Protokoll der Landratssitzung vom 13. November 2003

Nr. 219

13 2003/119
Motion von Urs Hintermann vom 22. Mai 2003: Anpassung des Verkehrssteuer-Rabatts

Nr. 220

14 2003/120
Motion von Esther Maag vom 22. Mai 2003: Aufhebung des Verkehrsteuerrabattes

Die Regierung ist bereit, die Motionen 2003/119 und 2003/120 entgegenzunehmen. Adrian Ballmer äussert sich zu den beiden Motionen. Der Regierungsrat hat seine Vorstellungen punkto Finanzierung der Massnahmen, welche mit der Stau-Initiative verlangt wurden, in der Landratsvorlage zur Anti-Stau-Initiative dargestellt. Dies war auch Anstoss für die beiden Motionäre, den Vorstoss zu unternehmen. Dort heisst es: "Die Mittel zur Finanzierung dieser Massnahmen stehen angesichts der aktuellen Finanzlage des Kantons nicht zur Verfügung. Die zusätzlichen Aufgaben können nur durch eine Erhöhung der Verschuldung finanziert werden. Der Regierungsrat zieht deshalb in Erwägung, das Gesetz über die Verkehrsabgaben zu ändern und den Verkehrssteuer-Rabatt von 20% ganz oder teilweise aufzuheben. Hierfür wird in den nächsten Monaten eine Vernehmlassungsvorlage ausgearbeitet. Mit der Streichung des Rabatts könnten die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden."
Des Weiteren ist eine Landratsvorlage in Bearbeitung, welche dieses Jahr noch herauskommen soll. Sie beinhaltet ein Postulat betreffend Ausarbeitung einer Strassenrechnung von Kanton und Gemeinden. Der Regierungsrat möchte die Ergebnisse aus der Strassenrechnung in der Landratsvorlage betreffend Verkehrssteuer-Rabatt-Aufhebung berücksichtigen. Es geht also nicht nur um die Mehrkosten aus der Antistau-Initiative, sondern um die gesamte Strassenrechnung. Bei der heutigen Finanzlage, bei welcher man sich gleichzeitig dafür einsetzt, dass beispielsweise eine H2 gebaut wird, ist dies nur möglich mit den entsprechenden Mitteln. Man wird also die ganze Strassenrechnung zugrunde legen, würde aber - falls die Strassenrechnung tiefer wäre - allenfalls auch nicht den ganzen Verkehrssteuer-Rabatt aufheben, sondern in dem Ausmass, welcher sich aus der Strassenrechnung ergibt. In diesem Sinn nimmt der Regierungsrat sie entgegen.

Urs Hintermann erläutert, seine Motion verlange, dass die ausgewiesenen Kosten für die Anti-Stau-Initiative über die Reduktion des Verkehrssteuerrabatts finanziert werden. Und bis jetzt ist er davon ausgegangen, dass dies unbestritten ist. Die Initianten hätten ja im Vorfeld auch klar gesagt, dass sie mit einer Anpassung einverstanden wären. Adrian Ballmer zitierte zudem die Landratsvorlage, welche dasselbe besagt und ebenso war in den dem Landrat zugekommenen Unterlagen zu lesen, dass der Regierungsrat die Motion übernehmen wird.
Nun kam gestern der Brief des Antistau-Komitees an, welcher fordert, dass der Vorstoss sistiert wird. Dies sei schon aus formalen Gründen gar nicht möglich: ein Vorstoss kann entweder überwiesen oder abgelehnt werden. Er wisse nicht, wie man einen Vorstoss sistieren sollte. Aber auch bei inhaltlicher Betrachtung macht es seiner Ansicht nach überhaupt keinen Sinn. Er habe nie verlangt, dass die Regierung einen Blankoscheck bekommt für den ganzen Steuerrabatt, sondern es sei klar um die ausgewiesenen Kosten gegangen. Er verlange eine Vorlage, in welcher einerseits die Massnahmen aufgelistet und andererseits ein Antrag betreffend Höhe der Anpassung gemacht wird. Erst dann wird der Entscheid fallen, betont er, und daher könne er nun diese Forderung nach Sistierung des Vorstosses überhaupt nicht verstehen. - Verständlich ist die Forderung nach Sistierung seines Erachtens nur, wenn man die wahren Argumente dahinter kennt, und daraus habe Herr Gysin auch nie ein Hehl gemacht: Er möchte, dass der Staat nicht mehr Mittel hat, sondern dass die Mittel beschränkt bleiben und dass der Rabatt auf keinen Fall aufgehoben werden soll. Aus dieser Sicht sei es auch folgerichtig zu sagen, man solle diesen Vorstoss nicht überweisen. Urs Hintermann macht sich aber keine Illusionen; spätestens wenn die Vorlage der Regierung käme und somit die Massnahmen sowie die Anpassung des Steuerrabatts auf dem Tisch liegen, spätestens dann würde die Nein-Parole kommen.
Er weist darauf hin, dass es im Vorfeld der Antistau-Abstimmung im KMU-Blatt deutlich hiess, die Initianten seien nicht einverstanden mit den Massnahmen der Regierung im Umfang von Fr. 370'000.-, sondern die wirklichen Massnahmen lägen im Bereich von Fr. 10 Mio. Solche Ausgaben können heute nicht einfach aus den bestehenden Mitteln gedeckt werden, wenn die Finanzen schon so knapp sind. Es kommen neue Aufgaben hinzu, welche der Staat übernehmen muss und dafür braucht es auch neue Mittel.
Die Regierung möchte den Vorstoss nur als Postulat und nicht als Motion übernehmen. Auch dies kann Urs Hintermann nicht ganz nachvollziehen, denn es heisst klar, mit einer Motion kann der Landrat den Regierungsrat beauftragen, eine Vorlage zur Änderung, Ergänzung oder zum Erlass eines Gesetzes auszuarbeiten, und es brauche dazu ja eine Gesetzesänderung. Also ist seiner Auffassung nach eine Motion genau das richtige Instrument. Er bittet das Ratskollegium, die Motion so zu überweisen.

Esther Maag möchte sich zu beiden Vorstössen äussern. Auch sie ist ein wenig verwirrt. Sie fragt, ob die Motionen nun als Motionen entgegengenommen werden, wie Adrian Ballmer gesagt hat oder nicht, wie der Brief, welchen offenbar nur sie und Urs Hintermann erhielten, nahelegt. Auf Anfrage erwidert Regierungsrat Adrian Ballmer , er habe den betreffenden Brief nicht gesehen.

Hanspeter Frey möchte ebenfalls die Frage geklärt haben, ob es sich nun um ein Postulat oder um eine Motion handelt. Trotzdem äussert er die Meinung einer Mehrheit der FDP-Fraktion. Zur Motion von Urs Hintermann: Es handle sich um eine differenzierte Anpassung des Verkehrssteuerrabattes bezogen auf die Antistau-Initiative, wie in der Vorlage erwähnt und wie es auch damals in der Beratung im Landrat vom 9. Januar hiess. Eine Diskussion, ob es sich nun um Fr. 350'000.- gemäss Vorlage handelt, welche sofort auszulösen seien, oder um Fr. 1 Mio. oder Fr. 2 Mio., erübrigt sich seines Erachtens. Eine bedarfsgerechte Anpassung wie sie Urs Hintermann fordert kann die FDP eher noch als Postulat, zähneknirschend aber auch als Motion gutheissen. Hingegen die Motion von Esther Maag, welche eine direkte Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts fordert, lehnt die FDP-Fraktion in dieser Form ab. Er macht dem Ratskollegium beliebt, den Vorstoss 2003/120 abzulehnen, welcher dem Ratsbeschluss vom 9. Januar wiederspreche und denjenigen von Urs Hintermann auf jeden Fall als Postulat zu überweisen.

Eugen Tanner will nun von der Regierung wissen, ob die Vorstösse als "Postulat" oder "Motion" entgegengenommen werden.

Regierungsrat Adrian Ballmer meint entschuldigend, er habe nicht zur Verwirrung beitragen wollen. Er führt aus, in der Regierung den Antrag gestellt zu haben, die beiden Vorstösse als Postulat entgegenzunehmen. Die Regierung beschloss dies so. Anschliessend erhielt er den Protokollauszug, in welchem stand, die Motion werde entgegengenommen. Daraufhin entschied er sich, eine bestimmte Interpretation des Vorstosses vorzutragen, mit dessen Überweisung er einverstanden ist. Mit einer Motion ist er dann einverstanden, wie bereits gesagt, wenn die Möglichkeit besteht, nach den Ergebnissen der Strassenrechnung den Rabatt aufzuheben. In diesem Sinne wird sich die Vorlage gestalten. Wenn allerdings Frau Maag daran festhalte, dass der Verkehrssteuerrabatt mit Sicherheit vollständig aufgehoben werden muss, ungeachtet der Ergebnisse der Strassenrechnung, so wäre er nicht einverstanden. Dem Landrat stehe es frei, den Vorstoss als Postulat oder Motion oder auch gar nicht zu überweisen. Im Rahmen von GAP komme aber diese Vorlage mit Sicherheit, so wie er es bereits ankündigte, und dort wird sie sich auch sicher nach dem Ergebnis der Strassenrechnung richten. Bei Behandlung der Vorlage spätestens bestehe nochmals die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, ob der Rabatt ganz oder nach Massgabe der Strassenrechnung aufgehoben werden soll.

Eugen Tanner bedankt sich für die klärenden Worte. Der letzte schriftliche Bericht lautet auf Postulat, und es ist auch die Meinung der CVP/EVP-Fraktion, beide Vorstösse als Postulat zu überweisen. Gerade im Sinne der Erklärung von Adrian Ballmer, eine umfassende Überprüfung der Verkehrsabgaben zu unternehmen, scheint eine Überweisung als Postulat richtig. Klar nicht in Frage kommen kann für seine Fraktion eine Überweisung des Vorstosses von Esther Maag als Motion. Dort sei ein fixer Betrag genannt; das komme nicht in Frage. Ein paar wenige Fraktionsmitglieder könnten sich gar vorstellen, den Vorstoss von Urs Hintermann als Motion zu überweisen. Grossmehrheitlich aber ist die Fraktion der Meinung, beide Vorstösse als Postulat zu überweisen.

Hildy Haas will im Namen der SVP-Fraktion überhaupt nichts überweisen. Die Antistau-Initiative sei ja mit grossem Mehr vom Baselbieter Volk angenommen worden, bis jetzt wisse man aber noch nicht genau, wie sie umgesetzt werden soll noch was sie den Kanton kosten wird. Die jetzige Diskussion hält sie für verfrüht. Es könne über die Finanzierung diskutiert werden, wenn man über die Kosten Bescheid weiss. Die SVP-bittet das Plenum, die beiden Motionen abzulehnen und dann zu diskutieren, wenn die Vorlage auf dem Tisch ist.

Bruno Steiger meint, man müsse natürlich akzeptieren, dass die Antistau-Initiative vom Volk angenommen wurde. In seiner Fraktion sah man aber bereits im Vorfeld der Initiative, dass es sich dabei um eine Luftblase handelt. Der heutige, zunehmende Verkehr besteht hauptsächlich aus Transitverkehr. Die Schweizer Demokraten versprechen sich von dieser Antistau-Initiative nichts weiter als eine weitere Aufblähung der Verwaltung. Man werde ein paar weitere Gutachten und Berichte schreiben, aber auch damit könne man letztlich den Verkehrskollaps nicht verhindern. Man müsste in erster Linie darauf bedacht sein, dass der Transitverkehr nicht mehr zunimmt und durch unser Land geht, meint Bruno Steiger, das wäre die einzige Möglichkeit.
Man befinde sich in tiefroten Zahlen, was das Budget anbelangt. Heute habe man bereits wieder eine Vorlage angenommen, welche aus seiner Sicht nicht nötig gewesen wäre, diejenige betreffend Gleichstellungsbüro. Man wolle allen Luxus behalten und am Schluss gehe man wieder auf die Autofahrer los, welche letztlich Gebühren zahlten. Einmal mehr werde der Durchschnittsbürger beschnitten. Daher lehnen die Schweizer Demokraten beide Vorstösse sowohl als Motion als auch als Postulat ab.

Esther Maag führt nochmals aus, dass mit der Antistau-Initiative ganz klar Mehrausgaben beschlossen wurden und zwar von einer Seite, welche ansonsten stets nach Sparen rufe. Sie findet dies eine etwas komische Hüst und Hott-Politik. Gleichzeitig wurde gesagt, wenn mehr Geld ausgegeben wird, so muss es auch irgendwo wieder hereingeholt werden. Nun gebe es bei uns immer noch den Verkehrssteuerrabatt, dessen Sinn und Zweck ihr bis dato noch immer niemand habe erklären können, zumal bei dessen Aufhebung wohl auch niemand derart getroffen würde, dass er aufs Autofahren verzichten müsste. Dieser Verkehrssteuerrabatt stehe so ziemlich schief in der Landschaft, vor allem in der heutigen Finanzlage. Daher wurde auch u.a. wortwörtlich von den Initianten der Antistau-Vorlage gesagt, "über das diskutiere man dann über die Aufhebung". Ihre Motion sowie diejenige von Urs Hintermann seien nichts anderes als eine Reaktion auf diese Zusage von damals.
Ihre Verwirrung in formaler Hinsicht wurde durch Adrian Ballmers Erklärung nicht ganz geklärt. Ist eine Abänderung einer Motion durch die Regierung im jetzigen Zeitpunkt überhaupt möglich? fragt sie und meint damit die Anknüpfung der Rabattaufhebung an die Strassenrechnung.
Die Grünen sprechen sich ganz klar für Überweisung sowohl ihres als auch des Vorstosses von Urs Hintermann als Motion aus, da es sich de facto auch um Motionen handelt; denn es geht um eine Gesetzesänderung. Ist die ganze Sache aber schon in Bearbeitung und eine Vorlage geplant, mit welcher eine Aufhebung oder zumindest teilweise Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts festgesetzt werden soll, so wolle man dem bestimmt nicht im Wege stehen. Insofern würde man der Entgegennahme als Postulat oder als Motion mit der entsprechenden Änderung zustimmen.

Urs Hintermann versteht noch immer nicht ganz, warum man den Vorstoss nicht als Motion übernehmen will. Da nun aber protokollarisch festgehalten sei, dass sowohl Regierungsrat Adrian Ballmer wie auch die Vertreter der FDP und CVP in dem Sinne handeln wollen, dass diese Kosten eben über eine Anpassung des Steuerrabatts gedeckt werden müssen, sei auch er bereit, seine Motion in ein Postulat umzuwandeln. Inhaltlich gebe es aber keinen Abstrich, dieselbe Forderung bleibe bestehen.

Regierungsrat Adrian Ballmer stellt richtig, der Regierungsrat ändere keine Motionen ab. Wahrscheinlich werde auch niemand bestreiten, dass die Motion die richtige Form ist, um eine Gesetzesänderung zu erreichen. Allerdings stelle sich bei der in der Motion germachten Formulierung "Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts" die Frage, ob dies genau so gemeint ist, oder ist es auch möglich, den Rabatt nur teilweise aufzuheben. Man wolle sich in der Regel an solche Beschlüsse halten. Verstehe er Esther Maag nun aber richtig, dass eine teilweise Aufhebung des Steuerrabatts auch im Sinne ihrer Motion wäre, so bezeuge er keine Mühe damit. Wichtig ist für ihn, dass dies nach Massgabe der Steuerrechnung geschieht. Man wolle sicher nicht mehr Verkehrssteuer erheben, als die Strassenrechnung an Bedarf ausweist.

Isaac Reber war während dieser längeren Debatte wohl saalabwesend, sieht den Grund der Verwirrung nicht ein und wünscht nun, dass die beiden Vorstösse als Motion überwiesen werden.

Thomi Jourdan hatte sich schon länger gemeldet. Seine Antwort an Bruno Steiger: Es war nicht der Kanton, welcher bestimmte, eine Antistau-Initiative zu machen. Sie wurde von einem Volksvertreter initiiert und musste nach Volksabstimmung vom Kanton so übernommen werden. Man könne daher nicht sagen, der Kanton habe sich einer Aufgabe mehr bereichert. Er gehört zu der Minderheit in der CVP/EVP-Fraktion, welche für eine Motion gestimmt hätte, ist nun aber froh, dass Urs Hintermann mit einem Postulat einverstanden ist, damit man zumindest etwas 'kriegt'. Seiner Meinung nach ist es nichts als logisch, das Initiativkomitee auch beim Wort zu nehmen, wenn es im Vorfeld versprochen hat, ein Verzicht auf den Verkehrssteuerrabatt könnte als Variante in Kauf genommen werden. Es erscheint ihm schon ein wenig komisch, wenn im Vorfeld von Abstimmungen Versprechungen gemacht werden, welche man dann anschliessend auf allen Ebenen zu bekämpfen versucht.
Es gehe nicht um eine Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts sondern um eine angemessene, bedarfsgerechte Anpassung. Sind nun sowohl Regierungsrat Adrian Ballmer wie auch der Motionär Urs Hintermann einverstanden mit einer Überweisung als Postulat, so sollte man der Regierung die Möglichkeit geben, die Prüfung und den Bericht vorzulegen, um somit sowohl das Initiativkomitee als auch die Gegner in ein Boot zu bringen.

Jörg Krähenbühl wollte eigentlich nichts sagen, denn er hatte damals im Landrat gesagt, wenn die Antistau-Initiative angenommen wird und eine Vorlage da ist, so kann über eine Reduktion oder eine allfällige Teilreduktion des Verkehrssteuerrabatts geredet werden. Heute stehe man genau so zu diesem Wort. Er sieht nicht ein, warum man noch Motionen und Postulate überweisen muss.

Esther Maag ist einverstanden mit der Umwandlung ihrer Motion in ein Postulat.

Ebenso bestätigt Urs Hintermann , dass er mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden ist.

://: Der Landrat überweist die Motion 2003/119 von Urs Hintermann als Postulat.

://: Der Landrat überweist die Motion 2003/120 von Esther Maag mit 39 zu 37 Stimmen als Postulat.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



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