlichen Redewendung aus dem englischen Sprachraum an: Cats are people , Katzen sind auch (nur) Menschen. Dies widerspiegle seine eigene Einstellung. Traditionell habe man die Rechtsvorstellung aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, Tiere seien eine Sache. Peter Tobler ist aber im Gegenteil der Überzeugung, dass Cats are people auch auf andere Tiere zutreffe. Heute sei das Ziel ein effizienter Tierschutz, was in den Kommissionsberatungen sehr deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Man hat zur Kenntnis genommen, dass im Bund darüber geredet wird, es sind Initiativen hängig. Es ist etwas in Bewegung gekommen. Beim Tierschutzanwalt hatte man sich mit der Frage zu befassen, wie ein effizienter Schutz sichergestellt und eine Strafverfolgung und Bestrafung bei Missbrauch von Tieren erfolgen kann. Bei anderen Themen werde nicht ein spezieller Anwalt bestellt, sondern es werden Fachkompetenz und die Kapazitäten der Behörden erhöht. So geschehen bei der Revision der Strafprozessordnung. Im Wirtschaftsbereich wurde bei den organisierten Verbrechen ein besonderes Untersuchungsrichteramt geschaffen, führt Peter Tobler als Beispiel an. Die Behörden wurden also verstärkt. Die Gerichte selbst müssen seiner Ansicht nach dafür sorgen, dass sie kompetenter werden, sie müssen um Weiterbildung besorgt sein. Der Tierschutzanwalt ist eine Ausnahme, ein Instrument, welches er als durchaus prüfenswert erachtet. Peter Tobler ist grundsätzlich wichtig, dass die Starfverfolgungsbehörden kompetenter werden, dass der Kantonstierarzt besser unterstützt wird, dass ihm mehr Kapazität zur Verfügung gestellt wird. Er möchte vorerst den Bundesentscheid abwarten und gleichzeitig im Kanton die Kapazitäten erhöhen. Das Postulat hält er aufgrund der regierungsrätlichen Antwort für erfüllt. Es sollte daher nach Landratsgesetz abgeschrieben werden. Im Grunde sei es eine sekundäre, technische Frage, ob das Postulat abgeschrieben wird oder nicht, da das Thema beim Bund traktandiert bleibt. Peter Tobler ist als Jurist und "Ordnungsfanatiker" für Abschreibung des Postulats. Lasse man es aber stehen, so werde der Regierungsrat gelegentlich darüber informieren, was im Bundesparlament auch noch zu diesem Thema diskutiert wird. Entscheidend scheint ihm aber, dass man die Wichtigkeit des Themas Tierschutz erkannt hat.
Elisabeth Schneider zitiert: Wer ein Tier quält, macht sich strafbar . Die gesetzlichen Grundlagen für die strafrechtliche Ahndung von Tierquälerei sind vorhanden. Wer aber klagt, wer nimmt die Interessen des gequälten Tieres wahr und vertritt es vor Gericht? fragt sie. Aktiv in diesem Bereich sind zurzeit einzig die Tierschutzorganisationen. Ihnen fehlt aber das Verbandsklagerecht. Die Organisationen verdanken ihre Existenz privaten Spenderinnen und Spendern. Die Tierschutzorganisationen können Fälle von Tierquälerei zwar anzeigen. Die Praxis zeigt aber, dass in den seltensten Fällen eine Strafe ausgesprochen wird. Wenn auch die strafrechtliche Verfolgung von Tierquälerei bei unseren Behörden eine sehr unbedeutende Rolle spiele, so müsse das nicht unbedingt heissen, dass es diese Fälle nicht gebe, betont die Rednerin. Ihres Erachtens hapert es beim Vollzug der Tierschutzgesetzgebung. Die relativ knappen Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden verstärken ihrer Meinung nach das Problem. Hier könnte die Einsetzung eines Tierschutzanwaltes Abhilfe schaffen. Er könnte die Rechte der Geschädigten wahrnehmen. Da nun aber auf Bundesebene Volksinitiativen in diese Richtung hängig sind, liege es durchaus im Bereich des Möglichen, dass das postulierte Anliegen mittelfristig von Bundesrechts wegen vorgeschrieben wird. Aus diesem Grund beantragt die CVP/EVP-Fraktion, die Bundesgesetzgebung in dieser Sache unbedingt abzuwarten. Damit nun aber das klar berechtigte Anliegen in genügendem Ausmass ernst genommen wird, möchte die CVP/EVP-Fraktion das Postulat bis zu diesem Zeitpunkt stehen lassen.
Hanspeter Wullschleger bestätigt, dass sich wohl alle in einem einig seien: Man will abwarten und schauen, was die Bundesgesetzgebung in Sachen Tierschutzanwalt entscheidet. In der SVP-Fraktion ist man aber auch der Meinung, dass mit dem Stehenlassen des Postulats kein einziges Tier weniger misshandelt wird. Vielmehr müssten Präventionsmassnahmen wie etwa vermehrte Kontrollen, wie Tiere behandelt und gehalten werden, stattfinden. Dies würde allerdings eine Aufstockung des Amtes des Kantonstierarztes bedeuten. Es sei verachtenswert, wenn Tiere misshandelt werden, meint Hanspeter Wullschleger, aber ein Tierschutzanwalt könne im Nachhinein auch nur noch feststellen, was passiert ist, jedoch nichts verhindern. Die SVP-Fraktion findet es im Moment nicht sinnvoll, das Postulat stehen zu lassen. Die Mehrheit der Fraktion ist daher für eine Abschreibung.
Bruno Steiger findet grundsätzlich, Tierquälerei dürfe nicht zum Kavaliersdelikt werden und es tue niemandem weh, wenn man das Postulat stehen lasse. Zudem ist er der Meinung, dass es sich bei der Frage der Abschreibung des Postulats um eine ethische und nicht um eine sekundär technische Frage handle. Tierquälerei sei ein Offizialdelikt oder ein Antragsdelikt und hier müsse gnadenlos "recherchiert" werden. Auf kantonaler Ebene sei es allerdings aufgrund struktureller Probleme im Moment schwierig, allen Fällen nachzugehen. Hingegen sollte ein richtiges Zeichen gesetzt werden. Der Redner hält sowohl die Idee eines Tierschutzanwaltes wie auch die Alternative eines Verbandsklagerechts für durchaus diskutable Möglichkeiten. In diesem Sinne sprechen sich die Schweizer Demokraten klar für das Stehenlassen des Postulats aus.
Eduard Gysin unterstützt mit der Grünen Fraktion den Antrag der Kommission. Das Postulat soll so lange stehen bleiben, bis aus Bern etwas vorliegt. Die Grünen stehen dem Anliegen des Postulats positiv gegenüber. Sie haben ein Herz für Tiere, sind aber auch verstandesmässig für den Tierschutz, meint der Redner. Im Jahresbericht des Tierschutzanwaltes des Kantons Zürich komme zum Ausdruck, führt der Redner weiter aus, dass ein grosser Anteil der Strafuntersuchungen im Jahr 2001 die landwirtschaftliche Nutztierhaltung betraf. In diesem Bereich bevorzugen die Grünen den Weg über die Förderung artgerechter Tierhaltung. So habe es jede Konsumentin und jeder Konsument selbst in der Hand, Produkte einzukaufen, die aus artgerechter Haltung stammen. Es sei dies zwar ein sehr langer Weg, dafür aber ein effizienter, der auch die "Gesetzgebungsmaschine" ein wenig schone.
Peter Zwick bemerkt, dass in der Debatte deutlich wird, unter welchem Ungleichgewicht die Interessenvertretungen im Tierschutzverfahren leiden. Während den Angeschuldigten sämtliche Parteirechte und Rechtsmittel zur Verfügung stehen, können sich die gequälten Tiere in keiner Weise wehren. Dies mangels geeigneter Rechtsinstrumente im Kanton, und auch weil es keine Instanz gibt, welche quasi als gesetzlicher Vertreter vor Gericht für Tiere auftreten kann. Die Tierschutzorganisationen können jedenfalls nicht als Anwälte für Tiere auftreten. Da sie kein Parteirecht besitzen, erhalten sie auch bei laufenden Verfahren keine Information, selbst wenn sie selbst Strafanzeige erstatten.
Der Regierungsrat beantragt in seiner Vorlage, das Postulat abzuschreiben, dies mit der Begründung, dass der Zeitpunkt, auf kantonaler Ebene im Sinne des Postulats tätig zu werden, verfrüht sei. Es müsse erst fest stehen, in welche Richtung sich das Bundesrecht entwickelt. Sollte der Bund die Kantone verpflichten, Tierschutzanwälte/-innen einzuführen, so sei das Anliegen des Postulats erfüllt. Für Peter Zwick fängt hiermit auch ein politisches Ping-Pong-Spiel an, und dies zu Lasten der Tiere. Er erinnert daran, dass am 18. September 2002 der Stände- und auch der Nationalrat der parlamentarischen Initiative Die Tiere in der schweizerischen Rechtsordnung zugestimmt hat. Der Bundesrat hatte auch im Vorfeld dieser Parlamentsdebatte klar den Standpunkt, dass Tierschutzanwälte auf eidgenössischer Ebene abzulehnen seien. Für Peter Zwick ist dies ein Standpunkt, den der Regierungsrat mit seinem abschlägigen Entscheid offensichtlich verkannt hat. Nach Auffassung des Bundesrates liegt der Ball für die Einführung von Tierschutzanwälten eindeutig bei den Kantonen. Diese Haltung vertrat Bundesrätin Ruth Metzler am 18. September 2002 im Nationalrat. Sie legte dabei auch dar, dass die kantonalen Vollzugs- und Organisationsautonomien der Kantone schon heute die Möglichkeiten eröffnen, Tierschutzanwälte einzusetzen.Wer kümmert sich um den Schutz von Lebewesen, wenn sie gequält werden? fragt Peter Zwick das Kollegium. Die Geschichte von Tierschicksalen, welche sich bei den Tierschutzorganisationen sammeln, sind teilweise ungeheuerlich; sie erzählen von vernachlässigten, verprügelten, eingesperrten, umgebrachten und sogar sexuell missbrauchten Tieren. Das Parlament habe es in der Hand, hier eine "Waffengleichheit" zu schaffen, gleich lange Spiesse für Tierquäler und misshandelte Tiere zu schaffen. Peter Zwick bittet daher den Landrat, dem Kommissionsbeschluss zuzustimmen.
Peter Tobler korrigiert Bruno Steigers Vorwurf, es sei unethisch, das Postulat abzuschreiben. Die Abschreibung des Postulats sei eine Rechtsfrage. Das Eintreten für den Tierschutz sei eine ethische Frage, und hier habe er sich wohl sehr klar ausgedrückt.
Regierungsrat Andreas Koellreuter erklärt, dass die Regierung in dieser Sache möglicherweise etwas zu fleissig war, was u. a. damit zu tun habe, dass er selbst per 30. Juni zurücktreten wird und daher möglichst wenig anliegende Geschäfte seiner Nachfolgerin überbürden möchte. Die - noch nicht gewählte - "Nachfolgerin" wird vom Plenum mit Gelächter quittiert, woraufhin der Regierungsrat korrigierend nachschiebt, es gebe immer wieder gewisse Kreise, die verlangen, dass man hin und wieder auch in der weiblichen, nicht nur in der männlichen Form rede... Der Regierungsrat sei also dem Auftrag nachgekommen, indem er den Bericht vorlegte, wohlwissend, dass auf Bundesebene noch nicht ganz alles klar ist. Man sei sich wohl hier im Plenum einig: Niemand bestreitet in irgend einer Art und Weise, dass gegen Tierquälerei vorgegangen werden muss, handle es sich nun um eine ganz gezielte Tierquälerei, oder passiere dies auf indirekte Art via falsche Haltung, sowohl privat als auch bei Nutztieren. Die Frage sei lediglich, wie man vorgehen will. Andreas Koellreuter persönlich sei sich nicht ganz sicher, ob die Einsetzung einer Tierschutzanwältin der richtige Weg ist. Im Grunde habe der Staat die notwendigen Strukturen der Strafuntersuchung, in deren Rahmen des öfteren ein Gebiet untersucht werden müsse, auf welchem man nicht die "hinterste und letzte" Erkenntnis habe. Dafür gebe es aber Experten, welche jeweils entsprechend beigezogen werden, so auch in Fällen, bei denen es um Tierschutz geht. Andreas Koellreuter glaubt eher, dass das Problem an gewissen Kapazitätsengpässen liegt. Dies lege jedenfalls folgendes Beispiel nahe: Vor kurzem sei ihm zu Ohren gekommen, dass bei einem Landwirt im Laufental nicht etwa der Baselbieter Kantonstierarzt die Kontrolle des Stalls durchführte, sondern ein Vertreter des Kantons Solothurn. Man müsste also vielleicht konkret die Engpässe im Aufgabenbereich des Kantonstierarztes beleuchten. Für Andreas Koellreuter ist es eine offene Frage, ob ein Tierschutzanwalt tatsächlich auch so viel nützt. Er persönlich tendiert, nach all seinen Erfahrungen aus Hearings usw. eher zur Ansicht, dass es einen Tierschutzanwalt nicht unbedingt brauche. Ihm ist aber bewusst, dass das Verschieben der Frage bis zu einem Bundesentscheid sozusagen eine "elegante" und einfache Lösung ist. Früher oder später müsse im Kantonsparlament der Entscheid getroffen werden. Zusammenfassend hält er fest, dass der Regierungsrat seinem Auftrag nachgekommen ist und dem Parlament beantragt, das Postulat abzuschreiben.
Keine weiteren Wortmeldungen.
://: Der Landrat beschliesst, dass Postulat 2001/025 von Peter Zwick gemäss Kommissionsantrag stehen zu lassen.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Ursula Jäggi-Baumann kündigt die Bürositzung für 13.40 Uhr an, wünscht einen guten Appetit und schliesst die Vormittagssitzung um 12.00 Uhr.
Fortsetzung >>>
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