Protokoll der Landratssitzung vom 6. Februar 2003
Protokoll der Landratssitzung vom 6. Februar 2003 |
12 2002/196
Postulat von Ruedi Brassel vom 5. September 2002: Einführung einer "Kulturlegi"
Adrian Ballmer erklärt, weshalb der Regierungsrat dieses Postulat nicht entgegennehmen wolle. Falls die geforderte Kulturlegi als Kulturförderinstrument gedacht sei, so wäre ihre Einführung und der Unterhalt administrativ sehr aufwändig, da Berechtigungen überprüft werden müssten, oder sie wäre für den Staat sehr teuer. Falls sie als Marketinginstrument zur besseren Auslastung gedacht sei, so wäre ihre Einführung Sache der Kulturinstitutionen. Im Übrigen kennen zahlreiche Institutionen Preisdifferenzierungen und akzeptieren entsprechende Personalausweise. Wäre die Kulturlegi als Sozialinstrument gedacht, müssten die Gemeinden die damit verbundenen Kosten übernehmen. Wer nur über geringe finanzielle Mittel verfüge, müsse auch ohne Kulturlegi keineswegs vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben ausgeschlossen sein. Im Übrigen seien kulturelle Institutionen wie Bibliotheken und Museen bereits sehr stark subventioniert.
Das soziale Existenzminimum umfasse gemäss den SKOS-Richtlinien im Gegensatz zum absoluten Existenzminimum nicht nur die Existenz und das Überleben der Bedürftigen, sondern auch ihre Teilhabe am Sozial- und Arbeitsleben.
Eine Kulturlegi sei "nice to have", aber nicht "need to have". Der strukturell überlastete Staatshaushalt könne keine zusätzlichen, nicht dringend notwendigen Wünsche erfüllen. Selbst Notwendiges müsse in Zukunft gestrichen werden. Die Ertragsentwicklung im Kanton Basel-Landschaft halte mit der Entwicklung der Ausgaben nicht Schritt und es genüge nicht, jeweils anlässlich der Budget-Sitzung des Landrates im Dezember über die Finanzen zu klagen, man müsse auch den Mut haben, unnötige Postulate abzulehnen.
Ruedi Brassel bezeichnet es als sehr bedauerlich, dass die Regierung nicht bereit sei, der Logik ihrer eigenen Vernehmlassung zu folgen. Im Sommer 2002 sprach sie sich nämlich dafür aus, dass BezügerInnen von Ergänzungsleistungen von Radio- und Fernsehempfangsgebühren befreit werden sollen. Die Teilnahme am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben aller Menschen in unserer Gesellschaft sei für die gesamte Gesellschaft sehr wichtig. BezügerInnen von Ergänzungsleistungen sollen nicht nur vor dem Fernsehgerät sitzen können, wichtiger ist, dass sie auch in der Gesellschaft, in der Kultur und im Sport ihren Platz finden. Mit derartigen sozialintegrativen Massnahmen können möglicherweise auch Kosten eingespart werden, welche sonst in anderen Bereichen anfallen würden.
Ruedi Brassel hat Möglichkeiten aufgezeigt, welche Personen von der Einführung einer Kulturlegi berücksichtigt werden könnten. Es wäre Sache der Erfüllung seines Postulats, die Bezugsberechtigung genau zu regeln. Sowohl in Zürich als auch in Winterthur bestehen bereits so genannte Kulturlegis und beispielsweise in Winterthur wird das Projekt vom HEKS und von der Caritas begleitet, welche auch bei der Sponsorensuche halfen. Die staatlichen Institutionen werden also nicht durch finanziellen Mehraufwand belastet. Auch in Zürich besteht ein privater Trägerverein. Ruedi Brassel betont, mit der Einführung einer Kulturlegi würden nicht notwendigerweise Kosten auf den Staat zukommen, denn es sei offen, ob überhaupt ein Abgeltungsmodus mit den Kulturanbietern zum Zuge kommen müsste.
Ruedi Brassel beabsichtigt mit seinem Vorstoss in keiner Art und Weise, staatliche Neuausgaben zu generieren. Ihm geht es in erster Linie darum, einkommensschwachen Personen die Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Gerade heute, wo sich die wirtschaftliche Lage wieder verdüstert und die Arbeitslosigkeit ansteigt, sei sein Anliegen besonders wichtig. Aus diesem Grund soll sein Postulat überwiesen und die von ihm aufgeworfenen Fragen geprüft werden. Im Kanton Basel-Stadt sei ebenfalls ein entsprechender Anzug überwiesen worden, so dass die Abklärungen ressourcenschonend und für beide Kantone koordiniert vorgenommen werden könnten. Ruedi Brassel bittet im Namen derjenigen Personen, welche in Zukunft ebenfalls am kulturellen Leben teilnehmen können sollten, seinen Vorstoss zu überweisen.
Ernst Thöni kam während seiner Amtszeit als Landratspräsident mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt und weiss heute, dass das Geld breiten Schichten in unserer Bevölkerung - auch dem unteren Mittelstand - tatsächlich nur zum Essen, für die Miete und die Krankenkassenprämie reiche. Ruedi Brassels Postulat ziele nach Ansicht der FDP jedoch auf die Unterstützung kultureller Einrichtungen in Basel-Stadt, weshalb man diesem nicht zustimmen werde. Schon heute leistet der Kanton Basel-Landschaft einen beträchtlichen Beitrag an das kulturelle Angebot in Basel-Stadt und dabei dürfe nicht vergessen werden, auch das kulturelle Angebot in Basel-Landschaft zu fördern und zu unterstützen. Diejenigen Personenkreise, welche in den Genuss einer Kulturlegi kommen sollten, haben laut FDP bereits heute die Gelegenheit, das kulturelle Angebot in unserem Kanton zu besuchen.
Bezüglich dem Kulturangebot in unserer Region empfindet es Ernst Thöni als stossend, dass ausgerechnet nach dem Vorstoss des FCB in die Championsleague die Eintrittsgebühren zu den Heimspielen im St. Jakob-Park so massiv erhöht wurden, dass es tatsächlich vielen Personen nicht mehr möglich ist, diese interessanten Fussballspiele zu besuchen.
Die FDP-Fraktion empfiehlt dem Landrat, das vorliegende Postulat nicht zu überweisen.
Heinz Mattmüller gibt bekannt, die Schweizer Demokraten lehnten das aktuelle Postulat ab. Man müsse sich einfach damit abfinden, dass es Leute gebe, welche sich offenbar alles leisten können, während andere sich nur wenig leisten können. Zudem gebe es wichtigere Dinge als die Kultur, denn verschiedenen Leuten fehlt heute sogar Geld für das Essen oder beispielsweise für Kleider. Andere Menschen schränken sich freiwillig ein, obwohl sie sich mehr leisten könnten. Die Schweizer Demokraten erachten es als unverhältnismässig, zu Lasten der Allgemeinheit in einem bestimmten Segment einen Ausgleich schaffen zu wollen.
Esther Maag verweist auf Adrian Ballmers Argument, dass es kompliziert wäre, die Bezugsberechtigung für eine Kulturlegi festzulegen. Wenn jedoch EmpfängerInnen von Ergänzungsleistungen keine Radio- und Fernsehgebühren mehr bezahlen sollen, so müsste auch das Einführen einer Kulturlegi möglich sein. Gerade Menschen, welche sich weniger leisten können, leiden meist auch unter Kontaktarmut. Die soziale Isolation bewirkt oftmals Integrationsprobleme und die betroffenen Personen verursachen dem Staat dann meist noch grössere Kosten. Den Vorschlag, die Teilnahme am kulturellen Leben zu fördern, betrachten die Grünen als sinnvoll.
Nebst dem Personenkreis, welcher Ergänzungsleistungen bezieht, könnte sich Esther Maag vorstellen, dass auch Personen, welche arbeitslos sind, eine Kulturlegi erhalten. Zudem sollte es den verschiedenen Institutionen freigestellt sein, Rabatte für Personen mit einer Kulturlegi zu gewähren. Solche Rabatte werden vielerorts für pensionierte Personen bereits gewährt, auch wenn dies gerade in der heutigen Zeit in vielen Fällen nicht notwendig wäre.
Das Postulat mache keine fixen Vorgaben zur Ausgestaltung einer Kulturlegi, wichtig wäre jedoch die Prüfung des Anliegens und die Erarbeitung des einfachsten und effizientesten Weges für die Einführung eines derartigen Ausweises. Die Grünen unterstützen das Postulat 2002/196.
Eugen Tanner erklärt, die CVP/EVP-Fraktion lehne das Postulat aus folgenden vier Gründen ab:
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Im Rahmen des Sozialhilfegesetzes bestehen die bereits erwähnten SKOS-Richtlinien, welche auch eine Teilnahme am kulturellen Leben vorsehen.
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Es sei nicht sinnvoll, den gleichen Zustand, nämlich die Armutsbetroffenheit, über verschiedene Kanäle abzugelten. Es soll im Rahmen des Sozialhilfegesetzes eine Gesamtkoordination stattfinden.
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Der Vollzug und die Bearbeitung einer Kulturlegi sei mit grossem Aufwand verbunden, denn jemand müsse den verschiedenen Institutionen beispielsweise die Preisdifferenz berappen.
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Eine ganze Reihe von Mitmenschen lebt im Bereich der Armutsgrenze und muss mit sehr bescheidenen Mitteln auskommen. Ihnen gegenüber wäre die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe mit einer Kulturlegi nicht gerechtfertigt.
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Eva Chappuis
betont, der Vorstoss sage nicht, dass eine Kulturlegi auf SozialhilfebezügerInnen beschränkt werden sollte. Der Vorstoss richte sich an alle Armutsbetroffenen und der Kreis der Bezugsberechtigten müsste erst noch definiert werden. Es sei richtig, dass in den SKOS-Richtlinien ein gewisser Anteil der Finanzen für die Teilhabe am öffentlichen Leben vorgesehen sei. In diesem Zusammenhang erinnert Eva Chappuis ihre Kolleginnen und Kollegen jedoch daran, dass der Kanton Basel-Landschaft darauf verzichtet habe, die vom SKOS auf den 1. Januar 2003 vorgenommene Teuerungsanpassung nachzuvollziehen.
KulturanbieterInnen müssten nicht in jedem Fall für eine Kulturlegi entschädigt werden, da ihnen damit kein Einnahmenverlust entsteht. Sie kommen zu zusätzlichen Einnahmen, wenn auch in bescheidenerem Rahmen als bei anderer Kundschaft. Wer sich heute einen Theaterbesuch nicht leisten könne, bringe keinen Franken an Einnahmen. Kann aber beispielsweise eine Theatervorstellung zu einem reduzierten Preis besucht werden, erhält das Theater wenigstens diesen Betrag.
Das aktuelle Postulat bedeute also nicht, dass öffentliche Mittel beansprucht werden. Die Kulturlegi soll einer Einkommensschicht zur Verfügung stehen, welche generell finanziell schlecht dasteht und sich sonst kulturelle Angebote versagen müsste.
://: Der Landrat lehnt die Überweisung des Postulats 2002/196 ab.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 2005/2006
13 2002/323
Berichte des Regierungsrates vom 9. Dezember 2002 und der Finanzkommission vom 27. Januar 2003: Beantwortung des Postulats "Schneller zahlen ist Wirtschaftsförderung" vom 23. März 2000 von Remo Franz (2000/065); Abschreibung
14 2002/261
Interpellation von Peter Holinger vom 17. Oktober 2002: Zahlungsfristen des Kantons Basel-Landschaft. Schriftliche Antwort vom 17. Dezember 2002
Roland Plattner , Präsident der Finanzkommission, informiert, die Kommission beantrage dem Landrat mit 7:2 Stimmen bei 2 Enthaltungen, das Postulat 2000/065 von Remo Franz als erfüllt abzuschreiben. Für die Finanzkommission sei aufgrund der regierungsrätlichen Vorlage dargelegt, dass die berechtigten Anliegen des Postulanten analysiert, bewertet und in griffige Handlungsanweisungen für die in den Zahlungsverkehr involvierten Verwaltungsstellen umgesetzt wurden.
Ein Bericht über die Prüfung des Zahlungswesens durch die Finanzkontrolle untermauert die Wahrnehmung, dass Verbesserungen in der Rechtzeitigkeit des Zahlungsverkehrs eingetreten seien. Dies bedeutet jedoch nicht, dass keine zusätzlichen Verbesserungen, beispielsweise mit der Einrichtung eines Workflow-Systems, erzielt werden könnten. In entsprechend gelagerten Fällen sollte auf Basis eines definierten Reaktionsschemas seitens Kanton spontan ein Verzugszins bezahlt werden können, ohne dass diesbezüglich Demarchen von den Leistungserbringern erforderlich wären. Der Grundsatz des Fairplay würde damit vom Kanton hochgehalten und der Bedeutung unserer KMU Rechnung getragen.
Mit ihrem Antrag auf Abschreibung des Postulats 2000/065 verbindet die Finanzkommission die Empfehlung an die Regierung, ein Reaktionsschema, wie es oben genannt wurde, zu erarbeiten und umzusetzen.
Remo Franz dankt der Regierung für die Beantwortung seines Postulats sowie der Finanzkommission für ihren Bericht. Er kann jedoch die Bemerkung nicht unterdrücken, dass er sein Postulat bereits im März 2000 eingereicht habe und die Antwort recht lange auf sich warten liess. Insgesamt sei der heutige Tag für alle mit dem Kanton arbeitenden Unternehmen erfreulich, vor allem für Kleinunternehmungen, welche darauf angewiesen sind, dass sie ihr Geld innert nützlicher Frist erhalten.
Von Adrian Ballmer möchte Remo Franz wissen, ob man heute davon ausgehen könne, dass der Kanton seine Rechnungen generell innert 30 Tagen bezahle.
An die Baudirektorin richtet der Postulant die Frage, ob die Zahlungsfristen für die in der Baubranche üblichen Verträge (Zahlungsfristen von 60 Tagen für Akonto-Zahlungen und 90 Tage für Bauabrechnungen) um je dreissig Tage reduziert werden konnten.
Falls die Zusatzfragen von Remo Franz bejaht werden können, so ist dieser mit der Abschreibung seines Postulats einverstanden.
Adrian Ballmer antwortet kurz und knapp mit einem Ja.
Auch Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider-Kenel kann die an sie gerichtete Frage mit einem Ja beantworten für den Bereich, welcher in der Zuständigkeit des Kantons Basel-Landschaft liegt. Das Astra des Bundes hingegen geht immer noch von Zahlungsfristen von 60 Tagen aus. Eine Antwort zu einer Nachfrage der BUD beim Astra (Bereich Nationalstrassen) steht noch aus.
Peter Meschberger erklärt, die SP-Fraktion könne einer Abschreibung des Postulats 2000/065 zustimmen. Den Anstoss des Postulats bezeichnet er als positiv.
Hildy Haas betont, die SVP-Fraktion anerkenne die Bemühungen zur Verkürzung der Zahlungsfristen. Bereits anlässlich der Beratung in der Finanzkommission habe man sich aber dafür ausgesprochen, das Postulat noch stehen zu lassen, da einige der im Bericht des Regierungsrates geschilderten Ziele noch nicht ganz erfüllt seien.
Anton Fritschi stellt fest, dass das Postulat doch einige Veränderungen bewirkt habe. Heute sei die FDP-Fraktion der Meinung, dieses könne abgeschrieben werden.
://: Der Landrat stimmt dem Antrag der Finanzkommission zu Vorlage 2002/323 zu und schreibt damit das Postulat 2000/065 als erfüllt ab.
Ursula Jäggi-Baumann fragt Peter Holinger an, ob er mit der Antwort zu seiner Interpellation zufrieden sei.
://: Die von Peter Holinger beantragte Diskussion wird bewilligt.
Peter Holinger dankt der Regierung an dieser Stelle herzlich für die schriftliche Beantwortung seiner Interpellation sowie für einen entsprechenden Bericht in der Basler Zeitung und einen Bericht der Wirtschaftskammer Basel-Landschaft im "Standpunkt". Er bezeichnet die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand als für KMU-Firmen belastend. Probleme bestehen offenbar auf allen Stufen, vom Bund über die Kantone bis zu den Gemeinden. Er selbst sei von der Verwaltung zu einem Gespräch zum Thema Zahlungsfristen eingeladen worden, und für dieses sehr konstruktive Gespräch bedankt er sich sehr. Er hofft, dass man sein Anliegen in Zukunft weiterhin ernst nehmen werde. Aus der schriftlichen Antwort der Regierung gehe hervor, wie und wann Verzugszinsen verlangt werden können.
In der Gruppe Baugewerbe des Schweizerischen Gewerbeverbandes wurde eine von Peter Holinger präsidierte Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich mit dem Thema öffentliches Beschaffungswesen befasst. Es wurde ein Thesenpapier erarbeitet und ein Merkblatt für die Gemeindebehörden verfasst. Auch in diesem Zusammenhang kam zum Ausdruck, dass die Zahlungsfristen in der ganzen Schweiz ein wichtiges, vieldiskutiertes Thema darstellen. Die öffentliche Hand dürfe ihre Nachfragemacht nicht missbrauchen, weder bei der Vergabe noch bei den Zahlungsfristen.
://: Damit ist die Interpellation 2002/261 erledigt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 2007
15 2002/263
Interpellation von Bruno Steiger vom 17. Oktober 2002: Steuereinbussen. Antwort des Regierungsrates
Adrian Ballmer schickt seinen Ausführungen folgende Vorbemerkung voraus: Die sinkende Zahlungsmoral stelle kein steuerspezifisches Problem dar und es sei erkennbar, dass immer mehr EinwohnerInnen Mühe damit bekunden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Weil der Staat im Gegensatz zur Privatwirtschaft gegenüber renitenten Einwohnerinnen und Einwohnern grundsätzlich keine Möglichkeit hat, seine Leistungen einzustellen, sei die Versuchung gross, die Steuern erst nach allen anderen Verpflichtungen zu begleichen. Da sich die Krankenkassen in einer ähnlichen Situation befinden, sei es nicht weiter erstaunlich, dass der Staat und die Krankenkassen die Liste der Grosskunden bei den Betreibungsämtern anführen.
Zudem sei festzustellen, dass bei jedem konjunkturellen Einbruch die Zahlungsmoral abnimmt und sich auf einem tieferen Niveau stabilisiert, dies gelte auch für Forderungen des Kantons. Ausgenommen davon ist die Verkehrssteuer, da bei Bezahlungsverzug ein Nummernentzug und damit eine einschneidende Massnahme gesetzlich vorgesehen sei. Es bestehe der Eindruck, dass Schulden gegenüber dem Kanton tendenziell als weniger belastend empfunden werden als solche gegenüber der Wohngemeinde.
Nun zu den einzelnen Fragen von Bruno Steiger:
Zu Frage 1: Gemäss dem verabschiedeten Budget 2003 wurde das Konto "Abschreibung unerhältlicher Gebühren und Guthaben" (2115.330.10) von 8 Mio. Franken im Jahr 2002 auf 13 Mio. Franken im Jahr 2003 erhöht. Für das Jahr 2002 bestehen für die ersten 10 Monate bereits Verlustscheine über den Betrag von Fr. 12,44 Mio. bzw. aufgrund von Steuererlassen Belastungen in der Höhe von Fr. 377'300.-.
Zu Frage 2: Ende Oktober 2002 besass der Kanton für die Staatssteuer rund 30'000 Verlustscheine, welche sich über Jahrzehnte ansammelten und einen Gesamtbetrag von rund 80 Mio. Franken ausmachen. Diese können wieder in Betreibung gesetzt werden, falls die Schuldnerin oder der Schuldner wieder solvent würde. Definitiv nicht mehr verwertbare Verlustscheine infolge von Firmenkonkursen, Handelsregisterlöschungen oder Todefällen sind es knapp 2'200 mit einer Summe von 32 Mio. Franken.
Zu Frage 3: Da der Kanton keine spezifische, personenbezogene Statistik führt, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Auch über die Gründe, weshalb jemand seine Steuern nicht bezahlen kann oder will, bestehen keine Aufzeichnungen, da die SchuldnerInnen keine Pflicht haben, ihr Verhalten zu begründen. Als wichtige Gründe, weshalb jemand seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt, gelten allgemein: familiäre Verhältnisse nach einer Trennung oder Scheidung, vermeintlicher gesellschaftlicher Konsumzwang vor allem jüngerer Personen, durch Arbeitslosigkeit rückläufige Einkommen bei gleichbleibend hohen Ausgaben, Haushaltsgrösse, der Umstand, dass aktuelle Steuerforderungen nicht in die betreibungsrechtlichen Existenzminimumberechnungen einbezogen werden und dadurch eine endlose Betreibungsspirale in Gang gesetzt werden kann, Ausgabenzwang durch Drogenabhängigkeit bei einer suchtbedingt unsicheren Einkommenslage, zu geringes Renteneinkommen im höheren Alterssegment mit unzureichenden oder fehlenden Pensionskassenleistungen, Zahlungsunwilligkeit von Personen, welche sich bis zur Grenze der Illegalität sämtlichen Zahlungsverpflichtungen zu entziehen suchen.
Zu Frage 4: Die geltende konsequente Praxis der Schuldeneintreibung und die Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel durch den Kanton wird weiterverfolgt. Änderungen der Praxis im Sinne einer allfälligen Lockerung werden keinesfalls vorgenommen. Das heutige Inkasso sei bereits ausgesprochen konsequent und könne allenfalls punktuell noch weiter optimiert werden. Es folge dabei dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen. Möglich erscheine auch eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der verschiedenen Amtsstellen innerhalb des Kantons, um vermögensrelevante Daten beim Bewirtschaften von Verlustscheinen noch besser zugänglich zu machen. Hier stellen sich jedoch auch Fragen des Datenschutzes. Es sei zu prüfen, ob eine konzentriertere Bewirtschaftung der vorhandenen Verlustscheine an einer einzigen Stelle sinnvoll wäre.
Bruno Steiger dankt herzlich für die Beantwortung seiner Fragen und will wissen, ob Steuerschulden jemals verjähren.
Adrian Ballmer erklärt, laut Steuergesetz könnten Steuerforderungen verjähren, nicht jedoch Verlustscheinforderungen.
://: Die Interpellation ist damit beantwortet.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 2008
16 2002/238
Berichte des Regierungsrates vom 24. September 2002 und der Umweltschutz- und Energiekommission vom 16. Dezember 2002: Postulat 1998/264 Esther Maag, Grüne Fraktion, vom 17. Dezember 1998; "Wie hält es der Kanton Basel-Landschaft mit Minergie?"; Abschreibung
Die Präsidentin der Umweltschutz- und Energiekommission, Jacqueline Halder , berichtet, Esther Maags Vorstoss zum Thema Minergie sei vor über vier Jahren eingereicht worden. Damals war das Minergie-Label sehr fortschrittlich. Basel-Landschaft war und ist am rationellen Energieeinsatz und an der Nutzung erneuerbarer Energien interessiert. Das Minergie-Label jedoch weise zwei Schwachpunkte auf: Es stellt zu geringe Anforderungen an den Wärmeschutz der Gebäudehülle und gewichtet den elektrischen Strom zu wenig. Für Basel-Landschaft stellt der Minergie-Standard einen Zwischenschritt zum angestrebten Ziel, dem Passivhaus, dar.
Wichtig für Basel-Landschaft wie auch für Basel-Stadt sei die energetische Sanierung alter Bauten, beispielsweise von sehr schlecht isolierten Häusern aus den 60er-Jahren. Basel-Landschaft setzt sich als Mitglied des Vereins Minergie für eine Verschärfung des Minergie-Standards ein. Die Regierung lehne es daher ab, wie gefordert die Minimalbedingungen des Minergie-Standards für Bauten in unserem Kanton gesetzlich festzuschreiben. Die Umweltschutz- und Energiekommission anerkennt die Energiesparbemühungen des Kantons, welche teilweise weiter gehen als die im Postulat geforderten, und beantragt dem Landrat mit 11:0 Stimmen bei einer Enthaltung, das Postulat 98/264 von Esther Maag abzuschreiben.
Esther Maag informiert, der Begriff "Minergie" beschreibe das Unterschreiten einer gewichteten Energiekennzahl, welche je nach Gebäudekategorie verschieden ist. Dabei kann die Wärmerückgewinnung einberechnet werden. Demgegenüber bedeutet das Passivhaus tatsächlich einen Fortschritt, denn es stellt höhere Anforderungen an die Gebäudehülle. Esther Maag erachtet es als positiv, dass der Kanton die Reduktion des Energieverbrauchs priorisiere, was mit dem Passivhaus-Standard besser als mit dem Minergie-Standard erreicht werden könne. Beim Minergie-Standard können beispielsweise Wärmepumpen eingesetzt werden, welche meist elektrisch betrieben werden.
Esther Maag zeigt sich grundsätzlich erfreut über die sehr differenziert ausgearbeitete Vorlage zu ihrem Postulat. Der Kanton wolle demzufolge vermehrt Passivhäuser fördern, indem er den Quadratmeter mit 50 Franken subventioniert. Bei einem Einfamilienhaus mit 100 bis 200 Quadratmeter Wohnraum ergibt dies 5'000 bis 10'000 Franken, was angesichts der baulichen Mehrkosten nicht besonders viel sei und insbesondere die zusätzlich notwendigen Investitionen nicht ausgleiche. In diesem Zusammenhang interessiert sich Esther Maag dafür, wann in unserem Kanton mit der ersten Passivhausbaute gerechnet werden könne.
Die Vorlage halte richtig fest, dass die Sanierung der bestehenden Bausubstanz für den Kanton eine grosse Herausforderung darstelle. Der grösste Teil der Bausubstanz stamme aus den 1930er- bis 1970er-Jahren, und hier sei ein grosser Nachholbedarf zu verzeichnen. Für Esther Maag äussert sich die Vorlage nicht klar zur Frage, ob bei der Sanierung bestehender Bauten der Minergie-Standard gefördert werden soll, da solche Bauten nicht zu Passivhäusern umgebaut werden können. Dies sei praktisch nur bei Neubauten möglich. Bei Gebäudesanierungen erachtet Esther Maag daher den Minergie-Standard als sehr sinnvoll. Sie plädiert dafür, Punkt 4 ihres Postulats noch stehen zu lassen. Dieser lautet wie folgt:
4. Für die anstehende Novellierung des Energiegesetzes ist für Neubauten und Sanierungen der Minergie-Standard festzuschreiben.
Die Grünen betrachten es grundsätzlich als positiv, dass der Kanton über den Minergie-Standard hinausgehen wolle. Betreffend Unterstützung zur Erreichung des Minergie-Standards führt der Regierungsrat aus, der Vollzugsaufwand würde steigen. Die Kontrollen dieses Standards könnten aber beispielsweise an den Verein Minergie delegiert werden, da diesem die entsprechenden Fachleute (auch der Kanton Basel-Landschaft ist Mitglied) angehören.
Esther Maag wollte zuerst der Abschreibung ihres Postulats vorbehaltslos zustimmen, verbunden mit der Hoffnung, dass den Worten auch möglichst viele Taten folgen. Sie hält nun aber doch an Punkt 4 ihres Postulats fest.
Esther Bucher stellt fest, dass der Kanton bereits viel zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Förderung erneuerbarer Energien tue, auch wenn man selbstverständlich in diesem Bereich immer noch grössere Anstrengungen unternehmen könne. Der Minergie-Standard soll jedoch nicht ins Gesetz aufgenommen werden, da der Kanton sogar noch weiter gehen wolle. Das Minergie-Label beschreibe einen überholten Standard, da inzwischen Bauweisen mit noch tieferem Verbrauch bekannt seien. Die staatliche Förderung ziele bereits auf den Standard des Passivhauses ab, weshalb die SP-Fraktion die Abschreibung des Postulats unterstütze.
Ernst Thöni gibt bekannt, zumindest für einmal sei es gelungen, die Fraktion von einem Beschluss der Umweltschutz- und Energiekommission zu überzeugen. Die FDP stimmt demzufolge der Abschreibung des Postulats 98/264 zu, dies in Anerkennung der Leistungen der BUD in Bezug auf die Bewilligungsverfahren für Neubauten und die Sanierung von Altbauten. Ein Festhalten an Punkt 4 des Postulats, wie dies von Esther Maag gefordert wird, empfindet die FDP-Fraktion als nicht nötig.
Uwe Klein erklärt, in den letzten vier Jahren habe sich bezüglich Minergie-Standard und Energiesparmassnahmen einiges verändert. Die CVP/EVP-Fraktion kann daher der Abschreibung des Postulats mit ruhigem Gewissen zustimmen.
Hans Schäublin informiert, auch die SVP-Fraktion sei mit der Abschreibung einverstanden.
Elsbeth Schneider-Kenel hätte sich darüber gefreut, wenn Esther Maag heute den Kanton vorbehaltslos gelobt hätte, da dieser mehr tue als im Postulat verlangt werde. Bezüglich Passivhaus-Standard sei Basel-Landschaft führend und erbringe Pionierleistungen für die ganze Schweiz, weshalb Elsbeth Schneider-Kenel den Landrat bittet, Esther Maags Antrag abzulehnen. Wenn Private den Minergie-Standard erreichen müssten, so komme dies einer Bevormundung gleich, welche mit grossen Mehrkosten verbunden sei. Die Baudirektion berate Privatpersonen und empfehle ihnen immer, mindestens den Minergie-Standard zu erreichen, vor allem im Zusammenhang mit der Sanierung von Gebäude-Aussenhüllen. Der Kanton wolle die Bevölkerung durch Motivation und Eigeninitiative zur Minergie hinführen.
://: Der Landrat stimmt dem Antrag der Umweltschutz- und Energiekommission und damit verbunden der Abschreibung des Postulats 98/264 zu.
Ursula Jäggi-Baumann schliesst damit die heutige Sitzung, wünscht allerseits einen schönen Abend und gute Heimkehr.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Ende der Sitzung: 17.00 Uhr
Die nächste Landratssitzung findet statt am 20. Februar 2003
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