Protokoll der Landratssitzung vom 28. Oktober 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 28. Oktober 2004 |
Nr. 843
20 2004/216
Postulat von Florence Brenzikofer vom 9. September 2004: Angekündigte Tariferhöhung beim TNW
Wie Regierungsrätin
Elsbeth Schneider
erklärt, lehne die Regierung das Postulat ab. Das Dilemma lautet in Anbetracht des Sparprogramms, an das auch der öffentliche Verkehr seinen Beitrag leisten muss, ganz einfach: entweder Einnahmen erhöhen oder das Angebot abbauen.
Das oberste Ziel des Kantons als Besteller und des Transportunternehmens ist es, Massnahmen zu prüfen und umzusetzen, die einen möglichst geringen Einfluss auf die Kundennachfrage haben.
Die Regierung möchte so wenige Fahrgäste wie möglich verlieren und zugleich die Qualität hoch halten. Die Tariferhöhung per 1. Januar 2005 beträgt durchschnittlich 4,7 %. Die Teuerung liegt bei ca. 2,5 %. Mit der beschlossenen Erhöhung kann sichergestellt werden, dass das Angebot nicht reduziert werden muss.
Die Erfahrungen mit den Tariferhöhungen der letzten Jahre und eine Marktforschungsstudie haben gezeigt, dass die Bevölkerung eine moderate Erhöhung annimmt und dass keine Kunden verloren gehen.
Speziell zu erwähnen ist, dass vor vier Jahren im Rahmen des 4. ÖV-Leistungsauftrags im Baselbiet eine markante Qualitätsverbesserung beschlossen wurde - der so genannte Quantensprung -, was halt etwas kostet. Ab 2007 wird auf der Regio-S-Bahn neues Rollmaterial eingesetzt, was zu einer weiteren wesentlichen Qualitätsverbesserung führt.
Der TNW bietet mit den neuen Tarifen im nationalen Vergleich - verglichen etwa mit Bern oder Zürich - immer noch das beste Preis-/Leistungsverhältnis an.
Natürlich analysieren die Besteller und die Transportunternehmungen vor jeder Massnahme immer ganz genau deren Auswirkungen. Die Tariferhöhung im beschlossenen Rahmen ist gegenüber der Bevölkerung vertretbar.
Florence Brenzikofer
gibt zu, dass die mit der Teuerung und den Sparvorgaben der öffentlichen Hand begründeten Preiserhöhungen um durchschnittlich 4,6 % moderat erscheinen. Wenn man die Preise aber genauer anschaut, ist nicht zu übersehen, dass die Preisdifferenz in gewissen Bereichen klar über 10 % liegt. Vor allem Kinder und Halbtaxpassagiere sind davon betroffen.
Dazu einige Beispiele: Die halbe Kurzstrecke verteuert sich von CHF 1.20 auf CHF 1.40, was einer Erhöhung von sage und schreibe 17 % entspricht. Das halbe Einzelbillet für eine Zone kostet statt wie bisher CHF 1.80 neu CHF 2.00, Zunahme: 11 %. Der Preis für die Senioren-Abos geht von CHF 42 um 14 % auf CHF 48 hoch. Die Junioren-Abos verteuern sich um 5 % von CHF 39 auf CHF 41.
Eine Anpassung der Preise an die Teuerung ist akzeptabel. Aber diese Zahlen sprengen den Rahmen eindeutig. Sie liegen zum Teil so massiv über der Teuerung, dass sie nicht mehr im Bereich einer verantwortbaren und umweltgerechten Verkehrspolitik sind.
Die Preise sind letztmals im Juli 2001 angepasst worden, und bereits damals hat die Erhöhung die Teuerung übertroffen. Es braucht zweifelsohne attraktive Preise, und das U-Abo ist zugegebenermassen immer noch ein günstiges Angebot. Das darf jedoch nicht das einzige Argument sein. Das Ziel muss es sein, die Leute zur Benutzung des ÖV zu motivieren und die Benutzerzahlen zu steigern. Neuste Statistiken zeigen aber, dass immer mehr Leute pendeln und dass immer mehr von ihnen dazu das Auto benutzen statt den Bus oder den Zug zu nehmen. Dieser Tendenz sollte entgegengewirkt werden.
Die Verantwortlichen des TNW erhoffen sich Mehreinnahmen von ca. CHF 7 Mio. Das scheint illusorisch. Denn zahlreiche Menschen werden sich künftig zweimal überlegen, ob sie den ÖV benutzen sollen, weil sie es sich schlicht mehr nicht mehr leisten können - vor allem im Bereich der Einzelfahrten.
Die vorgesehene Erhöhung macht weder umwelt- noch verkehrspolitisch einen Sinn. Der Regierungsrat soll darum prüfen und berichten, welche Möglichkeiten in der Zukunft bestehen, solche die Teuerung massiv überschreitenden Erhöhungen zu verhindern.
Als Familienvater nimmt
Paul Schär
die Tariferhöhungen mit Unbehagen zur Kenntnis. Seit der letzten Tarifanpassung hat die Teuerung 2,5 % betragen.
Das U-Abonnement bleibt attraktiv, auch mit neu CHF 64. In Bern beträgt der Preis für das Verbundabonnement CHF 69, in Zürich CHF 73 (für Junioren TNW CHF 41, BE und ZH je CHF 53; für Senioren TNW CHF 48, ZH CHF 73). Das U-Abo ist auch sehr beliebt, denn 80 % aller Kunden der BLT besitzen eines, und es macht 70 % der gesamten Einnahmen aus.
Attraktiver gemacht worden ist in der Zwischenzeit auch das Angebot der Tageskarte im ganzen Verbundgebiet: der Preis wurde von CHF 19 auf CHF 14 gesenkt, für Kinder von CHF 9.50 auf CHF 7. Dazu gibt es mehrtägige TNW-Karten und Rabatt auf den Halbtax-Abos. Es hat sich also einiges getan, und darum ist die vorgeschlagene Lösung als moderat und verantwortungvoll zu akzeptieren. Die FDP-Fraktion stimmt dem Postulat nicht zu.
Hanspeter Ryser
stellt klar, dass nicht die BLT die Preise erhöhe, sondern der Tarifverbund Nordwestschweiz. Und immerhin gibt es eine weitere Verbesserung, indem auch die Strecke von Riehen zum Badischen Bahnhof Basel in den Tarifverbund aufgenommen worden ist.
Die SVP-Fraktion ist zwar mit den Tariferhöhungen auch nicht unbedingt glücklich, aber sie zieht sie einer Ausdünnung des Angebots vor. Daher lehnt sie das Postulat ab.
Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist, so
Elisabeth Schneider
, von zwei Faktoren abhängig: vom Preis und vom Angebot. Der Preis wird leicht erhöht, während das Angebot wie erwähnt massiv verbessert worden ist. Durch die kleine Preisanpassung wird niemand auf den Gebrauch des ÖV verzichten.
Die Passagiere sollten sich an der Verbesserung des Angebots beteiligen und die kleine Preiserhöhung schlucken. Daher lehnt die CVP/EVP-Fraktion den Vorstoss ab.
Über Erhöhungen kann in diesem Rat gesprochen werden, aber über Änderungen offenbar nicht. Das stellt
Bea Fuchs
konsterniert fest. Die SP-Fraktion steht hinter dem Postulat von Florence Brenzikofer, folgt ihren Ausführungen und stimmt dem Vorstoss zu.
://: Das Postulat wird abgelehnt.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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