Protokoll der Landratssitzung vom 30. Oktober 2003

Nr. 151

19 2002/304
Motion der FDP-Fraktion vom 28. November 2002: Erbschafts- und Schenkungssteuer bei der Unternehmensnachfolge

Adrian Ballmer ist seitens Regierungsrat bereit, auch diese Motion als Postulat entgegenzunehmen. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen wurde per 5. März 2001 in unserem Kanton abgeschafft. Rund 60 % aller Erbschafts- und Schenkungsfälle betreffen Nachkommen, welche von der vorliegenden Motion nicht berührt wären. Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz weist für die übrigen Empfänger von Erbschaften und Schenkungen allerdings eine scharfe Progressionskurve mit hohen Maximalsätzen auf. Es komme jedoch eher selten vor, dass Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen an Nicht-Nachkommen zwecks Weiterführung der geschäftlichen Tätigkeit verschenkt werden. Es bestehe also kein dringender Handlungsbedarf mehr, seit die Erbschafts- und Schenkungssteuer für Direktnachkommen abgeschafft wurde.
Mit Blick auf den Wettbewerb sei eine Senkung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für diejenigen Fälle, welche in der Motion genannt werden, trotzdem prüfenswert. Es seien verschiedene Vorstösse betreffend Unternehmensbesteuerung hängig, und diese seien alle gemeinsam im Rahmen der nächsten Unternehmenssteuerreform zu prüfen und allenfalls umzusetzen. Auf Bundesebene sei zur Zeit die Unternehmenssteuerreform II in Vorbereitung und eine entsprechende Vorlage stehe kurz vor der Veröffentlichung. Die Reform beinhalte unter anderem steuerliche Erleichterungen bei der Liquidation und der Nachfolge von Personenunternehmen, eine Erweiterung des Beteiligungsabzugs und eine Verminderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung von Kapitalgesellschaften und Anteilsinhabern.
Die kantonalen Reformbemühungen des Unternehmenssteuerrechts sind also mit der Bundessteuerreform zu koordinieren. Im Baselbiet stehen verschiedene Steuergesetzrevisionen an, unter Berücksichtigung des aktuellen Staatshaushalts müssen jedoch Prioritäten gesetzt werden. Nach der Revision des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes habe der hier diskutierte Vorstoss daher nicht mehr oberste Priorität. Der Regierungsrat beantragt, die Motion nur als Postulat zu überweisen.

Daniela Schneeberger informiert, die FDP-Fraktion habe sich mehrheitlich für die Umwandlung der Motion in ein Postulat ausgesprochen. Immerhin sei es positiv, dass die Regierung das Anliegen trotz allem als prüfenswert betrachte. Auch wenn dem Anliegen für die Regierung nicht erste Priorität zukomme, sei es in der Praxis eindeutig wichtig. Je nachdem könne die heutige Situation zur Gefährdung der Weiterführung eines Unternehmens führen.
Der Regierungsrat betonte, dass in Bezug auf die Unternehmensbesteuerung dringender Handlungsbedarf bestehe und eine Reform sei offenbar vorgesehen. Im Wirtschaftsbericht wird ausgeführt, die vorhandenen Standortfaktoren bedürften einer konsequenten Pflege und müssten nötigenfalls optimiert werden. Daniela Schneeberger hofft daher, dass der Vorstoss - auch wenn er nun als Postulat überwiesen werde - in das Unternehmensbesteuerungspaket einfliessen werde.

Daniel Münger erinnert an die demnächst im Landrat stattfindende Budgetdebatte, anlässlich welcher beinahe nur auf der Ausgabenseite Einsparungen diskutiert werden. Der Regierungsrat sei nun bereit zu prüfen, ob weitere Einnahmen des Kantons allenfalls in Frage gestellt werden sollen. Die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer habe dem Kanton bereits Mindereinnahmen von 30 Mio. Franken beschert, ein grosser Einschnitt für die kantonalen Finanzen.
Mit dem hier diskutierten Vorstoss sollen noch weitere Einkommenskanäle beschnitten werden und Daniel Münger fragt sich, welche Faktoren für die Unternehmungen in unserem Kanton wichtig seien. Er zitiert verschiedene Studien, welche den Standort, das gut ausgebildete Personal, die Verkehrsanbindung, das Verbindungsnetz und die Infrastruktur im Kanton als Standortfaktoren nennen. In all diesen Bereichen nimmt der Kanton eine Vorreiterrolle ein und die Steuern werden bei allen Umfragen erst ungefähr an siebter oder achter Stelle genannt. Sowohl im OECD-Vergleich als auch im interkantonalen Vergleich stellen die Steuern im Kanton Basel-Landschaft absolut kein Problem dar.
Mindereinnahmen für den Kanton bedeuten aber beispielsweise weniger Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung, die Verkehrsanbindung, etc. Der Kanton ist also auf Einnahmen angewiesen, damit die wichtigsten Rahmenbedingungen aufrechterhalten werden können.
Motionen und Postulate in der Art des vorliegenden Vorstosses behindern zukunftsgerichtete Investitionen, höhlen die Einnahmen des Kantons aus und sind einseitige Steuergeschenke. Die SP-Fraktion beantragt daher einstimmig, den vorliegenden Vorstoss sowohl als Motion als auch als Postulat abzulehnen. Das Gleiche gelte im Übrigen auch für die folgenden Traktanden. Ausserdem beantragt die SP-Fraktion eine namentliche Abstimmung.

Jürg Wiedemann informiert, die Grüne Fraktion habe sich ebenfalls einstimmig gegen die vorliegende Motion (auch in der Form eines Postulats) ausgesprochen. Ebenso werden die nachfolgend traktandierten Vorstösse 2002/308, 2002/309 und 2002/310 abgelehnt. Das Budget 2004 sieht ein massives Defizit von 47 Mio. Franken vor, und auch in den drei folgenden Jahren wird gemäss Finanzplanung ein Defizit in dreifacher Millionenhöhe ausgewiesen. Der Kanton werde also Mühe haben, seine Finanzen in den nächsten Jahren in den Griff zu bekommen.
In Anbetracht der anstehenden Defizite müssen Steuersenkungen reiflich überlegt werden. Jürg Wiedemann ist klar, dass zur Wirtschaft und einem attraktiven Wirtschaftsstandort Basel-Landschaft Sorge getragen werden müsse, trotzdem jedoch müssen Kosten und Nutzen in einer sinnvollen Relation zueinander stehen. Er lehne daher die postulierten Steuersenkungen ab, auch wenn in den letzten Jahren eine wirtschaftliche Flaute herrschte und einige Firmen Defizite schreiben mussten. Nun sei voraussichtlich die Talsohle aber erreicht und es sei daher nicht nötig, die Wirtschaft mit Steuersenkungen anzukurbeln.
Unbegreiflich sind die hier diskutierten Anliegen für Jürg Wiedemann auch deswegen, weil zur Zeit in extrem wichtigen Bereichen wie dem Bildungsbereich Millionenbeträge eingespart werden müssen. Die im aktuellen und den folgenden drei Traktanden vorgeschlagenen Steuersenkungen sind für Jürg Wiedemann daher so unsinnig wie eine Haifischversicherung für das Basler Hafenbecken.

Thomi Jourdan bezeichnet die Ideen, welche mit den folgenden Motionen und Postulaten durchgesetzt werden sollen, als ein Stück weit schräg in der Landschaft stehend. Aus diesem Grund bringt er Daniel Münger und Jürg Wiedemann auch grosses Verständnis entgegen. Einerseits führe der Regierungsrat massive Sparübungen durch und von der Seite, welche die nun diskutierten Postulate einbrachte, wird die Schuldenbremse proklamiert. Trotzdem steht Thomi Jourdan ein Stück weit im Clinch, denn ökonomisch betrachtet mache jeder der Vorstösse Sinn und werde zur Standortattraktivität beitragen. Auch er selbst frage sich aber, ob letztlich die Steuerlast entscheidend sei, ob sich ein Unternehmen in unserem Kanton niederlasse.
Auf jeden Fall stehe die Ökonomie immer wieder im Spannungsfeld zur Politik.
Die CVP/EVP-Fraktion unterstützt die Motion 2002/304 grossmehrheitlich im Sinne eines Postulats, welches geprüft und worüber berichtet werden soll, ohne bereits eine politische Stossrichtung vorzugeben.

Hans-Jürgen Ringgenberg äussert sich sowohl zum aktuellen als auch zu den drei nachfolgenden Traktanden, welche eine Förderung des attraktiven Wirtschaftsstandorts Basel-Landschaft bezwecken. Das Ziel der Verbesserung der wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen werde auch in den Legislaturzielen 2003 - 2007 des Regierungsrates stipuliert. Im Vergleich zu den Nachbarkantonen stehe unser Kanton nicht gut da. Grundsätzlich sei das Generieren von Steuern nur dann möglich, wenn die Wirtschaft floriert. Aus diesem Grund spricht sich die SVP-Fraktion dafür aus, die Vorstösse 2002/304, 308, 309 und 310 als Postulate an die Regierung zu überweisen.

Dieter Völlmin stellt fest, die ideologische Brille, durch welche die Steuerpolitik betrachtet werden könne, sei nun deutlich zum Ausdruck gekommen. Eben seien ohne Widerstand Postulate überwiesen worden, welche zu erheblichen Steuerausfällen führen werden. Niemand merkte dabei an, der Staat könne sich dies nicht leisten, während beim Thema Wirtschaft plötzlich das hohe Lied der fehlenden Staatseinnahmen angestimmt und die Erbschaftssteuer hervorgezogen werde. Immerhin waren 83 % der Stimmberechtigten zu diesem Thema anderer Ansicht als die linken und grünen Parteien. Dieter Völlmin bezeichnet deren Vorgehen nicht als saubere Steuerpolitik, denn es würden dabei nur ideologische Klischees bemüht. Da es beim aktuellen Vorstoss betreffend Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht um massgebliche Beträge gehe, werden daraus auch keine grossen Verluste für die Staatskasse entstehen.
Nach Ansicht der SVP soll das Steuersubstrat in unserem Kanton gepflegt werden, denn eine vernünftige Besteuerung führe nicht zu weniger, sondern zu mindestens gleichbleibenden Einnahmen.

Adrian Ballmer macht sich selbstverständlich auch Sorgen um den Staatshaushalt. Bei den Steuern gelte es, zwischen der Struktur und der Höhe der Ansätze zu unterscheiden. Im Vergleich zu anderen Kantonen verfügt Basel-Landschaft über relativ wenige Unternehmenssteuereinnahmen und zudem stellen die Unternehmenssteuern immer auch einen Wettbewerbsfaktor dar. Bezüglich der Unternehmensbesteuerung liegt Basel-Landschaft über dem schweizerischen Mittel und zudem müsse man bedenken, dass sich der Steuerertrag immer aus Menge x Preis zusammensetze. Es sei also denkbar, einen Preis zu senken und mit mehr Menge trotzdem höhere Einnahmen zu erzielen.
Sämtliche Steuerreduktionen der letzten Jahre fielen immer zugunsten der natürlichen Personen aus. Ausserdem vertrat die SP den Inhalt der vorliegenden Postulate einmal vehement, indem sie sich bei der Diskussion um die Erbschafts- und Schenkungssteuer für den Gegenvorschlag der Regierung einsetzte.

://: Der Landrat spricht sich mit 49:34 Stimmen bei einer Enthaltung dafür aus, die Motion 2002/304 als Postulat an den Regierungsrat zu überweisen.

Mit Ja gestimmt haben:
Anderegg Romy, Augstburger Elisabeth, Bachmann Rita, Blatter Margrit, Ceccarelli Daniele, Corvini Ivo, de Courten Thomas, Franz Remo, Frey Hanspeter, Friedli Thomas, Fritschi Anton, Gerber Fredy, Grollimund Willi, Gutzwiller Eva, Haas Hildy, Hasler Gerhard, Hess Urs, Holinger Peter, Jermann Hans, Jordi Paul, Jourdan Thomi, Krähenbühl Jörg, Kunz Urs, Liechti Sylvia, Mangold Christine, Musfeld Dieter, Nufer Juliana, Piatti Claudia, Ringgenberg Hans-Jürgen, Rohrbach Paul, Rufi Werner, Ryser Hans-peter, Schär Paul, Schenk Dieter, Schneeberger Daniela, Schulte Thomas, Simonet Jacqueline, Steiner Christian, Tanner Eugen, Thüring Georges, Van der Merwe Judith, Völlmin Dieter, Wegmüller Helen, Willimann Karl, Wirz Hansruedi, Wullschleger Hans-Peter, Zihlmann Iris, Zoller Matthias, Zwick Peter

Mit Nein gestimmt haben:
Abt Simone, Aebi Heinz, Birkhäuser Kaspar, Brassel Ruedi, Brenzikofer Florence, Chappuis Eva, Degen Jürg, Fuchs Beatrice, Göschke Madeleine, Halder Jacqueline, Helfenstein Andreas, Hilber Franz, Huggel Hanni, Jäggi-Baumann Ursula, Joset Marc, Keller Rudolf, Küng Peter, Maag Esther, Marbet Annemarie, Meschberger Regula, Morel Etienne, Münger Daniel, Nussbaumer Eric, Reber Isaac, Rudin Christoph, Rüegg Martin, Schmied Elsbeth, Schoch Philipp, Schweizer Hannes, Steiger Bruno, Stöcklin Sabine, Svoboda Paul, Wiedemann Jürg, Ziegler Röbi

Enthaltung:
Schuler Agathe

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei



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