Protokoll der Landratssitzung vom 27. März 2003

Nr. 2056

17 2002/251
Postulat von Sabine Pegoraro vom 17. Oktober 2002: Eine Meldestelle für kinderpornographische Darstellungen im Internet

Ursula Jäggi-Baumann erklärt, dass der Regierungsrat bereit ist, das Postulat entgegenzunehmen und abzuschreiben.

Regierungsrat Andreas Koellreuter berichtet, dass die Idee des Postulats aufgenommen wurde. Seit dem 16. Januar 2003 gibt es bei der Polizei eine Meldestelle für kinderpornographische Darstellungen im Internet. Am 23. Januar wurde dies der Öffentlichkeit kommuniziert. Seit Inbetriebnahme der Meldestelle Mitte Januar sind 28 Meldungen eingegangen, davon neun per Telefon. Drei davon waren konkrete Hinweise (einer anonym) auf Personen, die angeblich im Bereich der Kinderpornographie aktiv sind. Im einen Fall ging ein Bericht an die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, in den beiden anderen Fällen wurden (Vor-)Ermittlungen in unserem Kanton aufgenommen. Bei den anderen Hinweisen ging es, was nicht weniger wichtig ist, mehr oder weniger um Beratung. Dabei handelt es sich um Beratungen in Zusammenhang mit Internet-Sicherheit, aber auch in Zusammenhang mit E-Mails, welche die Betroffenen von irgendwelchen unbekannten Absendern erhielten.
Im Weiteren kamen bisher 17 Meldungen per E-Mail an. Hierbei handelte es sich meist um Hinweise über Pornoseiten im Internet. Oft ging es dabei aber um "normale" Pornoseiten - für welche kein Verbot besteht - und nicht um Kinderpornographie. Zwei Briefe, wovon einer anonym, gingen ein. Insgesamt gingen innerhalb von zwei Monaten 28 Meldungen ein, wobei festzustellen ist, dass in den letzten drei Wochen keine mehr kamen. In diesem Zusammenhang gibt er seinem Wunsch nach einer vermehrten Bekanntmachung dieser kantonalen polizeilichen Meldestelle durch die Medien Ausdruck. Abschliessend bittet er den Landrat im Namen des Regierungsrates, das Postulat zu überweisen und gleichzeitig abzuschreiben.

Sabine Pegoraro bedankt sich bei Regierungsrat Adrian Koellreuter für die rekordverdächtig rasche Umsetzung des Postulates. Die Tatsache, dass bisher schon zahlreiche Meldungen eingegangen sind, zeige, dass klar ein Bedürfnis vorhanden gewesen sei. In Österreich existiert ebenfalls eine solche Meldestelle, auch dort habe sie sich als gutes Instrument erwiesen. Sabine Pegoraro zeigt sich erfreut darüber, dass in diesem Punkt der Kanton Basel-Landschaft einmal mehr die Pionierrolle übernommen hat und hofft nun, dass die anderen Kantone nachziehen werden. Sie erklärt sich selbstverständlich bereit, das Postulat zu überweisen und abzuschreiben.

://: Damit ist das Postulat 2002/251 von Sabine Pegoraro diskussionslos überwiesen und abgeschrieben.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Nr. 2057

18 2002/210
Interpellation von Peter Holinger vom 5. September 2002: Lärmimmissionen durch Knallkörper vor und nach dem 1. August. Antwort des Regierungsrates

Regierungsrat Andreas Koellreuter konnte sich bei Eingang der Interpellation ein leichtes Schmunzeln nicht ganz verkneifen. Er erinnert sich an vergangene Zeiten, an das alljährliche Maischiessen im "Stedtli"... In Beantwortung der Interpellation erklärt er, dass entgegen dem Tenor in der Interpellation relativ wenige Vorkommnisse auftreten. Immer wieder seien aber diese wenigen Vorkommnisse Stein des Anstosses. Die Polizei Basel-Landschaft hatte in der Zeit vom 28. Juni bis zum 3. August 2002 insgesamt 40 Meldungen wegen Ruhestörung und Sachbeschädigung zu bearbeiten. Im Detail bedeutet dies: 12 Meldungen wegen Ruhestörung/ Belästigungen, 3 Meldungen wegen Gefährdung; hierbei ging es um das Abbrennen von Feuerwerk in geschlossenen Räumen, Abfeuern von Raketen gegen Gebäude oder in einem Fall auf die Autobahn. Des Weiteren waren 25 Meldungen wegen Sachbeschädigungen zu verzeichnen, 6 davon direkt am 1. August. Die Regelungskompetenz liegt weitgehend bei den Gemeinden, führt Andreas Koellreuter weiter aus. welche in ihren Polizeireglementen oft entsprechende Bestimmungen haben, insbesondere ein Verbot ausserhalb von 1. August, Neujahr, Sylvester. Die meisten Meldungen gehen aber bei der Polizei Basel-Landschaft ein. Tagsüber werden die Gemeindepolizeien mit den Requisitionen betraut. Nachts kommt die kantonale Polizei zum Einsatz. Hier würde sich Adrian Koellreuter auch einmal ein Dankeschön der Gemeinden vis-a-vis der Polizei Basel-Landschaft wünschen.
Bei Grossfeuerwerken kann es zu Lärmspitzen kommen, welche gehörgefährdend sind. Dies nehmen aber die Besucherinnen und Besucher von solchen Festen bewusst in Kauf, fügt Andreas Koellreuter an. Sie können sich auch entsprechend schützen, beispielsweise mit Gehörpfropfen. Die von Peter Holinger angesprochene Knallerei vor allem in Wohnquartieren sei zwar lästig, nicht aber gesundheitsgefährdend, sofern die Feuerwerkskörper sachgemäss abgebrannt werden. Zu den Auswirkungen von Lärm auf Haus-, Nutz- und Wildtiere liegen keine Untersuchungen vor. Die bestehenden Sicherheitsvorschriften und Empfehlungen zum Verkauf und Gebrauch haben nach Auffassung von Andreas Koellreuter in der Schweiz ein akzeptables Sicherheitsniveau erreicht. Dies bestätigen auch unsere Lärm- und Lufthygienestellen. Die Regierung ist der Meinung, dass die Knallerei zwar lästig sein kann, aber trotzdem nicht überzubewerten und nicht gesundheitsgefährdend ist. Eine kantonale Regelung würde an der Rechtslage wenig ändern. In vielen Gemeinden besteht bereits ein Verbot. Zudem stelle sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit einer solchen gesetzlichen Regelung.

Peter Holinger gibt auf Anfrage der Landratspräsidentin eine kurze Erklärung ab: Er ist sich bewusst, dass er einen gewissen Widerspruch produziert hat. Dazu sagen möchte er aber, dass das Banntagsschiessen sehr konzentriert ist, wohingegen die in der Interpellation angesprochene Lärmimmission über Wochen andauert. Auslöser waren für ihn einige persönliche Anfragen von besorgten Mitbürgerinnen und Mitbürgern, welche sich ärgerten und insbesondere mit ihren Hunden Mühe bekundeten. Auch im Einwohnerrat war dies ein Thema und Peter Holinger wurde konkret von einer Statdrätin angefragt. Dies die Gründe für seine Interpellation. Er bedankt sich herzlich für die Beantwortung.

://: Damit ist die Interpellation 20027210 von Peter Holinger beantwortet.
Nr. 2058

19 2002/230
Postulat von Dieter Völlmin vom 19. September 2002: Vermeidung der Mehrfachbestrafung bei SVG-Verstössen

Landratspräsidentin Ursula Jäggi gibt bekannt, dass der Regierungsrat bereit ist, das Postulat entgegenzunehmen.

://: Damit ist das Postulat 2002/230 diskussionslos überwiesen.
Nr. 2059

20 2002/262
Interpellation von René Rudin vom 17. Oktober 2002: Zwangseinbürgerung. Schriftliche Antwort vom 7. Januar 2003

René Rudin bedankt sich beim Regierungsrat für die ausführliche Beantwortung der Fragen. An dieser Stelle möchte er noch anfügen, dass der Regierungsrat in beiden Ausführungen der Beschwerden festhält, dass die Erteilung des Gemeindebürgerrechts in der alleinigen Kompetenz der Bürgergemeinde liegt, dass die Bürgergemeindeversammlung das letzte Wort hat und dass diese befugt ist, den Entscheid nach freiem Ermessen zu fällen. Ebenso sei sie laut Gesetz zur Erteilung des Bürgerrechts ermächtigt, aber nicht verpflichtet. Der Regierungsrat stütze sich nun in seiner Beschwerdebegründung darauf, dass der Entscheid willkürlich war. Dazu meint René Rudin, bei der Feststellung, ob etwas willkürlich oder nicht willkürlich ist, handle es sich natürlich um eine Auslegung der "Rechtsverdreher". Der Regierungsrat stützt sich bei seinem Entscheid allein auf das Protokoll der Bürgergemeindeversammlungen. Es entziehe sich seiner Kenntnis, ob darin alle Gründe und Äusserungen auch genannt seien, welche die Bürgergemeinde letztlich bewogen haben, die Einbürgerung abzulehnen. Genauso wenig könne aber der Regierungsrat davon ausgehen, dass er alle Gründe kannte, welche zu diesem abschlägigen Bescheid geführt haben. Er findet daher, im vorliegenden Fall habe die Regierung relativ wenig in der Hand, um eine solche Einbürgerung über den Kopf der Bürgergemeinde hinweg zu verfügen.

Ruedi Brassel hält es für ein ziemliches Missverständnis, wenn René Rudin annimmt, dass die Regierung relativ wenig in der Hand hatte, als sie sich auf die bekannten Äusserungen stützte. Zudem müsse man es scharf zurückweisen, wenn in diesem Zusammenhang von Rechtsverdrehung die Rede ist. Es gebe kein Recht auf willkürliches Handeln in einem Bereich, in dem genügend klare Kriterien und gesetzliche Vorgaben bestehen. Was von René Rudin formuliert wurde, komme dem gleich, was der Staatsrechtler Peter Noll demokratischen Absolutismus nannte, eine Haltung, welche die angebliche Souveränität des Volkes über das Gesetz und die Verfassung stellt. Dies könne und dürfe nicht sein. Es gelten die Grundsätze des Rechtsstaates, welche u.a. Willkürfreiheit einschliessen. Diese Grenzen müsse man klar sehen. Wenn etwas geändert werden solle, so müssen erst die Rechtsgrundlagen geändert werden. Es sei unstatthaft, den Gerichten, der Regierung und politisch Andersdenkenden Rechtsverdrehung anzuhängen.
In der Interpellation ist auch vom Vertrauensverlust gegenüber der Regierung die Rede. Es könne aber nicht angehen, meint Ruedi Brassel, dass man der Regierung vorwirft, sie verscherze das Vertrauen, wenn sie sich an Gesetzesvorgaben und gerichtliche Urteile hält. Vielmehr warnt er davor, dass Bürgergemeinden sich gegen die demokratischen gesetzlichen Vorgaben sperren, welche eine Willkürfreiheit für das Verfahren vorschreiben. Dies könnte letztlich dazu führen, dass sie selbst dadurch mit einem Legitimationsverlust zu rechnen haben. Im Namen der SP-Fraktion weist er damit die implizit gemachten Vorwürfe in aller Form zurück.

Bruno Steiger möchte darauf hinweisen, dass die Einbürgerung ein rein politischer Akt sei und es kein Recht auf Einbürgerung gebe. Einbürgerung sei im Grunde eine Wahl. Er habe nichts gegen den Bürger aus Nenzlingen, aber auch für diesen gebe es keine "Extrawurst". Wenn halt jemand aus gewissen Gründen in der Gemeinde nicht gemocht werde, so müsse man dies in Kauf nehmen und der Betroffene werde nicht eingebürgert. Man könne keine Einbürgerung "erzwängen". Im Falle einer Nichteinbürgerung müsse der oder die Betroffene die Konsequenzen ziehen und sich einen anderen Wohnort suchen.

Hildy Haas macht bezüglich Frage 1 in der Interpellation einen Vergleich mit den kommenden Landratswahlen. Werde sie nun als Landrätin nicht mehr wiedergewählt vom Volk, so könne sie ja schliesslich auch nicht mit der Begründung der ungerechtfertigten Abwahl durch das Volk beim Regierungsrat rekurrieren.

Dieter Völlmin hebt einen Aspekt hervor: Es werde nun so getan, als ob eine Kontrolle durch eine Behörde oder durch ein Gericht via Überprüfung von Willkür zur objektiven Wahrheit führen könnte. Es sei aber nicht so, dass die Grenze zwischen Willkür und Nicht-Willkür klar in Stein gemeisselt ist. Es handle sich hier um Wertungen durch Menschen, welche sich im Verlaufe der Zeit auch verändern. An der Debatte stört ihn nun, dass einerseits sozusagen von der nackten Willkür der Bürgergemeindeversammlungen gesprochen wird und anderseits von der wirklich wertfreien, objektiven Überprüfung. Dies sei nicht ganz ehrlich und entspreche auch nicht ganz den Tatsachen. Wertungen seien Veränderungen unterworfen, sie fallen einmal etwas liberaler, ein anderes Mal wieder restriktiver aus, hält Dieter Völlmin fest. Hier bestehe ein Spannungsfeld zwischen dem Prinzip der Demokratie und demjenigen des Rechtsstaates. Diesbezüglich gebe es auch Überschneidungen, und je nachdem stehe in solchen Fällen das rechtsstaatliche - was die derzeitige Tendenz ist - oder das demokratische Prinzip im Vordergrund. Genauso gut könnte man sich überlegen, mit welchem Recht hier im Landrat Begnadigungen ausgesprochen werden. Auch hier handle es sich um einen Verwaltungsakt, welcher eigentlich überprüfbar sein müsste, bei dem aber Willkür auch nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Letztlich sei es aber eine reine Ermessensfrage, ob man dem Demokratieprinzip oder dem der Rechtsstaatlichkeit den Vorzug gibt.

Isaac Reber findet, dass gerade der Fall Nenzlingen zeigt, wie willkürlich die heutigen Einbürgerungsregelungen sein können. Es sei geradezu lachhaft, wenn der Gemeindepräsident in einem Ort nicht eingebürgert wird. Es zeige auch, wie wenig repräsentativ die Bürgergemeindeversammlungen für eine Gemeinde sein können. Für ihn sei dies ein gutes Lehrstück in Sachen Demokratie. Man müsse sich über das, was hier passiert ist, genaue Gedanken machen und sich überlegen, ob bei diesem Prozess tatsächlich gute Resultate erzielt werden können und dann einen Schritt weiter gehen und sich überlegen, wie man es besser machen könnte.

Regierungsrat Andreas Koellreuter meint zum Votum von René Rudin, dass es enorm schwierig sei, wenn in Beschwerdebegründungen usw. nichts Neues hinzukomme, sondern im Grunde immer wieder dasselbe festgehalten werden müsse, welches bei näherer Analyse klar auf Willkür hindeute. Man könne sich in diesem Fall nicht auf irgend etwas stützen, was phantomhaft doch noch irgendwo vorhanden sei. Er persönlich habe es immer bedauert, dass nie wirklich ausgedeutscht wurde, worum es vielleicht auch noch gehen könnte. Beim Entscheid müsse man sich auf das abstützen, was vorhanden sei. Mehr sei nicht vorhanden gewesen und damit war dem Regierungsrat klar, dass das Willkürverbot verletzt worden war, welches in der Bundesverfassung verankert ist. Eines müsse aber doch festgestellt werden: In sehr vielen Bürgergemeinden im Kanton laufe es gut, das notwendige Gespür sei vorhanden, so dass solche Dinge nicht passeiren. Auch das Einbürgerungsprozedere in der Direktion werde sehr seriös gemacht, die Gemeinden werden entsprechend unterstützt. Andreas Koellreuter findet es im Grunde schade, dass in diesem Zusammenhang noch kein Bundesgerichtsentscheid vorliegt. Er fragt sich beispielsweise, warum die Bürgergemeinde Pratteln nicht ans Bundesgericht gelangt ist. Offenbar habe man doch gemerkt, dass die Argumentation zu schwach sei. Mit einem Bundesgerichtsentscheid käme man seiner Ansicht nach vielleicht ein wenig weiter in dieser ganzen Diskussion. Gleichzeitig ist er gespannt darauf, was in den nächsten Jahren in unserem Kanton passieren wird. (Er wird es dann vom "Ofebänkli" aus mit Interesse verfolgen.) Irgendwann werde der Regierungsrat wieder in dieselbe Situation gelangen. Im vorliegenden Fall wurde Beschwerde erhoben, es liegt ein Verfassungsgerichtsurteil vor. Der Regierungsrat hatte keine andere Wahl, als entsprechend dem Gerichtsurteil zu handeln.

://: Damit ist die Interpellation 2002/262 von René Rudin behandelt.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei

Nr. 2060

21 2002/281
Motion von Fredy Gerber vom 14. November 2002: Konzept zur Einführung von Schnellrichterinnen und Schnellrichtern gegen die Massenkriminalität, insbesondere gegen den Drogenhandel

Landratspräsidentin Ursula Jäggi erklärt, dass der Regierungsrat bereit ist, die Motion als Postulat entgegenzunehmen.

Regierungsrat Andreas Koellreuter findet es interessant, dass erst wenige realisiert haben, dass in unserem Kanton bereits seit drei Jahren die gesetzliche Grundlage für ein Schnellrichterverfahren besteht. Sie existiert in § 7 der Strafprozessordnung, welcher festlegt, dass heute die Statthalterämter die Strafbefehlskompetenz bei Freiheitsstrafen bis drei Monate haben. Man habe sie sogar bei allen Delikten (innerhalb der aufgeführten Starfrahmen) und gehe damit weiter als Basel-Stadt. Der Regierungsrat nimmt aber die Motion als Postulat entgegen, weil er dem Landrat berichten möchte, wie das Ganze in den letzten drei Jahren abgelaufen ist. Möglicherweise komme man dabei zum Resultat, dass laut Gesetz zwar die Möglichkeit eines Schnellrichterverfahrens besteht, dass wegen Arbeitsüberlastung o.ä. die Statthalterämter aber gar nicht in der Lage sind, diese Fälle tatsächlich sehr rasch zu bearbeiten. Er könnte sich auch vorstellen, dass in diesem Bericht Vergleiche bezüglich Gesetzgebung und Erfahrungen mit anderen Kantonen angestellt werden.
Hingegen erübrige sich die Motion, da man nicht etwas ins Gesetz aufnehmen könne, was schon drin steht.

Fredy Gerber spricht sich nicht gegen den von Andreas Koellreuter vorgeschlagenen Bericht aus. Er weiss auch, dass im Kanton Baselland das Statthalteramt für Strafbefehle zuständig ist, was Kleinkriminelle und Drogendealer anbelangt und dass es Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten aussprechen kann. Allerdings brauche es für die Behandlung ca. zehn Tage. Leider seien auch die Delinquenten sehr oft kurze Zeit nach ihrer Verhaftung wieder auf freiem Fuss, weil die rechtlichen Grundlagen für eine längere Festhaltung fehlen. Diese Situation sei stossend und frustriere vor allem die beteiligten Polizisten, wenn diese Delinquenten, welche sie erst vor kurzer Zeit und z. T. unter Gefährdung ihrer Gesundheit festgenommen haben, erneut bei ihrem unlauteren Treiben vorfinden. In anderen Kantonen und vor allem auch im angrenzenden Ausland bestehe diesbezüglich eine viel griffigere Gesetzgebung. So habe Frankreich beispielsweise eine Art Schnellrichtervefahren, aufgrund dessen sofort Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren verhängt werden können. Der Kanton Zürich agiert mit fünf Bezirksanwälten im Pikettdienst relativ erfolgreich gegen Kleinkriminalität. Dort können auch maximal drei Monate Freiheitsentzug angeordnet werden. Im Kanton Waadt wurde ein Untersuchungsrichter ausschliesslich gegen Strassendealer eingesetzt und mit einer Strafkompetenz von maximal sechs Monaten ausgestattet. Auch im Kanton Basel-Stadt will man nun in dieser Sache etwas unternehmen. Dort sucht man die Lösung in einem Verzeigungsverfahren. Strafbefehlsrichter sollen bei klarem Sachverhalt Freiheitsstrafen bis zu maximal drei Monaten aussprechen können mit dem Ziel, Kriminaltouristen innert 48 Stunden einen Strafbefehl auszuhändigen. Was für den Kanton Basel-Landschaft nun die beste Lösung ist, sei dahingestellt, meint Fredy Gerber. Ob nun Staatsanwälte mit Strafbefehlskompetenzen ausgestattet werden oder die Einzelrichterkompetenz auf zwei Jahre erhöht werde, sei nicht ausschlaggebend. Wichtig scheint ihm aber, dass man möglichst bald in dieser Richtung etwas unternehme. Er möchte daher an seiner Motion festhalten, damit die Regierung und anschliessend die zuständige Landratskommission möglichst rasch die für unseren Kanton beste Lösung erarbeiten kann. Er sei auch gerne bereit, an seinem Motionstext noch sachdienliche Änderungen vorzunehmen, möchte aber nicht, dass seine Motion als Postulat "beschnitten" und dann im Rahmen der Revision der Strafprozessordnung abgeschrieben wird.

Matthias Zoller macht deutlich, dass mit der Überweisung einer Motion klar signalisiert wird, dass man eine Institutionalisierung der Schnellrichterverfahren wünscht. In diesem Sinn und geist ist auch die CVP-/EVP-Fraktion der Meinung, dass an der Motion festgehalten werden soll. Man wolle sich nicht allein mit dem Bericht über die bisherige Handhabung zufrieden geben.

Peter Tobler findet das Ganze eine relativ verzwackte Situation. Nun habe man eine Motion, aber auch ein Gesetz, welches im Grunde das Anliegen der Motion bereits erfülle. Daher ist die FDP-Fraktion dafür, die Motion als Postulat zu überweisen. Man wolle den Erfahrungsbericht. Hier sei an sich das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde der Statthalterämter zuständig. Man wolle auch einen Bericht darüber, was es "alles sonst noch so gibt". In Frankreich existiere zum Beispiel das Verfahren en flagrant délit , bei dem ein in flagranti ertappter Täter sehr schnell verurteilt werden kann, und dies nicht nur durch Strafbefehl, wie bei uns, sondern es handle sich um ein abgekürztes Gerichtsverfahren, welches auch in Strassburg ausgetestet wurde und vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand hat.
Man habe sich in der Schweiz umgeschaut, um zu erfahren, was noch alles in Vorbereitung ist. Basel-Stadt mache lediglich sinngemäss das Gleiche, was unser Kanton bereits vor drei Jahren gemacht hat. In Zürich stellen Bezirksanwälte Strafbefehle aus, dies entspreche unserer Lösung. Dito Kanton Waadt, in dem der Schnellrichter ein Untersuchungsrichter - bei uns der Statthalter - ist, welcher den Strafbefehl ausstellt und diesen den Straftätern noch während der Haft aushändigt. Peter Tobler erachtet es für am sinnvollsten, den ganzen Problemkreis nochmals anhand der eigenen Erfahrungen aufzuarbeiten, um anschliessend nach einer Lösung zu suchen. Er weist ausserdem darauf hin, dass in der Strafprozessordnung des Bundes im Entwurf etwas Ähnliches wie im Kanton Baselland vorgesehen ist. Im Bund werde aber heftigst darüber diskutiert und in der entsprechenden Fachliteratur seien schon Artikel darüber entstanden, welche die entsetzliche Unzuverlässigkeit dieses Verfahren beklagten.
Abschliessend bittet Peter Tobler Fredy Gerber darum, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Auch er wolle auf keinen Fall, dass das Postulat im Zusammenhang mit der Revision der Strafprozessordnung abgeschrieben wird. Er wünscht sich einen gesamtheitlichen Bericht, eine klare Übersicht inklusive Erfahrungsbericht.

Bruno Steiger macht darauf aufmerksam, dass er denselben Vorstoss mit demselben Wortlaut am 19. Oktober 2000 eingereicht hat; er wurde am 8. Februar 2001 im Landrat behandelt. Nun müsse offenbar noch die SVP nachhaken, damit dieser Vorstoss "salonfähig" werde. Auch die Schweizer Demokraten seien klar für die Motion, sonst verschwinde die Sache in einer Schublade, und man kenne ja die leeren Versprechungen der FDP in Sachen Sicherheit, das müsse er ganz klar sagen. Mit dem Schnellrichterverfahren werden die Strafbefehle innert zehn Tagen rechtskräftig und erlangen die Wirkung eines Urteils, was zur Folge habe, dass ein Delinquent die Konsequenz seines Tuns sogleich zu spüren bekomme und die Polizei bei ihrer Arbeit im Nachhinein mehr motiviert sei. Im Übrigen ist Bruno Steiger der Ansicht, dass die Ausländer- und Drogenkriminalität laut heutiger Strafprozessordnung verharmlost werde, da man ein kleines Verkehrsdelikt beispielsweise viel schlimmer ahnde als Drogendelikte.

Christoph Rudin spricht sich namens der SP für einen Bericht und damit für ein Postulat, aber gegen eine Motion aus. Es werde etwas verlangt, was tatsächlich schon bestehe. An der letzten Justiz- und Polizeikommissionssitzung habe man sogar über die Verlängerung gewisser Einsprachefristen beraten und er habe Fredy Gerber speziell darauf hingewiesen, dass er dagegen stimmen solle. Man wisse, dass es nicht ganz einfach sei. Ob es nun aber daran liegt, dass man die personellen Ressourcen hinaufsetzen müsse, werde man erst aus dem Bericht ersehen. In Bezug auf die so genannten Kriminaltouristen (ausländische Straftäter) merkt Christoph Rudin zuhanden der SVP an, dass man sich nicht der Illusion hingeben dürfe, dass der Schnellrichter einen Landesverweis erteilen kann. Man wisse bereits heute, dass dies nicht möglich sei.

Remo Franz meint, wenn man aufmerksam Christoph Rudin und Peter Tobler zugehört habe könnte man zum Schluss kommen, bei Überweisung der Motion wäre ein Bericht nicht möglich. Im Landratsgesetz stehe aber ganz klar, dass man mit einer Motion auch einen Bericht verlangen kann. Bestehe Handlungsbedarf, so könne die Regierung selbstverständlich mit der Motion auch zusätzlich einen Bericht erstellen, der die ganze Problematik ein wenig umfassender darstellt. Als Mitglied der GPK Subko4 habe er selbst vor mehreren Jahren bereits das Problem persönlich erlebt. Schon damals sei die Polizei frustriert gewesen, und daran habe sich in den letzten Jahren nichts geändert. Es bestehe jetzt Handlungsbedarf. Ein Schnellrichterverfahren müsse eingerichtet werden, mit oder ohne den Bericht. Der Bericht werde dies ganz klar zum Ausdruck bringen. Von daher spreche seiner Ansicht nach nichts gegen eine Überweisung als Motion.

Paul Rohrbach stellt an Regierungsrat Andreas Koellreuter die Frage nach dem Zeithorizont des Berichts und äussert den "Verdacht", dass der Bericht noch innerhalb von dessen Amtszeit erfolgen könnte.

Paul Schär
unterstützt im Namen einer Mehrheit der FDP die Motion, falls der Auftrag mit einem Bericht verbunden ist.

Regierungsrat Andreas Koellreuter äussert sich zur Befürchtung, dass das Postulat im Rahmen der Teilrevision der Strafprozessordnung abgeschrieben werden könnte. Dies sei rein technisch ein Ding der Unmöglichkeit. Die seriöse Abfassung eines Berichts nehme doch eine gewisse Zeit in Anspruch. Dies werde auch nicht innerhalb seiner auslaufenden Amtszeit geschehen. Er geht davon aus, dass der Bericht (im Falle eines Postulats) in einem Jahr vorliegen wird. Nochmals weist er auf das Problem hin, dass die in der Motion geforderte Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen zur Einrichtung eines Schnellrichterverfahrens bereits vorhanden sind. Er wiederholt, dass man einen Bericht über die bisherigen Erfahrungen vorzulegen bereit sei, warnt aber davor, das Schnellrichterverfahren als "Allerheilmittel" zu betrachten. In unserem Rechtsstaat gebe es auch immer noch das Beschwerderecht, welches u.a. ein solches Schnellrichterurteil anfechten könnte. Man solle sich diesbezüglich keinen Illusionen hingeben. Er bittet nochmals um Überweisung der Motion als Postulat.

Keine weitere Wortmeldung.

Fredy Gerber hält auf jeden Fall an der Motion fest. Die Idee von Paul Schär habe ihm eingeleuchtet. Er möchte den Regierungsrat auffordern, einen entsprechenden Bericht zu erstellen.

Landratspräsidentin Ursula Jäggi lässt über die Überweisung der Motion abstimmen.

://: Die Motion 2002/281 von Fredy Gerber wird vom Landrat mit 43:30 Stimmen überwiesen.

Ursula Jäggi schliesst damit die heutige Sitzung, wünscht allen eine gute Heimkehr und einen schönen Abend.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei




Ende der Sitzung: 17.00 Uhr

Die nächste Landratssitzung findet statt am 10. April 2003
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