Protokoll der Landratssitzung vom 15. Januar 2004

Nr. 305

5 2003/143
Berichte des Regierungsrates vom 17. Juni 2003 und der Umweltschutz- und Energiekommission vom 19. November 2003: Bewilligung der Verpflichtungskredite für Erhalt und Ausbau der Abwasserreinigungsanlage Birs 2 in Birsfelden und für Massnahmen im Einzugsgebiet und die Erteilung des Enteignungsrechtes für Massnahmen im Einzugsgebiet (Bau Mischwasserbecken)

Landratspräsident Hanspeter Ryser stellt voran, dass zu Vorlage 2003/143 ein Rückweisungsantrag eingereicht wurde.

Kommissionspräsident Philipp Schoch bemerkt einleitend, dass auf den ersten Blick mit dem Projekt ARA Birs 2 eine grosse Summe Geldes im Spiel ist.
Die Vorlage bildet die konsequente Fortsetzung zu den bereits im Jahre 2000 beschlossenen Revitalisierungsmassnahmen und dem Ableitungskanal im unteren Birslauf. In diesem Einzugsgebiet - von Grellingen bis Birsfelden - wohnen 80'000 Menschen. Die beschriebenen Abwasserreinigungsanlagen aus den Jahren 1964 und 1977 können die geforderten Reinigungsleistungen nicht mehr erbringen. Beide Anlagen sind veraltet und könnten jederzeit ausfallen, ihre Betriebs- und Reparaturkosten sind sehr hoch.
Die Wasserqualität der Birs erweist sich als derart schlecht, dass im Sommer jeweils ein Badeverbot ausgesprochen werden muss. Der Rhein und sogar die Nordsee werden durch die Birs belastet.
Bis heute ist der Ableitungskanal erstellt und die Revitalisierungsmassnahmen sind umgesetzt. Es fehlen noch folgende Projekte:

Andreas Helfenstein stellt das zur Abstimmung anstehende Projekt in Zusammenhang mit den Revitalisierungsmassnahmen der Birs und dem Bau des Abwasserkanals in den Rhein. Die Projekte verfolgen das Ziel einer gesunden, revitalisierten Birs, die Einhaltung der Grenzwerte und eine funktionstüchtige Abwasserreinigung. Die SP stimmt dem Vorhaben einstimmig zu.
Die aktuelle Situation ist nicht mehr haltbar. Seit Jahren werden im Gesetz festgeschriebene Grenzwerte überschritten, die Anlage wird "auf Bruch" betrieben, was bedeutet, dass grosse, nicht kalkulierbare Risiken in Kauf genommen werden. Der Ausfall eines einzelnen Steuerungselements könnte dazu führen, dass die Abwässer nicht mehr geklärt würden.
Das gewählte Reinigungsverfahren ist weltweit und auch vor Ort erfolgreich erprobt worden. Sowohl intern wie extern wurde das gesamte Projekt mehrfach auf Kosten und Wirkung überprüft. Die Vorlage zeigt sich als optimiertes, wirkungsorientiertes Projekt.
81 Millionen Franken ist viel Geld, Pflicht deshalb, sich über Alternativen Gedanken zum machen. Als Alternativen könnten die Realisierung zeitlich weiter verzögert oder aber das Vorhaben ganz gestoppt werden. Beide Varianten kämen einzig einer Problemverschiebung gleich, für den zweiten Fall mit dem Risiko, dass die Abwässer ungeklärt bleiben. Die zeitliche Verschiebung wäre zudem mit hohen Kosten verbunden, der immer grösser werdende Unterhaltsaufwand müsste a fonds perdu abgeschrieben werden. Auch die Bundesbeiträge in der Grössenordnung von 5 Millionen Franken gingen bei einer zeitlichen Verschiebung verloren.
Der Landrat ist aufgerufen, den Verfassungsauftrag (§113) zu erfüllen und die Investition auszulösen.
Der Rückweisungsauftrag ist sehr überraschend, weil in der UEK Einigkeit über den absolut dringenden Handlungsbedarf herrschte.
Im Landratsbeschluss müsste eine Ziffer 5 neu folgenden Wortlauts eingefügt werden:

5. Die Ziffern 1 und 3 des Landratsbeschlusses unterstehen dem fakultativen Referendum.

Georges Thüring begrüsst namens der SVP-Fraktion das technische Konzept der Vorlage. Insbesondere gefällt, dass künftig nur noch eine ARA notwendig sein wird. Allerdings war die UEK nicht unbedingt die richtige Kommission, um bauliche Fragen kompetent abzuklären.
Nicht geklärt sind für die SVP-Fraktion die Fragen der Finanzierung. In der aktuellen Finanzlage des Kantons bedeuten mehr als 80 Millionen Franken eine Riesensumme. Anzunehmen ist, dass das Projekt anderen Bauvorhaben vorgezogen werden oder andere Bauvorhaben, etwa die H2, verhindern könnte. Die SVP-Fraktion gönnt den Fischen sauberes Wasser, an der Rheinstrasse gönnte die SVP den Menschen bessere Luft.
Schon in der UEK wies die Fraktion der SVP auf das grosse, ungelöste Problem der Finanzierung hin. Die SVP schlägt vor, das Geschäft über eine Anleihe zu finanzieren, zumal die Zinsverhältnisse aktuell sehr günstig sind. Auch die Gemeinden könnten davon profitieren, denn der Kanton Basel-Landschaft stellt den Gemeinwesen zu hohe 5 Prozent in Rechnung.
Die SVP-Fraktion beantragt, die Vorlage 2003/143 mit dem Auftrag an die UEK zurückzuweisen, die Finanzierung des Geschäftes neu zu regeln.

Thomas Schulte befürwortet den Verpflichtungskredit namens der FDP-Fraktion, um der ab 2005 geltenden kantonalen Verpflichtung nachzukommen, 2600 Tonnen Stickstoff weniger als im Jahre 1995 in öffentliche Gewässer abzuleiten. Die Kläranlage ARA Birs 2 ist lediglich für die Aufnahme der zweifachen Menge des Trockenwetteranfalls ausgelegt. Die hygienische Belastung flussabwärts nimmt stetig zu. Aufgrund der Schäden an der Anlage sind bereits im Budget 2003 1,5 Millionen für die Sanierungsmassnahmen im Zulaufbereich gesprochen worden.
Um den ersten Spülstoss auffangen zu können, ist der Bau von Mischwasserbecken unumgänglich.
Mit dem vorgeschlagenen SBR-Verfahren wird das bestmögliche Kosten-Nutzenverhältnis bei geringsten Jahreskosten erreicht.
Die bestehende Bausubstanz wird genutzt, zusätzlicher Landbedarf fällt nicht an. Die Wärmegewinnung des Abwassers wird sinnvollerweise in den Wärmeverbund St.Jakob eingespiesen und der Strom des Blockheizkraftwerks wird vollumfänglich in der ARA genutzt. Das Verkehrsaufkommen wird um den Faktor 5 reduziert, weil weniger Klärschlamm entsteht.
Die umliegenden Nutzer der Mischwasserbecken stimmen dem Projekt zu und beteiligen sich an den Kosten.
Die FDP fordert sowohl bei der Ausschreibung wie bei der gesamten Bauabwicklung ein gewissenhaftes Controlling.

Landratspräsident Hanspeter Ryser kündigt die Bürositzung für 13.40 Uhr an und wünscht guten Appetit.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei


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