Protokoll der Landratssitzung vom 30. Oktober 2003
Protokoll der Landratssitzung vom 30. Oktober 2003 |
Nr. 174
23 2002/324
Motion von Peter Meschberger vom 11. Dezember 2002: Sozialabzug für behinderungsbedingte Mehrkosten
Regierungsrat
Adrian Ballmer
erklärt, dass die Regierung den Vorstoss als Motion ablehnt, aber bereit ist, ihn als Postulat entgegenzunehmen. Die Motion verlangt die Wiedereinführung eines Sozialabzugs für besondere, durch schwere Invalidität oder dauernde Pflegebedürftigkeit verursachte Aufwendungen in Höhe von Fr. 7'000.-. Der Abzug soll auch von Steuerpflichtigen geltend gemacht werden können, welche Arbeitsleistungen für unterstützte und betreute Behinderte oder dauernd pflegebedürftige Familienmitglieder und Drittpersonen erbringen. Einen ähnlichen Sozialabzug, allerdings in Höhe von Fr. 5'000.-, kannte der Kanton Baselland bis zum Steuerjahr 2000. Mit der Steuergesetzrevision per 1. Januar 2001 wurde die massgebende Bestimmung revidiert und der Abzug für Invalide oder dauernd pflegebedürftige Personen abgeschafft. Die Abschaffung für Invalide und dauernd pflegebedürftige Personen ist in Zusammenhang mit der Einführung des unbegrenzten Abzugs für Krankheits-, Unfall- und Invaliditätskosten zu sehen. Die meisten invaliditätsbedingten Kosten können heute über diesen neuen Abzug steuerlich geltend gemacht werden, was einer klaren Verbesserung im Vergleich zur früheren Regelung entspricht. Mit dem heute geltenden unbegrenzten Abzug für Krankheits-, Unfall- und Invaliditätskosten können aber nicht alle behinderungsbedingten Kosten steuerlich abgezogen werden. Das wird sich per 1. Januar 2005 ändern. Denn im Rahmen der Verabschiedung des eidgenössischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes ist auch das Steuerharmonisierungsgesetz geändert worden und zwar wie folgt (Steuerharmonisierungsgesetz, Artikel 9, Absatz 2, lit. h) bis):
Allgemeine Abzüge sind
:
die behinderungsbedingten Kosten des Steuerpflichtigen oder der von ihm unterhaltenen Personen mit Behinderungen im Sinne des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 2002, soweit der Steuerpflichtige die Kosten selber trägt
.
Somit können ab 1. Januar 2005 alle behinderungsbedingten Kosten steuerlich in Abzug gebracht werden. Mit der vorliegenden Motion soll der Sozialabzug aber nur im Falle besonderer, durch schwere Invalidität oder dauernde Pflegebedürftigkeit verursachte Aufwendungen geltend gemacht werden können. Damit schränkt die Motion die Möglichkeit des Sozialabzugs auf eine Gruppe von Behinderten ein, was dem Gedanken des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes und der Gleichbehandlung widerspricht. Mit der Einführung eines Sozialabzugs für besonders schwer Behinderte würde nur eine scheinbare administrative Vereinfachung eingeführt. Sehr viele dieser Personen haben höhere Kosten als Fr. 7'000.-- pro Jahr. Trotzdem haben sie alle immer noch die Pflicht, alle Belege über Krankheits- und Invaliditätskosten mit der Steuererklärung einzureichen.
Die Kombination von Sozialabzug, pauschaliertem Krankheitskostenabzug und dem Abzug für effektiv angefallene Krankheits-, Unfall- und Invaliditätskosten ist unter dem verfassungsmässigen Gleichbehandlungsgebot problematisch, wenn eine solche Regelung nur für eine Gruppe von Steuerpflichtigen eingeführt werden soll. Die Kantone - und sinngemäss das Steuerharmonisierungsgesetz - sind in der Festlegung von Sozialabzügen frei. Aus harmonisierungsrechtlicher Sicht würde einer Einführung eines weiteren Sozialabzugs grundsätzlich nichts entgegen stehen.
Zu Punkt 2 der Motion:
Ein Abzug von Fr. 7'000.-- soll auch für Steuerpflichtige geltend gemacht werden können, welche Arbeitsleistungen für unterstützte und betreute Behinderte oder dauernd pflegebedürftige Familienmitglieder und Drittpersonen erbringen. Dieses Anliegen der Motion ist im geltenden Steuergesetz teilweise bereits erfüllt, weil gemäss § 33 lit. b) des Steuergesetzes Steuerpflichtige, welche Aufwendungen an Geldmittel oder Arbeit für unterstützte und betreute Behinderte oder dauernd pflegebedürftige Drittpersonen erbringen, einen Sozialabzug von Fr. 5'000.-- pro unterstützte Person geltend machen können. Allerdings steht ihnen dieser Sozialabzug nur zu, wenn ihre Aufwendungen mindestens Fr. 5'000.-- betragen. Das geltende Gesetz geht somit einerseits weiter als das Anliegen der Motion, indem neben dem Abzug für jede unterstützte Person (Arbeitsleistung) auch Aufwendungen an Geldmitteln in Abzug gebracht werden können, wie beispielsweise die Entlöhnung von Spitex- oder Rotkreuzmitarbeiterinnen. Andererseits geht die Motion insofern weiter, als der Abzug Fr. 7'000.-- betragen und nicht von einer Mindestgrenze abhängig gemacht werden soll.
Beim Abzug für die übrigen Steuerpflichtigen handelt es sich nicht mehr um einen Sozialabzug, sondern es soll ein neuer allgemeiner Abzug eingeführt werden, was aber gemäss Steuerharmonisierungsgesetz nicht zulässig ist. Denn die Kantone haben nur noch im Bereich der Kinder- und Sozialabzüge einen Freiraum. Aus diesem Grund ist der heutige Abzug von Fr. 5'000.-- als Sozialabzug ausgestaltet. Die Motion ist in diesem Punkt harmonisierungswidrig. Der Verzicht auf eine Mindestgrenze wird in der Praxis zu Vollzugsproblemen führen. Mit der bisherigen Mindestgrenze ist nämlich sichergestellt, dass nur die tatsächliche und ernsthafte Unterstützung und Betreuung von schwer behinderten Drittpersonen in Abzug gebracht werden kann. Ohne diese Mindestgrenze kann jede steuerpflichtige Person vorbringen, sie unterstütze mit ihrer Arbeitsleistung eine behinderte Person. Der Regierungsrat fragt sich nun, wie denn eine Veranlagungsbehörde die Berechtigung eines solchen Abzugs überprüfen und wie sie die Arbeitsleistung bewerten soll. Zudem sei diese Arbeit im Steuerveranlagungsverfahren als Massenverfahren kaum mehr durchführbar. Das gut gemeinte Anliegen der Motion beinhalte deswegen auch die Gefahr des Steuermissbrauchs. Aus diesen Gründen lehnt die Regierung die Motion klar ab, ist aber bereit, sie als Postulat entgegenzunehmen und im Rahmen der kommenden Revision der Ehegatten- und Familienbesteuerung zu überprüfen, was davon übernommen werden kann.
Regula Meschberger
zu den Ausführungen von Regierungsrat Adrian Ballmer: §33 des geltenden Steuergesetzes wurde erwähnt, in welchem die Möglichkeit eines Sozialabzugs von Fr. 5'000.-- vorgesehen ist. Dies stimmt. Genau dieser Paragraph beinhaltet aber auch eine Ungleichbehandlung, da Angehörige von Behinderten, beispielsweise die Ehefrau eines behinderten Mannes, den Abzug nicht nach §33 geltend machen können, sondern nach §29, Absatz 1, lit.m). Man hat ausgerechnet, dass dies bei Behinderten, die Mitglied von
procap
Baselland sind, zu grossen Ungleichbehandlungen führt, d.h. verheiratete schwer Behinderte, die zu Hause leben, fahren im Kanton Baselland schlechter bei der Steuerveranlagung als nichtverheiratete oder im Konkubinat lebende solche.
Man hat ausgerechnet, dass ein schwer behinderter Mann, der teilweise oder sogar ganz berufstätig sein kann, mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 70'000.- rund Fr. 1'500 mehr an Steuern zu bezahlen hat als derselbe Mann, wenn er im Konkubinat leben würde. Diese Ungleichbehandlung gilt es aufzuheben und einen pauschalen Steuersozialabzug für all jene, welche selbst behindert sind oder die Unterstützungsleistungen erbringen, zu ermöglichen.
Zu den Fr. 7'000.- Pauschalabzug: Damit bewegen wir uns in einem schweizerischen Mittel. Die Kantone, welche einen Pauschalabzug kennen, wurden aufgelistet. Es sind einige, hauptsächlich auch Innerschweizer Kantone, die meisten haben einen Pauschalabzug von mindestens Fr. 7'000.-. Die Motionärin erklärt sich aber einverstanden damit, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.
Florence Brenzikofer
schliesst sich im Namen der Grünen der Meinung der SP-Fraktion an und unterstützt das Postulat.
Toni Fritschi
ist mit der Begründung der Regierung einverstanden. Die FDP kann dem Vorstoss als Postulat zustimmen.
://: Damit ist die Motion 2002/324 von Peter Meschberger als Postulat überwiesen.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
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