Protokoll der Landratssitzung vom 18. September 2003

Nr. 101

14 2003/047
Interpellation von Ruedi Brassel vom 6. Februar 2003: Doppelzählung gemäss neuem Bildungsgesetz. Schriftliche Antwort vom 9. September 2003

://: Die von Ruedi Brassel beantragte Diskussion wird bewilligt.

Ruedi Brassel dankt dem Regierungsrat für seine Antwort, welche aufgrund von verschiedensten Verschiebungen von Landratstraktanden etwas spät eingetroffen ist. Das neue Schuljahr habe mittlerweile begonnen und es könne festgestellt werden, dass erfreulicherweise zumindest Teillösungen gefunden worden seien. Beispielsweise in Pratteln können mehrere Kindergärten halbtags doppelt geführt werden, was für die sprachliche Integration fremdsprachiger Kinder sehr wichtig sei. Trotzdem zeigt sich Ruedi Brassel nicht in allen Punkten mit der Antwort der Regierung zufrieden.

Verschiedene Gemeinden befinden sich in einer so genannten soziodemografischen Kipp-Situation, welche daraus resultiert, dass ein relativ hoher Anteil von Ausländerinnen und Ausländern sich mit einem überdurchschnittlich hohen Kinderanteil koppelt, was hohe Infrastrukturkosten verursacht. Dazu kommt in solchen Gemeinden ein relativ niedriges Steuersubstrat. In einzelnen Gemeinden führt nun diese Situation dazu, dass Mehraufwendungen in einem grossen Ausmass aufgrund der sinnvollen Doppelzählung fremdsprachiger Kinder notwendig werden.
Gemäss Antwort des Regierungsrates soll ein bestimmter Faktor im Finanzausgleich dieser Situation Rechnung tragen. Hier stellt sich jedoch für Ruedi Brassel die Frage, in welchem Verhältnis dieser Faktor zu den Mehraufwendungen in den betroffenen Gemeinden steht.
Mit der Antwort, dass Pilotprojekte im Bereich Kindergarten und Primarschule aufgrund der neuen Kompetenzordnung, wie sie im Bildungsgesetz vorgesehen ist, allein Sache der Gemeinde sind, zeigt sich Ruedi Brassel nicht zufrieden. Kosten, welche aus einem Pilotprojekt entstehen, müssten solidarisch getragen werden, da andere Gemeinden später von diesen Erfahrungen profitieren können. Die heutige Situation könne dazu führen, dass innovative Konzepte nicht mehr gesucht und entwickelt werden, was sehr negativ wäre. Auch wenn der Bereich Primarschule Angelegenheit der Gemeinden sei, hofft Ruedi Brassel, dass der Kanton hier einen Beitrag leisten werde.
Wenn Ruedi Brassel von einer Kipp-Situation spricht, so handle es sich dabei um eine demografische Tatsache, welche in keiner Art und Weise bewertet werden soll. Es nütze nichts, Sündenböcke für die Situation in einzelnen Gemeinden zu suchen, sondern es müssen Lösungen gefunden werden, welche die Integration vorantreiben.

Rudolf Keller stellt fest, dass immer mehr Baselbieter Gemeinden in eine so genannte Kipp-Situation geraten werden. Das Gejammere der Gemeinde Pratteln sei zwischenzeitlich hinlänglich bekannt, jedoch waren bisher die meisten Politikerinnen und Politiker aus Pratteln stolz auf ihre Multi-Kulti-Gemeinde. Rudolf Keller wundert sich nicht darüber, dass Pratteln nun in finanzielle Schwierigkeiten gerate. An vielen Schulen in unserem Kanton werden sich die Schweizer Kinder in Zukunft in einer Minderheit befinden, was sehr grosse soziale Probleme mit sich bringen werde. Diese Entwicklung sei bedenklich und die Politik müsste endlich den Mut haben, gegenüber der Einwanderung aus aussereuropäischen Ländern einen Riegel zu schieben.

Regierungsrat Urs Wüthrich ist der Ansicht, aus dem Inhalt und der Ausführlichkeit der Antwort werde klar, dass sich der Kanton nicht einfach um die in der Interpellation aufgeworfenen Frage drücke. Die Schwierigkeit liege darin, dass zum jetzigen Zeitpunkt im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich keine Zahlen genannt werden können, denn erst in zwei bis drei Jahren bestehe die Möglichkeit, über die Wirkung der im Finanzausgleich verwendeten Faktoren Bilanz zu ziehen.
Der Grundsatz, dass Gemeinden, welche bezüglich der Integration fremdsprachiger Kinder grössere Lasten tragen, entschädigt werden, sei unbestritten.
Die Konstellation, wie sie sich in der Gemeinde Pratteln präsentiere, sei für unseren Kanton doch recht einzigartig. Diesen speziellen Problemen werde daher mit Einzelfalllösungen Rechnung getragen. Der Kanton habe im Hinblick auf das laufende Schuljahr rasch und unbürokratisch gehandelt und die Gemeinde in der Problemlösung unterstützt. Grundsätzlich gelte jedoch, dass die den Schulbereich betreffenden Zuständigkeiten im Bildungsgesetz geregelt seien und es gehe daher nicht an, sämtliche Schwierigkeiten an den Kanton abzuschieben.
Die Durchführung eines Schulversuchs sei nur dann möglich, wenn es sich um eine Problemstellung handle, welche grundsätzlich in verschiedenen Gemeinden auftreten könne. Im Fall von Pratteln sei daher nicht das Instrument eines Schulversuchs die geeignete Lösung, sondern die konkrete Problemlösung vor Ort.

://: Die Interpellation ist damit erledigt.

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei



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