Protokoll der Landratssitzung vom 13. November 2003
Protokoll der Landratssitzung vom 13. November 2003 |
Nr. 228
22 2003/138
Postulat der SP-Fraktion vom 12. Juni 2003: Statistische Auswertungen von Wahlen und Abstimmungen nach Altersgruppen und Geschlecht
Regierungsrat
Adrian Ballmer
nimmt Stellung: Statistische Auswertungen, wie sie im Postulat verlangt werden, sind auf zwei Arten möglich; als Gemeindelösung oder als Kantonslösung. Zur Gemeindelösung: Die Gemeinden werten die Daten aus und übermitteln nach einem vorgegebenen Raster die Resultate an den Kanton. Dabei müssen die Stimmrechtscouverts mit der Einwohnerkontrolle abgeglichen werden. Die Ergebnisse könnten dann mit der kantonalen Bevölkerungsstatistik verglichen werden, um somit die Wähleranteile der Gemeinden festzulegen. Ein Aufdruck von Jahrgang und Geschlecht auf dem Stimmrechtsausweis kommt wahrscheinlich aus Datenschutzgründen nicht in Frage. Der Abgleich mit der Einwohnerkontrolle verursacht in den Gemeinden einen erheblichen zeitlichen Aufwand, welchen die Gemeinden wahrscheinlich nicht leisten wollen, jedenfalls nicht gratis.
Zur kantonalen Lösung: Die zweite Möglichkeit, Daten auszuwerten, könnte über den Einwohnerbestand des Statistischen Amts erfolgen. Dazu müssen alle Stimmrechtsausweise von den Gemeinden an das Statistische Amt geliefert werden, und mittels Abgleich der Stimmrechtsausweise mit den Einwohnerdaten des Statistischen Amts könnten die Auswertungen erstellt werden. Praktisch heisst das, dass in der Mehrzahl der Fälle mit einigen wenigen Buchstaben der Name aufgerufen und in einer Kopie des Einwohnerregisters gekennzeichnet werden könnte. Damit wären mit einem relativ einfachen Weg die Wählenden bzw. Abstimmenden mit den Nichtwählenden oder Nichtstimmenden zu vergleichen und es könnten entsprechende Auswertungen gemacht werden.
Allerdings wären auch methodische Überlegungen anzustellen, welche Wahlen oder Abstimmungen zugrunde gelegt werden, da die Stimmbeteiligung sehr stark schwankt. Vorgeschlagen ist, dass
eine
Wahl oder Abstimmung ausgewertet wird. Die Datenaufnahme des Statistischen Amts würde je nach Stimmbeteiligung variieren. Diese variiert etwa zwischen 60'000 und 100'000 Personen. Die anfallenden Kosten für das beschriebene Verfahren würden pro Jahr ca. Fr. 20'000.- an Sachbearbeitungskosten verursachen. Dazu kämen noch ein einmaliger Programmieraufwand für die Erstellung der Verfassungs- und Abgleichungsprogramme sowie etwa Fr. 10'000.- für die Auswertung und Analyse.
Technisch ist es also machbar mit laufenden jährlichen Kosten von rund Fr. 30'000.-. Mit Blick auf den beschränkten Nutzen einerseits und die Lage der Staatsfinanzen andererseits - im Budget ist ersichtlich, dass auch Nützlicheres als dies gestrichen werden muss - steht für die Regierung aber eine Umsetzung gegenwärtig nicht im Vordergrund. Im Übrigen gibt es in anderen Kantonen bereits Untersuchungen über die Stimmbeteiligung nach Alter und Geschlecht, welche sich durchaus auch auf unseren Kanton übertragen lassen. Es gibt zu jeder eidgenössischen Abstimmung detaillierte VOX-Analysen vom Forschungsinstitut Politik und Staat, welche man abonnieren kann:
(
[email protected]). Fazit: Nice to have, aber sicher nicht Need to have.
Eric Nussbaumer
hebt ein paar Punkte hervor, welche für das Postulat sprechen. Sicher spielen die soeben aufgeführten Kostenelemente, die zum Schluss "Nice to have" führen, eine Rolle. Es gibt seiner Ansicht nach aber verschiedene Möglichkeiten, dem zu begegnen. Er weist auf die Arbeitslosen in den Gemeinden hin, bei denen man oft nicht wisse, wie sie beschäftigen. Man überlegt sich Beschäftigungsprogramme und sagt, das Gewerbe dürfe nicht konkurrenziert werden. Dies wäre nun eine Aufgabe, welche über ein solches Beschäftigungsprogramm abgewickelt werden könnte. Zweitens komme man bei weiterer Überlegung sehr schnell zu einer technischen Lösung, z.B. wäre es kein Problem, auf einer Etikette einen Barcode anzubringen, welcher verschlüsselt Namen und Geschlecht enthält. Eric Nussbaumer empfiehlt die Überweisung des Postulats mit dem zusätzlichen Auftrag, dies in ein Beschäftigungsprogramm zu integrieren sowie die technischen Möglichkeiten von heute auszunützen.
Hansruedi Wirz
und die SVP finden, das Geschäft komme nicht in einer Zeit, in der es richtig ist, hier neue Aufgaben zu schaffen. Ausserdem ist man der Meinung, die Verwaltung sollte nicht mit solchen Aufgaben belastet werden. Habe man Zeit, solche Aufgaben zu übernehmen, so überlegt er sich zu fragen, ob man dort nicht überdotiert ist. Im Weiteren muss man die Kosten/Nutzen- Rechnung anschauen. In Zukunft müsse man sich zudem auf das Wesentliche konzentrieren. Man dürfe nicht laufend Bedürfnisse wecken, sondern man habe auch die Aufgabe, "Bedürfnisse zu decken". Die SVP-Fraktion lehnt das Postulat ab.
Matthias Zoller
findet die Idee, aufgrund einer statistischen Auswertung Informationen zu gewinnen, um die Stimmbeteiligung im Kanton ein wenig zu heben, ganz sicher bestechend. Auch er habe einmal Vorstösse in diese Richtung gemacht. Für ihn stehen aber im Moment vier Punkte ein wenig schief in der Landschaft. Erstens sind die Auswertungen, und zwar in Form sehr detaillierter Umfragen, auf Bundesstufe bereits vorhanden. Er glaubt, so gewaltig viele Informationen, die man nicht von Bundesstufe auf Kantonsebene herunterbrechen könnte, werde man nicht gewinnen durch diese Auswertung. Zweitens entstehen dem Kanton sowohl neue Kosten als auch neue Arbeit, wenn dieser für die Arbeit zuständig ist - und dies für etwas, was kaum neuen Informationsgehalt haben wird. Gebe man die Arbeit an die Gemeinden ab, so würden auch dort wieder neue Kosten und Arbeit generiert. In diesem Fall wäre es ihm genauso lieb, wenn die Wahlbüros dafür besorgt wären, dass sie innert nützlicher Frist richtige Resultate liefern, anstatt zusätzlich noch solche statistische Auswertungen.
Das Hauptargument der CVP/EVP-Fraktion gegen eine Überweisung liegt darin, dass das Problem durch statistische Auswertungen nicht gelöst werden kann, obwohl bezüglich Förderung der Stimmbeteiligung tatsächlich neue, andere Ideen gefragt seien. Eine letzte Bemerkung: Unter dem zweitletzten Gedankenstrich im Postulat werden Massnahmen und Abstimmungskampagnen angesprochen, hier müsse man aufpassen, nicht langsam die schleichende Tendenz einer solchen Behördenkampagne zu unterstützen und sich zu fragen, wie weit man etwas fördern kann respektive wo greift man zu sehr ein. Kurz und gut, die CVP/EVP-Fraktion lehnt das Postulat ab.
Daniele Ceccarelli
stimmt den Aussagen von Adrian Ballmer zu und findet namens der FDP-Fraktion das Postulat zwar "nice to have", plädiert aber für Ablehnung.
Etienne Morel
betont, dass die Grüne Fraktion den Vorstoss selbstverständlich unterstützt, und zwar aus dem einfachen Grund, weil dies ein Schritt in Richtung Demokratieförderung sei. Das Problem an sich werde zwar nicht gelöst, aber es schaffe zumindest eine Basis, um dieses zeitgerecht anzugehen.
://: Der Landrat lehnt die Überweisung des Postulats 2003/138 der SP-Fraktion ab.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
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