Protokoll der Landratssitzung vom 18. September 2003
Protokoll der Landratssitzung vom 18. September 2003 |
Nr. 107
20 2002/327
Motion von Roland Bächtold vom 12. Dezember 2002: Standesinitiative für die Schaffung einer Bundessozialkasse als Ersatz für sämtliche Sozialwerke in der Schweiz
Adrian Ballmer
begründet, weshalb der Regierungsrat die Motion ablehne. Im Bereich der Sozialversicherungen können folgende vier Grundbereiche unterschieden werden: Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, Schutz bei Krankheit und Unfall, Arbeitslosenversicherung und Familienzulagen (wobei sich hier die Bundeskompetenzen auf Familienzulagen in der Landwirtschaft beschränken). Ausserdem wird an Wehrleute im Rahmen der EO ein Erwerbsersatz ausgerichtet und diese sind zusätzlich durch die Militärversicherung geschützt. Die genannten Sozialversicherungen leisten Schutz, indem sie Geldleistungen ausrichten oder Kosten bei Krankheit und Unfall tragen. Ausserdem richten einzelne Versicherungen kollektive Leistungen an Einrichtungen wie Heime aus oder sorgen für Eingliederungsmassnahmen.
Flankierend zu den Sozialversicherungen besteht die Sozialhilfe, welche nach dem Bedarfsprinzip funktioniert und durch ihren subsidiären Charakter dafür sorgt, dass in jedem Fall ein Existenzminimum gewährleistet ist. Die Sozialhilfe fällt vorwiegend in den Kompetenzbereich der Kantone bzw. Gemeinden und ist auf die jeweiligen Verhältnisse zugeschnitten. Dies führt bei der Ausgestaltung durch die Kantone zu grossen Unterschieden, die Empfehlungen durch die Schweizerische Konferenz für die Sozialhilfe SKOS sorgen jedoch für eine gewisse Harmonisierung.
Die Leistungen der Sozialversicherungszweige werden überwiegend durch Lohnprozente finanziert, vor allem dann, wenn sie einen Erwerbsersatz sicherstellen. Die Krankenversicherung wird hingegen durch Kopfprämien jeder versicherten Person finanziert. Der Bund und die Kantone beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an der Finanzierung der Sozialwerke.
Die künftige Erhaltung des heutigen Leistungsniveaus der Sozialversicherungen in der Schweiz verursacht einen Mehraufwand. Es ist politisch umstritten, wie dieser Mehrbedarf finanziert werden soll. Folgende Möglichkeiten bestehen: höheres Wirtschaftswachstum, höhere Sozialversicherungsprämien bzw. -beiträge, mehr Beiträge der öffentlichen Hand, Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diskutiert werden aber auch Eingriffe auf der Leistungs- und Kostenseite. Politisch bestehe weitgehend Konsens, dass die erforderlichen Massnahmen zur Sicherstellung der Finanzierung für jede Sozialversicherung gesondert geprüft werden müssen. Einen grundlegenden Systemwechsel, wie ihn der Motionär ins Auge fasst, erachtet der Regierungsrat als politisch nicht tragfähig und sachlich falsch.
Der Regierungsrat teilt die allgemein verbreitete Auffassung, dass sich das schweizerische Sozialversicherungssystem grundsätzlich bewährt habe. Die für die Konsolidierung der Sozialwerke notwendige Gesamtbetrachtung liege vor und wurde in den Berichten der interdepartementalen Arbeitsgruppen des Bundes zur Finanzierung der Sozialversicherungen publiziert. Zudem wurden bedeutende Revisionen der Sozialwerke bereits abgeschlossen oder sie sind im Gange, beispielsweise die elfte AHV-Revision, die BVG-Revision, die IV-Revision, die Teilrevision KVG zur Spitalfinanzierung oder die Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung.
Die laufenden Bestrebungen zur Konsolidierung der Sozialversicherungen in der Schweiz gehen laut Adrian Ballmer in die richtige Richtung, weshalb der Regierungsrat die hier diskutierte Motion ablehnt.
Eva Chappuis
erklärt, die SP-Fraktion empfinde den aktuellen Vorstoss als inhaltlich sympathisch. Dieser fordere im Grunde ein garantiertes Mindesteinkommen für jede Person in der Schweiz, was über eine Standesinitiative des Kantons Basel-Landschaft wohl nicht erreicht werden könne. Die Partei des Motionärs müsste daher das Anliegen auf Bundesebene direkt einbringen. Die SP-Fraktion lehnt die Motion auch aufgrund der bereits von Adrian Ballmer angeführten Kompliziertheit der Materie ab.
Thomas de Courten
informiert, die SVP-Fraktion lehne den Vorstoss ebenfalls ab. Dieser gehe von falschen Voraussetzungen aus und greife in einen Regelungsbereich ein, welcher nicht in der Kompetenz des Landrates liege. Auch stelle er eine Bankrotterklärung gegenüber der Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft dar. Er gehe davon aus, dass die Wirtschaftslage immer schlecht bleibe und niemand mehr die Anforderungen der Wirtschaft erfüllen könne, was nicht stimme. Die Haltung, dass die Menschheit in Zukunft nur noch in Arbeitslosigkeit dahindarben werde, sei etwas depressiv.
Judith van der Merwe
betont, die FDP-Fraktion könne Roland Bächtolds Motion keine positiven Seiten abgewinnen. Man könne nicht sämtliche Sozialwerke der Schweiz in einen Schüttelbecher leeren und über einen Leist schlagen, um dann ein grosses Bundessozialwerk zu schaffen. Ansonsten kann sie sich den Ausführungen des Regierungsrates anschliessen und gibt bekannt, die FDP lehne den Vorstoss ab.
Paul Rohrbach
erklärt, in der CVP/EVP-Fraktion sei man zu den gleichen Ergebnissen gekommen, wie sie von den Vorrednerinnen und -rednern bereits geäussert wurden. Mit der Schaffung einer Einheitskasse wären die bestehenden Probleme garantiert nicht einfacher zu lösen, weshalb die Motion abgelehnt werde.
Jürg Wiedemann
berichtet, auch die Grüne Fraktion lehne die Motion ab. Der Vorschlag von Roland Bächtold würde beispielsweise bedeuten, dass jemand erst in den Genuss von Arbeitslosengeld oder einer Rente käme, wenn er oder sie sein ganzes Vermögen aufgebraucht hat, was sicher nicht richtig wäre.
://: Der Landrat spricht sich gegen die Überweisung der Motion 2002/237 aus.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
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