Protokoll der Landratssitzung vom 15. Januar 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 15. Januar 2004 |
6 2003/246
Berichte des Regierungsrates vom 21. Oktober 2003 und der Personalkommission vom 29. Dezember 2003: Änderung des Dekretes vom 8. Juni 2000 zum Personalgesetz (Personaldekret) betreffend Systembeschwerde; Antrag auf Rückweisung
Als Präsidentin der Personalkommission erläutert Christine Mangold den Hergang des Geschäfts. Nach der Einführung des neuen Lohnsystems im Jahre 2001 gab es Beschwerden, weil einige Lohnklassen zu tief angesetzt worden seien
- besonders in den Funktionsbereichen Gesundheit und Bildung. Zur Behandlung dieser Systembeschwerden wurde eine paritätische Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese Fachkommission Systembeschwerde (FKS) unterbreitete der Regierung Lösungsvorschläge. Auf Grund dieser Vorschläge erarbeitete der Regierungsrat die Vorlage.
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Die Mitglieder der Personalkommission haben Mühe mit der Vorlage; dies aus unterschiedlichen Gründen:
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Eine Gruppierung möchte alles beim Alten lassen, weil an der Lohnrevision nicht schon wieder geschräubelt werden soll. Wird das System verändert, fällt das ganze Gebäude zusammen.
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Einer anderen Gruppierung geht die Vorlage zuwenig weit: das Ganze ist nicht transparent, und die Vernehmlassungsbeiträge von Verbänden wurden zu wenig berücksichtigt.
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Eine kleine dritte Gruppe hält es für richtig, dass die Regierung eine Analyse des Prozessrisikos der einzelnen Beschwerden vorgenommen hat und nun die aktuelle Vorlage präsentiert.
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Aus dieser Sachlage heraus plädiert die Kommissionsmehrheit für Nicht-Eintreten (und nicht, wie es in der Traktandenliste heisst, für Rückweisung) - im Bewusstsein, dass der Regierungsrat keine neue Vorlage ausarbeiten wird und die Beschwerden dann von der Justiz beurteilt werden müssen.
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Zur Berichterstattung in der Basler Zeitung am 20. November 2003 möchte sich Christine Mangold nicht mehr gross äussern, betont aber, dass die Verwaltung mit der Kommission sehr gut kooperiert hat und dass Akteneinsicht jederzeit gewährt worden ist. Dass vertrauliche Papiere und Informationen über das Abstimmungsverhalten aus der Personalkommission an die Medien weitergeleitet worden sind, hat das Vertrauen innerhalb der Kommission massiv gestört. Solche Indiskretionen dürfen künftig nicht mehr vorkommen.
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Die FKS hat eine vorzügliche, differenzierte Analyse vorgenommen. Mit nachvollziehbaren Kriterien hat sie ausschliesslich Empfehlungen mit Hand und Fuss abgegeben. Die Regierung folgt den Empfehlungen der Fachkommission aber nur in einigen Fällen. Wo sie es - unbegründeterweise - nicht tut, ist die Motivation nicht nachvollziehbar. Auch in der Personalkommission gab es keine Argumente, welche den Entscheid des Regierungsrats erklären konnten. Die Regierung gab zu verstehen, dass bei einer Rückweisung kein Jota an der Vorlage verändert würde und sie nochmals unverändert vor den Landrat käme.
Weil die Regierung ausgerechnet rechte Löhne für typische Frauenberufe unterschlägt, muss sie die Verantwortung übernehmen für das Scheitern der Vorlage. Sie ist unbrauchbar; auf sie soll nach dem einstimmigen Willen der SP-Fraktion nicht eingetreten werden.
Willi Grollimund erinnert namens der SVP-Fraktion daran, dass das neue Lohnsystem seinerzeit nach einer fünfjährigen, sorgfältigen Arbeit unter Einbezug der Sozialpartner und des Personalamts verabschiedet wurde. Die damalige Personalkommission beriet das Geschäft in elf (!) Sitzungen und stimmte der Vorlage mit 8:1 Stimmen zu. Anders als geplant, wurde die ganze Übung nicht kostenneutral durchgezogen: es resultierten wesentliche Mehrausgaben wegen Lohnaufbesserungen. Gar niemand musste Einbussen hinnehmen. Nun haben gewerschaftlich gut organisierte Leute aus dem Gesundheits- und Bildungswesen diese Systembeschwerden eingereicht nach dem Motto: "Nutzt's nüt, so schadt's nüt".
In der damaligen Personalkommission war man sich einig, dass Änderungen einzelner Einstufungen und Besoldungen das ganze System wie ein Kartenhaus zum Einstürzen bringen lassen würden.
Ein Vergleich mit anderen Kantonen zeigt, dass Baselland im Lohnwesen zur Spitzengruppe gehört.
Die Beschwerden sind eine Desavouierung der guten Arbeit der paritätischen Kommission, welche seinerzeit das geltende Lohnsystem erarbeitet hat. Ausserdem kannten die Beschwerdeführer beim Antritt ihrer Stelle die Höhe ihres Lohns.
Die SVP-Fraktion plädiert einstimmig für Nicht-Eintreten.
Die freisinnige Fraktion ist, so Werner Rufi-Märki , geschlossen für Eintreten auf die Vorlage bei gleichzeitiger Rückweisung an die Personalkommission zur Detailberatung der eigentlichen Vorlage der Regierung. Der Regierungsrat schlägt als Reaktion auf die vielen Beschwerden aus den Bereichen Gesundheit und Bildung zweckmässige Änderungen des Personaldekrets vor. Diese würden rückwirkend auf den 1. Januar 2001 (Pflegefunktionen) bzw. den 1. August 2001 (Bildungsfunktionen) in Kraft treten, was für den Kanton zu einem einmaligen Zusatzaufwand von rund 3 Millionen Franken führte. Damit könnten auch künftige Prozessrisiken ausgeschlossen werden. Die Lohnrevision 2001 war der Ausgangspunkt, daraufhin waren gewisse Kreise nicht zufrieden, und nun legt die Regierung eine angemessene Reaktion vor. Die Vorlage ist keine Mogelpackung, sondern transparent; nur Einzelpunkte müssen im Detail geprüft werden.
Jetzt eine zweckmässige Korrektur durch den Gesetzgeber zu veranlassen, ist besser, als eine weitere Prozesslawine mit ungewissem Ausgang zu riskieren. Das Prozessrisiko muss als erheblich angesehen werden; daraus könnten wesentlich höhere Kosten entstehen als die für die vorgeschlagenen Lohn-Nachzahlungen benötigten 3 Millionen Franken.
Für die FDP ist es heikel, wenn der Landrat als Gesetzgeber Kompetenzen an die Justiz abtritt. Diese hat zwei Möglichkeiten: entweder die Entscheide zu einer Neubeurteilung zurückgeben oder materiell Einfluss nehmen und einzelne Entscheide fällen. Das ist heikel, weil es nicht abschätzbare Auswirkungen haben kann.
Wie Eugen Tanner mitteilt, hat die Vorlage - und noch viel mehr das Resultat der Kommissionsberatung - der CVP/EVP-Fraktion nicht nur keine Freude gemacht, sondern sogar Bauchweh.
Der geltende Einreihungsplan scheint ausgewogen und in Ordnung, wie ein Mobile, das im Lot ist. Durch Schräubeln entstünde ein Ungleichgewicht.
Problematisch ist zudem, dass die erwähnte Kostenneutralität nicht gewährleistet ist. Dennoch ist die CVP/EVP für Eintreten auf die Vorlage, dies aus folgenden Gründen:
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Einerseits muss unter die ganze Frage des Lohnsystems ein Strich gezogen und die offenbar nötigen Korrekturen müssen vorgenommen werden. Weitere Korrekturen müssen danach aber ausgeschlossen sein.
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Andererseits geht die CVP/EVP davon aus, dass nach der Vornahme der nötigen Korrekturen nicht mehr mit Gerichtsfällen zu rechnen ist.
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Zudem soll vermieden werden, dass Lohnkorrekturen durch unnötige, aufwändige und sehr teure Gerichtsverfahren zu Stande kommen.
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Falls es heute beim Nicht-Eintreten bleibt und daraufhin zu Gerichtsfällen kommt, müsste der Landrat das Personaldekret gegebenenfalls nochmals revidieren, so dass das Prinzip der Kostenneutralität erreicht wird. Die dann wohl unvermeidlichen Lohnkürzungen würden bestimmt nicht überall gern gesehen, aber disktuiert werden müsste darüber.
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Für die Grünen war zwar der Weg, mittels einer paritätischen Kommission zu einer Einigung zu kommen, der richtige.
Etienne Morel
lobt die Arbeit der FKS. Allerdings ist es schade, dass die Regierung nicht in allen Fällen auf diese Kommission gehört und somit keine Einigung mit den Personalvertretern erreicht hat. Daher sind die Grünen gegen ein Eintreten.
Wenn sich zwei Parteien nicht finden, muss ein Gericht entscheiden. Das ist zwar bedauerlich, aber der richtige Weg.
Regierungsrat
Adrian Ballmer
bittet den Rat, auf das Geschäft einzutreten.
Es gab zweierlei Beschwerden: "normale" Beanstandungen, dass das Lohnsystem nicht korrekt angewandt worden ist, auf der einen Seite - diese sind inzwischen im Wesentlichen erledigt -, auf der anderen Seite die Systembeschwerden, die sich gegen das Lohnsystem als Ganzes richten.
Da die Regierung nicht selber zuständig ist für diese Beschwerden, hatte sie zwei Möglichkeiten, nämlich entweder diese direkt ans Kantonsgericht weiterzuleiten oder nochmals eine Schlaufe einzulegen und sich mit einer paritätischen Kommission zu überlegen, wo allenfalls noch punktuelle Nachbesserungen des Lohnsystems aus dem Jahr 2001 nötig bzw. möglich wären.
Bildung und Gesundheit sind zwei ausbildungslastige Bereiche. Dort sind die Anstellungen von Ausbildungsgängen abhängig, die sich laufend verändern. Heute werden aus fast jeder und jedem am Schluss irgendwelche Fachhochschüler gemacht - das wirkt sich natürlich auf die Löhne aus.
RR Adrian Ballmer glaubt nicht an die Kostenneutralität. Wenn es immer qualifiziertere Ausbildungswege in gerade diesen zwei Bereichen gibt, kann man nicht dafür anderswo die Löhne kürzen.
In einzelnen Punkten war die FKS sich nicht einig und legte jeweils zwei Lösungsvorschläge vor. In diesen Fällen verliess sich die Regierung auf die Ratschläge ihrer bewährten Fachleute.
Das System ist ein austariertes, auf einzelne Veränderungen sensibel reagierendes Instrument. Wenn an einer Stelle korrigiert wird, muss nachher auch an anderen Orten korrigiert werden.
Die Lösung ist kein Basar; von der Anzahl der Beschwerden und den dahinter stehenden Verbänden hat sich die Regierung nicht beeindrucken lassen. Das Ziel war auch keineswegs, eine Vereinbarung mit Beschwerdeführenden zu erreichen, sondern eine gerechte Lösung zu finden.
Das Parlament soll jetzt entscheiden, nicht das Kantonsgericht. Sonst hat der Landrat seinen Job nicht gemacht. Warum ausgerechnet die SP gegen die vorgeschlagenen Anpassungen ist, muss sie ihrer Klientel selber erklären. Ausserdem bedauert der Finanzdirektor die unheiligen Allianzen, die eine vernünftige Lösung verhindern.
Das Interesse der Regierung ist nicht um jeden Preis die Vermeidung von Prozessen, sondern im Konfliktfall den Prozess zu gewinnen.
Landratspräsident
Hanspeter Ryser
erklärt, wenn Eintreten beschlossen wird, ginge das Geschäft automatisch zurück zur Kommission.
://: Eintreten wird mit klarem Mehr abgelehnt.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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